Full text: St. Ingberter Anzeiger

Inklusive. Bei dem Abschiedsdiner, das im koͤniglichen 
Schlosse die Kongreßmitglieder zur letzten „Hufeeisen⸗Sitzung“ her⸗ 
einle, kam, wie man naͤchträglich berichtet, in natürlicher Gedanken⸗ 
verdindung das Gespräch auch auf die bevorstehende Heimreise der 
Herren, und dabei nahm der französische Minister Waddington 
Zeranlassung, in launiger Weise feinen Tischnachbarn zu erzählen 
wie seiner Zeit ein anderer Abgesandter Frankreicht „billig und 
gut“ den Heimweg gefunden hat. Im Herbst 1871 war nämlich 
Herr Pouyer ⸗;Quertier nach Berlin gelommen, um den Vertrag zu 
uͤnterzeichnen, demzufolge verschiedene französsische Departements 
von den deutischen Occupaliongtruppen geräumt werden sollen. 
Fürst Bismarck lud den fcanzoͤsischen Staatsmann zu Tische, und zwischen 
Zsene und Kase kam die Rede auch auf das deutsche Eisenbahnwesen. 
herr Pouyer⸗ Quertier ruumte die vortrefflichen Eigenschasten der deutschen 
Vahnen ein, da er aber auf Rechnung seiner Regierung gereiss 
war, lonnie er sich schließlich die Bemerkung nicht versagen, unsert 
Fahrpreise seien sehr hoch. Das möcht ich nicht behaupten“, 
meiute der jürstliche Wirth. „Eh bien“, gab der Gast zurück. 
Ich kam in einem franzosischen Separatzug und hatte von Aachen 
nach Berlin eine Rollgebühr von 1000 Francs zu bezahlen, wahr⸗ 
scheinlich in Beherzigung des alten Kriegsspruches vae victis.“ 
Der Reichskanzler sirich seinen Schurrbart und lenkte die Unter⸗ 
haltung auf ein anderes Thema. Einige Tage darauf trat Hert 
Pouyer:· Quertier seine Ruckreise an. Der Secretär, der die Reise⸗ 
tasse führte, begab sich an den Schalter, um den Fahrpreis zu er⸗ 
legen und präsentirte ein Tausend⸗ Frarcs⸗Billet. „NMein Herr“, 
sagte der Kassirer in dem gemessenen Ton des vormaligen 
Soldaten, „die in Aachen bezahlten 1000 Francz decken 
auch die Rückfahrt.“ Herr Pouyer⸗Quertier lachte, stieg 
tine und dampfte ab. Einige Stationen weiter hielt der 
Zug und dem Reisenden ward gemeldet, das Gabel⸗ 
frühstück stehe bereit. Die Franzosen traten in einen 
Salon, wo ein lockendes Mahl sie erwartete. Wieder frug der 
Sekretär nach der Nehnung und wiederum lautete die lakonische Aut⸗ 
wort: „Inklusive Ihrer 1000 Francs!“ Der Zug brauste weiter 
und madhe erst wieder Halt zu einem noch pikameren Diner. „Die 
Rechnung:“ Ganz kleinlaut richtete der Sekretär diese Worte an den 
hedienenden Restaurateur. Inklusive!“ lautete in droͤhnendem Baß 
die Anwort. Herr Pouyer:⸗Ouertier aber lief in das Thelegraphen⸗ 
bureau, um per Draht dem Fürsten Bismark für die sinnreiche Art 
und Weise zu danken, in welcher er als deutscher Brand Seigneur 
auf die Klage eines französischen Staatsmannes geantwortet, der 
angstlich darauf bedacht war, mit dem Gelde seines schwerheimge⸗ 
suchten Vaterlandes zu sparen. Ob auch bei Herrn Waddington die 
Harole „Inllusive, gelautet hat, das wissen wir zur Stunde noch 
nicht zu sagen, glauben eß aber kaum, dean unsere transvogesischen 
Nachbarn haben ja, Goit sei Dank, w'eder „heidenmaͤßig Geld.“ 
Paris, 29. Juli. Heute Nacht gegen 1 Ubr brach in der 
Rue de Crimée (Paris Villette) gelegenen Moöbelfabril du Vieur 
Chone eine heltige Feuersbrunst aus. Von allen Punkten der Haupt⸗ 
stadt sah man die maͤchtigen Feuersaulen zum Himmel aufsteigen. 
Eine zweite Feuerkbrunst brach heute in einer Stearinlerzen⸗Fabril 
auf der Ebene von Saint Denis aus. Dieselbe brannte fast voll⸗ 
ständig ab. Der Schaden, welchen das Feuer in der Möbelfabril 
du Vicur Chone anrichtete, beträgt 1,100,000 Irs. 250 Arbeiter 
find brodlos geworden. (st. 3) 
Paris, 30. Juni. Seit gestern spielt vor dem Assisenhofe 
der Proceß gegen den Geschäftsmann Barte und den gewesenen Stu⸗ 
denten Medicin Labiez, die beschuldigt ünd, die Milchhäudlerin Gillet 
ermordet zu haben, um ihr 20,000 Fr. zu stehlen. Die Leiche wurde 
in Stücke geschnitten, um sie bei Seite zu schaffen. Die Verhand · 
sungen bieten im Ganzen wenig Interesffe, ein Zwischenfall jedoch 
machte heute einiges Aufsehen, Labiez II 
ram in das Scocialistenblatt Pere Duchesne eintreten, das von Buf⸗ 
fenior gegründet wurde, den Gambetta als ullromantanen Agenten 
jebrandmarkt hatte. Bufsenior, der im Verdachte stand, von Labie, 
Beld erhalten zu haben, hat, um zu beweisen, daß der Pere Duchesn 
nicht mit dem aus dem Morde gewonnenen Gelde gegründet sei, er 
slart, die Caution für das Blatt sei von einer preußischen Barenin 
Frau Josephine Henriette v. Eichstedt, geleistet worden, die dasselb⸗ 
den ihtem in Berlin wohnhaften und jezt in Mentone lebenden Neffen 
erhalten habe. In der heutigen Verhandlung war die Maitresse von 
dabien, Lebeuge vernommen. Der Präsident fragte Labiez: „Wer 
hatte denn die Caution für den Pere Duchesne gestellt? War ei 
nicht eine deuische Fraud Es ist bedauerlich, daß Dentschland so ir 
diefe Angelegenheiten gemischt wird. Bei diesen Worten fiel di 
debeuge in Ohnmacht und eß war nicht moͤglich, sie in dieser Sitzunc 
weiter zu verhoͤren. 
Parus, 31. Juli. Barre und Lebiez, Mörder der Milch 
händlerin Gillet, wurden zum Tode, die Lepin als Hehlerin zu dru 
Jahren Gefängniß verurtheilt. 
4 Prüuͤgeistrafe im freien Amerila. Unter dem neuen, mit dem 
1. Juli in Virginien in Kraft tretenden Cri minal · Gesetzen werden 
Neine Diebstähl⸗ mit Prügeln bestraft und nur Frauen, decen Zu 
stand die Applizirung der Peitsche derbietet, sind davon ausgenommen. 
Die Gesetßgebung hat sich in Folge der Ueberfüllung der Gefäng⸗ 
nisse und der zu starlken Inanspruchnahme der figanziellen Kräfit 
zu dieser Maßregel entschlossen. Das Volk im Allgemeinen ver— 
spricht sich viel Gutes von dem neuen Geseße; wir können jedoq 
der barbatischen Maßregel entschieden keinen Geschmack abgewinnen 
Jedenfalls ist sie ein „Culturschritt“ nach rückwärts. * 
— — cca 
Dienstesnachrichten. 
Der Regierung der Pfalz ist ein vierter Sekretär beigegeben 
und diese Sielle dem Bezirlsamtsassessor E. Dilg in Homburc 
derliehen, zum Bezirksamtsassessor in Homburg wurde der Accessit 
der Regierung der Pfalz, A. Dilg, ernannt. 
Fur die Redaction verantwortlich: F. X. Demeß. 
Hôtel Laur. 
Sonntag, 4. Aug. 1878 
Freimusil. 
Eintritt 50 Pfennig. 
Anfang 4 Uhr Nachmittags. 
, 
Tan musik. 
riulrilt 1 Alark. 
Jeder erhält bei Abgabe 
Rner Karte 1 Flasche 
Lein 
weter Schweither. 
1878er 
Holl. Kronbrand⸗ 
Häringe 
und Handkaͤschen 
empfiehlt 
J. Friedrich. 
2 Zimmer zu ebener Erde und 
ein Keller ist zu vermiethen 
und sogleich zu beziehen bei 
Joh. Keipert, Schneider 
Stationsbeklebzettel 
billiast be F. X. Demetz. 
Preiwillige Feuerwehr. 
Sonntag, den 4. Auaust 
Valdparthie 
im Mühlenthal. 
hmarsch 21 Uhr vom Hause des Hrn. Conrad ab. 
Das Commando. 
Sonntag, A. August 
Tanzmusik. 
Anfang 3 Uhr. — Eintritt 50 Pf 
ohnenschneidmoe 
schinen, 
WGurken⸗ und 
Krauthobe 
Oito Weigand. 
empfiedhlt 
Neue holl. Vollhering 
per 10 Pfund Faß, ca. 26-2 
Siuͤd enh. 3N. 30 pf. 
Neue engl. Matjes Heringt 
per 10 Pfund Faß, ca.8 
Stfück enth., 3 M. 70 Pf. 
Neue ruffische Sardinet 
per 10 Pfund Faß, ca. 120 — 18 
Stück enth,, 2 M. 80 Pf. 
Nleine norw. Fetthering 
per 110 Pfund Faß, ca. 
Stück enthält, 2 M. 30 Pf 
Alles zolIfreisund france 
gegen Postnahnahme. 
Bei AÄbnahme von 8 Faß * 
Pf. 6 Faß 40 Pf. 12 Fe 
50 Pf. per Faß billiger. Au⸗ 
führliche Preislisten gratib. 
Ottensen bei Hambure 
A. L. Mohr. 
—A 
Waare und nehme Nicht⸗Cop 
lpenirendes geaen Nochnabine zurüs 
Peter Jung. 
Gesopaffs Inzeigo. 
Einem geehrten hiesigen und auswärtigen Publilum die erge⸗ 
benste An,ʒeige, daß ich in dem fruheren Rickel'schen Wohnhause ein 
Barber-und FPriseur-Geschätft 
angefangen habe und empfehle zugleich alle in dleses Fach ein⸗ 
ichlagenden Artilel. Achtungsvollst 
Nikolaus Forenz. 
* * 40 
Wein⸗Etiquet“ 
arbig bis 772241 
sind zu baben in der Lith. An“a't . Demetz 
St. Inabert. 
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Druc und Verlag von 3. X. Demeß in St. Ingbert. 
Siezu Illustrirtes Sonntaasblatt“ Nr. 3*