St. Ingberler Anzeiger.
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— 15. Samstag, den 26. Januar — 1878.
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Deutsches Reich.
Mänchen, 21. Januar. Der Finanzausschuß der Abge⸗
ordnetenta umer, welcher heute d'e Berathung des Caltusetats zu
Ende führte, hat am Schluß noch deu Anttag des Refeenten Dr.
Antou Schmid, dahm gehend, daß vom 1. Januar 1878 amn nach
dem dortweiligen Stand der Pfründesassionen bei allen jenen kirch
lichen Pfründen, welche Aufbesserung vom Staate erhaltea, die Er⸗
irägnisse aus neuen Stiftungen nicht niehr in die Fassiogen einge—
stellt werden sollen, in Princip angenommen, nachdem der Staate⸗
minister v. Lutz bemerkt hatte, daß er nur dann dem elben bestim⸗
men könne, wenn solchee auch auf die Lehrerfassionen ausgedehrt
werde, was auch Annahme fand. Wegen Mangels an Zeit —
man wollte nämlich unter allen Verhältnissen den Cullusetat zu
Ende berathen — blieb die genaue Fassung des Antrages einer
der rächsten Sitzungen vorbehalten. (Fr. )
München, 22. Jan. Der Adgeordnete Landmann hat
den Antrag eingebracht, anzuordnen, daß der Gesammtmater'al be⸗
darf für den Bau und den Betrieb der boyerischen Staatseisen-
bahnen im Wege der öffentlichen Submission an den Mindästfor⸗
deruden vergeben werden.
Berlhimn, 22. Jan. Wie oöjfiziös versichert wird, ist der
Bundesrath in voller Arbeit um die Vorlagen für den Reichstag.
iusbeiondere die Etats der Eisenbahnverwaltang, des Reichskanzlers,
des Reichskanzleramtes. des Reichskanzleramies für Elsaß-Lothringen
und des Auswärtigen Amtes, üder welche die Ausschußberathungen
bereits beendet sind, sow'e die übrigen noch rückstärdigen Spezial—
etats so zeitig durchzuberathen, daß der Haup'etat dem Reichstage
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.„Berlin, 23. Januar. Die officiöse „Prob. Corresp.“ er⸗
blickt in ernsten erfolgreichen Wassenstillstands-Verhandlungen zugleich
die Wahrscheinlichkeit des baldigen Friedens. Der volle Abschluß
des Friedens werde freilich nicht durcch beide Kregführende allein
bestimmt. Die Lösung der in Betracht kommenden Fragen werde
theilwesse nicht oh e das Einverständniß und die Mitwirkung der
ruropaischen Mächte erfolgen sönnen. Aber durch die bisherigen
Beziehungen unter den Maͤchten scheine die Zuversicht begründet,
daß es auch in diesem entscheidenden Augenblicke der orienlalischen
Verwick lungen gelinzen werde, die Lösung unter voller Wahrung
des Friedens zu erreichen. Hierfüt scheine die Weisheit und Pläßi⸗
gung des Kaisers von Rußland, seine innige, vertrauensvolle Ver—
bindung mit den Nachbarmächten und die neu belundete friedliche
Neigung Englands Bürgschaft zu gewähren.
Wie dem „Beil. Tagebl.“ mitgeiheilt wird, legt Fürst B'3
marck den größten Werth darauf, sich für sein?e Organisationsreform⸗
pläne der vouständ'gen Zustimmung der Bundesraths- Bevollmäch⸗
tiglen zu versichern, weil der Kaiser frühzeitig zu etkenaen gegeben
habe, daß Nchis gescheben solle, womit nicht alle Bundesregierungen
don vornetein enverstanden seien. Unter diesen Umständen muß
also Fürst Bismaick den ganzen Resormplan überhaupt für un—
autführbar ansehen, sobald irgend ein deutscher Souverän seine
Vorschläge von der Hand wiese. Der Kaiser, sagt man, hare
ausdrücklich dekundet, daß ihm nichts ferner liege, als der Gedanke,
jeine Machtdejugnisse auf Kosten der übrigen deuischen Fürsten zu
erweitera, und deshalb widersteehl ihm jede Veranderung, welche
die Meinung du'kommen lassen dönnte, als ginge die preußische
Regierung darauf aus, im Reiche hatsächlich einen größeten Ern⸗
luß zu gewinnen, als die Reichtverfassung dies gewollt. Diese
orunt sätzliche Anschauung des Kaifirs nwöthiet den Reichtkanzler,
wenn er dieses äußern Einflusses überhaupt bedurft hat —
seine gesamiten Vorschläge darauf hin einzurichten, daß bei eiwaigen
Organisat ons: Aenderungen vollen,Vundestreue“ geübt werde, und
es geschiest nur das, wozu sammlliche Bundesral3-Vevollmäch:igte
hre Zustimmung geben. Kommt qdließlich weuiger zu Stande.
als der Kanzler gewollt hat, so wird dies Wenigere gleichwohl den
daiserlichen Institutionen entsprechen, die ihre Befriedigung nur
zatin finden wollen und sollen, daß die Ausgestaltung det Dinge
des Beifalls aller Bundesregierungen von vorn herein gewiß ist.
Um es mit anderen Worten zu sagen, so soll es durchaus ver⸗
mieden werden, daß dem Reichstag Vorschlaäge zugehen, denen zwar
die Majorität des Bundesraths zugestimmt, gegen. die aber nach⸗
räglich dieser oder jener Bundesraths⸗-Bevollmächtigte im Plenum
des Parlaments sich erktären würde. Maßvolle Ausgestaltung der
Keichs Organisation unker einmüthiger Billigung der Vertreter aller
degierungen — das ist das Programm des Kanzlers nach den
in maßgebender Stelle normirten Bedingungen.
Mannheim, 23. Januar. Die Handelskammer, der
andwirthschaftliche Bezirksverein und das Comite der Tabakinteres⸗
enten laden die Gemeindevertretungen sow'e alle Betheiligten
Süddeutschlands zu einer nächsten Sonntag Nachmittag 2 Uhr im
SZaalbau dahier abzuhaltenden Versammlung ein, in welcker über
ie Schritte berathen werden soll, die gecignet scheinen, die dem
nländischen Tabakbau, dem Tabakhandel und der Tabakfabrikation
)urch das dem Bundesrath vorliegende Projsett der Tabalsteuerer⸗
voöhung drohende Gefahr abzuwenden. (Zu gleichem Zweck haben
hanauer und Offenbacher Tabakfirmen eine Versammlung gleichfalls
ruf nächsten Sonntag Nachmittiag im „Frankfurter Hof“ in Frank⸗
jurt o / M. ausgeschrieben.)
Ausland.
Wien, 28. Januar. Wie aus London nach hier gemeldet
vird, enthält die Antwort des Czaren u. A. den Pasfus: ... „Der
lut'ge Krieg hätte vermieden werden lönnen, wenn Engionds
Ninister die Pfarte nicht zum Widerstand veranlaßt und bestärkt
ätten.“ ... Infolge d eser Wendung und des privaten Charakters
ꝛes kaiserlichen Briefes hat Lord Northco:e die Vorlage desselben
m Parlamente verweigert.
Pest, 23. Januar. Das Organ des Grafen Andrassy der
‚Fester Lloyd“ schreidt: Die Fortsetzung des russisch darkischen
driegs ist nicht mehr zu befürhhlen, wohl aber eine Verwandlung
)es später abgeschlossenen Friedens in europä'sche Konflagrationen. )
Aus Paris, 20. Jan., geht der' „N.⸗Nig.“ folgendes
Brivat elegramm zu: Dem gestrigen Diner beim Minister des Aus⸗
värtigen wohnten die Botschafter Deutschlands, Großbritanniens,
Kußlands, der paäpsiliche Nuntius, der Finanzminister Leon Say,
der neuernannte französische Botschafter in Verlin, Graf de Saint
Vallier, Graf Wesdehlen, Graf Ponttcoulant bei. Wie ich hört,
jatte sowohl Herr Wad'ngton mie auch Fürst Orloff Informationen,
velche den Erfolg der W ffenstillstands-Verhandluugen kaum zweifel⸗
jaft etscheinen lassen.'
Paris, 23. Januar. Der Francais „das Organ des
augenblicklich in Rom weilenden Herzogs von Braglie, ecklärt, der
dardinal Simeoni habe an die Vertreter des Papftes im Auslande
aljo auch an die paͤpstlichen Nuntien zu München und Wien!)
einen Protest gegen die Proklamirung Humbert J. zum Könige
yon Italien abgesandt und sie erwächtigt, den Regierungen, bei
velchen sie beglaubigt sind, von diesein Protest amtliche Mittheiluug
zuu machen.
Der zwan igjährige König von Spanien feierte gestern seine
Vermählung mit seiner siebenzehnjährigen Coufine der Prinzessin
Percedes von Montpensier. TDie Königin-Mutter Isabella hat
nachträglich ihren Widerstand gegen dies- Verbindung aufgegeben
ind wollte sogar zur Hochzeit konmen, was man sich aber in Mad,
tid höflichst verbelen hat.
Rom, 22. Januar. Es ist bemerkenswerlh, welche Debaften
die Auwesenheit des deutschen Kronprinzen zu den Feierlichkeiten
hier angeregt hat. Von allen Seilen werd dicselbe als ein hoch⸗
bedeutfames politesches Ereigniß betrachtet und es muß konstatiri
werden, daß d'e Sympolhien für Deutschland augenblicklich eire
angenehme Steigerung erfahren. So protestirt der sonst jehr fran⸗
»senfteundliche „Fanfulla“ heute energisch gegen die Phrase der
Republique francaises des Organs Gambetias, welchts sagt:
Frankreich wolle die Freundschaft des Königs Humbert, weil Frank.
teich und Italien gleiche Feinde haben,“ Der „Fanfulla“ ant⸗