Si. Angberter Anzeiger.
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der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wo hentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltun zablatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗
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M 157. Samstag, den 65. Oktober
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Deutsches Reich.
Die „Corr. Hoffm.“ meldet: „Die k. Siaatsregierung beab⸗
sichtigt mit Einführung der Reichsjustizgesetze die Kompetenz der
Schwurgerichte für Aburtheilung von Preßsachen mu beschräuken,
mdem sie in den 88 18 und 28 des Reihspreßgesetzes mit Strofe
hedachten Vergehen wieder der Aburtheilung der Schwurgerichte
entzieht.
Berlin, 2. Olt. Die Reichstagskommision hat heute die
weite Lesung des Sozialistengesehes beendigt. Trotz der Einwendungen
des Grafen Euleuburg hielt die Mehrheit der Kommision (18 gegen
7 Stimmen) daran fest, daß das Gesetß vorerst nur bis 81. Marz
1881 gelten solle. Auch bezüglich der Recurdinstanz (G19) hielt
man an dem Beschluß der ersten Lesung (vier Bundesralbamitglieder
und jüaf richterliche Mitglieder) fest. Auch 8 20 wurde in der
hm in zweiter Lesung gegebenen Fassung belassen, nut wurden die
Worte „sowie der Landeabertretung“ gestrichen, so daß also von den
zuf Grund dieses Paragraphen getroffenen Anordnungen nur dem
Reichtstag Rechenschaft gegeben werden muß. Statt des in eister
Lesung beschlossenen 8 162 wurde als zweiter Absatz des 8 16
solgende Bestimmung angenommen: „Unter dem in Abs. 1 des 8 16
bezeichneten Voraussetzungen kann gegen Gostwirthe, Schankwirthe
ind Peisonen, welche stleinhandel mit Branntwein und Spiritus
teeiben, sowie gegen Buchdrucker, Buchhändler, Leihbibliotbekare und
Inhaber von Lesecabineten neben der verwirlten Freiheitsstrafe zu⸗
gleich auf Untersagung ihres Gewerbebetriebes erlannt werden.“
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zegen Buchdrucker ꝛc. wieder hergesiellt.
Berlin, 2. Olt. Fürst Bismarc wird am Freitag als
Zeuge vernommen werden. Nachdem das wider von Loss wegen
Beleidigung des Reichskanzlers ergangene Urtheil des stammerge⸗
ticts von 29. Sepi. 1877 durch Beschluß des Obertribunals vom
22. Mai d. J. vernichtet worden ist, hat das Kammergericht einen
Termin behufs nochmaliger Verhandlung auf den 4. Ollober an⸗
beraumt und beschlossen, den Fürsten Bismarck zu diesem Termine
borzuladen, um fein Zeugniß daruüͤber zu vernehmen, ob ein Protest
zegen die Ernennung des Grafen Arnim als Botschufter in Lon⸗
don eingelegt worden ist. Betanntlich halte Herr v. Los bestritten,
zaß dieser Protest von der englischen Regierung eingelegt worden
sei, und beantrazte erstens deplomatische Sachverstaändige darüber
ju vernehmen, ob Fürst Bismarck nach den maßgebenden Grund⸗
jaͤtzen des diplomatischen Geschäfisberfahrens berechtigt gewesen sei,
einen nicht von der eaglischen Regierung empfangenen Protest schlecht
hin als einen Protest gegen die Ernennung des Grafen Arnim zu
bezeichnen, und zweitens die zur Zeit des Protestes im Amte
gewesenen englischen Minister Lord Granville und M. Gladstone,
welche deu Protest in Abrede gestellt haden. darüber vernehmen
u lassen.
Berlhin, 2. Ockt. Die „N. A. Z.“ erklärt das Gerücht,
die Kegierung deabsichtige, falls das Socialistengesez nicht zu Staude
lorame, dem jetzigen Reichsstag einen anderen Gesegentwurs auf dem
Boden des gemeinen Rechts vorzulegen. füt vollständig unbegründet;
die Regierung halte eine wirksame Bekampfung der Socialdemo⸗
tratie nur durch ein Specialgesetz für mönlich und werde von diesem
Zesichtshunkt aus jedenfalls auch weiter handeln.
Straßburg, 2. Oct. Die Stadterweiterungscs nmission
zat sich sicherem Vernehmen nach für die Durchführung des dom
hiesigen Stadtbaumeister Conrath vorgelegten Planes ausgesprochen.
Da in diesem Plan auch die Anlage von zwei Häfen dotgesehen
iß, so darf wohl auch die Canalfrage (Kudwigshafen⸗Siraßburg)
als in bejahendem Sinn erledigt gelten (d. h. soweit es Straßburg
vetriffi). — Der 845j0hrige Bischof Räs ist, wie ich hoöre, vor eiwä
3 Tagen einem großen Ünglück entgangen. Er fuhr nach dem
Dorse Gerberschweler zur Einsegnung der dortigen neuen Kirche.
In kurzer Enifereng vor dem Dorfe scheuten die Pferde vor einem
heranlommenden Esti. Die Kutsche fiel den hoben Straßenabhang
hinunter, wobei sie zerbarst und ein Pferd umlam; der Bischof selbsi
lam ohne d'ie geringste Verleßzung davon.
Ausland.
Paris, 2. Ott. Im Ministerialrath wurde heute als Tag
der Preisvertheilung für die Ausstellung der 21. Ollober festgesetzt.
Es wird dabei aui die Anwesenheit des Köigs von Spanien, des
Ptrinzen und der Prinzessin von Wales, des Kronprinzen von Däne-
mark, des Prinzen Heinrich der Niederlande, den Grafen und der
Bräfin von Flaudern, der Erzherzoge Victor und Fri⸗drich gerechnet.
Am 22. Oknoder wird dann das große Fest im Schiosse von
Verfailles gehalten werden. (t. 3)
London, 2. Oct. „Die Times“ veröffentlicht eine Zuschrift
des ehemaligen Vicckönigs von Indien, Sir Lawrence, welche einen
rieg gegen Afghanistan als sür die Finanzen Indiens kosispiclig,
mißb lligt und erklärt, es sei keine Schande für England, sich mit
dem Emir Sher Ali zu vergleichen.
Belgrad, 2. Oct. Mehr als 4000 bosnische Insurgenten,
»arunter zwei Paschas, 200 Beas und ein ganzes Nizam⸗Batallon
lüchteten nach Serbien, woseibst sie entwaffnet und internirt wurden;
zieselden führten 3 Krupp'jche Geschütze, einige tausend Hinterlader,
ziele Pferde, Proviant und Munition mit sich. Fast taͤglich über⸗
chreiten kleinere aclische Insurgentenbanden mit Weib, Kind und
habe die serbische Grenze.
Petersburg, 2. Oci. Der „Neg!erungsbote? veröffent⸗
licht einen kaiserlichen Befehl, wodurch die Polizei und Gendarmerie
rmächt'gt werden, alle Fabriken und Manufacturen jederzeit zu
zifitiren. Durchsuchungen müssen im Beisein des Fabr kverwallerß
bolljoaen werden.
In Rußland ist man bitterböse auf Deutschland, und nament⸗
och ist Fücst Bismarc dort die „bestgehaßteste“ Perjönlichket,
rährend seine Popularität früher eine sehr große war. Wenn ein
in Großen und Ganzen maßvoll gehaltenes Blatt wie der „Novole
Vremza“ sich in den heftigsten Ausdrücken gegen Deuischland's
bolitik ergeht, so ist Dieß siher ein Ziichen hochzradiger Verstim⸗
nung. Das russische Blatt sagt unter Andecem: „Man hat er⸗
varten dürfen, daß Deutschland eingedenk der tiefen Dankbarkeit.
velche es Rußland schuldet, die Aufgabe der russischen Diplomatie
richt zu Gunsten Begesnéfield's erschweren und verwickeln werde.
ẽͤbenso, we Rußland damals Preußen die Lösung seiner nationalen
lufzabe erleichtert, hätte Dieß Preußen in Beziehung auf den
Irient für Rußland thun müssen. Es ist anders gekommen: Der
Sinfällige“ Vismarck hat sich durch einen pradlerischen Beaconefield
essein lassen and an Gorischakoff gerächt. Der deuische Kanzlee
jat seine politische Pflicht, seine Verantwortlichkett vor der Zulunft
Deutschlands der kleinlichen Genuzthuung pexsoöͤnlicher Eigenliebe
um Opfer gebracht. Als ene starke Natur wird er wahrscheinlich
ine Reue darüber fühlen. Deutschland wird es für ihn zu de⸗—
euen haben. Wer haben von Fürsten Biamark erwartet, er werde
das diplomatische Geschck des Grafen Schuwaloff erganzen durch
ein Talent zu Gunsten Rußlands und der Völker, fur deren Be⸗—
reiung es sein Blut vergossen, nicht aber, daß der große deutsche
Staatemann aus perfoͤnlicher Gereiztheit in Beziehung auf die
uffischen Diplomaten die Stelle eines Intriganten spielen werde.
Die deutsche Politik mag vor dem Kongreß gewesen sein, welche sie
volle, waͤhrend des Kongreffes ist sie eine Rußland entgegenwirkende
ewesen; wenn sie aus einer persönlichen Rache des Kauzlers erft
o geworden, so stellt sich eine solche Unsol-erichtigkeit der deuischen
Bolitik als eine unverzeihliche Ungereimtheit heraus. Wir haben
sterreichische Freundschaft während des Krimkriezes, preußische auf
»em Berliner Kongresse etiahren. Nun — wir haben genug daran!“
Bermisqtes.
Sit. Inabert, 2. Olt. Einer in Blieskastel von
München angelo nmenen Privatcorresponden; nach soll das Land⸗
zerichht Blieskastel bei Einführung dir neuen Gerichts⸗
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f. Zweibruncken, 25. Sept. Schwurgerichts⸗Verhandlung gegen
Samuel Weimer, 88 Jahre alt, Schuhmacher von Sippersfeld, ange-
lagt des Todtichlags, vertheidigt von Anwali Kieffer. Der Angeklagte ist in
einer Gemeinde allgemein alb ein finsterer, abstoßender, roher und unheim—
icher Mensch bekannt. Schon in seiner Kindheil jeigte er sich unvertractig