dat ader alle „Wutgesinnten“ aufgefordert, Orucksachen „derdreche⸗
rischen Inhalis“ der Negierung zuzustellen, allein kein eingiger
Fuipfanger wollte der verhaßten Verwaltung diese Gefälligkeit er—
weisen. Die letzten Nummern der „Revolutions-Zeitung“, welche
dier erscheint, haben eine Kriegserklärung gegen den jezigen Staat
gebracht. „Wir russische Revolutionäre,“ lesen wir in einem der—
artigen Blättchen, „sind nur das Echs des gesammten russischen
Volkes, wenn wir den Krieg bis auf das Messer dem verrotteten,
verlotterten und bankerotten Regierungssyst⸗m erklären. Der Adelige,
der Kaufmann, der Kleinbürger, der Bauer — alle diese Klassen
der Bevölkerung sind der Tyrannei der „Tschinobnits“ satt; man
will nicht eine Satrapenherrschaft dulden, nachdem wir über 300,000
Menschenleben füe die Beseitigung einer Regierung in Bulgarien
geopfert haben, welche diel humaner und freisinniger und anstän⸗
diger war, als unsere mongolische Ausgeburt. Das Voik ist nicht
so blöde, sich auf die Schlachtband für Fremde führen zu lassen,
während es selbst noch viel unglücklicher ist, als die durch die
Moskauer Schwindler zu „Brüdern“ beförderten Bulgaren. Hat
ein russischer Bauer so ein Haus und Hof wie der bulgarische im
Rustschilker Bezirk? Verfügt irgend ein „Mujzik“ bei uns über solche
stornkammern w'ie der Bulgare im gesegneten Thale von Safia
und Adrianop:l? Und wann hatte die Türkei solche Klein-Michel,
Murawjews, Trepows, Mesenzows, wie Rußland sie zu Hunderten
aufzuweisen hat? Wir sind das un lücklichste Volk auf Erden, und
unser Unglück ist das Zarenthum. Es hat unsere Knochen erweicht,
indem es unser Mark aussog. Es hat uns zu Sklaven gemacht
und uns alle moralische Wurde genommen. Wir sind durch das⸗
selbe zu einem entnerbien Volke, ohne Bewußtsein und ohne Frei—
heitsdrang, degradirt worden. Wollen wir je unsere Menschenrechte
wieder erlangen, so müssen wir die Romanows entfernen und das
von denselben eingeführte Regierungssystem mit Stumpf und Sihl
ausrotten. ...“ Das hiesige Ocgan der „Nalionalen Regierung,“
welches eben auch zur „unterirdischen“ Presse gehört, sagt urbi et
orhbi, daß „man“ Mittel genug besitze, um die bestehende Ordnung
zu stärzen, daß „man“ aber erwarte, daß der Krieg sich nur auf
die Sphare des „officiellen Rußlands“ erstricken werde, da „man“
voraussetze, daß die „Gesellschaft“ das Tischtuch zwischen sich und
dem Zarenthum entzweischneiden werde Sollte diese Voraussetzung
als eine irrige sich herausstellen, dann werde man den Krieg auch
der Gesellschaft, wie sie die absoluten Gewaltherrscher geschaffen
haben, erkläären und denselben ‚mit Stahl und Eisen ohne Er⸗
barmen führen.“
Bermischtes.
fSt. Ingbert, 12. Olt. Mit dem 15. ds. M. tritt
eine neue Fahrordnung in Kraft und verwe sen wir auf den Fahr⸗
plan im heutigen Inseratentheil.
F Dürkheim, 7. Oct. Vercçcangenen Donnerstag wurde
hier die Jagd im Reviere Alteglashütte in zwei Jagdbogen, zu⸗
sammen circa 2200 ha groß, um den Preis von 1640 M. an
Herrn Eduard Christmann, Gutsbesitzer, verpachtet; früherer Preis
154 fl. — 264 M. — Ein Jagdboden im Reviere Hardenburg,
der früher 80 fl. — 137 M. 14 Pf. kostete, wurde dem Herrn
Biebel von Forst zu 400 M. zugeschlagen. (TDT. A)
F Döorrenbacqch, 8. Oct. Die Weinlese in hiesiger Ge⸗
markung wurde auf Donnerstag, den 10. Oetober festgesetzt. —
Mit der Reife der Kastanien geht es j zzt rasch vorwärins und isf
man mit dem Erträgzniß in dieser Hensicht besser zufrreden als mit
dem Weinstock. Soçar an die fruchtbaren Jahre Eryptens? wurde
ich heute erinnert durch Kastanienhülsen, in welchen sich ausnahms⸗
weise fieben schöne, vollkommen ausgewachfene Kastanien in den
einzelnen Exemplaren vorfsanden, während gewöhnlich nur drei, höch⸗
stens vier Kastanien per Hülse gefunden werden. (T. f. S.)
FFrankenthal, 9. Oct. In der gestrigen Sitzung des
tgl. Zuchtpolizeigerichtss dahier wurden drei Peisonen von Haßloch
wegen mehrerer Fälle der unhetechtigten Jagdausübung zu empsfind⸗
lichen Strafen verurtheilt und zwar 1) der 17 Jahre alte Tagner
Jacob Brand, Sohn des Maklers Georg Brand von Haßloch —
dicser selbst befindet sich wegen Mordversuchs auf Stationkcomman⸗
danten Schwarz von Haßloch in Uotersuchungshaft — zu 2 Jahren
Gefängniß, 2) der 23 Jahre alte Ziegler Georg Nüller von da
zu 5 Monaten und 3) der 25 Jahre alte Bachsteinmacher Franz
Haarbardt von Iggelhein zu 9 Monaten Gefängniß. Zugkich
wurde auf Stellung der Verurtheilten unter Polizeiaufsicht ertannt.
FLudwigshafen, 10. Okt. Bezüglich der Petition
der pfalzischen Genossenschafien an den Reiaslag, das Sozialiftenge⸗
gesetz beir., wird uns mitgetheilt, daß die hiesige Vollsbank die
Petntion nicht unterzeichnet hat, da nach Unsicht der Verwaltung
de gehegten Befürchtungen nach den unzweidtutigen Bestimmungen
des Gesetzes (Unterdrückung der sozialdemobcatischen, sozialiflischen
und communistischen Besttebungen) volllommen unmoniv'rt erscheinen,
und fie es sogar im Interesse des Genossenschaftzwesens sut
wänscheswerth hält, wenn die vorhandenen sozioldemokratiihen Ge
nossenschaften zur Auflösung gezwungen und des Emsehen nem
hereine mit sosialdemolrarischen Bestrebungen durch das Geseß un
nözlich gemacht würde. E. .5
— Vom Nhein, 7. Okl. Vorgestern war eine Deputation
)es Stadtrathes von Blieslastel mit dem Bürgermeister Mayher an
er Spitze in Speyer, um gegen eine Aufhebung des Gerichtes in
glieslassel zu wirken. Se. Exc. Regierungspräsident v. Braun
sahm. die Deputation sehr freundlich auf und beruhigte dieselbe
nit det Versicherung, daß bei der k. Regierung von einer beab⸗
Htigten Einziehung oder Verlegung des Gerichtes Blieslaftel nichts
delaunt sei. Ghpf.)
F Speier, 9. Oct. Der hochw. Herr Bischof Ehrler hat
zei Uebernahme der Bisthumsderwaltung die bisherige Geschästs-
xdnung beibehalten und in der Personalbesetzung keinerlei Aende⸗
ung angenommen. Herr Domprobsi Busch ist Generalvicar der
diöcese, Herr Regens Laforet bleibt Official. Herr Domv'car
S„chwartz sungirt wieder als bischöflicher Secretär. (GPf. 3.)
4 Beim Munchener Oktoberfest erhielten noch die kleine
ilberne Vereinsdenkmünze mit Ehrendiplom Johann Krebs, 38 Jahre
n Dienst bei dem Werth und Oekonomen Peter Ellenberger in Schwegen⸗—
seim; Barbata Kautznann, 42 Jahre in Dienst bei dem Gutsbesitzer
dorenz Groß in Alsterweiler; Magdalene Rode, 34 Jahre in Dienst
ei dem Kaodwirth D. Stauffer in Friedelsheim; Maria Reff, 31
Jahre in Dienst bei dem Oekonomen J. J. Lingenfelder in Ober⸗
ustadt; Barbara Bilrger, 31 Jahre in Dienst bei dem Landwirth
V. Dürk in Wattenheim. e
7 Im neuen Centralbahnhofe in München wird nicht mehr
zie Gasbeleuchtung, sondern das eleetrische Licht zur Einfüh—
ung gelangen.
FNürnberg, 5. Olt. Heute Vormiltag kam der ver⸗
jeirathete Drechsler Baum in die Wirihschaft Zum Berglein“ in
)er Bergstraße und ließ sich ein Glas Bier geben. Als ihm dies
)er Wirth gebracht hatte, äußerte er zu Letzterem: „Heut kannst
Du Einen sitzend sterben sehen.“ Der Wirth nahm natürlich
Zcherz an, läuschte sich jedoch, denn Baum hatte unversehens
Cyankalium unter sein Ber gemischt und dasselbe getrunken, worauf
natürlich sofortiger Tod eintrat und ein alsbald gerufener Arzt
nichts mehr zu thun hatte, als zu erklären, daß jede Hilse nußlos
'ei. Baum hinterläßt eine Frau und vier Kinder. Motiv des
A
saben sich in den „nichtsocialistischen Arbeilerverein für Nürnberg
ind Umgebung“ am gestrigen Konstituirungsabend gegen 100 Min
zlieder eingeschrieben.
fMiäesbach, 2. Oct. Auf der Anklagebank des k. Land⸗
zerichtes erschien heuse die ungefähr 24 Jahre alte Dienstmagd
Nothburga Kerndl von Reichersdorf, deschuldigt der Namensfälschung
ind des groben Unfuges. Die Anllageschrift lautet dahin, daß
»ie Kerndl, welche zuletzt beim Brachauerbauern mit Verläugnung
hres Geschlechts sich als Knecht verdingte, seit mehr als teinem
zahre in ihrer dienstlichen Stellung durch Tragung von Manns⸗
leidern die Leute glauben machte, sie sei wirklich eine Mannsperson,
ind, nachdem bere is festgestellt war, daß man es mit einem
Frauenz mmer zu thun habe, durch den Besuch von Wirthshäusern
ind Vergnügungsplätzen, durch Cigarrenrauchen und ein nur bei
edigen Burschen in Gastlokalen gewohntes ausgelassenes Benehmen
ortgesetzt dffentliches Aergerniß erregt habe. Während dieser Zeit
nachte fie sich auch der Namensfälschung schuldig, indem fie ein
hr zugestelltes gerichtlichss Dokument fälschlich ‚Jalob Kerndl“
unterschrieb und einem Gendarmen gegenüber auf Befragen sich
auch so nannte. Die Angeklagte eine nicht unsaubere Person, die
ich in dem Koftüme unserer wiiblichen Landbewohner unftreitig
horiheilbafter präsentiren dürfte, erscheint auch heute wieder vor
Zericht in den Attributen des männlichen Geschlechtes, belleidet mit
hose, Weste und Jappe, in kurzgeschorenen Haaren. Auf die
Frage des Landrichtere, was sie zu dieser Handlungsweise veranlaßt,
zerklarte die Angeschuldigte unter Thranen, fie habe die Manns⸗
leider nur getiagen, weil sie ihr zur Verrichtung der ihr obliegen⸗
des schweren Ardeiten bequemer dünkten und sie als Mann mehr
dohn zu verdienen hoffte. Die Beschuldigung des häufigen Wirths⸗
zauabesuches und unanständigen Benehmens wird von ihr zurück⸗
jewiesen. Die Thaisache iß indefsen von Zeugen bestätigt. Das
Berlcht derurtheite die Nothbuega Kerndl zu 14 Tagen Gefängniß
ind der Vorsißeude befiehlt der tief Beschämten nach einigen er⸗
nahnenden Worten, zum Strafantritt in Frauenkleidern zu er⸗
cheinen. (Miesb. Anj)
f In Bat⸗m bestehe zur Zeit 3780 freiwillige Feuerwehren,
jawiß eis ftatfliches Heer, welthes im Augenblidk der Befahr bereit
d, süe Hab und Euf des Nächsten beizuspringen,
UAsdbag (Oberfranken), 4. Oct. Der Schloßgärtner
zahiet bronate sich am 17. September mit einem schwedischen
Zuudhoͤl zhen tindedeutend an der Hand und beachtete die unscheln⸗
are Wunde niht weiter. Am 22. Septemder wurde derselbe kranf,
ein Arw fing in auffallendet Weife zu schwellen an, und es zeigte
e n rothtt Stxcit bdir zum Obetarmtheile. Jeßzt erst kam er