Sl. Ingberler Anzeiger.
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Ler St. Jugberter Angzeiger und das (2 mal woͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mil illustrirter Bei⸗
bage) erjcheint woͤchentlich vBiermal: Dienstaz, Donnerstag, Samstag und Sonutag. Der Abounementsvreis betragt vierieljährlich
1 Mart 20 R.⸗Pis. Anzeigen werden mit 19 Pfg., von Ans virt: mit 15 3f z. fur die dierzespiltene Zeile Blattschrift oder derer Raum. Neclamen
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M 18. — J Donnerstag, den 831. Jaunar . 6 1878.
Deutsches Reich.
— »Berlin, 28. Jan. Die Rückkehr des Reichskanzlers nach
Berlin soll nunmehr nach Angaben aus Abgeordneilenkre: sen nicht
dor der dritten Februarwoche zu erwarten sein. Jedenfalls rechnet
man micht mehr auf die Anwesenheit des Reichskanzlers bdei der Er—
offnung des Reichsstags. Eine Zeitungsangabe, welche wissen w'ell,
daß der Reichstamler an die jürgste Vor lage betreffend die Stell⸗
dertreiung des Reichskanzlers 2c. die Cabinetsfrage geknüpft, d. h.
don der Annahme der Vorlage im Bundestath fein Verbleiben im
Amte abhängig gemacht habe, wird bestritten. Wir erfahren von
vestunterrichteter Seite, daß der Borsitzende im Bundesrath in dessen
leßzter Sitzung vom 25. d. die Vorlage augikündigt und den Wort⸗
laut des Texies und der Motwe verlesen habe, worauf die Ver⸗
weisung an die Ausschüsse erfolgte, ohne daß irgend eine weitere
Bemerkung hirzugefügt worden wäre. Morgen werden die Aus⸗
schuß beraihungen über die Tabalsteuervorlage ihren Fortgang nehmen.
Die Annahme derselben im Bundesrath, und zwar ohne erhebliche
Abänderung, gilt als ausgemchte Sache.
Aus Berlhin, 28. Jan. wird der K. Z. offiziös geschrieben:
Gerüchtweise verlautet, die russischen Bedingungen, welche in London
zuerst in allgemeinen Zügen bekannt waren und daher verhaͤlinß
mäß g maßvoll erschienen, hätten dort moqh hbervortretender Ver⸗
schätfung kinen ungünstigen Eindruch gemacht. Die Krisis sei daher
noch nicht beendigt, Die heutige Parlamentssitzung wird darüber
auftlären. Das Ausbleiben der Bestätigung von der Unterzeichnung
des Waffenstillstandes eischeint ebenfalls auffällig und erneuert die
Vesorzniß, die Türkei möchte durch die Vorgänge in London zu
ciner mindestens zweifelhaften Hoffnung auf Englaunds Hilfe ver—
le tet werden.
Dortmund, 26. Jan. In einer Versammlung der Leiter
der christlich sozalen Partei der Kreise Dortmurd,, Bochum und
Essen wurde der Beschluß gefaßt, der Bergarbeitere Bewegung in
ihrer jetzigen (sozialdemokratischen) Gestaltung entgegenzutteten und
einen auͤf christlicher (d. h. ultramontane:) Grundlage dasitenden
rheiuischwestphälijchen Berzarbeiter-Verein zu gründen. Aufd ese
Weise werden wir also statt des einen beadsichtigken großen Bundes
zwei Vereine und zwar den einen mit, den anderen onue Religion
erha!ten. F. J.)
...4nNnusland.
London, 29. Jan. In der heutigen Unterhautsitzung
antwortete Nocthcote auf eine bezügliche Anfrage Kenealy's, der
Regierung sei nichis delannt von einem Empdernehmen zwischen Ruß⸗
land, Oersterreich und Deurschland zum Zwecke eines Schatz und
Trußbüudn sses zur Theilung der Türkei. Ju Betreff einer dieser
Machte sei mindestens starker Grund vorhanden, die Wahrheit dieser
Nachricht zu bezweifeln. In den nächsten Wochen werde es Ach
wahtscheinlich. zeigen, ob diese Mächte zusammen oder separat
handeln.
London, 29 Jau. Der „Standard' dringt die Mel—⸗
dung von einec großen Schlacht, de zwischen dem serbischen Ar⸗
mectorps am Timot, Schumadja und der Morava in der Seärke
von 40, 000 Mann gegen Chatit Paitha statigefunden hat. Der
stampi dauerte ·4A Tage und endele günstig für die Seiben 3000
Verwundete werden in Belgrad etwartet.
KQoustantinopeli, 28. Januar. Heute Nach.niktag be⸗
gduhen sich mearere Deputicte zum Großvezier, um die Besorgniß
der stammer bezüglich der Friedensverhaudlungen. auszudrücken und
die Ftege an ihn zu richten, od die Piotte Nachricht über die
Unlerzeichnung der Friedenspräliminatien erhalten habe. Der
Großbez er sahte. ihrrern auseinander, daß der telegraphisch⸗ Verkehr
ait dem russischen Haup quartitr jeht schwierig seu, daß jedoch
Telegrammme von oen Bedollmächtigten etwartet wü den.
Ueber das Elend uner den Flüchtlingen in Koönstant i—
16pel wird der „Times“ aus Pera unterm 23. d. elearaphisch
berichtet: Das Elend in Konstantinopel ist in der That schrecklich.
Mehr als 80,009 Flüchtlinge aus verschiedenen Provinzen, jedes
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Blaubens und jeder Roce im Reiche, sind während der letzten 10
Tage angelangt, und täglich strömen Tausende ununterbrochen herbei.
Biele haden weder Nahrung noch Obdach und sind dürfng belleidet,
baleich der Winter ungewöhnlich strenge ist. Die vorhandenen
Mittel, vou der Regierung und freimillig gespendet, sind zur Lin⸗
etung der weitverbreiteten Noth durchaus unzur⸗ichend. Moscheen,
„chulen, Baraken und Karavarserien sind überfüllt. Der Sultan
sat mehrere Paläste einzeräumt, und viele reiche Einwohner der
Stadt baben ihte Häuser mit Flüchtlingen gefülltz aber dit Sub⸗
istenzmittel Jind völlig unzureichend. Berschte von Bourgos. Aidos,
Kososto und Tcholou sind herzzerreißend. Aus letzterem Orte, einer
Fisenbahn · Stalion, wo ungefähr 8000 Flüchtlinge, mieistentheils
Frauen und Kinder beisammen sind, weldet ein Augenzeuge, daß
vährend der letzten Paar Tage ca. 200 Personen der Käl!e und
dem Hunger erlegen ind. Wahrend der Fahrt starben viele Frauen
ind Kinder in den Waggons und wurden in den Schnee hinaus⸗
zeworfen. Diejenigen, die hier ankommen, sind kaum vesser daran.
rẽs sind Fälle vorgekommen, daß Frau⸗n in den Straßen nieder⸗
ekammen, sind und man am Morgen Mutter und Kind erfroren
und. Sojortige Hilfe ist dringend erforderlich, um dem wachsenden
*ẽlend zu begegnen, da alle bestehenden Hilfsquellen der Mildihätig-
tit nahezu erschöpft sind. Gestern Abend wurde ein H'lfscomiuee
ebildet, welches die leitenden Mitglieder aller ausländischen Ge⸗
neinden in Konstantinopel, die Konsuhn, die hervorragendsten Ban⸗
tiers, tonangebende Kanufleute, sowie, die Korrespondenten der Lon—
doner und. vieler continentaler Zeuuungen umfaßt.
Vermischte.
„7 In Kaiserslautern starb am 25. ds. der Instru⸗
nentenmacher Franz Pfaff jun., ecrster Vorstand des hiesigen Vereins
)euischet Kampfgenossen, welcher d'e Feidzüge von 1866 und 1870
nitgemacht And glüchlich überssianden hatte.
fF Aus Kaiserslautern, 27. Jan. schreibt die „Pf.
B.“: Ein augenscheinlich Geistesktanler wurde gestern im Stadtparle
»emertt, wie er eben im Begriff- stard, sich eine Lageistatte im
Schnee herzurihten. Der Unglücklsche hatie keine Beenkleider und
war nur mit einem Paletot bedeckt, annden Füßen trug er einen
Stiefel und einen Schuh. Auf das Stadthaus gebracht, wurde er
mit warmer Nahrung versehen, die er gierig verzehrle, auf alle
an ihn gerichteten Fragen war nur die Bemerkung aus ihm heraus
u ˖bringen: „Ick versichete Sie, daßz id nich Bismarck hebe; ja
venn ick man B'emarck wäte, so jinge es mir nicht so schlecht.“
Aus⸗den bei ihm vorgefundenen Papieren erhellt, vaß der Arme
ein Mechamker ist und zuletzt in Essen arbeitete und zwar rach
inem vorlegeuden Zeugnisse zu schließen, zur großen Zujsriedenheit
eines Meisters.
7BGermersheim, 29. Jan. (L. A.) In Foige falscher
Weichenstellung suhr gestern Abend in den 6 Uhr 82 von Speyet
hier anlommenden Persorenzug ene Rangirmaschine und zertrüme
merte zwu i Wagen. Giückicher Weise befanden sich in diesen
be:den keine Passagier⸗, so daß, abgesehen von der Materialbeschä—
digunh und dem Schreck der Mittetenden der Unfall gut abge⸗
lauen ist.
Die „Sp. Z.“ schreibt: Das badische Staats minimster um
hat auf die Vorstellung des Verwaltungsrathes der Heudelbderge
Speyeret⸗Beaahn, doß die vom Staat beanspruchten Be⸗
riebstosten bei dieser Privatbahn und rhälinißmäßig größer, aus be
den ünsrigen vom Staat verwalteten Prwatbahnen jeien, die Ve⸗
riebs Vere ubarungen zwischen der General-Mirettion der Sigats⸗
hahren und dem erwähnten Verwaltungsrath auf einer neuen
Brundlage mit cückwirklender Kraft vom ersten Vetriebstäge au sest⸗
zesezt, so daß die Aktionäre der Bahn die Aussict delommen, das
jährliche Deficit verischwinden zu sehen.
f Vermögensstand der SchullehrerPensions Kreitz Anstalt der
Pfalnz für 1878. Jahresbeitträge der Mitglneder 24 786 M.
34 Pf. Zuschuß aus Staatefonds 103, 187 Vi 36 vf. Ge⸗