Full text: St. Ingberter Anzeiger

ausgeschriebenen Wahl gumn KFelchetat oder zur Landez vertretung 
erstrecki sich diese Belchrankung nicht; 
daß die Verbreitung von Druchchriften auf bffentlichen Wegen, 
Sicaßen, Platzen oder an anderen dffentlichen Orten nicht statt⸗ 
finden darf; 
daß Personen, von denen eine Gefaͤhrdung der oͤffentlichen Sicher⸗ 
hen oder Ordnung zu besorgen ist, der Aufenthalt in den 
Verirken oder Orijchafien versagt werden lann; 
daß der Besitz, das Tragen, die Einführung und der Verkauf von 
e Mhelen beschraäͤnkt oder an bestimmte Voraussetzungen ge⸗ 
nupft wird. 
Ueber jede auf Grund der vorstehenden Vestimmungen getroffene An⸗ 
Atdnung muh dem Reichstage sofort, beziehungweise bei seinem nächsten Zu⸗ 
ammenireten Rechenschaft gegeben werden. 
Die getroffenen Anordnungen find durch den Reichsanzeiger und auf die 
fur landespolizeiliche Verfügungen vorgeschriebene Weise bekannt zu machen. 
Wer diesen Anordnungen oder auf den Grund derselben erlassenen Ver⸗ 
agungen miit Kenntniß oder nach erfolgter oͤffentlicher Bekanntmachung zu⸗ 
derhandelt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausend Mark oder mit Haft oder 
nu Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. 
z 29. Welche Behörden in jedem Bundesstaat unter der Bezeichnung 
dandespolizeibehörde, Polizeibehdrde zu verstehen sind, wird von der Central⸗ 
behdrde des Bundesstaates hekannt gemacht. 
g 80. Dies Gesetz tritt mit dem Tage der Verkundigung in Kraft und 
nilt bis zum 81. März 1881. 
Urkundlich ꝛtc. 
Begeben ꝛc. 
Dexclin, den 16. Oltober 1878. 
Bermiscqhtes. 
k Mit 1. Januar 1879 rin das Reichsgeseß über den 
Spielkartenstempel in Kraft. Wer von da an Karten, 
gie nicht mit dem Reichsstempel versehen sind, feilhält, veraußert, 
dertheilt, erwirbt, damit spielt oder solche wissentlich in Gewahrsam 
Jat, verfällt für jedes Spiel in eine Strafe von 30 M. 
Aus dem Kanton Germersheim, 21. Oct. Herr 
Jagdpͤchter v. G. in Zeislam schoß d'eser Tage einen Hasen. 
Wie groß war sein Erstaunen, statt einen Bruder Loffel, deren 
dier gepirscht zu haben! Das ging nämlich so zu. Der geschossene 
dose, eine Haͤsin, warf nad dem Schusse noch drei Junge. Die⸗ 
saiben sind iebend und werden mit Milch aufgezogen. (S. W.) 
fSpeier, 22. Oet. Am Montag Abend hielt in der 
gierbrauerer ,Zum Stift“ der „Verein der Cigarren⸗Arbeiter“ eine 
Bersammiung ab, in welcher angesichts des vom Reichstag be⸗ 
ichlossenenen Socialistengesetzes die Auflösung des Vereins beschlossen 
ud das Vereinsbermögen vertheilt wurde. Dasselbe hat die Hdhe 
oa 700 M. erreicht und es fielen jedem Mitgliede 40 M. zu. 
Zur selben Stunde und in derselben Wirthschaft tagte auch die 
Rewertschaft der Zimmerl: ute und faßle gleichalls den Beschluß 
der Auflösung. Das Vereinsvermögen der Gewerkschaft beläuft 
sich auf ca. 400 M., die ebenfalls unter die Mitglieder vertheilt 
werden. (Sp. 3.) 
Würzburg. Die „Würzb. Pr.“ schreibt: Nach Be⸗ 
schluß der aus Professoren derschiedener Hochschulen zusammenge⸗ 
jetzten Medicinal⸗Commission, welche sich mit Vorschlägen über 
Siudiendauer und Prüfungsmodus der Mediciner zu beschäftigen 
hatte, wurde die Daner des Studiums der Medicin vom Schul⸗ 
adt 1i879/80 an auf 9 Semester (bisher genüzten 8) festgesetzi. 
In Würzburg waren vor Kurzem an verschiedenen 
Stellen Plakate folgenden Inhalts angeschlagen: .Die beiden 
Adler (Baler und Sohn) aus Allersheim (Usterfranken) haben 
innerhalb 14 Tazen die Siadt zu verlafsen, widrigenfalls fie ge⸗ 
teinigt werden. Mehrere Bürger.“ Die genannten Inhaber des 
Raubpogelnamens sind notorische — Wucherer. Wenn man hiu 
aid wieder erfährt, wie da und dort der Weijen des Wucherthums 
dlüht, reift und eiageheimst wird, dann nimmt es einigermaßen 
Wunder, daß der Beirieb dieser sauberen Geschaͤfte nicht manchmal 
min groͤßer⸗r Gefahr fur Leib und Leben der betreffenden Inhaber 
derbunden ist. 
Peeise für Ausstellungsgegenstände im Glaspalaste in 
Mänchen geiegentlich des Central⸗NLandwirthschaftfestes wurden 
nachstehenden Ausstellern aus der Pfalz zuerkannt: IJ. Silbetut 
Denimünze a) Christian Roesinger in Speier für Tadak; by BG. 
Müsler UJ. in Großniedeüheim für Honig; c) Gemeinde Klein⸗ 
bodenheim für Obst. I. Bronzene Denkmünze a) Gemeinde Roht⸗ 
bach süe Seilerwaaren und Nesselbast; für Obst: b) dem land⸗ 
virihschafu chen Bezirkskomité Frankenthal; c) Oberfoͤrster Gareis 
in Imsbach. III. Ehrendiplome für Odst und Trauben a) der Ge⸗ 
meinde Kleinkacibach; b) Spies und Klunk in Kleinbodenheim; 
c) denm landw. Bezitts-Comite Kandel; d) der Korbflechterschule 
Steinfeld für Flechweik. IY. Ehrende Erwähnungen füt ausge⸗ 
dellte Holzwaaren a) Gebrüder Lotz in Kaiserzlautern; b) Wilhelm 
—XX c) Friedrich Knapp in 
ausel; d) Narcher und Raquet in Kaiserslautern: o) J. Philivp 
Deiß in Zaiserblautern. 
tStrasburg, 22. Ott. (Pf. K.) Was die in neuerer 
—F iheiltz zur Bestrafung gezogenen, theilt flüchtig gewordenen 
Ducherer betriffi, so ist man mit XX 
—XVV 
Wuchergesetzes und troßz der zahlreichen gegen einelne von ihnt 
angesttengten Klagen, bis heute ihr Unwesen weiter treiben konnten 
Diese Vlutsauger sind im Besitz des weitaus großten Theiles de 
inserer Landbebölkerung geleisteten Ariegskostenentschadigungs⸗ und 
Ausgleichssgelder, indem sie den armen Leuten, welche die Ab 
vicicung der Geschaste nicht abwatten lonnten, ihre dorderunge 
fur underhältuißmaßig geringe Snmmen baar ablkauften. — 
wurde ein Fall bei Gericht anhängig gemacht, wo ein Bauer 1 
Fres., sage zehn Francs, für eine Fordetung von 180 Fres. er 
Feln und wodei der Wucheter dennoch strassos ausging. Jung 
Offtziere, haupisächlich aber Geschäftsleute, welche, aus Aldeuisa 
jand ohne Mittel gikommen, hier ihr Glück machen wollten un 
Fesen Vlutsaugern in die Hände fielen, wurden vollstͤndig ruinir 
Ddie Offiziere mußlten außer den kurz gestellten Wechfeln in dre 
und vierfachem Betrag der wirklich erhaltenen Summte noch eine 
ogenaunten Ehrenschein“ ausstellen, der stets wie ein Damokle 
chwert über ihrem Haupte hing und sie immer wieder zu nene 
Jalsabschneidern trieb, um die ersten befriedigen zu önnen. Wi 
Jesagt, man staunt nur darüber, daß man gegen diese Mensche 
die hier zu Lande geltenden Gesetze bisher nicht angewandt hat 
Diese Gistpflanzen gedeihen im alten Deutschland, wo leider lein 
Wuchergesetze mehr bestehen, stellenweise zum allgemeinen Schade 
o üppig, daß man auch hier endlich alen Exnstes an ihre mög 
ichst radicale Ausrottung gehen sollte.) 
Straßburg?“ 28. Oct. In der vorgestrigen Sitzun, 
des hiesigen Polizeigerichtes Nr. 1 wurde ein Metzzger welcher de 
WBurjstfatjchung angetlagi war, freigesprochen, weil er nachwiel 
daß er in seinem Local in deutscher und in französischer Sprach 
in Placat des Inhaltes: „Hier verkauft man mit Viehl gemischt 
Wurst“ angebracht hatte. (Str. 3). 
fEin verunglüͤcktet Weltaussiellungsbesucher. Frankfurt 
rin hier angestelller Beamter benutzte seinen Geschäftsurlaub z 
iner Reise nach der Pariser Weltausstellung. Doct angekommen 
jatte er sich kaum an dem bunten Treiben ergötzt, als ihm in dit 
em Gedränge der Regenschirm fiel, und als er denselben auf 
heben wollte, stieß er damit unglücklicherweise wider eine Damet 
Diese glauble einen Taschendieb dor sich zu haben und jchrie lau 
roleur“ — gleich darauf fielen einige Schutzleute über ihn he 
und nahmen ihn, da er ohne Legilimationspapiere war, mit au 
die Polizeiwache, wo er volle acht Tage saß, und als er frei ge 
assen wurde, dehrte er, ohne die Weltausstellung gesehen zu haben 
wieder hierher zurück. 
7 Eme sehr arme Waschirau in der Wasserthorstraße in 
Berlin war am Dienstag fruh zur Arbeit gegangen und hatte 
ihren acht Jahre alten Sohn zu Hause gelassen. Gegen 10 Uhr 
tiopfle es an de Thür der ärmlichen Dachwohnung. Der Knabe 
oͤffnete. Ein alter Mann stand draußen und bettelte. „Ich kann 
Ihnen Nichts geben“, sagte der Knobe, „meine Mutter ist selbsi 
arm, wit haben selber Nichts bis zum Abend zu essen.“ Det 
alte Mann ging. Nachmittags gegen 4 Uhr klopfte es abermals, 
uud wieder stand der alte Mann vor der Thür. Der Knabe be 
merkte dem Betiler, daß er ihn ja schon einmal abgewiesen, und 
wollie schnell die Thür zumachen.“ Der alte Mann aber drängk 
sich in das Zimmer hinein. „Du brauchst dich nicht zu fürchten“ 
jagte er, „ich thue dir Nichts.“ Dabei pactte er aus einem Korb; 
wohl zehn reinlich in Papier geschlagene Schnitten Brod, theilt 
Jeschmiert, theils troden, aus, legte sie mit 50 Piennigen auf der 
Tisch und verließ mit den Worten: „So, gib Das deiner Mut 
ter, ich habe es für sie redlich erbettelt,“ das Zimmer. 
Been, 18. Oct. Gestern erlitt der directe Bahnzug vo 
dausanne nach Bern durch einen eigenthümlichen Vorfall e'ne Ver 
zögerung. In der Näde von Bulle hatten sich drei Fohdlen au 
die Bahn verirrt. Eine Entgleifung defürchtend, mäßigte der 
Locomotipführer sofort den Gang des Zuges; die Fohlen aber, 
zanz stolz, als Avantgarde zu dienen, behartten harlnäckg darauf— 
or der Locomotive herzutraben, Spruünge bei jedem Pfiff derselben 
machend und sich anhaliend, wenn der Zug anhielt. Dieses Treiben 
setzten sie bis an den Bahndhof von Freiburg fort, wo der Zug 
eine Viertelstunde zu spät ankam. 
fIn Ungarn ist die diesjährige Weinernte so reichlid 
ausgefallen, das die Halbe neuen Weins um 1, sage einen Kreuze; 
pertauft wird. Einen so reichen Traubensegen bat es jeit 1834 
nicht mehr gegeben. 
F Eine Fiasche Chaktean Lafitte 1811, Kometenweir 
purde während der Pariser Ausstellung enttorkt und von ihrem 
kigner, Herrn Vignon, einem Mugliede der Jurhy, seinen Kolle gen 
u kosten gegeben. Diese Prode des jetzt sehr seltenen Jahrganges 
stammt aus einem Reservekeller. Herr v. Rothschild kaufte den 
Votrath 1811er Chateau Lafitie um 121 Fr. die Flasche, der 
geuerdings in öffentlicher Versteigetung wieder zu 310 Fr. die 
Flasche verkauft worden ist. 
FEin Fall gransamer Lynchjustiz in Nußland wird einem 
sNiewer Blatie aus dem Dorfe Gafsowka gemeldet. Ein ent⸗ 
Jebliches Feuer, das um Mitternacht ausgebrochen war und 70