St. Ingberlker Anzeiger.
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M 175. Dienstag, den 5. November 1878.
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Deutsches Reich.
Mänqchen, 31. Oct. Die Vollzugsvorschrift, welche das
bayerische Ministerium des Inneren zum Reichsgeseze gegen die ge⸗
meingefährlichen Bestrebungen der Socialdemoktatie erlassen hat,
enthält jur Bayern eine erhebliche Abschwachung dieses Gesetzes.
In Ziffer 10 dieser Vollzugsvorschrift wird ausgesptochen, daß
„landesgefetzliichen Bestimmungen über die Heimaths⸗ und Nieder-
assungsverhaltnisse in Bayern durch das dorliegende Reichsgeseß
aicht berührt werden.“ Rach Art. 18 des Gesetzes über Heimath
ꝛe. vom 16. April 18608 begründet die Heimath das Recht, fich
in der Heimathegemeinde aufzuhalten; nach Art. 48 u. f. gibte
leine Ausweisung aus der Heimathsgemeinde, ja, nach Ars. 48
nibt es keine Ausweisung eines Bayern, der in einer Gemeinde
das Bürgerrecht erworben hat, ohne das Heimathrecht dortselbst zu
befißen, aus dieser Gemeinde. Demnach kann ia Bayern ein
unter 8 22 und 28 des Socialistengesehes fallender baherischer
Staatsangehöriger auch niemals aus der Gemeinde, in der er dus
Deimath⸗ oder Bürgerrecht besitzt, au gewiesen werdecc.
München, 2. Rov. Die soziglistische Flugschrift; „Der
Steffelbauer von Feldmo hing und die Sojialdemokratie“,welche
vährend der Reichstagswahlen ziemliche Verbreitung gefunden hat,
purde gestern auf Grund des Soz'alisteagesezes von der Polizei⸗
direktion beschlaznahmt und sodann von der Regierung als Landes⸗
bolizeibehörde verboten.
Berlin, 2. Nob. Die Eibebungen, welche im gesammten
Umfange der preuß schen Monarchie für die Zwecke der Tadak⸗
ntquetecoum sion gemacht worden sind, werden in den nächsten
Tagen zum Abschluß gebracht. Ein großer Theil der Resultate
st durch das preuß sche statist sche Amt bereits an das Reichskanzler⸗
imt abgeführt worden. In einzelnenen Theilen der Monacrchie,
namentlich in Berlin, wird vielfach über Unvollständigkeit der er⸗
ielten Resultate geklagt. Einzelne Betheiligte verweigetten gradezu
die Auskunft; andere fülllen die Fragebogen absichtlich oder unabe
iichtlich unvollständig aus. Unter solchen Umständen glaubt man
aicht, daß es möglich sein wird aus diesen unvollständigen Mit⸗
heilungen viel Nutzen für d'ie Untersuchungs-Commission zu ziehen.
Man hofft mit Bestimmtheit die gesammten Arbeiten der Commission
m Laufe dieses Monats abschließen zu lönnen.
Der „Nordd. Allgem. Ztz.“ zufolge ist die Nachricht, es werde
dem deutjchen Reschstage in Betreff der Revision der Gewerde⸗
»dnung nichts Anderes zugehen, als eine Vorlage bezüglich des
Schankgewerbes, vore lig; es seien gegenwärtig eingehende Erwäg⸗
ungen darüber schwebend, in wie weit und auf welchen Gebieten,
im Zusammenhange mit der Aufzabe der positiven Bekämpfung
der Sozialdemolratie, Aenderungen der Gewerbtordnung vorzu-
nehmen seien.
Berlin, 3. Nov. In hiesigen der franzdͤfsischen Botschaft
ahestehenden Kreisen wird auf's beftimmteste besiristen, daß Frantk⸗
eich bezüglich des Orients aus seiner Neutralitats Politik heraus⸗
teten und altive Polititk machen wolle.
Worms, 2. November. Die Gewerkschaft der Schuhmacher
ind verwandten Gewerbe, sowie die Gewerkschaft der Schneider
ahier sind auf Grund der 88 1 und 6 des Sozialistengesetzes
jestern durch das Kreisamt Worms verboten worden. (W. 3.)
Aussand.
Madrid, 3. November. Seit gestern Abend ist der Prozeß
Oliva's der das Attentat auf den König verübte, in den Händen
es offentlichen Anklägers, welchem binnen 24 Stunden die Erhebung
jer Anklage obliegt. Auf Begehren des Vertheidigers Ol da's hat
as Gericht auf thelegraphischem Wege eine Untersuchung angeo. dnet
iber den angeblichen dreimonatlichen Aufenthalt des Angellagten im
Jerenhause zu Ba celona. Laut Bericht der Aerzte, welche den
Ungeklaglen drei Tage hindurch beobachten, l'egt kein Symtom von
heistesstörung vor.
London, 4. Nod. Das Bombaher Journol Pioncea“
neldet als authentisch: Das an den Emit Sqhir Ali abgegangene
ültimotum fordert Antwort bis zum 20. November, widrigenfalls
»aie englischen Trudpen sofort in Asghanistan einrücken.
. Es gewiunt immer mehr den Anschein, als sollte es zwischen
stußland und der Türkei bald wieder losgehen. Wenigssens werden
»ie hiefülr sprechenden Anzeichen durch nachstehende Meldungen der
Wiener „Politischen Korrespondenz“ aus Kon stantinopel
»om 5. Nov. nicht unwesentlich vermehrt: Die Pforte, in der
Besorgniß, daß die Russen den Aufsiand in Nordmacedonien zum
dorwande einer Besetz ung dieser Provinz nehmen, dirigirt alle von
donstantinopel abgehenden Truppenverstaͤrkungen haupisaͤchlich nach
Seres und Stramitza. Auch von Pristina und S kopio gehen be⸗
rächtliche Truppenabtheilungen nach Macedonen. — Der Sultan
at neuerdings Ghazi Osman mit der Ueberwachung der Be⸗
estigungslinie Tschataldia Derkos beauftragt. Generat Toilcben
at sämmtliche russische Linien bis Lülleburgas inspizirt. Das
assische Zauptquartier bereitet die Ueberwinterung eines großen
Lheiles der Armee in der Umgebung von Adrianobel vor.
Bermischtes.
. Die Direcon der Pfatz. Bahnen giebt bekannt, doß die
tundreisebillete 8. Classe für den internen Verkehr der Pfaͤlz.
Zahnen so wie im Verkehr mit der badischen Staatsbahn zur
Zenützung der auf der Sitece⸗ Frankenthal — Winden cur sirenden
Rachtschnellzüge zwischen Landau und Zweibrücken in 3. Wogenclasse
nur bei Lolung von Ergänzungsbilleten bericht gen.
FDie Ziehung dee Maͤnchener Prämien⸗—Lotterie,
velche am 5. Nov. statifinden sollte, ist auf den 26. Nov. unwider⸗
uflich verschoben worden.
f Bei einem in der Nacht zum 29. Olt. in Odenbaqhh bel
J. Kaufmann ausgebrochenen Brande warden durch einen einstür⸗
enden Schornstein 7 Männer niedergeschlagen; von denseiben
rlitt einer, ein Schreiner, einen Beinbruch, und der verheirathete
Maurer K. Presser wurde an stopf und Brust so schwer verwundet,
»aß er andern Morgens starb; die übrigen lamen mit leichten
Verletzungen davon.
FSpeyer, 2. Nov. Bischof Ehrler hielt gestern im Dom
eine erste Predigt. Es wohnten ihr auch viele Protestanten bei;
don diesen wie von Katholiken hörten wir günstige Urtheile über
en Geist des Friedens, von dem diefelbe durchdrungen war.
FSpeyer, 2. Nov. Gestern Nachmittag war das
AIntersuchungsgericht von Frankenthal h'er, um dem Verbrechen
ines Kindsmordes auf die Spur zu lommen. Dem Voten U.
don hier war nämlich am Donneretag in Mannheim, während
derselbe Kommisstonen besorgte, von einem jezt Unbekannlen ein
Rößeres Packet zur Besorgung an eine hiesige Adresse S. übergeben
vorden. Der Adressat verweigerte jedoch die Annahme desselben
ind veranlaßte die Polizei zur O ffnung des Padcets, in welchem
est eingepackt die Leiche eines neugeborenen Kindes weiblichen
Beschlechts, sich vorfand.
f Eigenthümliches Malheur. Dieser Tage ereignete sich der
Fal, daß ein Bräutigam einige Stunden bor der Trauung ver⸗
uftete; alle Vorbereitungen zur Trauung und zum Hochzeismahle
varen bereits getroffen wor den. Das Malheur ist für die Braut
im so groößer, als es dieser nun zum zweiten Male und ganz
in derse ben Weise passirt. Beim druͤten Male wied die heitalihs⸗
ustige Dame sich wodl besser vorsehen.
f Um I. November ist Garnier⸗Pagès (geb. zu Marsille 1803—
zestorben. Er war Mitgl'ed der provisorischen Reg'erung im Febr.
1848 und im Sepf. 1870 Mitgüed der „Regierung der Nat'daal
ertheidigung“ gewesen. Er war Republilant aue Ueberzeugung,
ein ehrlicher Mann durch und durch; aber die staalsmännische Be—
zabung fehlte ihm. Die französische Literatur hat er mit einer
Reihe guter Geschichtswerle bereichett.
fLondon, 1. Nov. Der amerikanische Dampfer „Helvetia“
sat gestern früh um 4 Uhr den Kreuzer Fanny von der dritischen
düstenwache in den Grund gebohrt. Stebzehn Personen sind
vabei ertrunken.