Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler AAnzeiger. 
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der St. Jagberter Auzeiger und das (2 mal wöo hentli h) mit de n Drupthlatte verbundene Unterhaltunzsblatt, (Sountags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich viermal: Dieustag, Donnerstag, Sanstag und Sonntag. Der Abonuementspreis beträgt vierteljährlich 
WMacrk 40 R.⸗Pfg. Auzeigen werden mit 10 Pfg., von Aaswärts uit 15 Pfa. für die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum. Necelamer 
mit 80 Pfa pro Zeile berechnet. 
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M 176. Tonmerstag, den T. November 1878. 
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Deutsches Reich. 
Müuünchen, 31. Okt. Vom Ministerium des Junern wurde 
die Genehmigung erthent, daß zur Errichtung eines Unterstützungs⸗ 
jondz des „bayrischen Veleranen?⸗, Krieger⸗ und Kampigenossen⸗ 
Bertins“ im Königreich Bayern eine Wohlthätigkeits!otterie unter⸗ 
nommen werde, in welcher 900,000 Loose zu 1 M. zur Ausgabe 
zelangen sollen. 
München, 4. Nop. Se. Maj. der Koͤnig hat, wie die 
Mugsburger „Allg. Itg.“ meldet, die Einberufung der baher' schen 
Ldandräthe auf den 2. Dez. genehmigt. Darnach tritt auch der 
Landrath der Pialz an diesem Tage zusammen. 
München, 5. Nov. An Stelle des Generalmajors Fries, 
welchem das Kommando der ersten Feldartillerie⸗Brigade übertragen 
wurde, ist der Oberst Ritter von Xylander, Abtheilungschef im 
sriegsministerium, zum Bevollmächtigten im Bundesrath ernannt 
vorden. 
Berlhin, 5. Nov. Die „Post“ schreibt: Wie gerüchtweise, 
iber aus guter Quelle verlautet, wird Preußen in den nächsten 
Tagen einen Antrag auf Revision des Zolltarifs im Bundesraih 
reinbringen. — Der Krooprinz stattete gestern Abend der Familie 
des Fürsten Bismarck zur Polterabendfeier einen Besuch ab. 
Ausland. —* 
Petersburg, 5. Nov. Der „Regierungsbote“ meldet aus 
didadia vom 4. d.: Der Großfürst Sergei re ste am 2. d. M. 
mit der Yacht „Livadia“ nach Odessa ab. In Folge dichten Nebels 
und heftigen Suüdwindes gerieth die „Livadia“ auf den Grund. 
Der Sroß ürst Sergei, sowie die Offiziere und Mannschaften der 
HYacht wurden wohlbehalten ans Land gesetzt. Die „Livadia“ wurde 
zuf die Klippen geworfen und befindet sich einer nahezu hoffnungs⸗ 
losen Lage. 
Vermischtes. 
fFKaiserzlautern, 4. Nov. In der Kennelgasse auf 
dem Kotten wurde heute Nacht der Sacträger Eicher in se ner 
Wohnung mit total verbranntem Oberkdrper aufgefunden. Derselbe 
war aller Kleidungsstücke entblößt, gegen das Fenster gelehnt, unter 
hin ein Haufen Asche, wahrscheinlich von seinen Kleidungstücken her« 
ührend, noch lebend gefunden worden, konnte aber über das traurige 
Votkommniß keine Auskunft mehr geben, da er bald darauf starb. 
— Die ge'ichtliche Urtersuchung ist im Gange, welche wohl diesen 
bis jetzt mysteridsen Fall aufhellen wird.“ 
fKaiserslautern, 5. Nov. Ueber den Sackträger 
Ficher schreibt die „Kaiserss. Zig.“: Man vermuthet, daß er in 
einem Anfalle von Geistesstörung sich seiner Kleider entledigt, die⸗ 
jelben auf den Fußboden gelegt, mit Petroleum begossen und an⸗ 
gezündet, sich selbst aber in das Feuer gesetzt und so freiwillig 
den Tod gefunden hal. 
Das „Fr. T.“ meldet aus Neustadt, 31. Oct.: Seit 
inigen Tagen wird eine junge, den besseren Ständen angehörige 
Dame vermeßi. In einem ihrer Schwester hinterlassenen Briefe 
soll dieselbe erklärt haben, ihres Lebens müde zu sein, sie werde 
deshalb diesemein Ende machen. Wirkiich soll sie auch noch 
lurz vor Abgang des letzten Zuges ein einfaches Billet nach Lud⸗ 
wvigshafen gelöst haben. Ob sie ihren traurigeu Plan auch wirklich 
ausgesführt, ist nicht bekannt. 
Frankenthal, 4. Nod. Durch das Fallissement der 
derrten Gebr. Glossier, Besitzer der eisten Kisselschmiede Franken⸗ 
hals, einer der ältessen Fabruken unserer Stadi, wurden heute mit 
einem Male circa 120 Arbeiter brodlos. Gewiß ein schweres Un⸗ 
llück in Anbetracht, daß der Winter vor der Thüre steht. (F. W.) 
Speyer, 2. Rov. Betreffs der Kindsmordgeschichte hat 
ich, der „Rhpf.“ nach, herausgesiellt, daß eine in Mannheim 
wohnende Schwaͤgerin des Colporteurs Simon in Speher, geboren 
und das todte Kind ihrem Schwager geschict hahe. Warum? wird 
die Untersuchung lehren. Uebrigens habe die Section der Leiche 
etgeben, daß das Kind nach der Geburt nicht gelebt habe, sondern 
dahtend derselben gestorden sein mußte. Die Mutter bfinde fich 
m Spital in Mannbeim. 
Der Erzbischff von Bamberg ist von Rom kommend 
am Sonntag in München eingetroffen. 
FWurzburg. Der hiesige Magistrat dat den Wirthen 
den Gebrauch von Bierpressionen als gesundheitsschädlich verboten. 
Darüber mucht nun ein hiesiger Bierwirih in der Würzb. Presse“ 
jeinem gepreßten Herzen Luft; er behauplet, der Beweis, daß die 
Vierpressionen gesundheitsschädlich seien, werde sich nicht lieefern 
lassen; man sollte lieber einmal in den Küchen nachsehen, in wel⸗ 
hem Zustande da die Bratpfannen ꝛc. seien; da liege oft d'e Ur⸗ 
jache des Magenwehes, das der Pression zugefchrieben wird. 
Die Beleuchtungsversuche mit elektrischem Licht zur Ermög⸗ 
lichang fortgesetzter Arbeit während der Abendstunden von 5—8 
Uhr bei Weederaufbau der Baumwollenspinnerei in Hof scheinen 
sich zu bewähren, da fast während der ganjen letzien Woche mit 
diesem Lichte gearbeitet wurde. Vorerst ist nur eine Laterne placirt, 
zeine zweite soll noch aufgest IUt werden, das Licht einer Laterne soll 
so intentiv sein, wie das von 8000 Stearinkerzen. 
fFFrankfurt, 4. Nov. Gegen die „Frankf. Zig.“ soll 
nach dem „M. A.“ de Maßregel getroffen worden sein, daß sie 
auf kerner preuß schen Staatsbahn verkauft werden dürfe. 
Preinz Phit pp von Hanau, von dem es seiner Zeit 
alschlicherwe se hieß, er sei nicht rechtzeitig zur Armee eingeruͤckt, 
st in Serajewo, wo er seinem Dienste oblag, am Typhus ziemlich 
schwer erktankt und wird deshalb aus Bosnien hetausgebracht. 
fFrankfurt a. M., 4. Nov. Bestem Bernehmen, rach 
ist die Frankfurter Bank durch Unterschlagung oder durch Manipu⸗- 
ation eines Kassenbeamten mit einem Börsenmann im Incassoverkehr 
mit 339,000 Mi. in Schaden gebracht. Die beiden Schuldigen 
gaben fich enileibt. 
7 Die Mainzer Acltienbrauerei und die Mayerische Brauerei 
ju Mainz zeigen an, daß fie in ihren Wirthschaften vom 1. 
Nod. ab das Bier per Liter zu 10 Pfq. siatt disher zu 18 
perzapfen. 
F Die So ialdemokcaten in Mainz haben, wie die „Berg. 
Bolksst.“ mittheilt, nachdem sie ihren Verein freiwillig aufgeldst, 
lie rothe Fahne in den Rhein versenkt, um sie der Poligei nicht in 
bie Hände fallen zu lasse. 
Bopfingen, 31. Ott. Es ist gewiß eine seltene Er⸗ 
cheinung, daß eine Frau in nicht ganze3 Jahren 8 Kinder zur 
Welt bringt. Di se Frau befiadet sich in Schioßberg und ist an 
den armen Fabrikarbeiter Jos. Holzner allda seit 12 Jahren ver⸗ 
Jeirathet. Sie gebar vor zwei Jahren Zw'llinge, voriges Jahr 
Drillenge und am 30. Okt. dieses Jahres drei mittelkräftige gesunde 
Znaben, die heute zur Taufe gebracht werden. 
7eaAus Boppard, 24. Oct., schreibt man der Cobl. Zig.: 
Es durfte nicht uniuteressant sein, zu erfahren, daß in unserer 
Ztadt eine Persönlichkeit in voller Geistesfrüͤche lebt, welche gleich⸗ 
‚eitig mit dem ersten Napoleon auf St. Helena war. Es is dies 
der Rentaer Herr Thomas, der im Gesolge des Sir Hudson 
dowe damals auf der Insel verweilte.“ 
7 Wien erlebte au 3. November einen gewaltigen Schnee⸗ 
durm. Hunderke von Baͤumen sind auf der Ringstraße ruinirt, 
die städtischen Gartenanlagen sind arg mitgenommen, zum Theil 
danz vernichtet. Die Telegraphenleitungen wurden vielfach beschä- 
digt und der telegr. Verkeht gestoͤrt. Die Eisenbabnzüge kamen 
ehr verspätet an, so der Postzug der Westbahn mit neunstündiger 
VBerspätung. Auf der Südbahn war der Verkehr vollständig umer⸗ 
brochen. 
f.Paris, 31. Olt. Man kennt jetzt die Einnahmen der 
Ausstellung bis zum 26. Ott. Mit Enschluß dieses Toges war 
det Gesammtertragz 11,674,000 Fr., während die Einnamen im 
Jahr 1867 bis zum gleichen Datum sich nur auf 9,087,000 be⸗ 
liefen. Also ein Differenz von über 2/0 Mill. Die durchschniltliche 
Tagese'nnahme im Ott. beirug 80,000 Fr. Am Ende Scptember 
tellte sich das Verhältniß des gegenwärtigen Jahres zum Jahre 
1867 eiwas günstiger, denn der Uederschuß betrug damals 3,2838,374 
Frcs. Das ungünstige Oktoberwelter hat den Besuch merllich be⸗ 
aintraͤchtigt.