bom Vorsitzenden nach seiner Verurtheilung (die bezuͤzlich eines
Falles nur mit 7 gegen 5 Stimmen erfolgt war) befragt, ob er
dezüglich des Strafmaßes noch etwas anzuführen habe, erklärte:
„Herr Präsident, waͤre ich gleich beim ersten Fall abgefakt wor⸗
den, so wären die beiden anderen nicht vorgekommen.“
F Ein frecher, kaum 20jähriger Bursche erschien wie die
„Staatsburgerztg.“ in Berlin türzsich berichtete, vor dem Pol'zei⸗
richter, der Bettelei angellagt. Der Augeklagte Franz Otto Müller,
ein geborener Berliner, ist ein Strolch vom reinsten Wasser. Kaum
hatte der Polizei ⸗Anwalt das Wort zur Begrundung der Anklage
ergriffen, als ihm der Vagabund in das Wort fiel: „Sie sind eben so
in Sch .....„wie der Schußmann der mich arr tirte, komme ich
raus, schieße ich Sie und den Schutzmann todi! „Infolge dieser
Aeußerung wurdr die Berhandlung sofort abgebrochen und der An⸗
geklagte vorerst auf Antrag des Polizei⸗ Anwalis wegen ungebühr⸗
iichen Betragens vor Gericht und Beleidigung von Beamten an
Berichtostelle, von dem Polizei⸗Richter zu einer sofort zu vollstreckenden
Hastlirafe von 8 Tazen veruttheilt. Nach Abbüßung dieser Strafe
eist wird auf's neue gegen ihn die Verhandlung wegen Bettelei
wieder aufgenommen werden.
pBerlin, 6. Nod. Das Berliner Fremdenblalt berichtet
Folgendes über die Trauung des Grafen Rantzau und der Gräfia
Htatie v. Bismarck; „Die lirchliche Trauung des Brautpaares
fand im Kongreßsaale heute Nachmitiag 32/12 ÜUhr darch den Pre⸗
diger der Si. Bartholomäuskirche, Herrn Vorberg, Statt, nachdem
kurz zuvor durch den Staudesbeamten, Herrn Dr. phil. Noht, der
slandesamtliche Alt in einem Privatzimmer vollzogen worden war.
um 5 Uhr war Familiendiner von 60 Gedecken im kle'nen Saal,
nd um 7 Uyhr beabsichtigte das Junge Ehepaar nach Wien abzu⸗
reisen. Der Trauuug foigte im engsten Familienkreise ein Diner,
an welchem außer den Mitaliedern der Haäuser v. Bismaick und
d. Ranhaau der Staatssekretät v. Buͤlow, der württembergische Ge⸗
sandte Frhr. v. Spitzemberg, der Wirkl. Geh. Legationsrath Bucher,
der Chef der Reichstanzlei, Geheime Regierungsrath Tiedemann,
und der Legationsrath v. Holstein theiinahmen.“
Sonderbare Charakteristik. Die Ermittlung
der Bodenbenützung wird von den Landleuten nicht sonderlch freu⸗
dig begrüßt, weil sie glauben es könnte eine „Steuer? nachkom⸗
men. In Burgbernheim zeichnete deshalb eine gering bemittelte
Winwe ihren Namen, Stand ⁊c. wie folgt in die Liste ein: Un⸗
mittelbare Wuitwe von 68 Jahren.“
Ohne Knochen geht es nicht.) In einem in Liegniß be⸗
findlichen Fleischerladen sind folgende Verse angeschlagen:
Rinder, Lämmer, Ziegen, Schweine
Daben Glieder und Gebeine,
Ddatum muß beim Fleischverwiegen
Jeder etwos Knochen kriegen.
Ein Stiergefechtin Neussazß. Ueber das Ent⸗
setzen erregende Treiben eines wüthenden Stieres, dem leider auch
einige Mepnschenleben zum Opfer fielen und dessen Tödlung erst
mögzlich war, nachdem derselbe Angst und Schrecken in der çanzen
Slaͤdt verbreitet hatte, wird dem „Neuen Pester Journal“ aus
Reusatz 27. Oliober geschti ben: „Wie es schon auf dem Lande
Ablich ist, treibt man auch dier das liebe Veh, uagebunden, in
Bandeln“, durch die Gafsen der Stadt zum Marklplatz. Heute,
am Vormarkitage, trennte sich ein junger, kraftiger Stier von einem
olchen „Bandel“ und nahm seinen Lauf durch die Fialergasse zum
Haupiplatze; schon unterwegs rannte er jein Horn durch de Weichen
Ines harmlosen Kutschers, der sofort todt zusammenslü⸗zte. Am
Platze angelangt, warf er einen alten hiesigen Bürger in die Höhe;
Her Arrme mußle bewußtlos ins Hotel „um grünen stranz“ getragen
werden; wirter traf er eine Gruppe Bäckerbuben, zwischen die er
hine nfuht, einige der Jungen deschärigte und nahm sodann in
jchwachem Trabe seine Richtung gegen die Donaugasse. An der
Biegung wählte er sich de vom Schse heimkehrenden zwei Stadt⸗
hauptleute als das Ziel seiner Angriffe; der Vree⸗ Stadihaupimann
intsprang, sein Fuß tam untler einen Wagen und wurde leicht be⸗
jchaädigt, in demselben Augenblicke aber erfaßte das ˖ würhende Thier
den Odere Stadihauptmann, schleuderte ihn in de Höhe, so daß er
nin dem Kopfe auf das Pflaster fiel und bewußtlos liegen blieb.
Der Stier, noch immer unbehelligt, rannte nun der Promenade zu.
Schrecen erfahßte die Passanten, Alles stob nach allen Richtungen,
Schutz suchend, ausemandec, man erstieg in aller Eile Laternenpfähle
und BSäume, seldst der städt sche Wachtmann strecte nach einigem
Plaänkeln die Wasfen und sprang, einer Katze gleich, auf die nächst⸗
beste Pappel. Der Suͤer wers idm einen herausfordernden Blick
zu. stampite mit den Füßen und dlieb ruh'g wartend stehen. Ein
deheizler, vielleicht auch etwas augehe terter Hafnergeselle mochte die
Gefahr eines Stierlampfes nicht änsehen, sireckte dem Thier seine
Arme entgegen und avanc'tte; nun wand!e der Stier seine Augen
dem dühnen Angreifer zu, nahm Stellung und ließ seinen Maun
auf sunf Schritie heranlommen, machte daun einen leichten Saz
Id n Ru floa der Hafnergeselle in die Höbe, flog zur Erde und
Jar todt. Ein Tambour, der zur Licitation ging, begaan hieraus
Zturm zu trommeln; das stutzig gewordene Thier nahm erschreckt
enen Lauf dem Playe zu. Sämmtliche Verkaufsstände wurden in
er athemlosen Hast umgeworfen, Alles fuchte Schutz, man wußte
icht, von welcher Seite das Leben dedroht sei. Endlich kam der
Ser in den Hof des der Frau Trandafiel gehörigen Haufes am
daupiplatze, die Thoren wurden hinter ihm geslossen und det Kampf
egann auf Leben und Tod. Die Schützen nohmen gededie Siel⸗
ungen, die ersten Schüsse machten das Thier blos stutzig, neue
Nanition mußte geholt werden und weewohl fast jeder Schuß traf,
rcach er erst unter bem sechsundv'erigsten Schusse, der ihn ins Genick
raf, zusammen. — Außer den 2 Todten ist Herr Ivanovies Batut,
dadoslaw Manojlovits, Stadthaupimann, und ein Bäckerjunge stark
erwundel, Andere trugen leichte Verletzungen davon.“
F «Eine gefährliche Postsendung. Wir leben in
ein amerikanischen Verhältnissen — so berichtet der .Tfl. West.“
ind erzählt u. A. als Belag für diesen Ausspruch folgenden Vor⸗
all: Vor Kurzem erhielt der Kaufmann Chetschikow in Tiflis
nit der Post eine Kiste zugeschick.. Da er den Inhalt derselben
richt kannte, so öffnete er dieselde sehr vorsichtig und fand in der⸗
elben einen Rebolver, welcher mit gespanntem Hahn in Schieß⸗e
zulver steckte. Der Drücker war durch eine Schnut mit dem
Deckel verbunden, so daß bei einem raschen unvorsichtigen Oeffnen
der Kiste der Revo!ver sich entladen und eine Explosion bewirken
nußte. Wer der Absender der Kiste gewesen, konnte bisher nicht
est estellt werden.
F Ein zuter Fund. In desen Tagen ist in Paris der
zewiß seltene Fall vorgekommen, daß ein Droschkenkutscher beim
steinigen seiner Deoschke unter den Kssen nicht nur ein Portemon⸗
laie mit einem baaren Inhalt von über 60 Fr., fondern auch
ille Utkunden fand, die zur Erhebung einer Erbschaft von 134
Heillionen Fre⸗. ausgestellt und von einem sehr zerstceuten Fahr⸗
jaste vergessen worden.
Péaris, 4. Nov. Heute Vorm. 10 Uhr fand das Lei⸗
henbegängniß von Garnier Pagös Statt. Am Grabe wurden
wei Reden gehalten, die eine von Jules Simon, die andere von
Arago, der 1848 Generaipostmeister war und dessen Vater, der
»erühmte Astronom, ebenfalls zur provesorischen Regierung gehörte.
Julez Simon besprach das kommerzielle und politische Leben des
Zerstorbenen. Arago schloß seine Rede mit der Eiklärung, daß
Se republitanische Partei eine große Undankbarkeit dem berühmten
Mitglied der Regierung der nationalen Vertheidigung gegenüber
Fegangen, das gestorben sei, ohne Mitglied der Kammer oder des
Senals zu sein. Beide Reden wurden mit dem Rufe aufgenom⸗
men: „Es lebe die Republik!“
p'Sondon. Die von der Mehrzahl der Guckpächter von
Zent und Sussex ihren Arbeitern angeküudigte Lohnherabs. zung hat,
za letztere sich unnach ziebig zeigten, zu einer Urbeitseinstellung ge⸗
uhrt, welche sich einstweilen auf ungefähr 600 Leute eistreckt.
pMan mildet aus London, 4., die Zahlungseinstellung
des Haufes Smith, Heming und Co., das in Londsn und Indien
tablirt ist. Die Passiva delauien sich auf 2,250,000 Pfund
Sterling — 25 Mill. Mark. Die Akliva sind noch nicht bekannt.
Ein blinder Passagier aus Schottland. Als man
ürzlich die Lucken des so ben in Newyoilk angelangten Dampfers
„City of Chester“ öffnete, fand man unter den Frachtstücken einen
Hanu, der jast zu Tode gehungert war. Es war der 28jaährige
Schotie, Namens James Donellh. Er hatte 11 Tage lang in
ziesem finstern Raum gehungert. Durch Durst zur Ver;weiflung
settieben, hatte er seinen eigenen Urin getrunken. Er hatte sich
m Schiffz?raume verstecht, weil er lein Geld hatte, um die Ueber⸗
ahrt nach diesem Lande bezahlen zu tönnen. Nachdem man ihm
inige Stimulantien und Nahrungemittel verabreicht batte, schicle
nan ihn nach dem Hospital.
F Viereinhalb Jahre in Untersuchungshaft. Vor dem Schwur⸗
seriche in Rom wird jetzt gegen den Apotheker Amato, der de⸗
huldigt ist, den Mönch Luigi Grossi mittelst Schietling vergiften
u haben, verhandelt. .Diesez Ereigniß hat sid 1873 jugetragen
nd volle d'ereindalb Jahre befand sich der Angeklagte in Unter⸗
uchungshaft.
—DV— nach sorgsamen
zchätzungen mit 1,428,917, 000 oder ungefähr 28 Menschen per
Madratmeile berechnet. Europa zählt 309,178,800, Asien
24, 548 800, Afrita 199,921, 600, Australien 4748, 600 Amerila
35,519,800 Einwohner. Die Bevölkerungszahl von 1876 über⸗
reitet die von 1875 mit ungejähr 27 Mill sonen. Die Einwohner
r verschiedenen Staaten Europas vertheilten sich folgeadermaßen:
luf Denischland kommen 42,723,240, auf Oestereich · Ungarn
7700, 000, auf die Schweiz 2,669. 147, Holland 3 809,527,
gelgien 5,336,634, Luxemburg 205,153, Rekland 71 730,980,
„chweden 4,3383, 291, Norweten 1802. 882, Daänemark 1,903,000,
Frankreich 86,102,921, Großbritanien 33,450,000, Spanien
26551647. Porthigal 4 298 881, Italien 27. 482,174. Manaco