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M 1837.. Dienstag-⸗ den 26. Noveube 178.
Deutsches Reich. —
Berlin. Die vom Asg. Fehrn. v. Schorlemer-Alst gestellte
und durch 82 Mitglieder der Centrumspartei unteistützte Interpel⸗
lation richtet an die Staatsregierung die Frage: ob dieselbe gewillt
ist, im Bundesralhe des Deuischen Reiches gesetzgederische Vaßre⸗
geln gegen den überhand nehmenden Wucher zu beantragen, welche
auf: 1) Wiedereinführung von Zinsbeschränlungen, 2) Wiederein⸗
führung der civilcechtlichen Unverbindlichkeit wucherischer Rechtsge⸗
schäfte und Strafbarkeit des gewerbsmäßigen Betriebes sowie dir
Verschleierung solcher Geschäfte, 3) Beschräukung der allgemeinen
Wechselfähigkeit gerichtet ind.
Oijficiss wird dem Ber!. Tazbl. ge'chrieben: Die deutsche
Neichspost⸗ und Telegraphen-Verwaltung besitzt ein ausgebreitetes
Netz unterirdischer Telegraphenlinien, welches sich don Berlin längs
der vorhandenen Kunsistraßen bis Straßburg im Elsaß und anderer⸗
jeits bis Kiel erslreckt. Es liegt in der Ablicht, mit dem weiteren
Ausbau dieses Netzes vorzugehen und damit eine unter allen Um⸗
änden gesicherte lelegrapyische Verbindung Berlins mit den wich—
zigsten Handelsplätzen und nitt den größeren Festungen heriustellen.
Bei der Kosispieligkeit unterirdischer Telegraphena ilagen ist es für
die Reichssstelegrapsenverwaltung von hohem Werthh, des Schutzes
dieser Anlagen seitens der Staats- und Gemeindebehörden versi hert
ju sein. Dem Wunsche des Geuetalpostmeisters gemäß haben die
Minister des Innern und des Handels die Provizialbehö den ver⸗
anlaßt die Aufmerksamkeit der Chaussee: Bahnbau⸗ und Gemeindever⸗
waltungen auf die innerhalb ihrer Gebiete vorhandenen unterirdischen
Berbindungen hinzulenken und die Verwaltungen anzuregen, elwaigen
Beschädigungen solcher Verbindungen entgegenzäutreten.
Ueber den Aufenthalt der deutschen Komm ssare in New PYork
sur Prüfung der amerikanischen Fabrikatsteuer erhält die „Deutjche
Tabakszeitung“ folgende Mittheilungen: „Ueber den von ih'en an
die Tabakenquele Kommission zu erstattenden Ber'cht haben sie sich
noch nicht ausgesprochen, doch weiß man, daß ein Migtglied der
Kommission Geh. Rath Mayr aus München der Einführung des
Monopols in Deutischland günstig gestimmt ist, während drei andere
sich dagegen aussprechen werden; es ist möglich, daß sie eine Steuer
auf Blatttabak empfehlen. Geh. Rath Schomer äußerte, sie haden
sowoel die Stärken als auch die Schwächen des amerilanischen
Systems erkannt. Ju Amerita existirt eine gute Art von Steuer⸗
zahlern, weder die höchst noch die niedrigst besteuerten suchen die
Steuer zu umgehen. Ueber die amerikanische Methode, verschiedenen
Fabrikanten das Arbeiten zu untersagen und einem andern zu er—
lauben, die Waare für sie alle zu fertigen, wodurch die Statistil
der Fadrikanten werthloz wurde, sprach sich Geheimer Rath Mayr
jaunig aus. Auch betonte derselbe die Uamöglichkeit, daß die
säufer von Blattiabal auf dem Lande täglich ihre Einkäuse in ihre
Bücher eintrügen; er bemerkie daß die Steuerftage in Deulschland
ein schiierigeres Problem sei, als in Amerika, wo versch edene
Tabake in großen Quanttäten gebaut würden, so daß man den
stemden Tabak entbehren oder die Steuer für ihn so hoch fixiren
sönne, wie man wolle. In Deutschland müsse man jedoch fremden
Tabak haben, weil das Volk ihn verlangt, und wie man zu
zleicher Zeit diesen besteuern und dabei d'e einheimischen Interessen
chützen könne, sei tin schwet zu lösendes Problem.“
Mainze 22. Nov. In Folge der in jüngster Zeit häufi
borgekommenen Mililärexcesse hat das hiesige Festungsgoudvernement
Veranlassung genommen, für jedwelche Ausschreitung veifchärfte
Strafen anzudrohen. Außerdem hat die Militärbehörde angeordnet,
daß in der Gegend, wo diese Excesse in der Regel ihren Anfangs⸗
punlt haden, in der nächsten Ungebung mehrerer berüchtigter Häu—
ser, alle Abend von Anbruch der Dunkelheit an von jedem Regi⸗
ment verstärlte Patrouille zu gehen hat.
Aaussand.
Wien, 23. Nov. Das „Neue Wiener Tagblatt“ meldet,
daß zwischen England und der Tükei Unterhandlungen wegen der
Abtretung des Hafens Alexandrella an der syrischen Küste an Eng⸗
land schweben, und zwar gegen die Garantie einer großea türkischen
Anleihe seitens Kaglandzs. Mit ziemlicher Bestimmtheit verlautet
*
abermals, daß der Abschluß einer öͤsterreich schalürklischen Vereinbarung
bevotstehe, dahin gehend, daß die Türkei ebentuell die gemeinschafiliche
Besezung Novibazats und des dazu gehörigen Distrikts gestatlen
würde. Die Adtretung der Souveränität auf Bosnien und die
Herzegow'na ist noch nicht zugestanden worden. — Am Sonntag
wird eine Sitzuug der österreichischen Delegation. stattfinden, in
welcher Graf Andrassy die Okkupatisnspolitik vecthe digen wird.
Pest, 23. Nov. Der Heeresausschuß der ungarischen Dele⸗
gation votirte nach eixgehender Debatte die für die Umgestaltung
der Werndl⸗Gewehre beantragte Summe von 1,712,000 31.
Paris, 24. Nov. Ein Telegramm des „Temps“ aus
Nom vom 24. d. meldet, daß daselsost 300 Verhaftungen Stait
zefunden haben. Die Reg eiuag besäße Beweise von einer aus⸗
gebreiteten Verbindung gegen das Leben des Königs. — Man
versichert, daß die neulich gestohlenen 293 Millionen sich gegen⸗
wärtig in den Händen der Internationalisten befänden. — Passa⸗
mente fährt fort, die Ersstenz von Genossen zu leugnen. 8
Die Engländer sind bis jetzt, ohne erheblichen Widerstand zu
iden, in Afghanistan vorgedrungen. Im Kurum-Thal hal die Bri⸗
gade Roberts zwei kleine Forts ohne Kampf besetzt. In Alimusjid
aben die Engländer viele Gefangene gemacht, Lastthiere und 10
stanonen erbentet; die Einnahme des Foris erfolgte nicht (wie es
anfangs hieß) ohne Kampf mit der sich zurückziehenden Bisatzungs;
die Engländer hatten 30 bis 40 Todte und Verwundete. Weiter
wird gemeldet, daß die Truppen der Afridis 500 Mann des afg⸗
hanischen Heeres abschnitten und ihnen Woffen und Ausrüstungs⸗
gegenstände avnahmen.
Madrid; 24. Novp.'“ Der Proziß gegen den Mörder Mon⸗
rast kommt morgen vor den Appellhof von Madrid. Die Journale
zringen Meldungen von einigen polinischen Verhaftungen in Sar⸗
ragosso.
Aus Florenz, 29. November geht der „B, L.-Z.“ fol⸗
zeude Notiz über die am Abend des 18. ds. bei der Freuden⸗
dundgebung zur glücklichen Rettung des Königs Verunglükckten zu.
xs blieben sosort zwei Personen todt und andere sechs liegen im Spi⸗
ale, wovon zwei schwer verwundet sind und der Zustand eines
Dritten hoffnungslozs ist. An einer sür die Familien der Verun⸗
Mückten, welche sämmtl'ch den unteren Vollseclaffen angehören, sofort
ingeleiteten Sammlung betheiligte sih der Fürst Demidoff mit der
ansehnli hen Summe von 5000 Lire. Es gilt als festgestellt, daß
d'e unglückbringende Bombe von einem auf der Siraße stehenden
Menschen, nud zwar bereits mit brennendem Zündfaden geschleudert
wurde, und plaßtzte, ehe sie noch den Boden erreicht hatte, wofür
auch der Umstand spricht, doß sämmtliche getrofferen Personen am
dopfe und keine am Unterleibe oder an den Füßen verletzt wurden.
Man fahndet auf ein Individium, welches wenige Secunden var
»em Eintritt des Ungkücke, wie man anuimmt'zu einem Helfershel⸗
ier die Worte: „Vorwäcis, jetzt ist's an der Zeit!“ sprach.
Neapel, 23. Nov. Di: Journale geben der Befriedigung
iber die anläßlich des Attentates von den auswärtigen Blättern
zeröffentlichten ympathischen Kundzebungen Ausdruck. — Die Ver⸗
zaftungen. von Internationalisten in sverschiedenen Städten dauern
fort. In Pifa wurden drei Personen rerhaftet, welche im Verdacht
dehen, sich aa dem Werfen der Orsini⸗Bomben betheiligk zu haben
JIa Padua hꝛden bei drei JInternationalisten Haussuchuagen stattre⸗
junden; es sollen dabei kompromittirende Schriften faisirt worden sein.
„Reuter's Bureau“ meldet aus Konstautinopel: Der Sultan hat
ein Schreiben an den Kaiser von Rußlaad zetichtet, worin er für
dessen Erklärung, den Berl ner Vertrag ausführen zu wollen, danlt
und den Kaiser ersucht, zur Unterdrückung des Aufstandes in Ma—
cedonien beizutragen. Dieses Schreiben soll Schatir Pascha nach
Lipadia bringen.
Verm'schtes.
fF Am vorigen Montag (18. d. M.) verunglüche zu Grube
Altenwald ein Bergmann durch Hereinbrechen einer größecen Fels⸗
nasse und war sofort todt. Derselbe ist aus Bayern und hinter⸗
äßt eine vermögenslose Witiwe und acht unverforgte Kinder.
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