2 Unqberler Anzeiqer.“
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M 183. Sanstag/ den . dꝛeceeee 1878.
»Mäungsen, 3. Dez. Nach den Vorschlägen der k. Staats
regierung follen im Zasammenhang mit der neuen Gerichtssigein
theilung in Bayern fechs Bezikksämter, hieruntet Ftiedberg, Teusch⸗
niß und Kehan, aufgehoben werden. Die Landraihsversammlungen
werden die don ihnen abvberlangten Gutachten in Bezug auf die
neue Gerichtssitzeinthellung in geheimer Sitzung abgeben. Man
will die Oeffenslichkeit um deßwillen ausschließen, um dei der Mög⸗
lichkeit einer Abänderung des Planes durch verfrühte Nachrichten die
detheiligten Kreise nicht zu alteriennnn.
Munchen. Nach den vom Justizministerium veröoffentlichten
Ergebnissen der Strafrechtspflege in Bohern während des Jahres
1877 betrug die Zahl der abgeurtheilten strafbaren Handlungen
— mit Ausnohme der Forsistrafsachen — 393 769, worunter 5954
Berbrechen, 84,388 Vergehen und 805,427 Uebertretungen sind.
—.Im Jahre 1877 wurden um 14 Procent sirufbare Handlungen
mehr als im Vorjahre und um 28,6 Procent strafbare Handlungen
mehr als im Jahre 1875 ageurtheilt, wobei im Einzelnen die
Verbrechen gegenüber den beiden Vorjahren um 12,9 Procent, die
Bergehen um 14,1 pGt., bezw. 31,9 Procent, die Uebertretungen
um 14,0 Procent, bezw. 28,1 Procent zugenommen haben. Auf
die besonders starke Zunahme der abgeurtheilten Vergehen wirkte
jedenfalls in erheblichem Grade die Beschränkung der Antragsreate
vnd der Zarücknahme gestellter Strafanträge durch die Strafuesetz⸗
novelle vom 26. November 1876 ein. Derselben dürfte wenigstens
uum Theile die außerordentliche Mehrung der Vergehen der Körper⸗
derlezung um 24,1 Procent gegenüber dem Vorjahr und um 62,7
Procent gegenüber dem Jahr 1875 zuzuschreiben sein. — Die Zahl
zer im Konigreich undem den rinzeinen Regierungsbezirken verur⸗
heilten Personen und der im Besonderen zu schwerer Strafe
Todesstrafe, Zuchthausstrafe, Festungshaft oder Gefängniß) Verur⸗
cheilten, derglichen mit der Größe der Bevslkerung im Kouigreich
und in den einzelnen Regierungsbezirlen, ergibt, daß je ein Verur—
theilter überhaupt im Königreich auf 15 und in der Pfaz auf 9,
in Oberbayern auf 11, in Niederbayern und Unterfranken auf je
16, in Mittelfranken auf 18, in Oberfranken und Schwaben auͤs
je 19 und in der Oberpfalz auf 20 Köpfe der Bevdskerung, dann
je ein zu schwerer Strafe Verurtheilter im Königreich auf 119 und
in Oberbuyern auf 91, in Niederbayern auf 105, in Oberfranken
zuf 114, in Unterfranken auf 125, in Mitteltranken auf 128,
in der Oberpfalz und in Schwaben auf je 142 und in der Pfat,
auf 147 Köpfe der Bevoͤlkerung trifft.. — Von den im Jahre
1877 abgeurtheilten 5954 Verbrechen treffen auf Oderbahern
1510, Mittelfranken 7866. Schwaben 740, Niederbahern 734,
lEnterfranken 684, Oberpfalz 587, Oberfranten 552 und die
Pfalz 391.
Nurnberg, 8. Dez. Der, Fränk. Kur.“ erfährt, doß
zie Begutachtung der neuen Eintheilung der Gerichtssitze vom wit—
jelfränkifchen Landrath (auch von den anderen )) in geheimer Sitz⸗
ang vorgenommen wird. (Der pfälz, Landrath hat am 3. d. eine
zeheime Sitzung gehabt; in derselben wird also bie Frage der Ge⸗
richtssize wohl verhandelt worden sein)
Berlin, 83. Dez. Die Tabalenquelekommisstion soll noch
wei andere Projelte ins Aage geiaßt haben: ein auf den Rotz⸗
—XELXV —
ttiebe iberlassen bleibl, und eine Werthsteuer in der Art, daß Pro⸗
uzent und Impotteur verpflichtet sind, den Verkaufswerthdes
oroduzirten oder importirten Tabaks zu deklariren und von diesem
Werthe naq einem bestimmten Verhaltnißsatze die Steuer ju ent⸗
tichten ist, das Reich aber als Waffe gegen Nichtdeklaration das
Kecht erhaͤlt zu dem deklarirten Priise die Waare selbst zu über⸗
nehmen, was dann wohl weiter voraussetzt, daß der so erworbene
Kohtabak in Reichsfabriken verarbeitet würde, die, wie heute schon
die Straßburger Tabaksmanufaltur, in Konkurtenz mit der Pridat⸗
industrie arbeiten.
Berlin, 8. Dez. Die Wilhelmsspenden⸗Kommission been⸗
deten in ihret heutigen Sitzung die Generaidebatte und beschloß, aus
den Geldern eine Renten⸗Versicherung zu schaffen, den Fondz als
VerwaltungsFonds und nicht als Garantiefonds hinzustellen, derge⸗
talt, daß es dem freien Ermessen des Betriffenden anheimgegeben
st, Einlagen für Renten oder Capital einmal oder wiederholt
nachen zu können. Am Freitag wird die Commission in die Spe⸗
ialdebatte eintreten und namentlich das Statut der Rentenversiche⸗
zung feststellen ·
Berlhim, 4. Dez. Ueber die für Berlin und Umgegend
auf Grund des Socialistengesetzes angeordneten Maßregeln sagt die
offic vse „Ptrop. Corr.“: „Mannigfache Anzeichen ergaden, daß die
ocialistischen Leiter den veränderten Verhältnissen entsprechend mit
anderen Mitteln den Kampf gegen die gesellschaftliche Ordnung
'ortzuführen gedenken und Berlin nebst Umgegend jum Mittelpunti
hrer Thatigleit ausersehen hatten. Die thatsachlichen Wahrnehm⸗
ungen bestätigen die Richtigkeit diefer Angaben: gehe me Vereinig⸗
ungen, welche durch Vertrauensmänner mit einander in Verbindung
dehen, sollen dazu dienen, vom Auslande bezogene socialistische Zei⸗
tungen und Flugblätter zur maffenhaften Verbreitung gir bringen
und zur Besoldung geschäftsmäßiger Agitatoren im Slillen Beitraͤge
zu fammeln. Bestimmte Anzeichen sprechen überdies dafür, daß die
deiter der hiesigen Soc aldemokratie mit Nibilisten, Radikalen und
Internationalen in Verbindung stehen. Für die beabsichtigte Con⸗
zentrirung in Berlin zeugt die neuerdings stattgehabte Ueberfiedelung
ines hervorragenden Agitatlors aus der Provinz vach Berlin,
Berlin und Umgebung war bei unablässig fortgesetzter Unterwühlung
ꝛiner. drohenden Gefahr für die öffentliche S'cherheit ausgefetzt.
Der Gefohr vorzubeugen erschien dringende Pflicht, um so dring⸗
licher angesichts der Rückkehr des Kaisers.“ *.
„. Nach einer offiziosen Notiz in der „Koöln. Ztg.“ über die
Brunde, welche zu den Berhängungen des fogenannten kleinen Be⸗
agerungszustandes über Berlin und Um gegend' geführt
haben, haͤtte die Regierung Kenntniß von einer über Deuischland
derbreiteten und von Berlin aus geleiteteten fozialistischen Agitation
durch kleine Gruppen und Kreise, die nach Art der russischen Nihi⸗
listen gebildet sind und arbeiten. Außerdem solle sie Kenntniß haben
von der Anfertigung von Werlzeugen uud Apparaten zu verbreche⸗
rischen Zwecken.
Berlin, 4. Dez. Gutem Vernehmen nach werden die
Formalitäten zur Wiederübernahme der Regierung Seitens Sr
Majestat des Kaisers morgen vor dem Einzuge in die —R
zrfolgen. Der Vicepräsident des Staatsminifieriums Graf Stol⸗
derg wird den Wiederuübernahmealt gegenzeichnen. Die betreffende
Publitation sovwie die Dantäußerung an den Krondrinzen werden
norgen veröffentlicht.
Berlin, 4. Dez. Die in großart'gster Weise veranstalteten
Vorbereitungen zum Empfange des Kaisers sind nahezu vollendet,
Troß des schlechten Wetters ist die Gegend dom Potsdamer Thore,
oniggräter Straße und den Linden von einer großen Menschen⸗
neuge belebt. De Häuser sind äußerst zahlreich mit Kränuzen,
Tannen⸗Gewinden, Inschriften und Flaggen geschmück.e. Die Vor—
dereitungen zur Illumingtion erstrecken sich bis in die außersten Vor—⸗
dädte. Von auswärts sind viele Fremde hiet anwesend.
Berlin, 8. Dezembers, 1224 Uhr, Mittags. Eben faͤhrt
det Kaiser unter Glocengelaͤute und begeisterten Hurrahrufen einer
ahllosen Menschenmasse vom Potsdamer Bahnhof durch die Koͤnig⸗
zräher Stratze und das Brandenburger Thot in die Stadtn
offenem sechsspäͤnnigem Wagen in kurzen Trab. J
Bechlin. Die erste Beraihung der kleinen Eisenbahnvorlage
ezüglich des Anlaufs der Frankfurt-Homburger Bahn durch den
Siaat wird dem Abgeordnetenhause die ersie Veranlassung zur
Beleuchtung der Eisenbahnpolitit der Regierung geben. Man fieht
ei dieser Gelegenheit sehr wichtigen Debalten entgegen, da der
dandelsminister Maybach ohne Zweifel sich veranlaht fühlen wird,
zas Eisenbahnprogramm der Regierung vor dem Hause zu ent⸗
videln. Der Anlauftpreißs der Frankfurt Homburger Vahn ist
1,800,000 M. Der Staat hat die Schulden und Beamten der
Bahn zu übernehmen.
Karlsruhe, 3. Dez. Dem Kaisercommers der Poly⸗
lechniler in der Festhalle wohnten Tausende bei, hierumer de