Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
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ca Et. Jugberter Auzeiger und das (2 mal wo heutli hj mit denn Hauotblatte verbundene Unterhaltungsblatt. Sonntags mit ilscrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wo hentlich vierm alr Dienstau, Donaerstar, Sanstarund Sonutag. Der Abonuementsvreis betragt vierieliährlich 
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M 195. W Dieustag, den L0. Dezembʒer 
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Deutsches Reich. 
Berltin, 6. Dez. Wie man hiesigen Blättern mittheilt, 
eischien gestern Mittag, eine halbe Stunde, nachden der Kaiser in 
sänen Palais angelommen, der Geheime —X 
Hotelier Holtfeuer (welchex delkannilich zuerst in das Zimmer det 
Jobiling tindrang vnd von demselben durch den Hals geschossen 
wurde) und überbrachte demselben im allerhöchsten Auftrage den 
Dohenzollerne Hausorden. 
die Fraktion des Centrums deß Abgeordnetenhaufes hat soeben 
beschlossen, einen Antrag einzubringen, wonach das Geset. tetreffend 
di Aufhebung der Kloster, außer Kraft gesetzt werden soll, für die⸗ 
jenigen Ordenslongregationen und Niederlassungen, die sich aus⸗ 
ueßlich mit Kranlenpflege und Unterricht beschaftigen und am 1ͤ 
Dezember 1878 noch nicht aufgelöst waren, unter anderweit ge⸗ 
eßlicher Regelung deb Kiostergefetzes. 
Wie das ‚Berl. Tagbl.“ hört, hat. der General v. Gluͤmer 
dem Vostande der Krieger⸗ Kameradfschaft zu Frankfurt a. Main mit⸗ 
zetheilt, daß der Delegirtentag lammtlicher seriegervereine Deutjsch⸗ 
jands zur Konstituirung eineb allgemeinen deuischen Kriegerbundes 
nder dem Proleklorat des Kaisers nicht, wie projektirt, in diesem 
Monat, sondern erst im Monat Januar abgehalten werden lönne. 
Wahrend in Rorddeutschtand vorgeschlagen ist. bei der Reform 
der Brausfteuer zu dem süddeutschen System der Mahlsteuer überzu⸗ 
dehen, ist neul ch in der badischen zweiten Kammer vom Minister⸗ 
uͤscheerklärt worden, daß eine Ausdehnung der dpreußischen Brau⸗ 
euer auf das ganze Reich in Aussicht stehe. Der preuß'sche Fie 
nanzminifler lägt übrigens seit geraumet Zeit durch die Provinzial⸗ 
deuerbihörden Erhebungen vergestatten, welche ergeben sollen, was 
sur Bedenken einer etwaigen Einführung des Jüddeuischen Systems 
entgegenstehen. 
Berlin, 7. Dej. Bei dem heutigen Empfange des Magi— 
sttats und der Stadwerordueten von Berlin sagte Se. Majeslät 
der Kaifer, an die Adresse anknüpfend etwa Folgendes: Allerdings 
zabe ich aus dem Empfange, der mir vorgestern geworden, erlannt 
und, wie Sie in der Adresse richtig sazen, aus den leuchtenden 
AIuzen der mich empfangenden Bevölkerung gelesen, daß die Freude 
ber meine Genesung und Rücdkehr eine innige, tief aus dem Her⸗ 
zen kommende gewesen ist. In den äußeren Zurüstungen, welch 
jeit einigen Wohen für meinen Empfang so emsig vorbereitet 
vordem, ist vielleicht das von mir gewünschle Maß Übeischritten. 
Sie haben mir aber vorgestern schon esagt, daß die allgenreine 
Freude sich nicht zurückhalten licß. Leider ist es mir nicht möglich 
dewesen, die Illumination felbst in Augenschein zu nehmen. Ich 
dabe nur Etwas von meinem Fenster aus sehen loönnen, aber von 
aAllen Seiten gehört, daß si recht schön gewesen jst. Und so danke 
Ihnen herlich fur den mir bereiteten, meinem Herzen wohlt hu⸗ 
eden Empfang und bitte Sie, d'esen meinen Dank überall zu ver⸗ 
breiten. Es isi Ihnen gelungen, den tief schmerzlichen Eindruck der 
lezten Ereignisse, wenn auch nicht ganz, so doch zum Theil zu 
verwischen. Judessen ich muß immer daran denlen, aus welcher 
Verar lassung es nothwendig wurde, daß Berkin mich so empfing. 
Die Vorsehung hat zugelassen, daß mich so Schweres betroffen. 
siis ich errettei war, fand ich darin eine Mahnung, mich zu prüfen, 
d ich meinen Lebenzlauf so eingerichtet, meins Pflichten sa erfüllt 
habe, daß ich werth war, gerettet zu werden. Wenn ich die kurte 
Zeit, welche mir noch zugem ssen ist, ungetrübt verlebe, so ist es 
er Wille decr Vorsehung, und wenn es anders kommen sollte, so 
ist es auch der Wille der Vorsehung. Menschliche Vorsicht ist gegen 
solche Dinge, wie sie mir zug⸗stoßen, ohumächtig. Eine Aenderung 
der Gejetze ist nohhwendig geworden. Wie nothwendig diese Aen⸗ 
derung fur Deutschland und die Einzelstaaten war, liegt jetzt wohl 
illen klar vor Augen; aber au d jür die auderen Staaten ist da⸗ 
durch eine Anregung gegeben. Ist ja doch bewieken, daß weil ver⸗ 
weigte Verbindungen exstiren, und zwar mit dem ausgesprochenen 
Hrimipe, die Häupter der Staaten zu beseitigen. Die dDaupisache 
it aber, wie Sie in der Adresse richtig demerlen, die Erziehung der 
Jugend. dier gilt es, die Augen offen zu halten. Das ist Ihret 
iufgabe, die Herzen der Jugend so zu lenlen, daß solche Gesin⸗ 
nungen nicht wieder aufwachsen, und, dabei ist das Wichtigste di 
Religion. Die keligidse Erziehung muß noch viel tiefex und ernster 
zefaßt werden. In dieser Beziehung ik auch in unferer Stadt nicht 
Alles gut best If. Ich danke Ihnen nochmals, meine Herren, für 
die in der Adrefse kundgegebenen Gesinnungen, welche ich durch den 
Emnpfaugbestätigt gefunden habe, und bitte Sie, Das, was ich ge⸗ 
'agt, in mözlichst weiten Ktreisen mitzutheilaeenn. 
Stuttgart, 7. Dez. Morgen findet in jämmilichen 
vangelischen und katholischen Kirchen des Landes ein Danlgebet für 
die Genesung des Kansers Statt.— 
Hamburg, 6. Dez. Der socalistische Reichstagsssabge⸗ 
ordnete Hasselmann ist gestern von der hiesigen Polizei wegen poli⸗ 
tijcher Umtriebe verhaftet worden. 
Aussand. 
— Paruis, 6. Dez. Es wird mit einer ausgiebigen Auß⸗ 
hildunz der Volksschule in Frankzeich jetzt Ernst gemacht. Und 
vas⸗gleichsalls von Belang für die Zulunft ist:? diese Reformen 
tallen in eine Petiode des Abscheuts und Widerwillens gegen das 
Treiben der Jesuiten in Frankteich. Von allen Seiten erront der 
Ruf: Nur Schulen mit Lehrern und Vorstehern aus dem Laien⸗ 
tande! Weg mit den Möonchen und Nonnen im Unterricht einer 
epublikanischen Jugend! Der Gemeinderath von Paris beschloß mit 
37 Stimmen, daß der Unterricht in den öffentlichen Schulen von 
Baris und deren Leitung ausfchließlich in die Hände von Nicht⸗ 
zeistlichen gelezt werden solle. 
Rom, 7. Dez. Es wird versichert, der Papst habe durch 
die Bermitilung des Munchener Runtinus an Kaiser Wilhelm ein 
Schreiben gerichtet, in wel vem er denfelben zur Miederübernahme 
der Geschäfte beglükßwüuscht und den Wunsch ausfpricht, die Ver⸗ 
handiungen mögen alsbald zu einem guten Resultat führen. 
J„ermischtes. 
fSpeher. In seiner Sitzung vom 6. ds. wurde der von 
Dr. Buhl eingebrachte Antrag bezuͤglich de Aufügungeiner 
b. Klafse an die isolirten Lateinschulen unver— 
indert angenommen. (Durch Errichtung d'ieser 6. Klasse, deren 
Kosten durch die beir. Gemeinde selbst zu tragen wäre, würde dem 
Absolventen das Recht zum Einjährigen-Dienste ohne weitere Prüf⸗ 
ung gewährt.) 2 
F Unter den geretteten Passagieren der „Pommerania“ befindet 
sich auch eine geborene Grünstadterin, Ftäul-in Neumann, welche 
nach 11jährigem Aufenthalt in Amerika nach Deutschland zurück⸗ 
lehrte. Sie wu de durch den Dampfer „Gleengary“ aufgenommen 
und kam dieser Tage in Grünstadt an. M. W.) 
F Zweibrüchen, 7. Dez. Gestern hat sich dadier ein 
Bäckerderein gegründet, der sich hauptsächlsch eine bessere Regelung 
des Gesellene und Lehrlingswesens zur Aufgabe wadi. (3. 3.) 
3weibrücen, 9. Dez. (Pfälz. Schwurgericht 4. Quar⸗ 
al.) Verhandlung gegen Christian Meder, 34 Jahre alt, Ackerer 
uud Schlazhüter in Lemberg, wegen Körperverletzung mit tödtlichem 
Erfolg. Vertreter der k. Staatsbehörde: Siaatsanwalt Petri. 
Vertheidiger: Rechtslandidat König. 
Es war am 2. September dieses Jahres; der Angeklagte 
hatie mit seiner Frau und dem Ackerer Heinrich Ziegser von Lem⸗ 
berg in seiner neben dem Wohnhause daselbst gelegenen Scheuer 
dom frühen Morgen an gedroschen. Gegen 10 Udr versügte sich 
die Ehefrau Meder in die Küche, um das 10 Uhrbrod hetzurichten 
uind der Aug⸗klagte folgte ihr bald nach, wädrend der Zeuge 
Ziegler noch einige Zeit in der Scheuer zurüchblieb. Als er dann 
bdald darauf ebenfalls die Küche betrat, sand er die Frou Meder 
weinend: sie klagte ihm, ihr Nann habe sie geschlagen, weil sie 
die Kartoffeln von früh morgens noch nicht vom Tisch weggeräumt 
hätte, aber sie habe doch den ganzen Morgen gedroschen und deß⸗ 
halb zum Wegräumen keine Zeit gehabt. Der Angellagte, dem 
rzine solche Rechtfertigung von Seiten seiner Frau einem Dritten 
zegenüber sehr unangenehm sein mochte, befahl ihr, zu schweigen. 
Als aber die Frau, die sich in ihrem Recht glauble, fortfuhr zu 
umern, da übermannte den Angeklagten, der sonst als braver