Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Jugberter Anzeiger und das mal wö shentlich? mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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18379. 
A 33. J *2*. Donnerstag, den 27. Februar 
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Mänchen. Die in die Reseive übertretenden Mannschaften 
der Armee werden heuer spätestens am 30. September, bei jenen 
Truppentheilen aber, welche an den Herbstübungen iheilnehmen, 
einen oder zwei Tage nach deren Beendigung bezw. nac der Rück⸗ 
kehr in die Garnison entlassen; beim Train werden die zu halb⸗ 
ähriger Dienstzeit Ausgehobenen theils am 31. Oct. ds. the ls am 
30. April kommenden Jahres entlassen. — Die Einstellung der 
Reeruten hat in der Zeit vom 1. bis 4. November d. J., die der 
im Frühjahr einzustellenden Trainsoldaten am 1. Vdai kommenden 
Jahres zu erfolgen. — 
Der baierische Reichssrath hat den Gesetzenwurf über die Be⸗ 
steuerung des Gewerbebetriebes im Umherziehen, mit einẽr einzigen 
unerheblichen Abänderung in Bezug auf die Ermäßigung der 
Wanderlagersteuer, im Uebrigen in der Fassung des Abgeordnetenhauses 
rinstimmig angenommen. 
Berlin, 25. Febr. Einer Versffentlichung des Reichsge⸗ 
jnndheitsamtes zufolge ist die Pestseuche im Astrachaner Bezitk vor⸗ 
läufig ganz erloschen. Auch in den benachbarten Gouvernements 
hat sich lein Pesterkeankungsfall gezeigt. 
Berliß, 25. Febr. Die Tarifcommission nahm nach sieben⸗ 
stündiger Debatte den Antrag wegen Einführung von Getreidezöllen 
25 Pf. auf Roggen und 530 Pjf. auf andere Getreidesorten) und 
Viehzöͤllen an. — Das Centrum bringt im Reichstag einen voll 
ldändigen Gesetzentwurf zur Aufhebung des Gesetzes über Wucher⸗ 
freiheit ein. 
Berliün. Laut kaiserl. Cabinetssordre haben zu Ehren des 
Brafen Roon sämmtliche Officiere der Armee eine achttägige, die 
Officiere des Füsiliers Regiments Nr. 33 eine zehntägige, die Oifi⸗ 
riere des striegsm nisteriums eine vierzehntägige Trauer vom 26. 
da. Mis. ab anzulegen. — 
Berlin, 25. Febr. Fürst Bismarck empfing heute die 
»lsaß: lothringischen Abgg. Schneegans, Rack und North in längerer 
Audienz. Dieselben schilderten die verworrene Lage des Reichslandes. 
Schneegans hatte auch eine Audienz ber'm Kronprinzen. 
(Reichstag.) Der deuisch-österreich. Handelsbeeirag wird nach 
iängerer Debatte in 3. Lesung angenommen mit einer von Stauffen- 
derg beanttagten Resolution, welche die Regierung auffordert, die 
Interessen der deutschen Besitzer oöͤsterreichischer EisenbahnPrioritäten 
veim Abschlusse eines neuen Vertrags wahrzunehmen. — Die erste 
desusg des Gesetzentwurfs betr. den Verkehr mit Nahrungsmitieln 
eitete Staatssekretär Friedberg mit der Mot virung der Vorlage 
in, wobei er die Unterschiede von der früheren Vorlage hervorhob. 
Reichensperger findet die Vorloge insofern bedenllich daß sie die 
Möglichkeit eines Eirgr'ffs in die individuelle Freiheit des Haus⸗ 
rechts nicht genügend ausschliehße. Für die Durchführung des Ge⸗ 
setzes müsse die Mitwirtung des Publkiums in höherem Maße in 
Unspruch genommen werden. Die Grenzlinien zwischen Pribairecht 
uind oͤffenilichem Interesse seien schwer zu ziehen. Die Vorlage 
vird an eine Kommission von 21 Mitgliedern überwiesen. Es 
olut hierauf die Berathung des Weltposivertrags. Generalpostmeister 
Stephan legt die durch den Vertrag erzielten Vortheile dar. Der 
Dank hierfür gebühre hauptsächlich dem Geschick und versoöhnlichen 
Be ste, womit die französische Regierung die Verhandlungen geleilet. 
Meyer (Bremen) empfiehlt die Annahme des Vertrags, der darauf 
nit dem Uebereinkommen betr. den Austausch von Briefen mit 
Werthangabe und den Austausch von Postanweisungen in erstir 
and zweiter Lesung genebmigt wird. 
Lustigkeit detjelben war nichts zu bemerken. Sogar an den Haupi⸗ 
aschingstagen fand Prinz Carneval nur eine kleine Anzahl Tribni⸗ 
Fflichtigee, die aber die Aufmerksamkeit so wenig reizten, daß ste 
otzogen, bald von der Straße zu verschwinden, um in den Hafen 
mes Wirthshauses einzulaufen. Die Vereine, welche sonst carne⸗ 
alistisches Leben pflegten, machten heuer nicht mit. So gab es 
war einige Maskenbälle, aber wenig Masken. Die Carnevalstra⸗ 
zition vermochte den verdrießlichen Einst des Alltags nicht zu ver⸗ 
reiben. Es soll damit jedoch nicht gesagt sein, daß nicht Der und 
Jener zum Urheber eines Streiches wurde, der dem Narrenprim 
ille Ehre macht, auch wenn er nicht unter seinem Regiment mit 
der Schellenkappe und der Hoarlekinspritsche ausgesührt wurde. 
Sagt doch schon der alte Logau: „Ein Reis vom Rarrenbaum 
rägt Jeder an sich bey: Der Eine deckt es zu, der Andre trãgk 
es frey.“ 
— Den Schluß der Faschingstage brachte unserer haute vo- 
ée noch eine Masken⸗ Soirée bei Hrn. Or. B Wir find diskret 
zenug, das, was wir darüder hötten, nicht an die große Glece 
zu hängen. 
*Eine Petition gegen die Weinfabrikation, welche dieser Tage 
in den Reichssstag abging, hatte in den Weinbau treibenden Ge⸗ 
neinden der Pfalz 12,735 Unterschriften gefunden. Nachtraglich 
singen noch 1282 Unterschristen ein und sind solche noch aus einigen 
hemeinden zu erwarten.“ 
* Eine Versammlung Pirmasenser Schuhfabrikanten und 
deder · Industriellen sprach sich dahin aus, daß die Einführung einer 
kingangsabgabe auf rohe Häute, Lohe ꝛc. und eine Erhöhung des 
Jolles auf Leder die Schuhwaarenindustrie schwer schadigen würde. 
Zugleich erklärte sie ihren Beitritt zur „Vereinigung der deutschen 
Zeder nduftrieslen.“ Der Beschluß hat eine um so größere Vedeu— 
ing, als die Pirmasenser Schuhwaarenindustrie enen Umschlog von 
nindestens 9 Millionen Maik jährlich hat, wopon 3006 auf die 
Llusfuhr in's Ausland treffen. 
*In Pirmasens erhängte sich ein Tüncherlehrling auf 
»em Speicher seines Lehrherrn. Der Unglücliche, erst 16 Jahre 
ilt und Sohn einer Wutwe, soll die That aus Furcht vor Straie, 
ie er fich durch eine unbesonnene That zugezogen hatte, begangen 
naben. 
*— Vor einigen Tagen lief die Nachricht durch die Zeitungen, 
daß der Mauretmeister Joh. Jahn von Lauterecken auf der Fahrt 
on Kufel nach Lauterecken durch einen Sturz vom Wagen seinen 
dod gefunden habe. Die ‚Kais. Z.“ bringt nun zur Ergänzung. 
jeilweisen Berichtigung und Aufklärung jener Nadricht das Fol⸗ 
ende: Jahn war einer Bauancelegenheit wegen für Herrn Apotheker 
andmesser in Kusel. Als Reisegeld gab ihm derselbe ein 20,M.- 
ʒfück. Außerdem hatte Jahn noch 6 M. an Silber und kleinere 
Nünze bei sich. Man fand aber noch 65 Pf. bei ihm vor und 
dachforschungen haben ergeben, daß er das 20.Me.Siuck nicht 
oechseln ließz, resp. nicht verausgable. Heute Morgen nun gelung 
8 den eifrigen Bemühungen des Gendarmerie ˖ Sergeanten Schanzen⸗ 
ächer, das Geid bei dem Knechte, mit welchem der Berungiuͤcie 
uhr, zu ermisteln. Nach seinem eigenen Geffändnisse hat er das 
Zoldostück in Rehborn, wo er unterdessen gewesen, wechseln lassen. 
15 N. hatte er im Heu versteckt, 1 M. fand sich in seiner Wesien⸗ 
asche eingewidelt und 2 M, in seinem Bett vor. Sofort wurde 
er Knecht hinter Schloß und Riegel gebtacht, aber schon 10 
Minuten darnach erhängte er sich, wurde sedoch noh rechtzeitig von 
en 2 jungen beherzten Söhnen des Gefängnißwärters Lang ab⸗ 
Jeschnitten. Vermuthlich liegt hier ein Raubmord vor. Hoffentlich 
vird die gerichtliche Untersuchung Licht in die Sache dringen, irotz⸗ 
dem die That bei sehr dunkler Racht geschah. 
rRockenhaufen. Nachdem Oberstaatkanwalt Zoͤller die 
viesigen Gerichts- und Gefängnißlocalitäten als ungentigend befunden, 
hat die Gemeinde zur Befchaffung eines geeigneten Gebäudes das 
ermischtes. Dr. Fleischwann'sche Haus für 19,000 M. angelauft. 
*S1Ingbert 26. Febr. Still und ruhig ging heuer; Lambrecht, 24. Febt. Geslern Nachmittag wurde ein 
der Carneval hier vorlber. Von der sprichwörtlich gewoͤrdenen junger Mann aus Lindenberg in einer hiesigen Tuchfabrit von