Full text: St. Ingberter Anzeiger

Vorminags 10 Uhr daß Betit verlassen konnte. Der allgemeine 
Gesundheit 8zuftand hat keinen Eintrag erliten. 
RKom 8. Jau. Der „Fanfulla erfährt als positiv, daß 
hon Berlin die Anregung zu einem Fürstenkongreß wegen eines 
gemeinschaftlichen Vorgehens gegen die Umsturzparteien erfolgt sei. 
Einer Nachricht, die an und für sich harmlos lautet, aber 
voch Beachtung verdient, begegnen wir im „Giornale d'Udine“. 
Diesem Blatte zufolge pasirte letztet Tage den Bahnhof, von 
dine ein russischer Hof⸗ Würdenträger, welcher mit der Uedber⸗ 
bringung von Geschenken des Kaisers Alexander an den Koͤnig 
Humbert beauftragt ist. 
In Vetersburg erschien, wie der N. iir. Pr. berichtet 
wird, eine nihilistische Flugschrift, in welcher dortige Bürger, mit 
Hinweis auf die traurige Zukunft der Studirenden, ihre Seitens 
der Polizei verfolgten Söhne, zum energischen Widerstande gegen 
das gegenwärtige iyrannische Regierungs:System aufgefordert werdeu. 
Die höchsten Würdentröger erhalten täglich Drohbriefe. Es herrscht 
eine deptimirte Stimmung am ruifischen Hofe und große Partei⸗ 
spaltung. Der Thronfolger und einige Minister rathen zur Milde; 
der Czar und Vortschakoff sind dagegen für äußerste Strenge. 
Sermischtes. 
. Zweibrücken, 9. Jan. Soeben erfahren wir, daß 
in Hornbdach gestern Falschmünzer⸗Apparate in Beschlag genommen 
worden seien. Der Eigenthümer deiselben ist der verheirathete 
Muͤller Karl Wagner; derselbe soll im beuachbarten Rheinpreußen, 
vermuthlich in Folge von Verausgabung falschen Geldes, verhaftet 
worden sein und in Saarbrücken sich hinter Schloß und Ricgel 
befinden. W. soll sich namentlich mit der Herstellung von 2-M.⸗ 
Siücken befaßt haben. 1 (Z3w. 3.) 
4ꝛ Kaiferlautern. Die Berufung des Mechanilers K. 
Haupt und des Redacteurs d'Angelo sowie des Bnchdruckers Pb. 
Rohr gegen das in der von 14 hiesigen Bierbrauern angestrengten 
Beleidigungsklage ergangene verurtheilende Erkenntniß des Landge⸗ 
richts iam am 7. d. vor dem Beziesgericht zur Berhandkung. Die 
Staatsanwaltschaft beantragte, das Urtheil erster Instanz zu bestaͤ⸗ 
gen. Das Urtheil wird om 21. ds. verlundigt werden. C(Pf. K.) 
Ein Gendarm von Obermoschel hat sich ein schönes 
Neujahrsgeld verdient. Am 2. Weihnachtsfeiertage ertappte ein 
solcher beim Passiren des Dorfes Lettweiler eine Bierfuhre 
von Meisenheim, von welcher eben unversteuertes Bier abgeladen 
wurde. Dasselbe wurde mit Beschlag belegt, und soll die Beloh⸗ 
nung für die Enideckung 200 M. 'betragen. Der With, welchet 
das Bier trotz der Beschlagnahme verzopfte, erhält ebenfalls eine 
dedeutende Strafe. 
⸗Nach der Pf. V.“ wurde auf einen Mann von Hüffler, 
der mit einigem Gelde von Quirudach heimkehrte, von zwei Strol⸗ 
chen ein Raubanfall gemacht. Diese kamen jedoch an den Unrechten. 
Der Angegriffene hatte sich vorgesehen, erwartete sie mit dem offe⸗ 
nen Mefsser und schlug sie in die Flucht. 
* In Neustadt hat der Stadrrath beschlossen, die gewerb⸗ 
lichen Forlbildungkschulen in der früheren Organisation weeder ein 
zuführen, den Besuch derselben freizufiellen, aber die Untertichtszeit 
auf Mittwoch und Samstag Nachmittag von 1 bis 3 Udt zu ver⸗ 
legen. 
fQueichhambach, 7. Jan. Eine Bursche stach vor⸗ 
gestern Abend einem Mann von Birkenfeld derart mit einem Messer 
in den Aopf, daß wenig gesehlt hätte, und es wäre um denselben 
geschehen gewesen. Mit großer Anstrengung konnte der Gestochene 
noch zu dem Arzte in Albersweiler gelangen. 
7 Frankenthal, 7. Jan. Einem Militärpensionist, 
wie man hört, von Weisenheim am Sand, wurde kurz vor Weih—⸗ 
nachten eine freudige Ueberraschung zu Theil. Beim Erheben 
feiner monatlichen Pnusion wurde ihm die Mittheilung, daß durch 
rin Versehen seine Peafion schon feit Jahren eine niedere als die 
gesetzlich normirte sei, und ihm gleichzeitig die Differenz, welche sich 
auf 800 M. belief, eingehändigt. Welch glückliches und freude— 
strahlendes Gesicht der so unverhofft Beschenkte machte, lüßt sich 
Jeicht denken. Ein eben solcher Fall ere gnete sich dor einiger Zert 
in Ernstweiler.) 
pGernnersheim, 8. Jan. Seit gestern ist der Khein 
im Fallen und durch den gleichzettig eingetretenen Frost lann die 
Gefahr einer Ueberschwemmung vorerst als beseitigt betrachtet 
wecden. — — 
7 Das ‚Weißenburger Wochenblatt“ berichtet, daß 
dieser Tage sich einige Strolche in der Näahe des außerhalb der 
Stadt belegenen einsamen Wirthshauses zur Walk aufgestellt und 
die allein anwesende Wirth'n Klink, als sie Eiwas aus dem Keller 
holen wollte, Uderfallen, gelnebelt, mißhandelt und, da nit sie nicht 
schreien konnte, ihr den Muad zugestopft haben. Der heimkehrende 
Wirth findet zu seinem großen Schreck seint Frau blutend und 
mit Siricken zusammengescheütt an der Erde liezen. Dieselbe 
wat so übel zugerichtet, daß ärztliche Hilfe in Anspruch genommen 
deiden mußte. Bei näherer Besichtigung stellte sich heraus, daß 
ie Diebe mehrere Kisten Cigarren und auch verschie dene Flaschen 
Wein entwendet haben. (Ueber diesen Vorfall theilt man ferner 
nit, daß die Thäter zwei kurz vorher aus dem Gefängniß entlafsene 
MNädchen Namens Bliessen aus Weißenburg sind, welche die That 
zus Rache verübt haben, weil die Wirthin und ihe Mann Zeug⸗ 
niß gegen sie abgelegt hatten. Im Gefängniß sollen sie schon ge⸗ 
jußert haben, daß sie, wenn sie frei würden, Jemandem die Haut 
lbziehen, und sie haben auch richtig der Frau, welche aus Minfeld 
jebtenig ist, mit den Haaren ein Stück Kopfhaut abgerissen. Die 
Thäterinnen sind verhäftet.) 
Mesßz, 3. Januar. Der Bezirks!ag von Lothringen hat 
ich in seiner Schlußsitzung vom 16. November auch für Eisas für 
die Einführung eines reichsgesetzlichen Verbotes der Fabrikation und 
rinfuhr von Kunstwein ausgesprochen. Den gleichen Antrag hat 
ürzlich der Landrath in der Psalz gestellt. 
J Diedenhoslen. Die „Diedenhofener Zig.“ schreibt: 
Die Dettinger Jäger? datten die letzten Tage Glück; in einem 
Zeitraum von 8 Tagen haben sie nicht weniger als 4 große Wölfe 
Tlegt, und um die Treiber und etliche Liebhaber zu entschädigen, 
vurde das Fleisch der 4 Wölfe unter sie vertheilt, jedoch noch 
nicht in genügender Menge, um Jedermanns Appetit zu stillen; 
is giebt P.rsonen, welche das Wolfsfleisfch dem Kalbfleische 
borzsehen!!“ 
In Wurzburg hatte ein Packträcer e'n eigenthümliches 
Abenteuer. Als er nämlich am dortigen Bahnhof stand, kam zu 
hm ein fremder Herr und übergab ihm eine Schachhtel und einen 
steisesack mit dem Auftrag, diese Gegenstände so lange zu halten bis 
r fich Cigarren gekauft haben würde. Der Packträger wartete und 
vartete, allein der Herr ließ sich nicht mehr blicken. Plötzlich wurde 
um großen Schrecken des Dienstmannes der Reisesack lebendig und 
ils der Sackgeöffnet murde, sand sichldarin ein lebendiges Kind dvor, 
velches argen Hunger zu haben schien. Die Würzbhurger Polizei 
ahndet bis jetzt vergeblich nach dem UNeberbringer des Reisesackt. 
Würzdurg, 5. Jan. Die unglückliche Schustersfrau, 
velche ihre 4 Kinder mit dem Beil niedergeschlagen hatte, so dak 
wei derselben bereits gestorben sind, mußtt gestern in die Abtheil⸗ 
ing des Juliusspitals für Geisteskranke verbracht werden. Die 
wei noch am Leben befiadlichen Kinder werden wodl gehe It werden. 
Ein vergeßlicher Schieferdeckermeister. In der letzten 
—X Zeneni von einem 
Schieserdeckermeister, der zwei Jahre lang ganz und gar vergaß. 
jaß er für gelieserte Acbeiten die Zahlung von 4000 Wark noch 
nicht erhoben habe, was er in seinen Büchern jetzt merkte. Der 
Magistrat bewill gie unter Heiterkeit die Rachzahlung der längst 
hereit liegenden Summe. —2 
F Im vergangenen Jahre hat Wiesbaden es zu 67,830 
gadegästen gebracht. In Wiesbaden wird nämlich auch im Winter 
Jetrunlen und gedadet. 
*Mainmz, 6. Jan. Seit heute Nahht, schreibt man dem 
„Fr. J.“, sitze n wir mitten im Hoch asfer, das Ryheinufer ist voll⸗ 
ändig uͤverschwemmt und in Folge dessen die Lagerhallen, die 
Dampf⸗ und Handtrahnen, die Landungsbrücken der Dampfboote ꝛc. 
inter Wasser. u der Löhrstraße, in der Schlossergasse und am 
F ichthoe sind die Straßen bereitz überschwemmt und wird der 
Hetiche über Holdielen bewerkstelligt. Der Rhein steigt trotß der 
laren, kallen Witterung immer noch und zeigte heute Vormittag 
0 Uhr das Brücken-Pegel 16* 6, — Der hiesige Geschafisführer 
»er Frantfurter Zestung“ ist mit etwa 2000 M. unterschlagener 
Abonnements und Annoncengelder durchgegangen. 
In Nordh aufsen macht, wie die „Germ.“ schreibt, 
ine Razzia auf die Schnapsbrenner viel Aufsehen. Acht derselben 
vurden an einem Tage zur Haft gebracht, weil sie ihren Kunden 
nehr anrechnen, als sie ihnen liefern. Die Bücher der Abnehmer 
veisen die Literzahl der Fasser auf, die Buchet der Brenner aber 
ie in Wirklichkeit geliefette Literzahl. Bei diesem Manndver baben 
zie Herren steis das sechste Faß Branntwein „schöne 'taus gehabt. 
Die Untersuchungen dauern kort. Hinterhet kommen dann die 
Wirthe mit Enischadigungsklagen, das werden theure Schnäpsfe 
eben! 
p In einem Dorf im Odenwald vertrieb man auf eigenthüm⸗ 
iche Weise eine Schaar Zigeuner, die sich dort gelagert hatte. Die 
tzauern pfuhlten die um den Lagzerplatz gelegenen Aecker dermaßen, 
zaß es die sonst nicht so ennpfindlichen Zigeuner nicht meht aus⸗ 
hdielten und Reißaus nahmen. 
pEine launige Gesellschaft, welche am Neu— 
jahrztage „im Blutgericht“ in Körigsberg dei einem Glase Wein 
den Jahreswechsel feierte, sandte an Herrn Genetal⸗Postmeister Dr. 
—A 
Hent zu Neujahr wünschen wir: 
Daß des Deahtes Sprechgebühr 
Und das Potto auf der Post 
Neunundsiebzig nichts mehr kosl't. 
Ereellenz Dr. Stephan, schlagfertig wie imwer, beantwortkete 
daz Telegramm sofort mit „Drahtwendung“ wie folgzt: