t. Ingberler Anzeiger.
Anzeiger.
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M 8. Dieustag, den Iä. Januar ———
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187
Deutsches Reich. J
Mänchen, 9. Jan. Der Zinsenzuschuß, welchen der Staat
jür das Jahr 1878 zu den pfätlzischen Bahnen zu leisten hat, be⸗
trägt rund 3,600,000 M., sohin um 800.000 M. mehr, als im
Budget vorgesechen ist. J
München, 10. Jan. Abg. Schels hat den von ihm in
Vorlage gebrachten Gesetzentwurf die Landtagswahlen betr. noch
einmal zurückgezogen, um an demselben einige Aenderungen vorzu⸗
nehmen; er will in einigen Tagen den Entwurf dann wieder
einbringen.
Dem „Pf. K.“ wird aus Munchen geschrieben: Was die
Anträge von Abgeordneten bezüglich der Wucherfrage betrifft, so
wird versichert, daßß die Staatregierung schon bor einiger Zeit
datistische Erhebungen beranlaßte und sich von verschiedenen Seuen
Sutachten über diese Frage ersatten ließ, in Folge dessen ihr in Be⸗
artheilung der Angelegenheit reiches Materiai vorliegt. —
Dem Bundesraih ist der Eniwurf eines Gesetzes, betreffend die
Strafgewalt des Reichsstages üder seive Mitglieder nebst Motiven
und Axlagen zugegangen. Der Inhalt desselben ist etwa folgender;
Dem Reichsstag steht eine Strafgewalt über seine Mitglieder zu;
dieselbe wird don einer Kommission ausgeübt, welche besteht aus
dem Praͤsidenten, den beiden Vizepräsidenten und zehn Mitgliedern
des Reichstags. Die Ahndungen, welche die Kommiffion ausfprechen
tann, find Verweis vor versammellem Hause, Verpflichtung jur
Abbitte vor versammeltem Hause, Ausschließung aus dem Reichstag
auf bestimmte Zeitdauer, mit der, wenn sie sich auf die Daner bu
zanzen Legislaturperiode erstrecht, auch der Verlust der Wahlbarkeit
u dem Reichslag verbunden werden kann. Wenn die begangene
Ungebühr eine strasbare Handlung nach dem gemeinen Strafrecht in
sich schließt, so kann das Mitgüed des Reichstags auch an den
Btrafrichter verwiesen werden. Gleichzeitig mit der Ahndung kann
auch die Aufnahme des betreffenden Theils der Rede in den steno⸗
araphischen Bericht sowie jede andere Veroͤffentlichung durch die
Presse verboten werden. Die Kommission tritt in Wirkfamkeit, wenn
der Präfident sie anordnet oder wenn ihre Wirksamleit don 20
Mitgliedern des Reichstags beantragt wird, vSeides muß jedoch inner⸗
halb 3 Tagen nach dem zu beurtheilenden Vorfall geschehen. Die
dommijfion entscheidet endgiltig, falls aber auf Ausschließung aus
dem Reichstäg entschieden wird, so kann der Ausgeschlossene ĩnner⸗
dalb 8 Tagen die Entscheidung des Reichstags anrufen. Der
Praͤsident kann ungebürliche Aeußerungen auch schon dorläufig von
der Aufnahme in den ftenogtaphischen Bericht und der Ver oͤffent⸗
ichung durch die Presse ausschließ⸗n. Zuwiderhandlungen gegen
das Verbot der Veroͤffentlichung werden ni Gefangniß von drei
Wochen bis drei Monaten bestraft.
*Es ist leicht zu begreifen, daß dieser Gesetzentwurf das
Iroͤßte Aufsehen hervorgerufen hat; wird doch nichts weniger durch
hn bezweckt, als eine Beschränkung der parlamentarischen Redefrei⸗
deit. Jn Berlin wollte man anfänglich an den Inhalt desselben
nicht glauben. Die Motive dejeichnen ihn als ein Ergänzung des
Sojialistengeszes. Die Brandrede Hasselmanns dei Berathung des
etzteren soll die neue Gesetzesvorlage veranlaßt daben.
— Der Gesetzemwurf beir.die Strafgewalt des Reichstages
siehe oben) fiadet bei allen Parteien, sogar bei einem großen Theil
»er Conservativen einen entschiedenen Widerspruch. Aue bparlamen⸗
arischen Kreisen verlautet demnach auch, daß die überwiegende
Oehrheit des Reichstages dieselben in seiner jetzigen Gestalt nicht
ainnehmen werde. Daneben tritt aber auch dvielfach die Meinung
uuf. der Reichsskanzler werde in Falle der Ablehnung abermals die
Iuflosung des Reichstages beim Kaiser beantragen. Alles haͤngt
avon ab, wie der Reichsstag sich zu dem Zoll⸗ und Steuerprogramm
eß Reichskanzlers stellen wird; exhält dieser dott hiefür keine
Mehrheit, so soll das neue Gesetß den Hebel für die etwaige Auf⸗
osung abgeben. — Sowohl die in⸗ wie ausländische Presse Außerl
ich zum Theil in sehr scharfer Weise Uder den Entwurf. Wir
nüssen es ins versagen, einzeine Summen anzuführen, und fügen
nut noch ein Telegramm des Deutschen Montogt⸗Bl.“ an, wonach
Ausfalle der österreichischen Presse beteils die Diplo maten in Be—
vegung gesetzt haben. Dasselbe berichtet aus Wien unterm 12
Jan: „Die maßlos heftige Sprache, in welcher fich einige Wiener
Blaͤrter über den deuischen Gesetzen!wurf, betreffend die Strafgewalt
»es Reichslages über seine Mitglieder, ergangen haben, ist in Ber⸗
in nicht unbemerkt geblieben. Man hat es sogar für angezeigt
rahtet, in dieser Angelegenheit einen diplomatischen Schruͤt zu
umnternehmen. Wie ich höre, begab fich der deutsche Botschaf ler
Prinz Reuß gestern zum Grofen Andraffh, um vdemfelbennt
jerzlichen Weise, welche den Verkehr der beiden Staatsmänner aus—
eichnet und den Beziebungen der beiden Mächte entspricht, den
Jedanlen nahezulegen, od es nicht am Platze wäte, die oͤsterreichische
Btesse in geeigneter Weise zu informiren, daß sie ihr Urtheil über
rein interne Angelegenheiten Deutschlouds einigermaßen mãßiger
ind nicht in einem Tone abgebe, weicher die ohnebin hochzehenden
Wogen der Diskussion in Deutichland selbst nur noch mehr auf⸗
vühlen bönnten. F
nNnusland.
Paris. In allen Schichten der Bevoͤllerung und selbsi im
Zchooße der Regierung macht sich die Ueberzeugung geltend, daß
uun die Aera der Reformen deginnen müsse.
Tunis, 11. Jan. Der erste Mimsier deß Bey von Tunis,
Ben Ismain, hat gestern in großer Uniform dem sranzösischen
konsul, welcher don den Beamten des Konsulats und den dier
kationirten franzößschen Offizieren umgeben war, die ausreichendfien
kntschuldigungen des Bey überbracht. —
Die russischen Kosten des lehzten russisch- tarkischen Krieges
etrugen, wie die Petersburger „Rußlkaja Prowda“ schreibt, im
hanzen zwei Milliarden Rubei, von deren 800 Millionen Rubel
nuf die Liquidation der durch den Krieg verursachten Rechnungen
uind die Erhaltang der Oklupalions-Arme entfallen.
Wie aus Wajhington gemeldet wird, hat der oberste Gerichts⸗
jof der Vereinigten Siaaten entschieden, daß der Kongreß die Be⸗
nugniß besitze, Gesetze gegen die Veelweiberei der Mormonen in
Liah zu geben, und daß solche Gesetze konstitutionell seien.
Vermischtes.
St. Inabert 12. Jan. Auf der den Hrn. Gebr.
Adt gehörigen Jagd von Rubenheim wurden gestern 13 Hasen und
Rebbod geschossen. Wahrend des Jagens gii auf dem glatt
jefrorenen Boden einer der Schützen aus und fiel. Durch die
Erschütterung des Falles entluden sich beide Läufe der Lefaucheur⸗
ne was den gefallenen Schützen in nicht geringen Schrecken
—XIV
St. Ingbert, 18. Jan. Die Unterhaltung des Ar⸗
zeilerbildungsbereins am gestrigen Abend wa⸗ außerst zahlreich
zesucht; kaum vermochte das geraͤumige Vereinblokal die Besucher
u fassen. Daß der Verein belehrein und unterhalten
vill, bestätigte auch das Programm von gestern Abend. — Hr.
Brof. Schlid hielt einen kurzen, mit Beifali aufgenommenen Vor⸗
rag, in weichem er zwischen Sonst und Jeßzt in politischer, reli⸗
zidser und wirthschaftlicher Hinsicht einen vergleich zog. Hierauf
rat die heitere Unterhaltung au die Gesellschaft heran Wer bei
»em kleinen, mit großem Geschick aufgeführien Lustspielchen Beim
Ztandesbeamten“ ernft blieb der hat das Lachen verlernt. Ge⸗
änge und komische Deklamationen wechfelten in bunter Reihe mit
ꝛinander ab, bis die Glode zum Heimgehen mahnte.
f.Die badisqhen Staatseisendahnen haben im verflossenen
Jahre 800,000 M. weniger eingetragen als im Jahre 1877.
*Der Haupligewinn der Kolner⸗ Dombau Lotterie mit 75,000
M. fiel bei der am 10. d. M. stattgehabten Ziehung auf Nr.
303, 337.
*— Aus Zweibrücken gingen am Samslag die Peti⸗
ionen gegen Wanderlager, Wanderauktion ꝛc. (siche „Anz.“ Nr. 5)
nit 106 Unterschrifien versehen nach Munchen und Berlin ab.
* Am Samstag beging in Zweibrüden der fruhere
Bürgermeister, Hr. Banquier C. Frohlich, sein 50jähriges
Jäzerjubilaum. Ihm zu Ehren hatte die dartige Jagdgeselischaft
ene kleine Festlichkeit beranstaltet, wobei es aͤußerst froͤhich herging.