Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter Anzeiger. 
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich“ mi⸗ dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich piermal: Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 
1 M 40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 A 60 4, einschließlich 40 Zustellzebüuhr. Auzeigen werden mit 10 Z, von Auswaris 
mit 15 — fuür die viergespaltene Zeile Blattischrift oder deren Raum, Neclanen mit 30 pro Zeile berechnet. 
AM Idil. 
Samstag den 28. Juni 
1558 
Einladung zum Abonnement. 
Der „St. Jugaberter Anzeiger“ wird in dem am 1. 
Juli nächsthin begiunenden III. Quartale d. J. in derselben Weise 
und zu demselben Preise wie bisher erscheinen. Die politischen Nach⸗ 
richten wird er in gidrängter Uebersicht, aber möglichst rasch und 
vollstäͤndig geben; die wichtigsten Tagesfragen werden ausführlicher 
in größeren Artikeln besprochen werden. Localen und provinziellen 
Angelegenheiten wird er besondere Aufmerksamktit zuwenden und da⸗ 
neben die interessantesten Fälle aus dem Gerichtssaale und die vich⸗ 
ligsten Handels⸗ und Verkehrsnachrichten beingen. Im Unter 
haltungsblatte wird nur Gediegenes zum Abdruck gebracht 
werden. Für dasselbe liegt bereit eine sehr sinnige Erzählung: „Eine 
Gouvernante“, sowie ein größerer spannender Roman von 
Otto Werner: „Die Jagd nach dem Glücke“. Das 
illustrirte Sonntagsblatt wird der „Anzeiger“ auch fernet 
als angenehme Beilage behalten. 
Neubestellungen wollen gefälligst bald, sowohl bei der Post 
als bei uas oder unseren Austrägern gemacht werden. Unsere bis— 
herige hiesige Abonnenten werden den „Anzeiger“ auch im neuen 
Quartale fortgeliefert erhalten, wenn sie nicht ausdrücklich abbestellen. 
JIndem wir noch den „St. Ingberter Anzeiger“ einem geehr.en 
hiesigen und auswärtigen Publikum zut Aufgabe von Insseraten 
aller Art in empfehlende Erinnerung bringen, laden wir zugleich 
zu recht zahlreichem Abonnement auf denselben ein. 
Hochachtungsvollst 
Redaction und Expedition des „St. Ingberter Anzeiger.“ 
zabe des Gesetzes errichteten Kassen ist der Landesbehörde zuzu⸗ 
weisen.“ Den Bericht an das Plenum wird Frhr. v. Herlling 
chriftlich erstatten. 
Seitdem die zahlceichen Erhöhungenvon Zollsätzen 
zekannt geworden sind, welche die Tarifkommission des Reichstages 
zjegenüber den Vorschlägen des Tarifentwurfs beschlossen hat, ist 
ine neue Fluth von Petitionen an den Reichstag eingetreten, die 
ämmtlich von solchen Industriellen ausgehen, denen durch die Ver—⸗ 
heuerung der Hilbfabrikate ihr Betrieb erschwert wird. Diese 
Betitionen sind zuweilen von einem wahren Galgenhumor getra⸗ 
jen; nachdem sie anfänglich in überzeugender Weise dargethan 
jaben, daß die beschlossenen Erhöhungen der Hilfsstoffe in jeder 
Weise ungerechtfertigt sind, machen sie zum Schlusse eine kühne 
Wendung und bitten, wenn denn alle Vorstellungen fruchtlos sein 
ollten, nun wenigstens auch ihnen einen erhöhten Schutz zu ge⸗ 
vähren. Die Tintenfabrikanten, denen man Farbholz-Extrakt, 
Bummi arabicum, chromsaures Kali, Karmin u. s. w. vertheuert, 
hellagen sich, in die Tinte gekommen zu sein, und die Schuhfabri⸗ 
'anten weisen nach, wo sie der Schuh drückt. Auch sie wissen sich 
chließlich nicht anders zu helfen, als daß sie bitten, den Zoll fuür 
rertiges Schuhwerk viermal so hoch anzusetzen, als den für Halb⸗ 
zabrikai. Das wäre 160 Mt. für 100 Kilogramm, da das nicht⸗ 
richenlohgare Leder 40 Mk. bezahlen soll. Diese Vertheuerung 
vürde auf ein Paar leichte elegante Sommerstiefel annähernd 
dMk., auf ein Paar hohe wasserdichte Stiefel aber reichlich das 
Dreifache betragen. Die „Nat. Zig.“ findet diesen letzteren Punlt 
aller Beachtung werth und bemerkt dazu: „In dem Budget des 
leinen Mannes gibt es kaum einen Posten, der so drückend ist, 
als die Schuhmacherrechnung. Je kleiner det Haushalt, desto grö⸗ 
zer wird der Procentsatz, der für Schuhzeug ausgegeben wird. 
Der arme Mann, sofern er nämlich überhaupt noch Lederzeug trägt 
ind nicht barfuß geht oder sich mit den Holischuhen begnügt, ver⸗ 
raucht auf den Kopf eher mehr als weniger Sohl⸗ und Oberleder, 
ils der reiche, der bei schlechten Wetter fahren oder zu Hause 
»leiben kann. Der Lederzoll wirkt nicht viel anders als eine Kopf⸗ 
teuer. Wo soll eine weitere Verlheuerung des Schuhwerkes aifo 
inaus, als dahin, den Verbrauch von ledernem Schuhwerk zu ver⸗ 
ingern ? Nun scheint uns Das einer weiteren Ausführung nicht 
nehr zu bedürsen: der kleine Mann, der bisher ein ordentliches 
Schuhzeug gewöhnt wat, und sich nun darein findet, barfuß zu 
dehen, hat von dem Wege, der ihn zum Vagabondenthum führt, 
zie größere Hälfte zurllckgelegt.“ 
Der Kaiser wird in Ems bis Mitte Juli verweilen, 
nachher einige Besuche in Süddeutschland abstatten und Ende Juli 
nach Gastein gehen, von wo er zunächst nach Berlin zurück⸗ 
kehren wird. 
Deutsches Reich. 
Berlin, 24. Juni. Die Tabalsteuer⸗Kommisñion trat heute 
in die zweite Lesung des Entwurfes ein und erledigte den technischen 
Theil desselden, die Z3 — 16. Im Wesentlichen wurde die Vor⸗ 
lage der verbündeten Regierungen wieder hergestellt. Die Debatte 
drehte sich namentlich um ein in erster Lesung des 8 14 ange⸗ 
nommenes Amendement des Abg. Dr. Buhl, wonach der Tabak⸗ 
pflanzer befugt sein sollte, seinen Tabak außer der Kontrolverwieg⸗ 
ung auch noch beim Verkauf zur Verwiegung zu bringen. Der 
Abgeordn. Freiherr von Marschall beantragle, das Amendement zu 
streichen, welches auch der Herr Finanzminister Hobrecht bestimmt 
üür nicht annehmbar erklärte. Nach eingehender Debatie, an der 
sich gegen das Amendement Dr. Buhl besonders die Abgg. Freiherr 
von Morschall und von Schmidt betheiligen, wurde das bezeichnete 
Amendement mit überwiegender Majorität abgelehnt. Morgen er⸗ 
folgt die Fortsetzung der Berathung. 
Die Tarif ˖ Kommission hat Seitens des Reichskanzler⸗Amts eine 
Darlegung der in den Einzelstaaten vorhandenen finanjiellen Bedürf⸗ 
nisse erhallen. Für Bayern belduft sich der ungedectte Betrag jaͤhr⸗ 
lich auf mindestens 25,536,183 Mactk, für Württemberg auf 
mindestens 8 Millionen, für Baden auf 8,.900 000 Mark, für 
Sachsen auf 5,500,000 Mark. 
Die Reichbtags⸗Kommission zur Vorberathung 
des Antrages Stumm, beiteffend die Einführung von Invaliden⸗ 
tassen, hat in der von den Abgeordneten Stumm und Fehr. v. 
Hertling vorgeschlagenen Fassung mit 12 gegen 3 Stimmen solgende 
Resolution angeno nmen: „Der Reichstag wolle beschließen, den 
hderrn Reichskanzler aufsufordern, dem Reichstage thunlichst bald 
einen Gesetzentwurf betraffend die Errichtung von Inbaliden⸗ und 
Alterversorgungskassen sür die Fabrilarbeiter mit obligatorischer 
Beitragspflicht auf folgender Grundloge vorzulegen: 1) Die Kassen 
haben neben der Peusionirung der Ärbeiter auch ihren Wittwen 
aund Waisen entsprechende Unterstützung zu gewähren. 2) Die Ar⸗ 
beiter und Arbeitgeber haben gemeinschaftich sowohl Beiträge zu 
den Kassen zu leisten, als deren Verwaitung zu führen. 8) Das 
durch die gezahlten Beiträge erwotbene Recht des Arbeiters an die 
dassen ist namentlich durch Uebertragbarkeit seiner Ansprüche von einer 
gKasse auf die andere zu schützen. H Es sind Normativbestimmungen 
it die Errichtung don Kossenverbänden unter besonderer Berück 
ichtigung und Foörderung des Zusammenschlusses verwandter In— 
dustriezweige zu erlassen. 5) Die Kontrole uͤber die nach Moß⸗ 
Ausland. 
Paris, 23. Juni. Die Meldung, daß der Peinz Peier 
Bonaparte (‚Mordpeter“) im Sterben hege oder gae schon ge⸗ 
dorben sei, beruhte auf einer groben Uebertreibung, ber Prinz lei⸗ 
et an einer Herzkrankheit und hütet seit einigen Tagen das Bett; 
ein Zustand ist aber kein bedenklicher und er hat auch nicht die 
Zterhesaklramente empfangen. 
London, 24. Juni. Aus Chislehurst wird gemeldet, daß 
zas Besinden der Kaisetin Eugenie wicderum sich berschlimmert hat. 
Das vom Dr. Courvdisart ausgegebene neueste Bulletin lautet un⸗ 
zünstig. Die Pitientin schläft schlecht, dabei dauern die Schmerz⸗ 
Paroxismen in gleicher Heftigkeit fort. Aus Zureden der Königin 
Billoria suchte die Leidende zwar mehr Nahrung zu sich zu nehmen, 
iber der Ersolg ist unzuereichend. 
Ein Londoner Correspondent des „National“ will den Inhalt 
»es Testaments des Prinzen Lud vig Napoleon aus sichererer Quelle 
ennen. Dasselbe, wie das englische Geseßz verlangt, im Beisein 
weier Zeugen, englischer Offiziere, mit denen der Prinz von Wool⸗ 
vich her befreundet war, geschrieben und Diesen von Anfang bis 
Ende vorgelesen, sei ganz kurz und ohne jeden politischen Inhalt. 
Der Prirz ernenne daran seine Mutter zu seiner unumschränkten 
Iniversalerbin mit dem einzigen Beisatze, daß sie seinem Dienstper⸗