Full text: St. Ingberter Anzeiger

Ht. Ingberler Anzeiger. 
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der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöoͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntagt mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich vVrermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonuementspreiés beträgt vierteliahrlie 
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M II. eeounutag,/- den 10. Janueee 1879. 
Deutsches Reich. 
. *Nach der „Prov. Corresp.“ wird der Reichttag noch vor 
dem 12. Febtruar einberufen werden. Er wird sich wohl zunächst 
nit der Berathung des Gesetzes die Strafgewalt des Reichstages 
zetreff. zu befassen haben. Vielfach wird der neue Gesetzentwurf 
aur das „Maulkorbgesetz“ genannt. Selbst die extrem eonservativen 
Organe erklären denselben in seiner jezigen Gestalt als unannehmbar. 
* Die Liberale Kammerfraktion berieth gestern Abend (14. 
Jan.) die die Wuchergesetze beir eff. Antcäge und ernannte schließ⸗ 
ich eine Commission, welche die von der Fraktion zu stellenden 
Untrãge formuliren foll. Heute (Freitag) soll die Wuchergeseß ˖Frage 
in der Kammer zur Verhandlung kammen. 
eAm 186. Jau. begannen im preuß. Abgeordnetenhaus die De⸗ 
batten über Wucher und Wechselfähigkeit. Die vom 
Tentirum gestellten Antröäge wurden abgelehnn. 
Neue Steuern. Nach der A. Z. soll, wenn irgend möglich, 
zis zum Zusammentritt des Reichs tages ein Gesetzentwurf betreffend 
zie höhere Besteuerung des Tabals, eine Vorlage wegen Einführung 
ines Petroleumzolls und wegen Erhöhung einiger anderer Finanz 
dsle ( affee, Thee) fertiggestellt werden. Ein Gefeßeniwurf wegen 
Erhöhung und „Verxeinheitlichung“ der Brandsteuer wird zur Zeit 
m preußischen Finanzministerium ausgearbeitet; indessen ist es noe 
poeifelhaft, ob es mõoglich sein wird, denselben in der nächsten Sef⸗ 
ion votzulege. J 
Das „Berl. Tagebl.“ berichtet: Wie man zu wissen glaubt, 
jaben verschiedene Regierungen, darunter auch die französische, den 
Papst zu seiner letzten Enchklila gegen den Sozialismus dankend be⸗ 
Juckwünscht. Leo XIII. hat das Ällenstüch von Anfang bis zu 
rnde selbst verfaßt. In seiner Umgebung hofft. man wie der 
Pol. Korr. von infpiritrter Seite aus Rom geschrieben wird, daß 
diese Auslassung die Annäherung zwischen dem Vatikan und der 
deutschen Reichsregierung erleichtern werde. 
4aaNusland. —V— 
Die lange erwartete theilweise Amnestie in Fraunbreich 
oll morgen erfolgen. Das „Journal offiziell“ wird morgen die 
stamen von 1800 Begnadigten veröffentlichn. Nan ist gespann 
darauf, ob sich auch „polit sche Verbrecher“ unter den Begnadigten 
desinden werden. 
VPortsmouth, 14. Jan. In der gestrigen Nacht fand 
in den hiefigen Baracken eine Desertion von eiwa 200 Soldaten 
des 8. Balaillons der Schützendrigade statt, welche ihre Einschiffung 
un Bord des Dampfers „Crocodiie“ erwarten solllen, der heute 
nach Indien abgeht. Das 12. Regiment wurde ausgesandt und 
jog in geschlossenen Piquets durch die Stadt, um die Augreißer zu 
uchen. In eimelnen Fällen wurde hefliger Widerstand geleistet; 
ie Soldaten wehrten sich mit Steinwürfen und ein Trupp warf sich 
n wilder Wuth auf einen Polizeisergeanten, der fie überreden wollte, 
aachzugeben, und mißhandelte ihn auf's graujamste. Mit Noth 
vurde der Sergeant vom Tode geretlet. 
stonstantinopel, 16. Jan. Von der Regierung wir! 
Folgendes bekannt gegeben: Ein Gesetz über die Verantwortlichkei 
der Minister wird die Zabl der Staateminister feststellen und die 
Functionen der Minister ohne Portefeuille beseitigen. Gin au 
Zrundlage der Verfassung vorgeschlagenes Gesetz üder Preßfreiheit 
vird erlafsen. Ferner witd underzügliche Vorsorge getroffen werden 
uüur Errichtung der Staatsanwaltschaft und deßs Notariats in allen 
Berichtsbezirken des Reichet. 
Bermischtes. 
OS Si. Inudert, 18. Jan. Unter allen jezt in Bayern 
ur Ausloosung kommenden Lolterien verdient wohl leine ihret 
oohlthatigen und edlen Zweches holbder die Beachtung des Pudlekumt 
32. seht als die durch Allerhöchsien Eclaß vom 18. August 1878 
enehmigte Lotterie zum Besten des Bayerischen und Pfaälzischen 
sehrere Waisenflifts. Empfiehlt sich das Unternehmen nach dieser 
Seite von seldst, so ist hervoczuheben, daß auch seine finanzielle 
Seite eine sehr günstige ist. Der Haupttreffer beträgt 35,000 M.; 
die übrigen Gewinne, im Ganzen 12,000, gehen in regelmäßigen 
Abstufungen bis auf 6 Mark herunter. Die Ziehung erfolgt kom⸗ 
nenden 18. Mätz unter Leitung eines k. Notars. Die Auszahlung 
der Gewinne besorgt die Generol Agentur von A. Roesl in München 
»qar und ohne Abzuq. — Loose dieser empfehlenswerthen 
Lotterie sind zu 2 Mark per Stück bei allen hiesigen Lehrern zu 
zaben. Möge dem Unternehmen auch dier das freundliche Wohl⸗ 
vollen entgegengebracht werden wie anderwärts! 
F Die „Zw. Zig.“ meldet aus Zweibrücken. Der l. 
Oberstaatsanwalt am hiesigen Appellati onsgericht, Herr Zoͤller, in 
vom Justizministerium einberufen worden, um bei Berathung der 
neuen Reichsjustizgesetze in der Abgesordnetenkammer als Landtags⸗ 
lommissär zu fungiren; derselbe ist deute nach München abgereist. 
7Steinau. In Rausen bei Steinau machte am Neu⸗ 
jaahrttage ein Einwohner seinem Leben durch Erhängen ein Ende, 
weil er sich darüber geärgert, daß ihm seine Frau keine Mohnlldoße 
zegeben hatte. 
7 AUus den oberfränlischen Weberbezicken wird dem It. W.“ 
zemeldet, daß den ganzen Sommer und bis Weihnachten die Ge— 
chafte gut gingen, so daß die dortige Weberbedölkerung, wenn auch 
unter geringen Loͤhnen, vollauf Beschäftigung hatte. Leider fangen 
aber die Geschäfte an, wieder schleccier zu werden, so daß jeßt schon 
ein großer Theil der dortigen Weberfamilien nur zeitweise Beschäf⸗ 
tigung hatte, und man sieht mit danger Sorge in dortiger Gegend 
dem lommenden Frühjahre enigegen. 
Muünchen. Vor das am nachsten Montag beginninde 
oberbayerische ·Schwurgericht wurde auch eine englische Banknolen⸗ 
jalschungtsippe verwiesen und wurden zu der Verhandlung J Zeugen 
aus Amerita geladen. . .. 
7Frankfurrt, 140 Jan. Gestern Abende klam auf dem 
ornmarlt ein angetrunkener Bursche in eine feine Wirthschafts⸗ 
lolalität und beltelte, wobei er sich taubstumm stellte. Als einer 
der Gäste sagte: Schütten Sie dem Menschen ein Glas kalten 
Wasser auf den Ktopf, cx ist voll“, lies der Bursche mit den 
Worten: „Pfui, schaͤmen Sie sich“, davon. 
F In Mainz wurde der Buchhändler R. Uckermann vom 
Bezirkagericht zu 2 Monaten Gefangniß verurtheilt. Der Angeklagtt 
jatte sich ein Geschäft daraus gemacht, unfittliche Photographien zu 
derbreiten, desonders hatte es Adermann auf Studenten abgesehen. 
r Ein Kind mit S Kopfen. Die Ehefrau eines Maurers in 
Arzbach (Kgbz. Wiebaden) wurde am 8. d. M. von einem Mad⸗ 
hen mit zwei Köpfen entbunden. Das Kind soll heute noch frisch 
und munter fein. So erzahlt wenigstens das „Weibl. Tabl.“ 
f Aaln. 15. Jan. Gestern erschoß sich in unserer Stadt 
zin Student. Wie aufgefundene Schriftstücts schließen lassen, hat 
dee junge Mann in Autführung eines sogenannten amerikanischen 
Duesla den Selststmord begange. «q. 3.) 
FGFreiburg i. B., 14. Jan. Das Kreisgericht verurtheilte 
einen Bierbrauer, welcher aus Neid über die starke Concurrenz eineß 
Follegen in das in der Zubereitung begriffene Bier defselbe n eine 
bdeträchtliche Quantität Viehsalz einsomuggein ließ, wodurqh dasselbe 
aingenießbar wurde, zu 123 Jahren Gefangnißhait. 
fGrüneberg (Echlesien). Mit Rücdsicht auf das Ueber⸗ 
handnehmen des Vagadundenthums, befonders in hiesiger Stadt hat 
die Polizei hierselbst die energischsten Maßregeln zur Unterdrückung 
dieses geradezu zur Landplage gewordenen Unwesens schon seit 
einiger Zeit etgriffen; insbesondere wurden dies hier bestehenden 
Herbergen einer genauen und durchgreifenden Controle unterzogen. 
Ferner fanden alltäglich Razzia's, welche ron den heilsamsten Folgen 
zegleitet waren, statt und wurde gleichzeitig die hiesige Einwohner⸗ 
chaft durch Aufrufe in den Localblattern zur Unterstüßung der 
Polizei durch Entziehung falsch angewandter Gaben aufgefordert. 
heute Nachmittag wurde dieser Appell an die Eruwohnerschaft Grün⸗ 
»ergs an allen Ecken der Stadt angeschlagen, theils um dieselbe 
indringlicher an ihre moralische Verpflichung zut Unterstüützung der 
zehorde in diesem Unternehmen zu erinnern, theilß aber auch um 
it Vagabunden dadurch, daß sie ihr Wesen und ihr nichtswürdiget 
Treiben an allen Orten der Stadt gebrandmarlt sehen, zum bal⸗