Full text: St. Ingberter Anzeiger

Liste der Schöffen festzustellen hat, gewählt werden? Diese Frage 
ist, wie uns mitgetheilt wird, in verschiedenen Vezirlen der Pfalz 
bei den in diesen Tagen vorgenommenenen bezüglichen Wahlen von 
Verwaltungsbeamten verschieden beantwortet worden: im Bezirl 
Frankenthal z. B. wurden Bürgermeister und Adjuneten zugelassen, 
im Bezirk Speyer hingegen nicht. Das Gesetz sagt, daß „gerxicht⸗ 
liche und polizeiliche Vollstredungsbeamte“ nicht in jenen Ausschuß 
berufen werden sollen. Es fragt sich also: gehören Bürgermeister 
und Adjuncten zu diesen „Vollstreckungsbeamten?“ Eine ministerielle 
Instruct'on scheint nicht vorzuliegen, sonst könnte wohl eine so ver⸗ 
schiedene Auslegung nicht Platz greifen; letztere hat aber ihr fehr 
Miißliches, und so wäre es gew'ß am Platz, wenn bald diese Con⸗ 
troverse enischieden würde. 
Die neuliche Notiz bezüglich der Fahrtaxermäßigung, wo⸗ 
nach die pfälzischen Bahnen bei Ausflügen von mindestens zwanzig 
Personen 5090 Nachlaß gewähren, ist dahm zu berichtigen, daß 
sich diese Begünstigung nur auf Schulen bezieht. 
p'ufel, 7. Juli. Die „Kus. Zig.“ schreibt: „Die am 
Samstag hierhergelangte Nachricht, der durch einen Biß am Finger 
berletzte Mann aus Dennweiler sei gestorben, bestatigt sich 
nicht; dagegen wird aus bester Quelle versichert, der Verletzte sei 
seit jenem Vorfalle leidend und sein Befinden derart, daß der end⸗ 
iiche Ausgang noch immer zwe felhaft erscheine.“ 
p Reustadit, 9. Juli. Heute früh wurden der 19jährige 
Schreinergeselle Philipp Schumann von hier und die 20jährige 
Dienftmagd Maria Schmidt von Hochspeier auf der Wolfsbutg todt 
aufgefunden. Neben der Leiche des Schuhmann lag ein Terzerol. 
Es ist anzunehmen, daß Schumann zuerst das Mädchen erschossen 
Und daunn' mulelst der Schußwaffe sich selbst das Leben genommen 
hat. Beide standen feit längerer Zeit in intimen Beziehungen zu 
rinander, und soll Cifersuht das Motiv des Mordes sein. (N. 3.) 
4 Peter Pelge, Winzer von Diedesfe Ud, wurde am 
3. ds. in seinem Keller erhängt aufgefunden. Moliv: zerrüttete 
Vermögzensberhältnisse und Ehescheidung von seiner Frau. EGGat.) 
p'Germersheim, 9. Juli. Vorgestern Nachmittag 
stahl ein bettelnder Handwerksbursche aus der Wohnung des Herrn 
Assessors W. eine goldene Uhr und versuchte, dieselde bei einem 
Pfandverleiher zu versezen. Diesem mochte die Sache doch nicht 
ganz geheuer erscheinen und er machte die Gendarmerie auf den 
Handwerksburichen aufmerlsam, die denselben verhaftete. Kurze 
Zeit darouf fand man den Burschen im Arrestlocale erhäͤagt. 
Speier, O. Juli. Am 23. 68. Mis. findet in Zwei⸗ 
hrücken das Jahresfest des pfälzischen Gustav Adotf Vereins statt. 
Es werden sich bei demselben folgende auswärtige Geistlichen mit 
Allerhöchster Genehmigung als Redner betheiligen: Prälat Doll 
aus Karisruhe, Pfarter Fournier aus Straßburg, Parrer Zäh⸗ 
ringer aus Weinheim und Pred ger Dr. Rilsert aus Darmstadt. 
Als Consistorial Commissat wird Consistoꝛialrath Hofer dem Feste 
beiwohnen. (Sp. Z3.) 
Aijjsingen, 6. Juli. Neueren Nachrichten zufolge dür⸗ 
fen wir der Antunft des Fürsten Reichskanzlers zu Beginn der 
nächstfolgenden Woche (weschen dem 12. und 15. d. Mits.) ent⸗ 
gegen sehen. 
p Wärzburg, 6. Juli, Die Traubenblüthe am Stein 
und in den besseren Lagen ist großentheils vorüber und nach An⸗ 
gobe der Sachverständigen gut ausgefallen. Auch mit der Menge 
Zer angesetzten Trauben ist man zufrieden, so daß die Aussichten 
des Winzeis bis jetzt gut stehen. 
pfarriirchen, 7. Juli. In Brombach, 1 Stunde 
von hier entfernt, spielte sich gestern Nacht w'eder einer jenet 
Alie der Rohheit ab, die im gesegneten Niederbayern leider keine 
Ausnahmen bilden. Zwei Verheirathete, der Schneider von Brom⸗ 
bach und ein Gütler, geriethen in Streit, und der Letztere schlug 
den Schneider vor seinem Hause besinnungslos auf den Boden 
nieder, verwundete den im Hemde zur Hilse eilenden Sohn des 
Letzteren am Arme und stach zuletzt dem wieder zur Besinnung ge⸗ 
lagten Schneider in die Brust, so daß er leblos umsant. Der 
Thater sitzt in Nummer sichet, und Untersuchung ist e'ngeleitet. 
pMänchen, 8. Juli. Wie ein Corr. des „Fränk. Kur.“ 
aus militärischen Kreisen als sicher erfährt, wird das in Ger ners⸗ 
heim etablirie Depot des 8. Inft.Regiments, welches gegenwörtig 
alz Theil der daierischen Besatzungs⸗Brigade in Metz garnisonirt, 
aufgelöst, während das unter g'eichen Verhältnissen stehende Depot 
des4. Infant. Regts. fottbestehen bleibt; man schließt hieraus, daß 
das 8. Inf. Regt. von Metz nach Germersheim und dasür das 17. 
Regiment nach Mezz verlegt wird. 
München. Bezüßlich der Nichtbetheil gung des officsellen 
Frantreich an der hiesigen internationalen Kunstausstellung und der 
Einwendung, dak die französische Regierung durch best hende Gesetze 
berhindert sei, aus den Sammlungen des Staates Werke zu ent⸗ 
uehmen, düůrefte wohl daran erinnert werden, daß dieselben Gesetze 
auch bereits zur Zeit der Wiener Weltousstellunag im Jahre 1873 
bestanden und daß dessen ungeachtet viele Kunstwerle aus frarzösischen 
Siaalssan mlungen in der gar nicht einmal einen speciell künst⸗ 
erischen Charakler tragenden Wiener Wellausstellung ausgestellt 
varen. (S. Pr.) 
4 Vom k. Militärbezirlsgerich München wurden am 1. 
Juli wegen des militärischen Verbrechens des Mißbrouchs der 
Hienstgewalt im Zusammenhange mit einem Verbrechen der Koͤr⸗ 
zerverlehung die Unterofftciere Ludwig Wohlers vom 1. Pionierbatail⸗ 
on zu 8 Monaten und Georg Buckreuß vom 1. Fuß⸗Artilletie⸗ 
Regiment zu 5 Monaten Gefängniß verurtheilt. 
7 Vom Thüringer Walde, 2. Juli. In Kleinhen⸗ 
nersdorf wurde dieser Tage die 10jährige Tochler des Steinhrechers 
M. beim Beerenpflecken von einer Kreuzotter gebissen. Sehr 
ichnell zeigte sich starle Axschwellung des Fußes und Gesichtes. 
Sofort herbeigeholte ärztliche Hilfe beugte hoffentlich Weilerem vor. 
Fine auf dem Felde mit Kartoffelhacken beschäfligte Frau aus Rein— 
jardtsdors legle ihr Kindchen in den Tragkorb. Durch einen 
Schrei desselben aufmerksam gemacht, eilt sie zu ihm hin und sin⸗ 
det eine Otter bei dem Kinde, welches bereits gebissen war und 
einen Geist bald aufgab. In Schönau bei Reinhardisdorf wurde 
ein mit Reißigbinden beschäftigter Mann von einec Otter plötzlich 
in den Daumen gebissen. 
4 Auf der Station Algermissen (bei Lehr'e) hielt die⸗ 
er Tage ein Personenzug an und der Schaffuer rief nach Vor⸗ 
chrift die Worte: „Algermissen, aussteigen!“ Es folgte dieser 
Aufforderung nur ein Landmann, und der Zug fuhr alsbald wei— 
er. Dei belreffende Passagier wartete einige Zeit auf dem Perron 
und wandte sich, da sich Niemand um ihn kümmerte, an einen 
Beamten mit dem Ersuchen, man möget ihm, dem Passagier, nun 
endlich sagen, was man von ihm wolle, denn er müsse weiter. 
Als ihm geantwortet ward, daß man seinem Fortkommen durchaus 
lein Hinderniß in den Weg lege, stellte sich heraus, daß unser 
seisender gar nicht nach Algermissen wollte, daß er sich aber Al⸗ 
zermissen nannte und nur dem Befehle des Schaffners: „Alger⸗ 
nissen, aussteigen!“ Folge geleistet hatte. — — Tableau. 
„xAus Braunfschweig bringt die „Magdeb. Zig.“ 
olgende sehr seltsame Mittheilung: „Dieser Tage ist ein junger 
Them'iker B., Sohn eines hiesigen Lehrers, gestorben. B. stand im 
Rufe, Diamanten machen zu können, und er sowohl als sein Vater 
oslen dritten Personen gegenüber keinen Hehl aus dieser Kunst ge⸗ 
nacht, auch verschiedentlich Proben derselben gezeigt haben. (277) 
Banz ernfthafte Leute sind fest überzeugt, daß B. wirklich diese 
Zuuft versianden und daß die von ihm angefertigten Steine in 
Amsterstam zum Schliff kamen, ohne daß man dort eine Ahnung 
»on ihrer künstlichen Anfertigung hatte. Man will sogar dies be⸗ 
raͤtigende Briefe gesehen haben. Thatsade ist, daß B. Jahre lang 
ebte, ohne daß er — abgesehen von seinem Aufenthalte in einem 
iasteren Raume zum Diamantenfabriciren — praktisch arbeitete. 
Was daran ist, daß B. sein Geheimniß für mehrere Millionen nach 
Amsterdam verkauft hat, weiß ich nicht. Heute erfährt man aber, 
)aß Grund zu der Annahme vorliegt, B. sei keines natürlichen 
Todes gestorden. Der Arzt soll sich geweigert haben, einen Todten⸗ 
schen auszustellen, und so ist eine Sccirung der Leiche nöthig ge⸗ 
worden, über deren Ergebniß nichts bekannt geworden ist.“ 
Hamburg, 6. Juli. Gestern starb hier der ehemalige 
Reichstagkabgeordnete Fritz Mende, seit 10 Jahren der Begleiter 
ind Adlatus der Gräfin Hatzfeld. In der social stischen Bewegung 
hat er eine kläbliche, im norddeutschen Reichstag eine lächerliche Rolle 
gespielt. 
p,Aus Gewohnheit“ hat sih dieser Tage eine Frau 
n Ujtigyos, Ungarn erhängt. Die Unglückliche hatte nämlich die 
Hewohuheit, sich, wenn sie sich mit ihrem Manne zankle, ein wenig 
rufzuhängen, aber so, daß ihr kein Leid geschah. Auch dieses Mal 
vollle fie sich auf diese Weise hängen, aber aas dem Scherze wurde 
rauriger Ernst, denn der storb, den sie unter ihre Füße gestellt 
zatte, kippte um, und die Bedauernswerthe konnte sich nicht aus 
er Schlinge ziehen. Ihrem zerkratzten Halse sah man an, daß sie 
zelämpft hatte, um sich zu retten. 
FParis, 6. Juli. Es wird versichert, daß im gestrigen 
Miodisierrathe M. Lepere seinen Collegen mitgetheilt habe, daß in 
Folge des unaufhörlichen Regenwetters nur eine geringe Ernte zu 
rwarten wäre und daß nach den von ihm eingezogenen statistischen 
Herichten für mindestens 500 bis 600 Millionen Francs Getreide 
don Frankreich im Auslande angekauft werden müßten. 
F Paris, 7. Juli. Der Polize präfelt hat angeordnet, 
daß von jetzt alle Cafe- und sonstigen Wirihshäuser bis 2 Uhr 
stachts offen bleiben dürfen. Den Wirthshäusern an der Halle 
vird gestattet, die ganze Nacht offen zu bleiben, wie es früher der 
Fall war. Diese Wirihthäuser an der Halle, die seit undentlichen 
zJeiten nie schlossen, mußlen sich vor ungefähr 15 bis 46 Jahren 
benfalls zur Polizeistunde bequemen, weil die Kaiserin Eugenie es 
eines Tages unmoralisch fand, daß Wirthsbäuser, die durch ihre 
Preise auch dem gemeinen Mann zugänglich waren, die Nacht üder 
offen bleiben. 
JNach einem Ausschreiben in der „Köln. Zig.“ wird am 
20. August in Patis das weltbekannte Grand Hotel am Boulevard