Full text: St. Ingberter Anzeiger

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Der St. Jagberter Anzeiger und das (* mal wöchentlich) mit dem Huuptblatte verbundene Unterhaltunzsblatt. Sonntage mit illustrirter Vei⸗ 
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M 12. Diienstag, den 21. Januar F 
FBig 
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Deulitsches Reich. — 
(GAbgeordnetenkammer.) In den Sitzungen vom 
Freitag und Sametag deschäftigte sich dieselbe mit der Wiudrer 
frage. Angeregt wurde die Angelegenheit, wie schon gemeldet, 
durch einen Antrag des Abg. Schels (kl.) auf Erlaß von Gesetzen 
zegen den Wucher und zur Beschräukung der Wchselfaͤhigleit. Die 
Wichtigkeit der Frage hatte ein sehr zahlreiches Publikum angelockt; 
vesonders stark soll die ehrsame Zunft der Wucherer bertreten ge⸗ 
vesen sein. Beide Parteien der Kammer waren einig, daß der 
Wucher dem gemeinen Wohlstande liefe Schaden zufügt, beide sind 
dleichmäßig auf Abhilfe bedacht. Es galt aiso bios, sich Uber den 
einzuschlajenden Weg ju einigen. Der Abg. Pfahler (ki.) wollte 
Jesetzliche Feststellung eines Zinsmaximums und strafrechtliche Ahn⸗ 
dung jeder Ueberschreitung desselben. Abg. Marquardsen (l.) be⸗ 
jürwortete die Einleitung einer Untersuchung über den Gegenstand 
durch die Staatsregierung. Der Abg. Oberoppellrath Schmidt 
Zweibrücken) derlangte unverzugliche Abhilfe auf dem Wege der 
Besezgebung und zugleich Maßregeln zue Hebung des landwirth⸗ 
schaftlichen Kreditss. Min ũberwiegender Mehcheit wurde schließlich 
nin don ihm eingebrachter Aatrag angenommen. Derselbe lautet: 
„Die Kammer wolle an S. M. den Koͤnig die Bitie richten, 
dem kgl. Siaatsministerium den Auftrag zu ertheilen, dahin zu 
wirlen, daß auf dem Wege der Gesetzgebung, sowie durch Unler⸗ 
JFutung der auf Hebung des Kreditu, insbejondere des landwirth⸗ 
chafilichen Kredis gerichteten Bestrebungen diejenigen Maßregeln 
Ihne Verjzug ergriffen werden, welche noihwendig erscheinen zur 
Beseitigung der wucherischen Benachtheiligungen des Publikums.“ 
*Beim Ptrasidium unserer Abgeordnetenkammer haben 20 
Liberale Abgeordneie den Anttag eingereicht: Die Kammer wolle 
an S. Maj. den Konig die Bitte richien, die Bevollmächten Bayernt 
im Bundesrathe anzuweisen, dem Gesetzentwurfe, die Strafgewalt 
des Reichttages betreff. die Zustimmung zu versagen. 
Das „D. M.Blatt.“ berichtet: Der vom bairischen Staatt⸗ 
raib v. Schloer erstattete Bericht der Eisen ⸗˖ Enquete ist dem Bun⸗ 
desßrathe Ubermittelt worden. In untertichteten Kreisen verlautet, 
daß naqch den Ergebnissen der Eaquete seitens des Bundesraths 
deantragt werden wird, einen Zoll bon 28 bis 73 Pfennigen für 
den Centner Roheisen und 1 Mark biß1 Mark 75 Pfq. fur 
rinen Centner Stabeisen zu legen. 
eNach einer Mittheilung des Berl. —AX 
demoktratischen Abgeordneten, sobald sie nach dem 
Zusammertreten des Reichttages nach Berlin kommen, auf Grund 
s kleinen Belagerungszustandes auns gewiesen werden. 
Verbürgen mag freilich das genannte Blan diese Naqricht nicht, 
zlaubt aber auch nicht, fie rundweg fur unbegründet halten zu 
muffen. 
Berlhin, 17. Jan. Die Zolltarifkommission befürwortet 
0 Pfennige Zoll auf einen Ceninet Getreide, die industriellen 
Schutzollner wollen den Agtariern 25 Pfennig ingestehen. — Der 
Keferent in der Eisenenquöte, der baierische Staatsrath v. Schloer, 
»efurwortet in seinem Referalt an ben Bundesrath die Wiederein⸗ 
ũhrung der Eisenzolle. 
Berlin, 18. Jan. Die „Post? hört, daß von dem 
Reichtkanzler ein Antrag an den Bundesrath vorbeleitet werde, 
welcher die Requlirnug der Eisenbahntarife auf dem Wege der Ge— 
jeßgebung nach Anglogie der Posttarife dezwece. 
Der „Post? zufolge hätte sich der Reichsklanzler pridatim da⸗ 
hin geaͤußert, es fei ihm vollstandig gleichgiltig, ob die Vorlage 
iber die Strafgewalt des Reichstages ganz ober theilweise oder 
gar nicht angenommen werde. 
Ausland. 
Wien, 17. Jan. Mteldungen der „Polit. Korresp.“ aus 
—XE russisch⸗ türtischen Friedentderhandlungen, aus 
genommen die komplizirie Kriegbentschaͤdigungefrage „ find bis zur 
kedaktion des Friedensinstrumentes gediehen, das eventuell Sonntag 
dem Sullan unterbreitet und nach dessen Apptobation sofort unter⸗ 
reichnet werden soll. (Noͤnnte also schon geschehen sein.) 
Wien. 18. Jan. Der Pout. Ao—.⸗ i aue Han— 
* 
dantinopel unter'm Heutigen gemeldet: Die Pforte reklamirt die 
Abänderung der neuen Grenzuͤnie gegen die Dobrudscha. In Ost⸗ 
umelien besteht eine Agitation gegen die Resiaurirung der Türken⸗ 
herrschaft nach dem Abgange der Russen. Die Aktions-Komiles 
zeben die Loosung aus: ein europãischer Generalgouverneur oder 
strieg. Zunächst in eine Petition an die Großmächte um die Er⸗ 
nennung eines europäischen Generalgoubverneurs beabsichtigt. 
Wien. Die Waffenübungen des stehenden Heeres werden in 
diesem Jahre unterbleiben. (Wohl ersparungshalbery 
London, 18. Jan. Die Besitzer der Eisenwerle und 
Bauwerften von eisernen Schiffen in Livrepool und Umgegend 
fündigten ihren Arbeitern eine Lohnherabsetzung von 720 Proj. 
an: es wird eine Arbeitseinstellung befürchteä. 
Bermischtes. 
Die Bahnlinie Blieskastel Saargemünd soll erst Ende Fe⸗ 
zruar oder Anfang Diärz eröffnet werden. 
*Der Arbeiterbildungederein zu Speyer erhielt 
in Anerkennung seines Strebens bon Sr. Excellenz dem kgl. Re⸗ 
zierungspräsidenten der Pfalz aus der Stiftuag S. M. des Königs 
Zudwig II. jur Foördetung der pfälzischen Gwerbethatigkeit ein 
Beldgeschenk don 50 Mark. Schüler,. welche sich durch Fleiß und 
denntnifse auszeichnen, sollen dadon Aufmunterungspreife erhallen. 
*Der kul. Foͤrfler Mendel von Rupperisweiler hat 
diesen Winter schon 8 Wildschweine erlegt. 
*Bei Rheingönnheim wurde im Rheine eine Lachs⸗ 
forelle im Gewichte bon 21 Pfund gefangen. Ein sellener und 
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Der Stadtrath von Pirmasens hat Herrn Lindemann 
die Herftellung der Wasserleitung gelündigt. 
t In Waldfifchba qh ging da⸗ Gerücht, das Landgericht 
spater Amtsgericht) würde ron dort wegderlegt werden. Auf An⸗ 
jrage bei dem Abg. Bezirkzamtmann Schmitt erhielt das Bürger⸗ 
meisterawt von diefen die irdstliche Versicherung, daß das Gerůcht 
inbegründet se. 
F Am Donnerstag Abend gegen 8 Uhr brach auf dem Mont⸗ 
forter Hof bei Feit Feuer aut, welches in kurzer Zeit die 
Scheunen und Stallungen der Gebrüder Vogt in Asche legte. Nur 
nit groͤßter Anstrengung konnten die drei Wohnhaäuser vor dem 
jleichen Schidsal bewahtl werden. Das Vieh wurde gerettet, da 
zegen kam das Geflügel in den Flammen um. Gf. Pr.) 
ftKaiserelautern, 18. Jan. Der vom hiesigen 
Andergartenberein in's Leben gerufene Cursus zur Ausbildung von 
Lindergärtnerinnen wird am 21. April d. J. erdffnet werden Die 
Aufnohmsprüfungen finden am 18. und 18. April statt. (N. 3.) 
f Ein bistorischinteressantes Fesst feiert, wvie 
zie Pi. Volls;.“ berichtet, in Kürze Otterberg. Er ist ge⸗ 
dachtes Fest nämlich der 300 ährige Gdenktag'oder vielmehr, 
das Gedenljahr der Besicdelung genannker Stadt durch aius 
Frankreich und den Niederlanden fpesiell auch Antwerpen) wehen 
Festhaliens am Protestantismus geflüchtete, resp. vertriebene Wai. 
onen, welchem Umstande und Dalum Otterberg haupisachlich sein 
Aufblühen zum größeren Orte verdankte, da die meisten jener Ge⸗ 
lüchteten geschickie und gewerbsͤfleißige Leute waren, welche unter 
»em Schutze und der Protektion des damaligen Pfalzcrafen Johann 
Tasimir dortselbst sich ungestort ausbreuen konuten. — Noch sind 
Nachlommen jener Aulturpioniere am Plate verireten in deg Fa⸗ 
milien Raquet, Cherdrong, Hubing, Cordier, Louis, Profit, Renard 
ꝛc. — Bereits werden zu gedachtem Feste umfassende Vorbereitungen 
getroffen, da man auch auf Besucer aus den Nachbarstädten zählt. 
fSaarbdrücken, 15. Jan. Wie die Sobr Ztg.“ mit⸗ 
theilt, verurtheilte das Zuchtpolizeigericht hier heule unter Annahme 
mildernder Umstände eine Dame aut Saarlouis, welche am 10. 
Juli v. Is. einen an ihre bei ihr wohnende Nichte und Laden— 
gehilfin gerichteten verschiofsenen Brief unbefugter Weise gedffnet 
datle, zu hundert Mart Geldbuße, eventuell zu zehn Tagen Haft. 
Zur Kenntniß deß Gerichte kam der Fall, weil der Vater der 
MRadchens Strafantrag zestellt und weil man die Satze in uriac