St. Ingberler Anzeiger.
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1879.
Deutsches Reich.
München, 11. Juli. Der Berechnung des Militärbudgets
für das Etalsjahr 1879/80 liegt nachsteheude Heeresstärke zu Grunde:
Offiziere 2134 und zwar 1189 der Infanterie und Jäger, 256
der Kavallerie, 273 der Artillerie, 56 des Ingenieurlorps, 28 des
Trains, 838 in besonderen Formattonen und 294 nichtregimentirte
Kriegsministerium, Generalstob ec.); Militärärzte 197; Mannschaften
18,244 und zwar 6121 Unteroffiziere, 87 Zahlmeisieradspiranten,
1487 Spielleute (wobvon 590 im Unteroffigiersrange), 38, 560
Gefreite und Gemeine, 870 Lazarethgehufen und 1120 Oekonomie-
Handwerker dann 91 Zahlmeister, 5 Veterinäre, 74 Büchsenmacher
und 10 Sattler. Von den 8726 Diensipferden treffen 6890 auf
die Kavallerie, 1600 auf die Attillerie und 236 auf den Train.
Mänchen, 14. Juli. Wie im Reichstag, so droht auch
hier die nationall berale Partei in zwei Gruppen zu zerfallen, in
eine schutzzoͤllnerisch durchsetzte und in eine freihändlerisch ange⸗
hauchte. Noch im Frühjahr dieses Jahres hatte man es zu Stande
gebracht, als Vorstaͤnde des weiteren Ausschusses der Partei einen
Schutzzöllner (Dr. v. Schauß) und einen Freihändler (Großhändler
Schuster) zu berufen — jeßt erweist sich diefe Reorganisation als
eine unqlückliche, ja geradezu unhattbare, da an ein ersprießliches
Zusammenwirken unter diesen beiden Gegensäten natürlich richt zu
denlen ist. Von dieser Erwägung ausgehend, sind denn nun auch,
wie ich höre, die auch in wirthschaftspoliischer Hinsicht liberal ge⸗
finnten Mitglieder des weiteren Ausschusses der Partei zu dem
Entschlusse gelangt, ihren Austritt zu ertlären und sich im kom—
menden Hervbst selbstständig zu constituiren, und zwar zunächft als
virthschaftepolitischer Verein mit der Aufgabe, durch Verbreitung
vollswirthschaftlicher Kenntnisse auftlärend und belehrend zu wirken
Berlin, 14. Juli. Heute fand beim Reichskanzler eine
oertrauliche Besprechung über die wichtigen schwebenden Fragen statt.
Die neuen Minister Bitter, v. Puttiamer und Dr. Lucius wurden
heute eingeführt. Unterstaatssekretär v. Sydow aus dem Kulius-
ministerium wird die Stelle des Praͤsidenten der Staatsschuldenver⸗
waltung sür den verstorbenen Grafen Eulenburg erhalten. Fa!k und
Friedenthal übergaben heute die Geschäste an ihre Nachfolger.
Berlin, 18. Juli. Dem Vernehmen der „Rordd. Allg.
Zig.“ zusolge begeben sich die drei neuernannten Minister im Laufe
des Tages nach Koblenz, um sich dem Kaiser und der Kaiserin vor
zustellen.
Der Abgeotdnete Delbrück verläßt Verlin auf mehrere Mona!e
und begibt sich zunächst nach Kissingen, dann nach Italien.
Die „Post? veröffentlicht einen Brief des Abgeordneten Treischke
an die nationalliberale Frallion, worin er seinen Ansiritt dus der
Fraltion begründet. Er erkläri, die Frattion werde wider den
Willen vieler ihrer Mitglieder durch ihre Abstimmung über die
Zolliarifvorlage in die Siellung einer geschlossenen Oppositionspartei
hinuͤbergedrängt. Geireu seiner Ueberzeugung halte er diese Wend⸗
ung für einen verhängnißvollen politijchen Fehler und fuhle fich
außer Stand, dabei mitzuwirken.
Von den dayeriscchen Reichstagsabgeordneten haben
nur 11 gegen den Zolltarif im Ganzen hestimmt, nämlich die
jaͤmmtlichen Pfälzer und Miltelfranken (mit Ausnahme des ultra—
montanen Abg. Stodl von Eichstäti): Bolza, Dr. Buhl, Regie
rungspraͤsident d. Feder, Dr. Groß, Guünther, Jordan, Prof.
Varquardsen, Maurer, Pabst, Oberappellrath Schmidi, Dr. Zian.
Gesehlt haben 7 Uliramontane (Arbinger, Dotzi, Freytag, Hauck,
ratzet, Lang, v. Pfetten. — Frehtag und Hauck sind ber'm Ge⸗
setzaebungsausschusse in München). Frhr. v. Hafenbrädl enthielt
ch der Abstimmung. Die übrigen 28 haben mit Ja gestimmt,
darunter v. Schauß, Feustel, Fürst Hohenlohe, v. Lerghenseld, Graj
Luxburg und Völt.
Die Erklärung der aus der nationalliberalen
Frattion ausgeschiedenen i6 Mitgüeder lauen
.Nachdem die nationolliberale Fraktion beschlossen hat, trotz
der von dem Abgeordneten Dr. Volt abgegebenen versöhnlichen
IX——— ihm im Reicht
age gehaltene Rede auszusprechen, und durch diesen Beschluß Herrn
1
Dr. Völk zum Austritt aus der Fraktion veranlaßt hat, so können
die Unterzeichneten nicht umhin, diesem Schritte fich anzuschließen,
wenngleich auch sie nicht in allen Punkten mit dem Inhalle jenet
Rede übereinstimmen, und nur mit schmerzlichem Bedauern sich von
langjährigen politischen Freunden trennen. Sie finden sich hierzu
insbesondere dadurch veranlaßt, daß die in der letzten Zeit statige⸗
undenen Fratktionssitzungen in ihnen die Ueberzeugung hervorge⸗
rufen haben, daß innerhalb der Fraktion über die in der gegen⸗
wärtigen Lage einzunehmende politische Haltung ein so tiefgreifender
Begensatz vorhanden ist, daß sie einen geeigneten Boden für eine
ernere gemeinschaftliche Thätigkeit nicht mehr zu erkennen vermögen.
Die Unterzeichneten, den Grundsätzen der nationalen und üüberalen
Partei auch in der Zukunft getreu, erllären deßhalb ihren Austrilt
aus der Fraktion.“
Straßburg, 14. Juli. Aus Anlaß der Installirung
der neuen Landesregierung und der Justizorganisation sind Ver—
waltungs⸗ und Gerichtsbeamte des Reichslandet seit Wochen einiger⸗
maßen in Aufregung. Für die Justiz sind, wie indessen verlautet,
'olgende Ernennungen kürzlich bereits erfolgt. Es wurden ernaunt:
Oberprocurator Mühlinghaus von Saargemünd zum Landgerichts⸗
director in Straßburg; Landgerichtsrath Jung zu Straßburg zum
Obeclandesgerichtsrath in Colmar; Landgerichisrath Krieger zu
Saargemünd zum Landgerichtsdirecter daselbst; Läandgerichtsraih
Mitscher zu Straßburg zum Direcior in Mülhausen und Staats—
ocurator Boecking zu Straßburg zum ersten Staatsanwalt in
Saargemünd.
Sermilchtes.
183weibrücen, 12. Juli. Gestern um halb 10 Uhr
in der Frühe langte Se. Excellenz der Herr Justizminister Dr. b.
Fäustle in Begleitung des Hrn. k. Ministeralraths von Loe hier an
ind nahmen die Herren im „Zweibrücker Hof“ Ouartier. Herr
Appellationsgerichtsdirectot von Kieffer und Oberstaatsanwalt Zoͤller
nachten um 11 Uhr ihre Aufwartung und conferirten bie halb 1
ühr mit dem Herrn Minister. Nachmittags wurden auch der Herr
Zezirksamtmann und der Bürgermeisier empfangen, worauf sich Seine
xrcellenz nach dem Justizhause begal,, wo bis spät Abends conferirt
purde. Offenbar sind es haupisächlich Personalfragen, welche die
derren hierher geführt haben. Heute Morgen um halb 10 Uhr
egaben sich die beiden Münchener Herren in Begleitung des kgl.
Iderstaatsanwalts abermals ins Jusuzhaus, heute Abend sndet in
»en Zmmern Seiner Excellenz ein Diner statt, wozu die Vorstände
der hiesigen Gerichte sowie die Spitzen drr Behörden eingeladen sind.
Die Abreise der beiden Herren wird morgen erfolgen. Heute Mittag
um 12 Uhr traf auch Se. Excellenz det Herr Rezierungspräsident
v. Braun hier ein.
fPirmasßens, 14. Juli. unsere Wosserleitung wurde
jeute zum ersten Mal probirt; den geöffneten Hydranten entstroͤm⸗
sen armsdiche Wassersäulen und eine an verschiedenen Hydranten
orgenommene Spritenprobe ergab die günstigsten Resultate. Höher
als unscre beste Feuerspritze trieb die eigene Kraft der Leitung den
Strahl in beliebiger Dauer, was in Bezug auf Feuersgefahr der
diesigen Bevölkerung zu höchster Beruhigung gereichen wird.
Kaiserslautern, 15. Juli. Das tgl. Zuchtpolizei⸗
zericht Zaiserslautern hat den Handelsmann und Krämer Leopold
Bötz, 830 Jahre alt, in Gonbach wohnhaft, der Uebertretung der
Dotschriften des Reichsgesehzes über den Spielkartenstempel vom
3. Juli 1878, verübt im Januar 1879 zu Gonbach durch den
Besißg von 62 Stüch neuen, mit dem ersorderlichen Stempel nicht
persehenen Spiellarten, zu der von der k. Staatsbehörde beantrag⸗
sen, gesetzlich niedrigsten Geldstrafe von 1860 Mk., eventuell zu
124 Tagen Gefangniß, sowie zu den Kosten des Verfahrens ver—
urtheilt. — Diese Verurtheilung dürfte wahrlich geeignet sein,
andere Petsonen, die sich etwa noch im Besihze deraͤrtiget unge⸗
stempelter Karten befinden folllen, au die Entsernung soicher Kar⸗
len zu erinnern. (Pf. Volksztg.)
7 Reustadet. Der hiesige Verein für Geflügelzucht wird
am 6., 7., 8. und 9. September l. Is. eine Gefluͤelausstelung
hier im Saalbau veranstalten.