Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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A 118. 
Sountag den 27. Juli 1879. 
Deutsches Reich. 
München, 23. Juli. Ein Min'sterialerlaß beauftragt 
neuerdings die Distriktsbehörden, die Gemeinde⸗ und Ortspolizeibe⸗ 
hörden, auf genaue Handhabung der Viktualienpolizei aufmerksam 
zu machen; insbesondere auf Art. 73 der Gewerbeordnung, wonoch 
Baͤcker u. s. f. den Preis ihrer Waaren allgemein sichtlich im Laden 
ju verzeichnen haben, sowie auf Art. 143 des Polizei-Straf⸗Gestetz⸗ 
buchs, der neben den betreffenden Bestimmungen der Gewerbeordnung 
in Kraft sei. 
Berlin, 24. Juli. Das „Reichsgesetzblatt“ publizirt das 
Besetz betr. den Zolltarif und die Tabaksteuer. Die neue Zoll⸗ 
erhebung tritt sofort ein für Eisen, Hopfen, Instrumente, Lichte, 
Materialwaaren (ausgenommen die Mühlenfabrikate), Fette, Pe⸗ 
hroleum, Thiere und Vieh; mit Anfang Oktober fur Getreide, Holz; 
mit Anfang Juli 1880 für Flachs und Spinnstoffe (ausgenom⸗ 
men Baumwolle); mit Neujahr 1880 für alle übrigen Gegenstände 
des Tarifs einschließlich der Mühlenfabrikate. 
Berlhin, 25. Juli. Die „Nordd. Allg. Z.“ schreibt: Wie 
uns aus Kissingen zugeht, bittet der Reichskanzler zu eutschuldigen, 
wenn er, so lange seine Cur dauert, außer Stande ist, die Zu⸗ 
schriften und Telegramme zu beantworten, mit denen er beehrt wird. 
Gastein, 24. Jusi. Se. Majeflaͤt der Kaiser ist von der 
heute Nachmitiag unternommenen ersten Ausfahrt nach dem Kötschach⸗ 
hal im besten Wohlsein zurückgekehrt. Der Kaiser hatte heuie 
wiederum gebadet und sodann eine längere Promenade gemacht. — 
Die Witterung ist güustiger geworden. 
Ausland. 
Paris, 24. Juli. Die offiziöse Agerce Havas dementirt 
die vom Gaulois gebiachte Nachricht, daß die Regierung Mac 
Mahon die Stelle eines Gouverneurs von Paris angeboten habe. 
Nihilistische Verschwörung in der russsisschen Armee. Dem 
„Novoje Wremia“ wird aus Wladimir gemeldet, daß dort viele 
Soldaten und Unterosficiere des Welikoluzki⸗Infanterie Regimentes 
wegen Theilnohme an nihilistischer Verschwörung und wegen ge⸗ 
planter Niedermetzelung der vorgesetzten Officiere verhafiet wurden. 
Andere russische Bläuer berichten, daß auch in mehreren anderen 
tussischen Regimentern unter der Mannschaft „enragirte Nihilisten“ 
ntdecht und durch Bethafiung unschädlich gemacht wurden. In 
Rowoczerkast wurde sogar ein ObersteNhilist sestgenommen. 
Hrodbacken beschäftigt, da entzündete sich auf unbckannie Weise das 
Bulver, und der Mutter und zwei Kindern wurden die Kleider und 
»er Körper in gräßlicher Weise verdrannt. (Pirm. A.) 
1Steinalben, 20. Juli. Der Mühlbursche des hie⸗ 
igen Müllers Reinhard Jakob kehrte in der Naobt zum 21. Juli 
degen 12 Uhr aus dem Wirthshause in die Mühle zurück. Wie 
nan vermuthet, ist derselbe in start angetrunlenem Zustande an der 
Brücke abgeglitten und in den Bach geflürzt; die Frau des Müllers 
joͤrte um dieselbe Zeit einen Schrei, dann war wieder Alles ruhig. 
In der Meinung, eine Kuh habe geschrieen, schlief sie wieder ein. 
Des andern Morgens, als man den Burschen wecken wollte, fand 
nan sein Bett leer. Ahnend, daß hier ein Unglüd passirt sei, 
vurde sogleich im Bache nachgesorscht, allein bis jetzt noch Nichts 
rufgefunden. (Pirm. A.) 
7 Därkheim, 22. Juli. Heute wurde in einem hiesigen 
Weinderg der Beginn der längst befürchteten Traubenkrankheit con⸗ 
tatirt. Nur durch sofortiges sorgfältiges Schwefeln der etkrankten 
Ztöcke kann weiterer Calamität vorgebeugt werden. (D. A.) 
Kifsingen, 23. Juli. Die Kurfrequenz scheint ihren 
döhepunkt noch nicht erreicht zu haben, wie die heute wieder in 
zrei Nummern erschienene Kurliste ziffernmäßig beweist. Die Ge— 
'ammtzahl unserer Badegäste beläuft sich hienach bereits auf 7323, 
nit welcher Ziffer das Vorjahr um mehr als 1000 überholt ist. 
Nach den zahlreich einlaufenden Anmeldungen dürfte auch noch der 
aächste Monat sich recht lebhaft anlassen. Man erwartet namentlich 
hohe [wie hoch N] russische Gäste. (S. 3.) 
*Wäurzburg, 21. Juli. Ueber die Veranlassung des 
Pistolenduells, in welchem ein Angehöriger des Korps Franconia, 
ztud. jur. Wolf, eine lebeusgefähriiche Verletzung im Unterleib 
»avontrug, dernimmt der „Nücrnb. Korr.“ Folgendes: Der Oifizier, 
Secondelieutenant Wendler, früher selbst Stadent, spielle Billard 
und stieß dabei mehrmals an den Studenten, der an einem be⸗ 
rachbarten Tische saß, an. In dem hierauf entstandenen Wort⸗ 
vechsel gab der Student dem Offizier eine Ohrfeize. 
fKarlsruhe, 20. Juli. Vom 18. —24. September 
ds. Is. findet in Baden⸗Baden die Versammlung der deutschen 
Naturforscher und Aerzte und in unmittelbarem Anschluß daran die 
der Deutschen geologischen Gesellschaft vom 25. —28. Sepibr. statt. 
tKarlsruhe. Ruf den 30. d. M. ist eine auserkesene 
und zahlreiche Gefellschaft vor das Amtszericht geladen — gegen 
300 Personen, meistens Damen aus den höhecen Militäc⸗ und Be⸗ 
amten⸗, sowie den angesehensten bilrgerlichen Kreisen — „wegen 
Waldfrevel, bestehend in Erdbeersuchen und Betreten eines verbotenen 
Waldschlages.“ 
Aus Bücdceburg wird geschrieben: Im Lippe'schen Dorfe 
kslerburg a. d. Weser hat ein der Tollwuth verfallener Hund vor 
etwa acht Tagen verschiedenes Rinddieh geb ssen, von denen eines 
ebenfalls als der Tollwuth verdächtig erklärt, ein anderes aber schon 
zeschlachtet worden ist und von dessen Fleisch mehr als 8300 Menschen 
zegessen haben. Somit befürchtet man daselbst allgemein den Aus- 
zruch dieser schrecklichen Krankheit, in Folge dessen alle Aerzte der 
ganzen Gegend thätig sind. 
7 Dortmund, 24. Juli. Die „Westph. Ztg.“ meldet: 
Bestern Nachmittag 6 Uhr wurden durch schlagende Wetter in der 
Zeche Neu⸗Iserlohn bei Marten ein Arbeiler gelödtet, acht Arbeiter 
und ein Beamter theils schwer, theils leicht verwundet. 
F Berlin, 24. Juli. Der allgemeine deutsche Handwerler⸗ 
jag wird in diesem Jahre am 7., 8. und 9. August in Bremen 
statifinden. 
fNew⸗PYork, 23. Juli. Außer in Memphis sind auch 
an anderen Puntten Fälle von gelbem Fieber eingetreten: zwei in 
douisville und einer in Hobolen bei Flüchtlingen aus Memphis. 
In Broollyn ist eine von Havanna gekommene Person am gelben 
Fieber erlrankt'; außerdem find auf Schiffen, die don den Anlillen 
amen, mehrere Fälle vorgelommen. 
F Ein interessantes Kompagniegeschäft ist soeben in Amerila 
abgeschlossen worden. Der belannte Luftschiffer Professor King baut 
oeben an einem Ballon, in welchem er das Wagniß unternehmen 
bill, von Amerika nach Europa zu reisen. Um für den Fall des 
Vermischtes. 
F Pirmasens, 19. Juli. In verschiedenen Städien der 
Pfalz tauchte in letzter Zeit wiederhoit ein gewisser Martin Opel 
aus München auf, der sich in den Zeitungen als Specialist für 
Bruch⸗ und Kropfleidende ankündigie. Auch in hiesiger Stadt suchte 
derselbe, „vielseitigen Wünschen“ entsprechend, seine Kunst an den 
Mann zu bringen. Die Polizei sah sich jedoch deranlaßt, der Sache 
zuf die Spur zu gehen, und diesen Wiederherfteller menschlicher 
Zerrüttung zur gerichtlichen Anzeige zu dringen. Bei der neuuch 
tattgehabten Verhandlung ergab sich nun, daß Opel, ein wegen 
medicinischer Pfuschereti und unbefugter Führung des Doctortuels 
schon oft bestraftes Indiv duum, seines Handwerts Bandagist aus 
Muünchen ist. An seine Patienten verkaufte er weißliche und grün⸗ 
liche Jodsalbe und ein aus geriebenem Schwamm und Zucker be⸗ 
ceitetes Pulver. Auch verkaufte derselbe Vandagen. Von amtlichen 
Zeugnissen, welche Opel als Belege für die Wirksamken seiner Kunst 
in den Zeitungen ankündigte, war bei der gerichtlichen Verhandlung 
nichts zu hören; dagegen soll derselbe im Besitze einer großen Liste 
jolcher Gimpel sein, weldhe sich vertrauenspo zur „sicheren und 
radicalen“ Heilung in seine Arme warfen.' Das hiesige Polizeigericht 
derurtheilte denselben wegen Verkaufs von Medicamenten zu einer 
Haftstrafe von drei Wochen, wegen Anmaßung des Doctortitels in 
eine Geldstrafe von 530 M. und wegen Ausübung seines Gewerbes 
als Bandagist im Umherziehen ohne im Besitze eines Legilimations⸗ 
scheines zu sein, in eine Geldstrafse von 3 Piark. (P. Anz.) 
In Nünscweiler sst dieser Tage durch Unvorsichtig⸗ 
leit eines Hausbaters ein schreckiiches Unglüd passirt. Derselbe 
atte nämlich Sprengpulver im Küchenschrank aufbewahrt, ohne 
zasßz die Frau Etwas davon wußle. Diese war i- v»er Kuͤche wil