St. Ingberler Anzeiger.
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlichj mi⸗ dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗
lage) erscheint wochentlich pViermal: Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementépreis beträgt vierteljährlich
AsAOd A einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 , einschließlich 420 Zustellzebuhr. Anzeigen werden mit 10 —, von Auswarts
smit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blattschrisft odet deren Raum. NReclamen mit 30 A pro Zeile berechnet.
M 120. Donnerstaa den 81. Juli —1879.
Deutsches Reich.
München, 28. Juli. Der Gesetzgebungsausschuß der
sammer der Reichsräthe hat dem Eatwurf eines Gesetzes, betreffend
zinen Nachtrag zum Entwurf eines Ausführungsgesetzes zur Reichs⸗
trafprozeßotdnung, in der vom Ausschusse der Kammer der Ab—
geordneten beschlossenen Fassung beigestimmt. — Der Namens des
Finanzausschusses erstattete Bericht des Abg. Frankenburger über
den Hauptetat der Militärverwaliung Bayerns pro 1879/81 wird
heute Abend zut Vertheilung gelangen und die Berathung desselben
in der Kammer noch vor Ende dieser Woche stattfinden. (A. 3.)
Muünchen, 28. Juli. Das Staatsministerium der Fi—
nanzen hat die Generalzolladministration ermächtigt, für Petroleum
Privattransitlager ohne amtlichen Mitverschluß zuzulassen. Eine
Aufnahme in die amtlichen Niederlagen kann nicht staltfinden. —
Die Generalzolladministration hat in Ausführung des Beschlusses
des Bundesrathes: „daß bei der Eingangsberzollung von Weinen,
welche aus Weintheilungslagern abgemeldet werden, der Zollsatz
iür Weine in Fässern auch dann maßgebend ist, wenn die Weine
in Gebinden eingelagert und auf dem Lager in Flaschen umgefüllt
vorden sind,“ die Zollbehörden mit dem Beifügen verständigt, daß
s den Direktivstellen vorbehalten ist, die Einlagerung von Wein
in Flaschen mit Wein in Gebinden in Theilungslager ohne Tren⸗
nung der Lagerräume und ohne daß dadurch der höhere Zollsatz
für Flaschenweine für den gesammten Bestand des Lagers begrün⸗
det wird, zu gestalten.
München, 29. Juli. Die Kammer der Abgeordneten
heschloß, nachstehende Linien in den Artikel 1 des Eisenbähngesetzes
aufzunehmen: Kirchseeon -Schwaben, Erding-Landshut, Neustadt-
Bischofsheim, Brückenau-Jossa, Gemünden-Hammelburg, Hof-Naila
und den Anschluß der Südnordbahn bei Schöd:as, Dintelsbühl .
Feuchtwangen, Dombilhl⸗Rolhenburg, Steinach ˖ Windsheim, Neustadt
a. d. Aisch-Forchheim ⸗Bayreuth (der Antrag Aments auf Erbau⸗
ung einer Linie Neustadt mit Anschluß an die Bamberg-Forchheimer
Bahn wurde abgelehnt). Die Linie Kehlheim-Georgsmünd wurde
genehmigt nach Ablehnung der von Fleischmann und Fischer bean⸗
ragten Linie Kehlheim⸗Pleinfeld. Die Kammer wurde auf mor⸗
gen dertagt.
Ausland.
Rom, 29. Juli. Die Polizei con fiscirte in einer hiesigen
Druckerei viele Abdrücke eines republikanischen Programms, das
zur Theilnahme an einer demnächstigen Bewegung auffordett. Es
vurden mehrere Verhaftungen vorgenommen.
Rom, 29. Juli. Die „Agencia Stefani“ will wissen, der
rühere päpstliche Nuntins in Brasilien, Roncetti, sei au Stelle
Masella's zum Nunlius in München ernannt.
— EAS—— ——2
— —
Rermischtes.
f. Det „Vor de la Mos.“ zufolge haben die Herren de
Wendel und S chneider einen Associationsvertrag unterzeich-
aet, um zu Joeuf im Ornethale, unfern der deutschen Grenze,
ein großes Stahlwerk zu errichten, in welchem sie die neue Erfin⸗
dung der Ensphosphorung des Eisens geschäftlich ausbeuten wollen.
Mehr als 100 Hektaren Landes sind bereits von ihnen angelauft.
FGalendarisches.) Es wird fuͤr v'ele Leser interessant sein,
zu erfahren, daß wir nächstes Jahr (1880) im Febtuar 5 Sonn⸗
sage haben. Dies erleben wir, wie die N. W. Z. schreibt, alle
100 Jahre nur dreimal; man wird daher nach 1880 bis 1920
auf die Wiederlehr dieser Konstellation warten müssen. Im 20.
Jahrhundert folgen dann noch die Jahre 1948 und 1976 mit
derselben Erscheinung.
f Waldmohr, 28. Juli. Als gestern der Localauf⸗
seher Sorg von Höchen und dessen Sohn Jakob, Schlaghüter von
»a, mit 2 Treibern auf Wildschweine jagten, stellie letzterer gegen
) Uhr Abends die Treiber zum letzten Trieb, den er allein machen
wollie, da der Vater zurückgeblieben war, an. Eine junge Saü
war zweschen zwei Wetgen in dichtler, buschiger Stell⸗ eingekreist.
dorg stellte zuerst die Treiber und dann sich an die von ihm be⸗
seichneten Stellen. Die Treibet wichen jedoch von der ihnen an—⸗
gegebenen Richtung ab und suchten auf einer elwes kürzeren Strecke
»ju Sorg zu kommen. Da Dunkelheit eingetreten war und die
Treiber an dieser dichten Stelle fast nicht durchzukommen wußten,
nielten dieselben die Büsche oben mit den Händen auscinander, um
o in das Freie zu gelangen. Sorg, durch dieses Geräusch irre
zeführt, glaubte, ein Wildschwein komme auf ihn zu, schoß und
raf statt eines Wildschweines mit sogenannten Saurollern die bei—
»en Treiber. Der eine davon, Johann Becker, Schmied, erdielt
1Roller, 3 in die Beine und 1 in den Unterleib, und ist bereits
jeute Morgen 290 Uhr seinen Wunden erlegen. Aerztiche Hilfe
onnte leider keinen Erfolg mehr haben. Der andere Treiber er—
,ielt 2 Roller, beide in den Oberschenkel, so daß der eine durch
»en ganzen Fleischtheil durchging, der andere aber wahrscheinlich
joch bei ihm sitzt. Beide Verunglückte sind Familienväter; der
Kerstorbene hinterläßt eine Wittwe mit 6 unversorgten Kindern in
Dürftigkeit. (3. 3.)
FUngstein, 29. Juli. An einem Traubenstocke im Hofe
der Frau Wwe. Henel dahier wurden gestern die ersten gefärbten
Trauben angetroffen. (D. A.)
F Forst, 29. Juli. Frau Flöhr dahier verkaufte gestern
an die Herren Schillhorn⸗Wallbillich in Forst und Buhl in Deides-
jeim 121 Dez. Wingert im Unzeheuer, Mühlweg und Langen⸗
acker, Bann Forst, um 22,000 Mart. (D. A.)
F7Hsöheischweilter, 27. Juli. Vorgestern fiel dahier
in Maurer von Nünschweiler, Nanens Weiß, kurz vor der Feier⸗
ibendstunde vom Dache herab und war sofort eine Leiche. Der
Berunglückte hinlerläßt eine Frau und neun Kinder. (P. A.)
7, denkoben, 27. Juli. In der Edesheimerstraße be⸗
inden sich an einem am Hause gezogenen, in sehr geschützter Lage
tehenden Weinstock vollständig ausgewachsene Trauben mit verein⸗
elten schwarzen Beeren. (Ggt.)
Das k. Zuchtpolizeigericht Landau verurtheilte am 29. ds. den
Zahnwart Johann Wolf von Kirrweiler, durch dessen Nach⸗
Vsigkeit Michtabsperrung des Bahnüberganges) kürzlich das Pferd
es Fuhrmanus Weiß von Diedesfeld darch einen Bahnzug ge⸗
dodiet und der Zug selbst gefährdet wurde, zu 6 Tagen Gefängniß
uind den Kosten. An Entschädigung hat die Bahnverwaltung für
das Pferd bereits 1100 M. bezadlt, welche Wolf ebenfalls er—
etzen muß.
FSpeyer, 28. Juli. Letzten Samstag Abend gegen 11
Ahr wurden wir von einem heftigen Gewitter mit Hagelschlag heim⸗
nesucht, wie wir ihn noch nicht erlebt. Wenn wir in Gewitlerbe⸗
tichten hie und da lasen, es seien Hagelkörner gefallen wie Tauben⸗
ier, so hielten wir dies der erschredten Phantasie der belreffenden
Schreiber zu Gute. Am Samslag jedoch haben wir uns eigenen
Auges überzeugt, daß derartige Ercesse wirllich in der Natur vor
ich gehen. Als od die Häuser mi einem Sieinmeer bombardirt
vürden, so krachte und kaisterte es, so klirrten die zerbrochenen
S„cheiben. Und in Wald und Feld sah es aus, als ob das wilde
deer gehaust hätte. Aeste und Blätter bedeckten den Boden, eine
Unzahl erschlagener Vöozel lagen dazwischen bedauerlich anzusehen.
Blücklicherweise beschtänfte sich das Hagelwetter auf einen kleinen
Umkreis, so daß der Schaden im Großen und Ganzen nicht bedeutend
st, immerhin empfindlich genug für diejenigen, die er betroffen.
FSpeyer, 29. Juli. In der gestrigen Stadtrathssitzung
vurde mit 11 gegen 8 Stimmen beschlossen, den neuen Kirchhof
nicht nach Confessionen abzutheilen. sondern gemeinschaitlich anzu—
legen.
x Das kol. Bezirkdamt Speyer erläßt Folgendes an sämmi⸗
iche Bürgermeisterämter des Bezitls: Nach einem der k. Kreisre⸗
zsierung der Pfalz zugekommenen Berichte der k. Gesandtschaft in
VParis vom 83. Juni l. Is. wird dieselbe, sowie der Hilfsvercin in
Zatis, trotz der stattgehabten officiellen Abmahnung forswährend von
Angehörigen der Pfalz in hohem Grade belästigt. Die Arbeitsge⸗
egenheiten in Paris sind wenig zahlreich, da auch der französische
dandel und die französ. Industtie untet der allgemeinen, noch immer
indauernden Handelskrisis leiden. Die Bürgermeister erhalten hier⸗
jon mit dem Auftrage Kenntniß, ihre Gemeinde-Angehörigen auf
ese Verhältnisse aufmerksam zu machen und dieselben zu vbetwarnen.