St. Ingberter Anzeiger.
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122.
Sonntag den 83. August
1819.
Deutsches Reich.
München, 31. Juli. Mit Bezug auf die Ausführung
der Converlirung der 43/2 procentigen Eisenbahnanlehen in 4procentige
hat sich heute hier ein Consortium gebildet, an dessen Spitze die
bayer. Hypothelen- und Wechselbank steht und dem die anderen
hiesigen Banken und größeren Bankgeschäfte angehören. An den
Berathungen, die im Gebäude der Hypotheken˖ und Wechselbank
stattfanden, hat auch der aus Nürnberg hierzu eingetroffene Vorstand
der koͤnigl. Hauptbank, Finanzrath v. Mainz, Theil genommen.
Berlin, 31. Juli. Auf Befehl des Kaisers soll, wie der
Voss. Ztg.“ mitgetheilt wird, das neue Kriegsgericht, das über
den Capitäͤn zur See, Grafen v. Monts, das Urtheil zu fällen
hat, unverzüglich zusammengesetzt werden. Es besteht, wie das letzte,
das in Sachen des GeschwaderChefs Batsch und Corvetten⸗Capitäns
Nlausa zu entscheiden hatte, aus Offizieren der Armee. Das zur
Fällung eines Urtheils nothwendige Malerlal liegt vor. Es han⸗
delt sich also nur um Beantwortung einzelner Fragen der Anklage⸗
Instanz durch die als Richter fungirenden Offiziere, die ihrem
Range nach höher stehen müssen als der Angeklagte Graf v. Monts. —
Finem Privatbriefe Leutners aus London ist zu entnehmen, daß
alles bereit ist, um den „Großen Kurfürsten“ schon in den räch⸗
sten acht bis zehn Tagen zu heben, wenn das Wetter günstig ist.
Nach der „Kreuzztg.“ hat der Kaiser die sechsmonatliche
Festungsstrafe für Contreadmiral Batsch und die einmonatliche für
Tapitän Klausa in Festungshaft umgewandelt.
Ausland.
Nach den Ferien wird, wie das Gerücht geht, die Regierung
bon Frankreeich einean Gesetzentwurf vorlegen wegen Ankaufs
sämmtlicher Eisenbahnen. Mit der Orleansbahn soll angefangen
verden. In Folge dessen fallen die Eisenbahnbapiere.
rohres betroffen, hat an sich schon einen schmerzlichen Eindruck ge⸗
macht, der noch dadurch gesleigert worden, daß die dortige Marine⸗
verwaltung sich in Schweigen hüllt. Das Geschütz ist übrigens,
wie man hört, alt — dann hätte es nicht mehr benutzt werden
sollen — und die Ursache des Unglücks festzunehmen, der sofort
angeordneten Untersuchung vorbehalten, zu welcher ein Mitglied der
Admiralität und ein Vertreter Krupp's sofort abgesandt worden.
f Der Züricher Männerchor, welcher durch den Tod des
Prinzen von Oranien und die darauffolgende Landestrauer in
holland an seiner Fahrt zu dem internationalen Gesangfest in
stotterdam verhindert wurde, hat nachträglich von einem dortigen
hastwirth eine Rechnung von 1000 fl. als Enischädigung für die
jestellien Zimmer unter gleichzeitiger Androhung eines Prozesses im
Falle der Nichtberichtigung erhalten. Der Männerchor soll den
Wirth mit seiner Rechnung an den kgl. Hof in Amsterdam ver⸗
viesen haben.
fBrüssel, 30. Juli. Gestern fand ein großes Unglück
in Folge Durchbruchs einer Quelle in der Kohlengrube St. Laurent
bei Lüttich statt. Vermißt werden 250 Arbeiter; bis jetzt sind 25
deichen gefunden. Nähere Details fehlen noch.
F Lulu auf der Bühne. Kaum hat der Prinz Louis Napo⸗
eon sein Leben unter den Speeren einiger Wilden ausgehaucht, so
vird er von einem unternehmenden französischen, Dramatiker“ flugs
auf die Bühne geschleppt. Felicien Renard heißt der Dichter, der
zie Thaten des unglücklichen jungen Mannes in einem historischen
Bemalde „Prinz Louis Napoleons Leben und Ende“ zusammenge⸗
faßt hat. Das Stück ist auch ins Deutsche übertragen worden
und gelangt im Posener Volksgartentheater zum Besten des Regis⸗
seurs Herrn Nosen zur Aufführung. Ueber den Inhalt des Stückes
njeißt es, daß es „das Wirken und das Ende dieses unglücklichen
ungen Prinzen wahrheitsgetreu schildert und durch Anbringen ver⸗
chiedener edelmüthiger Charakterzuge aus seinem Leben anmuthsvoll
zusgeschmückt ist.“ Bezüglich der Exposition der Handlung schreibt
nan: „Das Stück beginnt mit der Affaire bei Saarbrücken (1870),
pielt dann in Chisflehurst und führt uns an Napoleons III. Sterbe⸗
ett, später versetzt es uns nach Afrika (Kampf mit den Zulus und
Tod des Prinzen) und endigt mit der Verzweiflang der Kaiserin
Zugenie bei der Todesnachricht ihres einzigen Sohnes. Schließlich
mird noch die Beisetzung der prinzlichen Leiche zur Darstellung gebracht.“
F Die Geschichte von den fünfundzwanzigtausend Francs Ho—⸗
norar, welche man Adelina Patti für jede Gastvorstellung in
Petersburg während des nächsten Winters bew'illigt habe
erweist sich als Puff. Adelina Patti wird, wie aus Paris ge⸗
meldet wird, in Petersburg überhaupt nicht singen, sondern vom
15. Februar ab in zwanzig Opernvorstellungen im Gaitétheater
auftreten.
New⸗York, 17. Juli. Die „N.«Y.-Staatsztg.“
chreibt: Das heiße Weiter, das sich in den leßgten Tagen so un⸗
ingenehm fühlbar gemacht, wurde gestern nachgerade unerträglich
ind Alles lechzte, seufzte und stöhnte unter der enormen Hitze, die
nuf hiesige Stadt und Umgegend heeniederbrannte. Hundert Grad
Fahrenheit im Schatten! Dies ist wahrhaftig keine Kleinigkeit und
muß selbst den kaltblütigsten Menschen in Schweiß bringen. In
den durchhitzten Häusern war's kaum zum Aushalten und in den
von der Sonne durchglühten Stroßen war's um kein Haar besser.
sticht einmnal an der Seeküste konnte man der Hitze entgehen und
Zühlung finden, denn selbst in Coneh Island zeigte der Thermo—
neter 90 Grad im Schatten. New-Yoik konnte sich übrigens mit
inderen Städten trösten, denn auch aus Baltimore, Boston, New—
Irleans, St. Louis, Toledo, Pittsburg, Harrisburg, Philadelphia,
Wafhington, Rochester ꝛc. wurden 95 bis 101 Grad Hitze gemel—
det. Es war eine wahre Wohlthat, als sich gegen Abend Ge—
vitterwollen am Horizont zusammenzogen und eine Reihe don Ge—
wittern auf einander folgten, welche die heiße Atmosphäre abkühlten
und Menschen und Thiere wieder leichter aufathmen ließen. Et—
tranlungen in Folge der Hitze waren natürlich zahlreich.
f Die Untersuchung, ob ein verzinntes Gefaäß Blei enthält, ist
eine so einfache und leichte, daß sie Jedermann in Anwendung
Rermischtes.
F Die „Allg. Ztg.“ gibt eine vergleichende Zusammenstell ung
der Procentberhältnisse von den in den Jahren 1860 - 1878 zur
Ergänzung der activen bayerischen Arme e eingereihten
Militärpflichtigen, welche in Baysern schulpflichtig waren und
exrweislich einen mangelhaften Schulunterricht genossen haben. Die
Pfalz figurirt in dieser Zusammenstellung im Jahre 1860 mit
14 Procent. Dieser Procentsatz fällt dann bis zum Jahre 1866
auf 8,9 Proc., von da an steigt derselbe wieder dis zu 18,3 Proe.
in Jahre 1871; 1874 ist derselbe 13,1 Ptoc., im folgenden
Jahre plötzlich 2,6 Proc., im Jahre 1878 betrug er 0,4 Procent.
Landau. Der Verfasser der historischen Erzählung
„Der gute Kaiser Max.“ Ed. Jost, erhielt aus dem Kabinet Sr.
Hoh. des deutschen Kronprinzen foigendes Schreiben: „Ew.
Wohlgeboren benachrichtige ich ergebenst, daß Se. kaiferl. und königl.
Doh. der Kronprinz Ihrt Werk „Der gute Kaiser Mar!“ gern und
nit Interesse empfangen und mich beaustragt hat, Ihnen für die
jreundliche Uebersendung desselben in Höchst Seinem Ramen bestens
zu danken. Potsdam, 25 Juli 1879. d. Normann, k. Qammerherr.“
F In der Nähe von Frankenthal wurden von 1250
re 163 Centner Kartoffeln geerntet und um 570 Mark
erkauft.
Fürth, 29. Juli. Heute wollie sich eine dem Aus—
ehen nach dem Arbeiterstande angehörige Person in der Nähe der
leberfahrt nach Stadelhof von dem um 8 Uhr 19 Minuten nach
Bamberg abgehenden Zug überfahren lassen, wurde aber von det
Maschine aus dem Bahngeleise geschleudert. Der Zug hielt sofort,
»as Zugpersonal sah jedoch nur noch, wie der Lebensüberdrüssige
aufstand, seinen Kopf befühlte, dann seine am Boden liegende Muͤtze
ergriff und davon lief.
FMunchen, 31. Juli. Heute Morgen wurde der pen⸗
onitte Major Carl v. Train in seiner Wohnung Herrensttaße
r. 29 ermordet aufge funden. Drobbriefe gefährlicher Individuen
iind vorhanden.
7Berlin, 80. Juli. Der schwere Unfall, welcher unsere
Marine gestern in Wilhelmnshaven durch Sptingen eines Geschütz⸗