Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
Der St. Jugberter Anzeiger und das (Z mal wöͤchentlich; mie dem Hauptblatie verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierteljährlich 
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M 123. 
Dienstag den 3. August 
1879. 
1. * AIbonnements auf dieses Blatt werden für die 
Monate August und September von allen Postan⸗ 
stalten, sowie in der Expedition oder von den Trägern 
entgegengenommen. 
Ausland. 
Witsen, 3. August. Ein Berliner Telegramm der Wiener 
hochofficibsen „Montagsrevue“ meldet, daß die Unterhandlungen 
wischen dem Fürsten Bismarch und dem tumänischen Minister 
Stourdza reultatlos verlaufen seien. Fürst Bismarck verlangte 
für die rumänischen Eisenbahnen 100 Millionen Francs, Minister 
Stourdza bot nuͤr 60 Millionen. Fürst Bismarck beharrte auf 
seinen Forderungen und die ersten Anterhandlungen blieben demnach 
resultatlos. 
Versaitles, 2. Aug. Ministerpräsident Waddington ver— 
laß im Senate und in der Deputirtenkammer ein Dekret, durch 
velches die Session für geschlossen erllärt wird. Die Wiedereröff⸗ 
nung der Kammern wird in Paris zwischen dem 25. Nobember 
uind dem 1. Dezember Statt finden. 
London, 3. Aug. Das „Reuter'sche Bureau? meldet 
nus Kapstadt vom 15. Juli via Madeira: General Chelmsford 
at seine Entlassung gegeben und ist nach Durban zurückgelehrt. 
Deutsches Reich. 
München, 2. Aug. Die Abgeordnetenkammer nahu heute 
ohne Debatte das Ausführungsgesetz zur Reichsstrafprozeßordnung 
einstimmig an, ebenso das Erbschaftssteuergesetz, dann kam die Fort⸗ 
setzung der Eisenbahndebatte. Abg. Fischer beantragte die Linie 
semplen⸗-Vils mit Rücksicht auf das Fernbahn-Projekt. Völk und 
Jörg sprachen dafür. Minister v. Pfretzschner erklärte, diplomatische 
Erkundigungen in Wien hätten ergeben, daß die österreich. Regier⸗ 
ung neuerdings das Projekt der Arlberge Bahn zu fördern suche und 
der Fernbahn nicht günstig sei. Fischer's Antrag wurde von der 
sammer angenommen. Abg. Hermann beantragt, in Att. 1 noch 
zinzusetzen eine Linie von Weiden (Oberpfalz) über Vohenstraße 
nach Waidhaus zum Anschluß nach Pilsen (Böhmen). Dieser An⸗ 
trag wurde mit 65 gegen 59 Stimmen angenommen. Ein Antrag 
des Abg. Höfer (Limie Bamberg⸗Steigerwald⸗Kitzingen) wurde ab⸗ 
gelehnt, ebense Senestrey's Antrag (Anschluß von Berchtesgaden an 
die Salzburg⸗Halleiner- Bahn). Art. 1 hat nunmeht 28 Nummern 
und wird in dieser Gestalt mit 80 gegen 450 Stimmen angenom⸗ 
aien. — Montags kommt die Gebührenordnung zur Berathung. 
Mäünchen. Ueber die Vergütung der Reisekosten an Ges 
schworene, Schöffen und Vertrauensmänner sind vom 1. October 
d. J. an, folgende Bestimmungen maßgebend: 1) Geschworene, 
Schöffen und Vertrauensmänner haben, soferne Eisenbahn, Dampf⸗ 
boot oder Postomnibus denützt werden lann, und ihr Wohnsitz weiter 
als zwei Kilometer vom Gerichtssitze entfernt liegt, als Reisekosten 
Verqütung den Ersatz der Fahrtaxe und zwar für die Benützung 
der 2. Wagenclasse auf der Eisenbahn oder des 1. Platzes auf dem 
Dampfboote hin und zurück anzusprechen. 2) Unter Voraussetzung 
der gleichen Eutfernung des Wohnsitzes vom Gerichtssitze werden in 
Fällen, in welchen die Benützung der Eisenbahn oder des Dampf⸗ 
bootes oder des Postomnibus nicht statifindet, für jedes angefangene 
Zilometer des Hin⸗ und Rückweges zehn Pfennige R.-W. vergütet. 
3) Soweit nach besonderen Umständen ausnohmsweise die Benützz⸗ 
ung von Beförderungsmitteln, welche höhere Auslagen erfordern, 
ür angemessen zu erachten ist, können diese Auslagen liquidirt 
werden. 
Vom Landtage. Der Abg. Nub und 40 Genossen 
hzaben folgenden Antrag zum Gesetzentwurfe über das Gebühren⸗ 
vesen eingebracht: die Kammer der Abgeordneten wolle beschließen: 
Artikel 170 habe zu lauten: für Jagdkarten- und Jagdaaffen⸗ 
cheine wird eine Gebühr von 20 Mark erhoben. Diese Gebühr 
ließt zur Hälfte in die Staatskasse, zur Hälfte in die Kasse der⸗ 
jenigen Armenpflege, in deren Besirk der die Jagdkarte oder den 
Jagdwa fenschein Lösende wohnt. Die vorstehender Bestimmung 
entgegeuftehenden gesetzlichen Bestimmungen sind aufgehoben, 
Der Abz. Xaver Frhr. v. Hafenbrädl reichte an die Kammer 
einen Antrag ein, welcher die Wiedereinsührung der Lebensmittel⸗ 
axe, Fleisch, Brod, Mehl und Bier bezweckt. 
Berlin, 2. Aug. Die Zölle von Weizen, Noggen, 
Hafer, Hülsenfrüchte, Gerste, Mais, Buchweizen und andere Ge⸗ 
rreidearten, dann für Mühlenfabrikate aus Getreide und Hulsen⸗ 
irlichten treten erst am 1. Januar 1880 in Kraft. 
Die ofiziose „Nordd. Allg. Ztg.“ befürworket, die körperliche 
Züchtigung als Strafe für vrutale Vergehen wieder ein zuführen; 
man wisse ja, daß schon manche gewohnheitsmäßige Verbrecher über⸗ 
haupt durch die Freiheitsstrafe sich nicht sonderlich abschrecken lassen, 
die ihnen oft sogar als erwünschtes Mittel der Uatertunft und Ver— 
oflegung gelte; nun aber gebe es auch gewisse Verbrechen, deren 
Bestialität eine solche Att der Sttafe erfotdern, von welcher man 
Zaͤhmung der Bestien erwarten kann. Die Humanität, die man 
gegen die körperliche Züchtigung ins Feld führe, habe sich vor Allem 
n dem austeichenden Schutz der ordentlichen Bürger zu hbethätigen. 
Rermischtes. 
St. Ingabert, 5. August. Heute Morgen wollte der 
deim Bahnbau zwischen hier und Rentrisch beschäftigte, 19 Jahre 
ilte Arbeiter Friedrich Pfleger aus Heimkirchen von 
inem beladenen und schon im Fahren begriffenen Materialwagen 
jerabspringen, rutschte aber aus und gerieth so unglücklich unter 
zie Rädert, daß ihm ein Bein unterhalb des Knie's abgedrückt 
vurde. Derselbe wurde sofort in das hiesige Burger ˖ Spital über⸗ 
geführt. 
[(1S85nappbach. Die Dipbtheritis, welche im ver— 
lossenen Winter in Sulzbach, Altenwald und Hühnerfeld so viele 
Ipfer forderte, triit neuerdings auch hier auf. Nachden in voriger 
Woche ein Kind an der gesährlichen Krankheit gestorben, liegen 
Wbermals mehrere Kinder in verschiedenen Häusern an derselben 
darnieder. 
— J.41 Ein neiles Spaäßschenist dem Vernehmen nach in 
Altenwald passirt. Zwei daselbst wohnende Meister gleichen 
d»andwerks, ein Hert K. und uin Herr Kl., sind schon längere Zeit 
ẽrzfeinde. Hert K., welcher glaubt, daß ihm Herr Kl. zu starke 
Foncurrenz mache, beschließt, sich zu rächen. Er geht zu einem 
herüchtigten Raufbold und Schläger, S., und beredet diesen, dem 
sel. nächtlichet Weise eine gehorige Tracht Prügel zu geben. Als 
Prügellohn soll S. fünfzehn Mark nach vollbrachter That erhalten. 
S. läßt sich zwei Mark Handgeld geben und — verrälh Kl. das 
zanze Vorhaben. Um sich aber die fünfzehn Mark nicht entgehen 
su lassen, muß Kl. am andern Tage mit verbundenem Kopfe und 
zepflastertem Gesichte, wie ein arg zerschlagener Mann, sich an die 
Arbeit begeben, wo K. vorüberkommen muß. Dieser sieht seinen 
Feind und glaubt die Sache richtg. An seines Herzens Freude 
aßt er noch am nämlichen Abend den S. lommen, zahlt ihm die 
ünfzehn Mark und tractirt ihn noch mit zwei Flaschen Wein aus 
einem Keller und sodann mit einem großen Quantum Bier in 
iner nahen Wirthschaft. Wie sehr aber war er enttäuscht, als er 
um folgenden Tage seinem Feinde begegnet, dieser die Maske ab⸗ 
zelegt hat und ihm höhnisch in das Geficht laht! Und alle Leute, 
hdie von der Geschichte hören, lachen. Herr K. abecr lacht nicht, 
'ondern soll sich wedlich argern, daß er „rein gefallen“? ist. Wer 
eben den Schaden hat, der braucht für den Spott nicht zu sorgen. 
f Die dietjahrige ordentliche General-Versammlung des Pfal⸗ 
Aischen Schreibgehilfen⸗Vereins, anerkannter Verein, findet Sonntag 
den 17. August, Vormittags 11 Uhr, zu Zweibrücken, im 
Basthause „zjum Deutschen Hause“ bei Herrn Karl Oit Statt. 
Am 3. August ist beim Baden in der Bließ der 16 Jahre 
alte Sohn des Straßenwärters Weber von Wolfersheim 
ertrunken. 
Homburg, 2. Aug. Der hiesige Stadtrath hat in 
einer gestrigen Sitzung beschlossen, die Gehalle der Lehrer um je 
100 M. aufzubessern; deßgleichen, daß die Herbstferien auf die 
zeit vom 1. Sepiember bis 15. Oltober verlegt werden. Letzlerer 
Zeschluß bedarf jedoch der höheren Genehmigung.