Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich, mi dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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M 124. 
Donuerstag den 7. August 
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Deutsches Reich. 
München, 1. Aug. (Kammer.) Der bezügliche Gesetzent⸗ 
vurf, durch welchen der Militäretat für die Zeit vom 1. April 
1879 bis zum 31. März 1880 auf 41,961,724 Mark festgesetzt 
sstt, wird schüeßlich bei namentlicher Abstimmung einstimmig (141 Ja) 
zenehmigt. 
Muünchen, 2. Aug. Landtiag. Ohne Debatte wurde das 
Ausführungsgesetz der Reichsstrasprozeßordnung einstimmig, eben so 
das Erbschaftssteuergesetz augenommen. 
München, 5. Aug. Die Abgeordnetenkammer nahm die 
Zebührenordnung einstimmig an unter Ablehnung zahlreicher dazu 
eingebrachter Anträge: Zu Artikel 281 wurde der Zusatz von 
SZtobäus: „Die Umwandlung von Guldenobligationen in Mark⸗ 
obligationen wird von diesem Gesetz nicht betroffen“, angenommen. 
In dieser Sitzung vom 4. Aug. hatte Hr. Finanzminister Riedel 
1. A. dargelegt, daß die Regierung bei Ausarbeitung des Gebühren⸗ 
Hesetzes wie dei den durch die Ausschußverhandlungen herbeigeführten 
Aenderungen größtmögliche Gerechtigkeit geübt habe durch Abschaff⸗ 
ing aller undilligen Gebühren. Insbesordere sei sie in der Be— 
siehung auch den Bedürfnissen der Landwirthschaft entgegengekommen; 
das Gesetz schaffte dieser eine Etleichteung von 8 bis 10 Prozent 
»er Grundsteuer. Dann wurde in erster und zweiter Lesung das 
Besetz über die Pensionsanstalt für die Wiitwen und Waisen der 
üdvotaten einftimmig angenommen, ebenso das Gestetz über den 
ompetenzkonfliltsgerichtshoff. 
Berluin. Im Interesse einer Erleichterung des Verkehrs 
hat der Minister für öffentliche Arbeiten am 25. v. M. in einem 
Etlaß bestimmt, daß die von einer Staatsverwaltung gestempelten 
Frachtbriefe auch von den anderen Staatsverwaltungen als gültig 
aerkannt werden. 
Die Novelle wegen Revision des Altiengesetzes wird, wie das 
D. M. Bl. hört, vom Bundesrath bei seinem nächssen Zusammen⸗ 
creten in Angriff genommen werden. Vor längerer Zeit hat bereits 
der Justiz⸗ Ausschuß des Bundesraths an das Plenum den Antrag 
gestellt, eine solche Revision des Aktiengesetzes vorzunehmen. Bei 
her von allen Seiten anerkannten Schwierigkeit dieser Vaterie dürfte 
edoch eine Regelung derselben noch längere Zeit beanspruchen. 
Nachträglich erfährt man noch, daß die Regierung des König⸗ 
reichs Sachsen im Bundesrathe gegen die Erhöhung der Kornzzölle 
zestimmt hat. Es ist dies um so auffaälliger, (als bis auf 4 Liberale) 
ämmiliche größtentheinls den konservativen Fraktionen angehörige 
jächsische Abgeordnete für die Erhöhung der Kornzölle votirt, ja 
sogar der Hauptantragsteller, Herr Günther, ein Sachse ist. Es 
st jrdenfalls nicht ohne Bedeutung, daß die schutzzöllnerische Negier⸗ 
ang des industriereichsten Staates sich dagegen ertlärt hat, daß der 
Bevöllerung die nothwendigsten Lebensmittel allzu sehr vertheuert 
verden sollen. 
NeweYork, 4. Aug. Alle Land; und Wasserverbindungen 
nit Memphis sind gesperrt. Die Sterblichkeit am gelben Fieber 
in der letzten Woche hetrug 26. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 7. Aug. Der Bahnbauarbeiter Fried⸗ 
rich Pfleger aus Heimkirchen, welcher am Dienstag, wie wir in 
voriger Nr. berichteten, schwer verletzt in das Spital gebracht 
wurde, ist in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch seinen Ver⸗ 
letzungen erlegen. Er soll ein ruhiger, sparsamer Mensch gewesen 
ein. — Am Dienstag Nachmittag erlitt ein ebenfalls am Bohn⸗ 
jau in der Nähe von Scheidt beschästigter Arbeiter Namens Siem on 
pon hier, eine Queischung des Fußes, so daß er auf einem Wagen 
dierher gebracht werden mußte. 
*St. Ingbert. Still und rub'g ging der gestrige 
Jahrestag der Schlacht von Spichern dahier vorüber. Von einer 
reier des denkwürdigen Tages, an dem dor 9 Jahren der Feind 
urch deun Opfermuth der deutschen Truppen aus der Nahe unserer 
Stadt zurück gedrängt wurde, war nichts zu merken. Doch mögen 
Ziele unter uns seiner gedacht haben; denn die Erinnerung an die 
rübe Besorgnitz lener Zeit und an die Freude über den Sieg ist 
ins wohl Allen unauslöschlich im Gedächtniß. In unserer Nach— 
varstadt Saarbrücken wurde, wie bisher jedes Jahr, so 
zuch heuer der 6. August festlich beganzen. Der „Saardr. Ztg.“ 
ntnehmen wir darüber das Folgende: Unter Blitz und Donner, 
ast einer Geisterschlacht gleich, brach heute der für uns dentwürdige 
Tag von Spichern an. Ein Gewitter ging demselben in der 
dacht voran, nachdem ihn am Abend schon Glockengeläute und 
Bölletkrachen angekündigt hatten. Auch heute Morgen (6. August) 
rdröhnten die Boöller und viele Häuser schmüctten fich mit Flaggen 
ind Fahnen. Und baid begannen sich die Straßen zu beleben und 
ie Schuljugend zog aus, den Tag festlich zu begeher. Die höhere 
röchterschule, die Marschall'sche Schule legten Krünze auf die Krie— 
ergrabstatten nieder. (Die Giäber der im Ehrenthal ruhenden 
driegee waren schon am Abend des 8. August durch die Mitglieder 
es Saarbrücker Turnvereins und des Sangerbundes durch Kränze 
eschmüdt worden.) Sonntäglich gelleidet, eillen die Schüler der 
Flementarklassen in die Turnhalle, wo der Tag durch Redeact und 
vesang patriotischer Lieder gefeiert wurde. Ein entsprechender Attus 
and auch in der Aula des Gymnöesiums und in der Gewerbe⸗ 
hule hier statt. Auch aus den Orischaften der Umgegend besuch⸗ 
en v'ele Personen und einzelne Schulen gestern und heute die 
driegergrabstätten, welche sämmtlich reich mit Kränzen und Blumen 
jeschmückt sind. Wir treten nun in eine Reihe von Erinnerungs⸗ 
agen, welche in den Jahrbüchern unseres Vaterslandes, unseres 
Heeres mit go denen Lettern eingezeichnet sind, kelner aber ist für 
ins an der Saar wie der 6. August 1870 eine so naheliegende 
frinnerung — eine Erinncrung, die nie erlischt, so lange noch 
in Grabbügel sich über den tapfern auf unsern Fluren gefallenen 
driegern wölbt, so lange noch ein Denlstein der hesdenmüthigen 
stegimenter auf dem Blachfelde steht und so lange das Winterderg⸗ 
dentwal weithin als Ruhmeszeichen ins schöne Saarthal ragt! 
Uad all' die schoͤnen sinnigen Feiern, über die wir gestern und 
zeute berichtet haben oder morgen noch berichten werden, sie alle 
egen Zeugniß ab von dem treuen Sinne unfserer Bebölkerung an 
)er Saar, welcher den Gefallenen gegenüber auch heute das Dich⸗ 
ierwort wieder zur Wahrheit gemacht hat: 
„Vergiß der treuen Todten nicht und schmücke 
Auch ihte Urne mit dem Eschenkranz!“ 
Als Einrückungstermin für die zu den Herbsima⸗ 
növern einzuziehenden Reservisten und Dispositionsurlaubet des 4., 
8. und 17. Inf. Regiments ist der 9. August bestimmt. 
fZweibrücken, 4. Aug. Das Schwurgericht der Pfalz 
'üt das III. Quartal 1879 soll am Montag den 8. Sept. unlet 
Vorsitz des k. Appelltaths Osthelder eröffnet werden. 
7 In Landstuhl weitete Fruchthändler K. von da mit 
J. Sch. von Oberarnbach, daß er die Strecke von Landstuhl nach 
NAusland. 
Man erzählt sich, daß das über Lieutkenant Careh verhängte 
Todesurtheil vom Generalcommando bestätigt, vom Cabinet aber 
assirt worden sei. Die „United Service Gazette“ bestätigt d'eses 
Berücht. Das militairische Fachblatt schreibt: Das seitens des 
Zriegsgerichts in Südafrika gegen Lieutenant Carey gefällte Urtheil 
autete auf Tod. Lord Cheimsford wollte nicht die Verantwortung 
ibernehmen, dieses Urtheil zu bestätigen, und Lieutenant Carehy 
vurde unter Arrest und unter der Obhut eines Officiers nach 
kngland gesandt. Er selbst ist noch nicht hier angekommen, wohl 
aber das Prolokoll der Verhandlungen des Kriegsgerichts, die in 
Folge eines Formfehlers fur ungesetßuͤch erllärt und niedergejschlagen 
vorden sind. Doch befindel sich noch die Frage unter Eroörterung: 
b nicht die königliche Prärogative ausgeüdl und Lieutenant Carehy 
zus der Armee entlassen werden sollie. — Wie die „Army and 
Naby Gajette“ angebch aus bester Quelle erfahren haben will, 
vird der Königin empfohlen werden, zu gestatten, daß Lieutenani 
Latey zu seinem Regiment zurüdkehre, da nach dem Ermessen der 
isten Autoritäten die wider ihn erhobene Anllage der Feigherzigleit 
zicht aufrechterhalten werden idnne, indem er nur „indiscrei⸗ ge⸗ 
andelt habe.