St. Ingberler Anzeiger.
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AM 125. Samstag den 9. Auaust
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Monate August und September von allen Postan⸗
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entjallen 47 950 529 auf bisher zollfreie Artikel, 23 843 8357 auf
xẽchöhungen bisher schon zollpflichtiger Artikel. An Schutzzöllen
entfallen auf die Landwirthschaft - 24 120 201, auf die Forst⸗
virthichaft - 8796 821, auf die Textiliadusttie - 5744 550,
nuf die Metallindustrie - 6641 760, auf andere Jadustrien —
3421828. Die Finanzzölle (Malerialwaaren und Petroleum er⸗
geben - 27572 226 Mark
Ausland.
Die Fesil chkeiten in Nancy sind doch nicht ganz ohne sis—
renden Zo'schenfall verlanfen. Der Deputirte, Odersi Langlois,
Jjat gelegentlich der Enthüllung der Thiers: Statue eine im schroff
ten Gegensatz zu den Auslassungen der Minister stehende, zur
„Rebanche“ auffordernde Rede gehalten. Sämmiliche republika⸗
nischen Bärter tadeln indeß dieses Vorgehen in entschiedenster Weise
als eine Takilosigkeit, sür welche Herr Langlois ganz allein die
Berantwor ung zu tragen habe. Der Abgeordnete Langlois, der
ogenaunte Oberst Langiois, weil er während der Belagerung als
Oderst in der Nationalgarde gedient hat, ist übrigens eine vor⸗
viegend lächerliche Persönlichkeit, die aber in der Kammer eine
jewisse Rolle spielt und schon w'ederholt als Berichterstatter über
vas Kriegsbudget fungirt hal. Von Hause aus war Langlois ein
5chüler Proudhons, ißkK aber später als Schleppträger des Herrn
Chiers zahm geworden und in allen Lagern in denen er noch ge⸗
dient hHat, ein enfant terrible gewesen.
Der vorstehende Fall Fanglois hat neulich sein Seiten⸗
zück bei einem Schützenseste in. den Schwesterstädten Charlhes—
Billbe und Mezieres gefunden. Dort ließ sich der Präfekt
der Ardennen durch seinen Generalsektetär, Herrn Lambert, ver—
reten, und dieser, also eine offinelle Persdalichkeit, sagte in einer
dede, nahdem er es als den Zweck der Shützengesellschaft bezeichnet
atle, tüchtige Vaterlandsvbertheidißer heranzubelden, wie die offiziöse
Jeitung des Orts, die Union Liberale“, berichtet, wörilich: Der
tag ist vielleicht nicht fern, da Frankreich von seinen Kindern
zchutz und Revanche verlangen wird; sesen wir für diesen
Lugenblick bereit! Ich krinle auf Eure Gesundheit, künftige
zoldaten, auf Eure wackeren Führer und auf unser aller Oberhaupi,
»en Präsidenten der Republik, Herrn Greyy!“ Wir wiederholen,
daß diese „Union Libecale? selbst erklärt, sie gebe in Vorstehendem
den Trinkspruch des Regierungsbeamten wörtlich wieder. Sie fügt
zinzu, daß ein anderer Redner, Herr von Jouvencel (ein früherer
Abgeordneter) an den Toast des Herrn Lambert auknüpferd bemerkt
zjätte, „auch er fürchte, doß es demnächst cinen Kriegemit
Deutschland geben werde.“ Es scheint doch in gewissen Ver-
daltungskreisen eine arge Zügellosigkeit zu berrschen; denn daß
herr Lambert von der Regierung nicht ermächtigt war, in der
rwähnten Weise zu sprechen, sind wir die Ersten anzunehmen.
London, 4. Aug. Eine gestern angelangte Depesche Wol⸗
ley's an den Kriegsminister, datirt vom 15. Juli, meldet: Sämmt⸗
iche Zuluhäuptlinge im Küstenstrich bis zur Amatongagrenze unter⸗
darfen sich Dabulamanzi und andere Brüder des Königs eingesdlossen.
5'e ertlärten, sie wollten Cetewayo nicht länger zum Könige haden.
Fetewayo ließ seit Anfang des Monats nichts mehr von sich hören,
oll sih mit Weibern und Hofstaat in den Ingomewald zurückge⸗
ogen haben.
In Bezug auf die Betheiligung deutscher Interessenten an der
m Hherbst ds. Is. in London staufindenden Molterei⸗
Lusstelluug hören w'ir, daß die mit der Berathung dieser
Frage betraute Kommission soeben ihre Vorschläge eingereicht hat.
Moskau, 2. Nug. Nach Beendiguag des letzten fürtischen
kdrieges macht sich in der russischen Armee nicht nur unter Sol⸗
aten, sondern auch unter Olficieren eine ganz eigenthümtiche, wir
noöchten sagen kom'sche Erscheinung geltend. Die russischen Truppen,
welche auf Tod und Leben mit din Türken gekämpft', dehren hute
nus Bulgarien mit entschiedener Sympathie, wenn nicht Zäril'chkeit
ür diese Türken zutlick. Die Officiere namentlich iprechen offen
uus, daß, wenn es unter der Bevölkterunz der Balkanhalbinsel eiwasß
Zutes gibt, dieses nur unter den Türken zu suchen sei. Will man
Deutsches Reich.
Müuchen, 7. Aun:. Der Landtag beendete heute die Be⸗
rathung über das Eisenbahngesetz und nahm Altikel 2 (Bauartikel),
ebenso Aruikel 3 an. Die Gesammtsumme der bewilligten Linien
zeträgt 44,900,0000 M. Der ganze Gesetzentwurf wurde mit 149
Stimmen angenommen.
Aus München schreibt man der „N. A. Z.“: Mit der
neuen Justizgesetzgehung wird auch in Vayern die Robe und das
Baret als Amtstracht zur Eenführung gelaugen, aber nur bei den
Zollegialgerichten, also bei den Landgerichten, Ode landesgerichten
ind bei dem obersten Landesgerichte. Bei den Einzelgerichten (Amts-
zerichten) wird es bei der bisher'gen Uebung sein Bewenden haben.
Nürnberg, 3. Aug. Heute ist die Nachricht hier ein⸗
zelangt, daß der Kronprinz des d utschen Reichs am 27. ds. hier
äntreffen wird. Der Kronptinz wird dahier Hauptquartier nehmen,
am 28. ds. die 3. Cwalleriebrigade auf dem Manöverterrain bei
Siegelsdorf und Vach inspiziren, am selben Tage hierher zurückkehren,
im 29. ds. das hiesige 14. Infantere⸗Regiment besi htigen und
zarnach unsere Stadt verlassen, um einige Abtheilungen des 1.
Armeecorps zu inspiziren.
Berkhin, 6. Aug. Tie „Prov. Corr.“ riproducirt die
Meldung der „Azence Havas“ aus Rom, 3. Aug., wonach Ron⸗
retti Botschafter beim deutschen Hofe wind, vor dem 20. d. auf
seinen Posten sich begeben und sefort mit Bismarck in Verbindung
reten wird. Derselbe ist Träger von Ernennungen neuer Bischöfe,
velche die mit Tode abgegangenen ersetzen sollen. Die „Prov.
Torc.“ fügt hinzu: „Abgesehem von der veelleicht nur auf Un⸗
wissenheit der Cotrespondenten zurückzuführenden Verwechselung des
eünchener Nuutius mit einem Botschafter bem deutschen
Hofe, haben wir zu bemerken, daß alle in neuester Zeit von Rom
n Wiener und Pariser Blättern verbreiteten Nachrichten über die
Verhältnisse zwischen Preußen und dem heiligen Stuhl sich mit der
vittlichen Sachlage im Grunde widersprechen.“
Berlin. Die von den Abgg. v. Benda, Delbrück und
carsten veranstaltete, „Spezielle Abschätzung der Minimalerträge
nach dem neuen Zolltarif“ liegt jetzt als Reichstagsdrucksache vor.
Wir entnehm'n derselben das nachsolgende Tableau der finanziellen
Ergebnisse, welche der neue Zolltarif über die bisherigen Ertraägnisse
hinaus nach jener Schätzung zur Folge haben wird. Zu bemerken
ist dabei, daß bei einigen Positionen in dritter Lesung noch Er⸗
hdhungen vorgenommen worden sind, deren Wirkung noch nicht
berücksichtigt werden konnte. Die wichtigste dieser Ethöhungen faud
beim Roggenzoll statt, wo die Abschätzung noch auf Grund des
niedrigsten Satzes von 0,50 Mk. erfolgte. Ebenso sind bei den
Positionen Eisenwaaren, Flachs, Kaffee, nachträglich noch Aender⸗
uingen vorgenommen worden. Hie und da ergibt also die Ab⸗
schätzung ein für die schließliche Gestaltung des Zolltarifs nicht gunz
reffendes Bild. Zu bemerken ist, daß der Tabak nicht mit in
Nechnung gezogen ist. Es werden danach die Finanzerlträgnisse
gegen früber betragen in Mark bei: Baumwolle 1711687,
Blei - 178377, Buürstenbinderwaaren —- 2349, Droguen —
549 993, Eisen 5 485 027, Getreide - 12 000 000, Glas
50 370, Haare - 174 090, Hotz 5033 310, Instrumente
1049 087, Kouischuk 20 382, Kieider — 503 693, Kupfer
137 201, Kurze Waaren — 177 180, Leder — 180 196,
deinen — 254476, Lichte — 18337, Materialwaaren —
14 103 707, Oel -4728 053, Papier - 408524, Pelzwert
-4017, Petroleum - 16 500 000, Seide - 1621300,
Seife - 47 624, Steine 429 679, Strod - 136 170,
Thiere 4 360 667, Thon 338 625, Veh — 4000 V00,
Wachstuch — 17 898, Wolle - 1654 369, Zink — 8631,
zian — 1068 — in Summa also: 4 71297386. Davon