Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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M I2J. 
Dienstag den 12. August 
819 
Deutsches Reich. 
München. Das Ergebniß der mit den Wehrpflichtigen 
des Jahrgangs 1878 vorgenommenen Prüfung ist, wie das neueste 
Fultus ministerialblatt bekannt gibt, solgendes: Zahl der geprüften 
Wehrpflichtigen in Oberbayern 2420, mit mangelhafter Schulbildung 
13; Rederbayra 2298, mit mangelhafter Schuldildung 313 Pfat; 
2080 mit mangelhafter Schulbildung 9; Oberpfalz 1880, mit 
mangelhafter Schulbildung 21; Oberfranken 1785, mit mangelhafter 
Schulbiidung 9; Mittelfranken 1751, mit mangelhafter Schulbil⸗ 
dung 8; Unterfranken 1926, mit mangelhafter Schulbildung 6; 
Schwaben 2009, mit mangelhafter Schulbildung 8. Das gün- 
igste Ergebniß lieferte demnach Mittelfranken mit O,2 Prozent; 
daunn folgen Unterfranken und Schwaben mit je o,8, Plalz mit 
d 4, Oberpfalz und Oberbayern mit je 0,68, Oberfranken mit 1 
und zuletzt Niederbayern mit 1,83 Prozent. 
Berlin. Nach einem vom Ministerium der öffentlichen 
Arbeiten entworfenen Plan zur Umbildung der Verwaltung der 
oreußischen Staatseisenbahnen sollen künftig im Ganzen sechs Eisen⸗ 
hahndirectionen in Preußen bestehen: in Berlin, Breslau, Bromberg, 
dannover, Kassel und Elberfeld. Den Direckionen, welche nicht 
nehr collegiale Verfassung haben würden, sollen Eisenbahnämter 
anterstellt werden. 
In Ber lin wird im September wieder ein deutscher Städte⸗ 
jag zusammentreten, der voraussichtlich stärker beschick werden wird, 
als der im vergangenen Mai. Es w'rd auf demfelben vornehmlich 
die Frage erörtert werden, wie sih die deutschen Siädte zu dem 
Zollpcogtamm des Fürsten Bismard zu stellen haben. 
Ausland. 
Gastein, 9. Aug. Der Kaiser von O sterreich ist heude 
Mittag heer eingetroffen. Kaiser Wilbelm begab sich sofort nach 
dessen Ankunft mit sämmtlichen Herren seines Gefolges nach dem 
Absteig quartier des Kaisers Franz Joseph und begrüßte denselben 
zuf das herzlichste. Nach einer halbstündigen Besprechung fuhren 
deide Kaiser in offenem Wagen nach dem Badeschloß, der Wohnung 
des Kaisers Wilhelm. 
Gastein, 10. Aug. Der Kaiser von Osterreich wohnte 
jeute früh dem Goltesdienst in der katholischen Kirche bei uund be— 
juchte dann den Kaiser Wilhelm, welcher den Besuch alsbald er⸗ 
viderte. Beim Abschied küßten und umarmten sich beide Kaiser. 
Begen 11 Uhr Vormitlags reiste Kaiser Franz Joseph wieder ab. 
Paris, 8. Aug. Die heutigen Abendblätter enlhalten ver⸗— 
schiedene Depeschen aus New NYorl, nach welchen die Regierung der 
Vereinigten Staaten officiell unterrichtet worden wäre, daß die 
deutsche Reichssregierung geneigt sei, ihte Auschauungen in der 
Münzfeage zu modificiren und mit der amerikanischen Regierung die 
Annahme der Doppelwährung zu discutitren. Die Depeschen machen 
hier großes Aussehen. (Fr. 3.) 
Paris, 10. Aug. Lambert, Generalsecrela'r des Ardennen⸗ 
Debattementa, ist seiner Stelle enthoben und zur Dieposition ge⸗ 
stellt; derselbe hatte in einer Rede bei Eröffnung des Schützenfestes 
in Charlebille auf die Moͤnlichteit einer Revanche angesp'elt; und 
solche Anspielungen von Seite eines Beamten hält die gegen⸗ 
wärtige franzoͤsische Regierung mit Recht für ungeeignet. 
Rom. Ein Mailänder Blatt brachte neulich die Nachricht, 
daß gegen den Koönig und die Königin ein Complott bestanden 
jabe, das nur durch Enthüllungen eines Verschworenen entdickt 
worden sei. Die „Opinione“? ist nun auf Grund sicherer Mitthe!⸗ 
Apssen in der Lage, diese Nachricht für erfunden zu erklären. 
Serajewo, 9. Aug. Im lateinischen Viertel brach gestern 
Nachmlttag eine Feuersbrunst aus. Der Herzog von Württemberg, 
iraf umfassende Maßregeln zur Bewälkigung des Brandes. Die 
Feuersbrunft wuthete die ganze Nacht hindurch und verheerte nament⸗ 
lich das ganze Handelsbiertel. Tausende Gebäude, darunter d'e 
latholische Kirche, etliche Moscheen, det Bazac und mehrere Maga- 
zine, sind niedergebrannt. Drei Soldaten sind umgekommen; 
20,000 Menschen sind obdachlos. Der Handelsstand von Serajewo 
st schwer getroffen. Der Vrand war heute Morgen acht Uhr so 
)egrenzt, daß ein weiteres Umsichzreifen nicht mehr zu besorgen war. 
Konstaniinopel. Der Sultan hat das Gesuch des 
themaligen Khedive Ismael Pascha, in Konstantinopel seinen Aufent⸗ 
zalt nehmen oder nach Aecypten zurückkehren zu dürfen, zurückge⸗ 
wiesen. — Die Pforte hat die von Serbien anläßlich des Arnauten⸗ 
Fiufalls erhobenen Entschädigungsansprüche abglehnt. 
Die englisch-indischen Truppen begannen die Räumung Afghea⸗ 
nistars; diese soll am 1. September beendet sein. 
In Nordamerika findet der Plan, die Landenge von 
Panama zu durchstechen, weniz Beifall, namentlich weil er ohne 
staatliche Betheiligung Nordamerika's durchgeführt werden soll. Es 
ist nicht unmöglich, daß aus diesem Grunde dem Unternehmen noch 
manche Schwierigkeiten in den Weg treten werden. In Mem— 
phis dauert das gelbe Fieber noch immer an, und die Stadt ist 
fast gänzlich von Einwohnern verlassen. Die durch die Seuche her⸗ 
beigeführten pekuniären Verluste werden als ungeheuer bezeichnet. 
Newe⸗York, 10. Aug. „Herald“ meldet, die Regierung 
stehe im Begriff, durch Rundschreiben die europäischen Regierungen 
aufzufordern, die dortigen Mormonen von der Auswanderung nach 
den Verein. Staaten von Nordamerika abzumahnen, da die Re— 
zierung ders elben entschlossen sei, der Polygamie schärsstens entgegen 
ju treten. (In dieser Form dürfte die Nachricht schwerlich be⸗ 
zründet sein.) 
Vermischtes. 
* St. Ingbersl. Am Donnerstag⸗Adend kurz nach 10 
Uhr wurde der auch hier wohlbekannte Buchbindermeister Kärchner 
uus Sulzbach von seinen Angehörigen im Bett seiner Wohuung mit 
drei schweren Schußwunden am Kopfe getroffen. Es soll wenig 
Hoffnung bestehen, ihn am Leben zu erhalten. Ob hier ein Selbst⸗ 
nord, wogegen freilich Alles spricht, oder die That eines Zweiten 
yorliegt, darüber wird hoffentlich die Untersuchung Licht verbreiten. 
IS. Ingbert. Das hiesize Ocarina⸗Orchester 
zeabsichtigt, nächsten Sonntag; Abend im Oserhauser'schen Saale 
inter Mitwirkung des Tenoristen Hrn. Rehmann aus Kaisers- 
autern ein Conzert zu veranstalten. Es ist dieses das zweite Mal, 
daß genanntes Orchester hier mit einem Conzert vor die Oeffent⸗ 
ichteit triit. Schon sein erltes Auftreten fand den wohlverdienten 
Zeifall und gas Veranlassung zu dem Wunsche, die Conzerte des 
Orchesters möchten sich in nicht allzulangen Pausen wiederholen. 
Meit erneutein Eifer und großer Geduld arbeitete in der Zwischen⸗ 
eit das Orchester an seiner Vervolllommnung; Opfer an Zeit und 
Beld wurden nicht gescheut; unermüdlich waren die Leiter thätig, 
mmer Besseres zu erzi len... So wurde ein Wirk geschaffen, das 
m Ansange oft Spott und Witz gegen sich wach rief, das aber 
jetzt in Deutschland wohl selten, wir wollen nicht sagen einzig, da⸗ 
tehen mag. 
Mit einem reichen, gut einstudirten Repertioir, das eine große 
Auswahl von Piècen zuläßt, mit neuen und verbesserten Instru— 
nenten, Alle vom Erfinder aus Bologna in Ikalien bezogen, tritt 
das Orchester diesmal auf. Wir zweifeln nicht an dem Erfolge, 
der demselben hier in seinem zweiten Conzerte ebenso sicher wer⸗ 
»en wird, wie er ihm bereits Ende vorigen Jahres in Saarbrücken 
vard, wobei einem Conzerte desselben im Tivoli⸗Saale das geräu⸗ 
nige Lokal die Zuhörer nicht alle fassen kornte. Das schon fest⸗ 
sestellte Conzert Programm, das in nächster Nr. d. Blattes veröf⸗ 
eutlicht wrd, brinat 8 Ocarina-Piöcen: Overturen, Polonaisen. 
Nen Pariser Welt-Ausstellungs⸗-Watzer von Strauß in seinem ganzen 
Umfange, Märsche von Faust und A. — Auf dem Conzerte wird 
nuch Herr Seister mit einem neuen Instrumente Har mon i⸗ 
hotr, das er vor einiger Zeit aus Paris bezogen hat, debütiren 
ind auf demselben verschiedene Pècen, — wir hören: Arie aus 
»er Oper: „Die weiße Dame“ und steierischen Ländler, — vor⸗ 
ragen. In Herrn Lehmann, der sich bereit erklärt hat, im 
Fonzerte mitzuwirken, haben wir vor noch nicht langer Zeit, als 
e hier mit seiner Fil. Tochser conzertirte, einen vortrefflichen Te⸗ 
joristen und Klavierspieler kennen gelernt. Durch ihn wird uns 
ner naͤchste Sonntage Abend auch in gesanglicher Hinsicht Ausgezeich⸗ 
etes bieten, indem er sowobl mit Einjel⸗Vottraͤgen, wie auch in 
Zuarietflen und Duelten aufttitt.