Slt. Ingberler Anzeiger.
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— —RIIEIE
1879.
— —
M.
Deutsches Reich.
München, 22. Jan. Asgeordnetenlammer. Fortsetung
her Berathung des Einführungsgesetzes zur Concurzordnung. Pa—
ragraph 219 wurde nich längerer Debatte, in welcher det Antrag
Schmidt und der Modifikationsautrag Louis' (gegen den Notariais-
zwang in der Pfalz) abgelehnt wurde, mit großer Mehcheit ange⸗
nommen, ebenso die ganze Coucursordnung mit 134 gegen 10
Stimmen.
Se. Maj. der Koͤnig hat in Folge des Ablebens Sr. k. Ho⸗
heit des Prinzen Heinrich der Niederlande eine Hoftrauer von 14
Tagen, nämlich vom 21. Januar bis einschlüssig den 8. Februar,
angeordnet.
Nach einer Münchener Correspondenz des „Pf. K.“ sollte det
oom Abdg. Schels beantragite Entwurf eines Landtagswahlgesetzes
uf die Tagesordnung der am Freitag stattgefunbenen Kammer—
fizung gefetzt worden.
Ber lin. Die Nachricht, daß die socialdemokratischen Reichs⸗
agsabgeordneten, kraft des bestehenden „kleinen Belagerungszustan⸗
des“, aus Berlin sofort ausgewiesen werden sollen, wenn sie zur
Ausübung ihres Reichstagsmandats hierher kommen, wird der
„Frtf. Ztg.“ als unbegeündet bezeichnet. Wie man erfährt, würde
pon der Polizei auch den bereits ausgewiesenen Abgg. Fritzsche und
Hasselmann kein Hinderniß bereitet werden, um hier ihren Aufent⸗
halt während der Reichstagssession zu nehmen.
Bezüglich der agrarischen Bestrebungen des Fürsten Bismarck
und vornehmlich mit Bezug auf die geplanten Geireidezölle erhielt
das „B. Tagbl.“ von einem hervorragenden liberalen Mitgliede des
Reichssstages folgende Zuschrift:
.Als man sich entschloß, durch das Souialistengesetz die revo⸗
iutionären Umtriebe der Sozialdemokrasen zu unterdrücken und für
die Zukunft zu verhindern, war man in allen verständigen Kreisen
darüber einig, daß eine Reihe wichtiger Maßregeln zu Bunsten der
arbeitenden Klasse zu treffen sei, um zu einer inneren Heilung der
ozialen Schaden zu gelangen. Es handelte fich für die staatser⸗
haltenden Elementde nicht um die Einleitung einer einseitigen Inte⸗
cessenpolitik der besizenden Klassen. Im Gegentheil war man
Aberzeugt, daß eine solche das gefährliche sozialdemokratische Uebel
nur erweitern und dertiefen koͤnne. Nun vergleiche man den Vor⸗
ichlag für Einführung der Getreidezölle mit diesem Gesi hispunkte.
Die Vertheidiger der Getreidezölle behaupten zwar, daß die Aufleg⸗
ung eines Zolls von 5 bis 10 Projzent des Werihes das Getreide
aicht vertheuern werde. In den wenigen Johren, in welchem eine
ausgezeichnete Ernte in Deutschland den Import von Geireide ganz
unmöglich macht, lann das vielleicht richtig sein, in der Regel be⸗
darf Deutschland ader einer erheblichen Zusfuhr fremden Getreides
und müssen daher die Preise in diesen Jahren nothwendig um den⸗
selben Betrag steigen, um welchen dieser Import vertheuert wird.
Die hierdurch bedingte Steigerung aller Lebensmittelspreise wird
mindestens in den ersten Jahren die durch niedrige Lohne und un⸗
regelmäßige Beschäftigung gedrückte arbeitende Klasse treffen. All⸗
mälig zwar werden in Folge dessen die Loöhne entsprechend der
Steigerung der Lebensmittel steigen müssen. Dadurch würde aber
wieder die Konkurrenzfähigkeit Deuischlands auf dem Wieltmarkt ge⸗
jährdet; dies ist nicht blos in Bezug auf die eigentliche Industrie
der Foll, sondern vorzugsweise auch in Betreff der landwirthschaft
lichen Gewerbe. Alle landwirthschaftlichen Nebengewerbe, Viehzucht,
Brennerei, Müllerei tc., müssen nothwendig unter der Vertheuerung
des Getreides leiden. Die Konkurrenz unseres Spiritus, unseres
Diehs, des in Deuischland gemahlenen Mehls wird unfehlbar um
den Betrag des Getreidezolls schwieriger. Dies ist doppelt gefähr⸗
lich in Jahren guter Ernte, wo die Ausfuhr von Getteide in Form
dvon Spiritus, Vieh und Mehl vorzugsweise das allzutiefe Sinken
der Getreidepreise hindern muß. Diese Erkenntniß über die eigent⸗
liche Nalur des beabsichtigten Dangergeschenlz macht sich bereits in
jenen landwirthschaftlichen Kreisen geltend, die nicht die Agitationen
der modernen Agrarier gläubig aufgenommen haben, und die Mehr⸗
deit des Reichstages wird in Uebereinstimmung mit den vollswirih
schaftlichen, finanziellen und politischen Bedürfnissen des gesammlen
deutschen Volls handeln, wenn sie die Zumuthung, Getreide⸗ und
Viehzölle zu bewilligen, zurückweisi.“ —WM
Eine gute Neuerung im deutschen Wesen. Der dem Bundes⸗
rathe gestern vorgelegte diesjährige Reichemilitäretat weist gegen
früher eine geringe Ausgabenermäßzigung; auf. Mit dem bekannten
Berliner Schlagwort aber durchaus lobend lann man diesmal sagen
„das war doch früher nicht“.
Aussfand.“
s Nachrichten aus Wisen melden die Verschleppung der
Pest ia das Gouvernement Penza (nordwestlich vom Gouvernement
Astrachan).
Wien, 21. Jan. Behufs Errichtung eines Pest-Kordons
an der russischen Grenze wird demnächst eine Kreditsorderung an
den Reichssrath gelangen.
Paris, 21. Jan. Die äußerste Linke der Abgeordneten⸗
fammer hat einen Antrag auf gänzl'che Amnestie (so daß also die
etzthin nicht begnad'gten Theilnehmer am Commune-Ausstand auch
noch begnadigt würden), den auch 60 Deputirte anderer Gruppen
der Linken unterzeichneten, vereinbdart. Einen gleichen Antrag wird
Viktor Hugo im Senat vorlegen.
Pariens, 22. Jan. Die „Agence Havas meldet: Die ser⸗
bische Slupschting ist entschltossen, nicht eher die Frage der bürger⸗
lichen Gleichberechtigung der Israeliten zu berathen, als bis die
Zapitulationen aufgehoben und die Gesandschaften der Mächte in
Belgrad errichtet sein werden.
Paris, 22. Jan. Einer Londoner Privatmeldung des
Journal des Debats zufolge, träte die Wahl des Prinzen Reuß,
deutscher Botschafter in Wien, zum Fürsten von Bulgarien, mehr
und mehr in den Vordergrund.
Madrid. Nach einer hier vorliegenden amtlichen Depesche
ist die Cholera in der asiatischen Türkei ausgebrochen und im Zu⸗
nehmen begriffen.
—Romd, 21. Jan. Im Senat stellte gestern Viteleschi an
dat Ministetium eine Anfrage über dessen auswärtige Politik. Die
Debatte daröber dauerte auch heule noch fort. Ministerpräsident
Depretis erflärte u. A., die der italienischen Regierung von Man⸗
hen zugeschriebene Absicht, weitere Gebietetheile am Mittelmeer zu
erwerben, insbesondere Albanien zu besetzen, bestehe nicht; die Re⸗
gierung gedenle, die bestehenden Verträge und so auch den Berliner
Verttag loyal jzu halien.
Am ISB. Januar hat der Köonig den schwedisschen Reichetag
eroͤffnet. In der Thronrede erwähnte er, daß zwar die leßte Ernte
gut war, dag aber der Absatz von Holz und Bergwerlserzeugn'ssen
stockt, daß daher die Geschäfte im Allgemeinen schlecht gehen und
das Geld um so mehr fehlt, als vielleicht zu große Capitalien aus
einmal in den Bau von Pridat⸗Eisenbahnen gesteckt worden seien.
Die Einnahmen des Staats sind in Folge davon auch geringer
l(um eiwa 6 Millionen Kronen) ausgefallen und reichen nicht medr,
wie bisher, zur Deckung der Staatsbedürfnisse aus. Es soll deß⸗
halb die Steuer auf inländischen Btantwein, der Zoll auf Tabat,
staffee und Zucker erhöht werden. — In Norwegen sieht's gerade
jo aus; die dortige Saatskasse hat so starke Ebbe, daß die öͤffent⸗
lichen Arbeiten, namentlich Eisenbahnbauten für die nächste Zeit sehr
beschränkt werden müssen.
Petersburg, 21. Jan. „Agence russe“ will wissen,
daß nach auf der türkischen Botschaft eingegangenen Nachrichten die
Unterzeichnung des defigitiven Friedensvertrages heute stattfinden sollte.
In Petersburg und den anderen Universitätsstädten
haben die Eltern den strengen Auftrag erhalten, bei Strafe darüber
zu wachen, daß ihre studirenden Soͤhne von öffentlichen Demon⸗
strationen sich sernhalten. — Das Seitens des russischen Staate⸗
rathes dereiis santt onirte Gesetz bezüglich 24 prozentiger Steuer⸗
Einhebung bei Personen⸗Fahrkarten auf russischen Eisenbahnen tritt
mit 13. Febr. d. J. in Wirksamkeit.
In Pissa fielen ernste Konflikke zwischen Studenten und
Internationalisten vor. Die Studentenschaft drohte, die Stadt zu
derlassen. Die Nazione meldet, daß ein Student bei dem Tumuilte
erstochen wurde. Die Regierung verfügle die strengsten Maßregeln