Full text: St. Ingberter Anzeiger

f Dreißig Opfer eines Wucherers. In der Artlilletiekadeten⸗ 
schule des Arsenals in Wisen trug sich dieser Tage ein Vorfall 
zu, der zeigt, in welchem Grade das schleichende Gift des Wuchert 
noch immer in allen Kreifen Verheerungen anrichtet, trotz aller Be⸗ 
strebungen, dieses grause Uebel einzudämmen und seine schädlichen 
Wirkungen zu hemmen. In der genannten Anstalt wurden 30 Fre— 
quentanten „wegen leichtsinnigen Schuldenmachens“ ausgewiesen. Dit 
Namen der 30 jungen Leute, denen durch die Erbarmungslofigkeit 
eines Wucherers die Existenz vern chtet wurde, sind auf Schuldur⸗ 
tunden unterschtieben, welche zusammengenommen den enormen Betrag 
bvon 36,000 fl. repräsentiren. Man darf aber nicht glauben, daß 
die jungen Mäupner wirklich Schulden in der angegebenen Höht 
tontrahirt haben. Füfzehu derselben hatten von einem stadtbekannten 
Wucherer Beträge von insgesammt ca. 900 fl. entlehnt; die anderen 
Fünfzehn hatten in falsch verstandenem Kameradschaftsgefühle für 
ihre Kollegen Vürgschaft geleistet. Die Schulden wurden vor zwei bdis dre 
Jahren konteahict und sind durch Zinsen und Zinzeszinsen bis zu 
der vorangegebenen Höhe angeschwollen. Von 900 fl. auf 36,000 fl.!! 
Der Kommandant der Artilleriekadetenschule beschwor den Wucherer, 
sich mit den Angehötigen der betreffenden Schüler auszugleichen und 
nicht das Lebensglück von 30 jungen Leuten zu zerftören. Vergebens, 
der Shy'ock bestand auf seinem Schein, den er ganz und voll ein⸗ 
gelöst haben wollte. Er erstattete, als dies nicht geschah, die Anzeige 
bei dim Schulkommando, welchem nichts übrig, als die Schüler 
auszuweisen. Unter den Ausgeschlossenen befinden sich Söhne aus sehr 
guten Familien, Schüler, die sich durch ihren Fleiß und ihre sonstige 
Aufführung der vollsten Zufriedenheit und Anerkennung ihrer Lehrer 
und Vorgesetzten zu erfreuen hatten. In welcher Weise der infame 
Wucherer mit jenen unerfahrenen jungen Männern umsprang, mag 
das folgende Beispiel erhärten: Ener der nun ausgtwiesenen entliet 
sich von dem Gurgelabschneider am Anfange des vorigen Jahres den 
Betrag von 10 fl.; seine Schuld an den Wucherer belanft sich gegen⸗ 
wärtig auf 4900 il. ö. W.!! Und der Mann, der so handelte 
geht frei umher und lann Jeden wegen Ehrenbeleidigung anklagen, 
der ihm jene Prädikate gibt, die et derdient. Denn nach dem Ge— 
jetze ist er ein Ehtenmann !“* 
t Dis,;ipiia muß sein. Die „Appenz. Ztg.“ bringt folgende 
Scene aus dem schweizer Militärlben. Hauptmann, zu einer 
Sektion tretend: J gsieh do, daß no a Paar wiße Kols trägid, 
das witini Zuelunft numma gsieh — seine Person betrachtend: 
— i ha zeor au no es a, aber i ha's hüt z'Minaz wergesse 
ab z'nue. 
f Paris, 2. Sept. In den Kohlengruben von Rondcamp 
(Ober⸗Saone) fand heute eine Explosion statt. 15 Bergleute wur—⸗ 
den geiödtet und eine groke Anzahl verwundet. 
FParis, der Sammelpunlli menschlichtr Curiositäten und 
Specialiiäten aus allen Laäandern und Welttheilen, hat vor einigen 
Tagen eine seiner interessante Len lebendigen Merkwürdigkeilen durch den 
Tod verloren, eine Dame, die nicht aur an und für sich eine eigen⸗ 
thümliche Erschheinung, sondern zugleich auch eine hiftorische Curio⸗ 
sität war. Es war dies die Gräfin B. .„ die letzte Flamme 
Cavour's, oder, wenn man will, eine seiner letzten Flammen — 
denn der große Staatsmann war auf die Einheit Italiens lebhafter 
dedacht, als auf die Einheit seines Herzens, und verwickelle ch 
mitunter in föruliche Intriguen“ und Verwechslungs Comödien, 
was den König Victor Emanuel, der seinen gestrengen Minister 
gern auf solchen Schwächen ertappte, daß erfreute. Gräfin B... 
war nicht nur eine Liebe Cavour's, den sie abgöttisch, selavenhaft, 
leid⸗ und se leneigen verehrte, sie war auch eine seiner vielbest äf⸗ 
tigsten Emissärinnen, und manche delicate Mission nach Rom, zum 
Cardinal Antonelli sozat, war ihr übertragen — denn Cavour hatte 
bis an sein Ende nicht die Hoffnung aufgegeben, das Papstihum 
zum Bundesgenossen dei der Föcderung der italienischen Einheil zu 
machen. Die „Sqhmetterlingsdame“ hieß Gräfin B. .. von ihren 
ungiwöhnlich statken und schönen schwarzen Augenbraunen, die sich 
wie Schmetterlinzeflügel bewegten, was zum Theil an der Kurz— 
sichtigkeit der Gräfin und dem dadurch verursachten Vibriren der 
Augenbrauen lag. Den Cultus für Cavour hatie sie bis an ihr 
Ende bewahrt. 
r* Ein Kampf mit den Zulus — in London. Ein in'e⸗ 
ressanter Aufteitt ereignete sich vor einigen Tagen in London bei 
einer Vorstellung der dort zur Schau gestellten Zulus. Unter den 
Zuschauern war einer, der ein tiefes Interesse an Allem zeigte, was 
sih auf die Gesräuche, die Racengeschichte, die Sprache und die 
religiösen Idcen dieser wilden Kriegernation bezog. Ehe die Vor⸗ 
stellung auf der Bühne beganu und während mehrere der dunkel⸗ 
farbigen Athleten in ihtem Kampfkostüme, den Schild am Arme 
unter der Zuschauerschaft umhergingen, stellte er mittels des Dol 
meischerz haufiz Frazen an sie und unterhielt sich mit ihnen. Um 
ihre Muskelkraft zu prüfen, erfuchte er schließlich den stärkstgebauter 
Zulu, mit ihm die rechte Hand in einander zu schlingen, worau 
Jeder des Andern Arm wollte niederzuzwingen suchen. Der Kamp 
dauerte einige Zeit, inden der lupferfatbige Batbat mit aller 
Rrach jeinen Beiner zu überwinden suhle, der jedo h mit außer 
zewöhnlicher Körperkraft begabt zu sein schien. Während einiger 
Minuten schienen die Chancen sich gleich zu stehen; allein zuleßt 
iberwältigte der hellhäutige, vollbärtige Europäer, dessen weiße 
Zand sich gegen die seines dunkela Widersachers stark abhob, plötz⸗ 
lich den energischen Zulu, zwang den muskulssen Arm des Letzteren 
nieder und forcirte ihn zur Niederwerfung. Ueber dies unerwärtete 
Refultat war der schwarze Athlet augenscheinlich eine Weile von 
Schmerz bewegt. Der kräftige, gewandte Sieger war Karl 
Blind, welcher, obwohl schon im Jahre 1866 amnestirt, in 
London noch immer in freiwilliger Verbannung lebt. 
Der Khedive Ismail hat in Neapel seinen Hatem aus⸗ 
chffen lassen. Hoch oben in Posilippp in der Nähe der Thal—⸗ 
bergschen Villa hat er die Villa Rocca Bella für seine Damen ge— 
miethet. Die Vlla ist nicht zu groß für vierzig Frauen, Mädchen 
and Dienerinnen. Von Zeit zu Zeit sieht man einige von ihnen auf 
der Tertasse erscheinen, um das bezaubernde Schauspiel des Golfs 
u genicßen. Und der Golf ist nicht undankbar, er spiegelt sich in 
einer hiareißenden Pracht in den prachlvollsten Augen hinreißender 
Weibert. 
FPetersburg, 1. Sepkt. Der Führer der Expedilion 
gegen die Tekke-Tutkmenen, General Lazareff, ist an der D'essenterie 
gestorden. 
Dienstesnachrichten. 
In der Justizverwaltung des Reichslandes wurden der Staats⸗ 
yrokurator Veit in Metz zum 1. Staatsanwalt am Lardgericht 
Müthausen; der Friedensrichter Schiebler in Metzerwiese zum 
zandgerichtsrath in Saargemünd; der Friedensrichter Manlel in 
lbesdorf zum Staatsanwalt in Saargemund; der Friedensrichter 
Friedr. Klein in Forbach zum Amtsrichter am Amtsgericht Dieden⸗ 
sosen; der Staatspcocutalor Hamm in Mezt zum Ämktksrichter da⸗ 
elbst ; der Landgerichissecretair Clundt in Metz zum Amtsgerichts⸗ 
h eiber daselbst; der comm. Friedensgerichtsschreiber Franz Lichten⸗ 
häler in Dieuze zum Landgerichtssecrelait in Meß; der comm. 
Landgerichtssekretair Aufmwasser in Metz zum Amtsgerichtsschreiber 
in Dieuze; der Friedensgerichtsschreiber Rheinländer in Metz zum 
Amtsgerichtsschreiber in Diedenhosen ernannt. Versetzt wurde der 
Landgerichtssekretair Kayser in Mülhaufen in gleicher Eigenschaft 
an das Landgericht in Metz; der Friedensrichter Buß in Nieder⸗ 
bronn wurde als Amtsrichter an das Amtsgericht Colmar versetzt. 
Bezirksgerichtsrath Hutter in München, die Landrichter Platzer 
in Markibibart, Krieg in Uffenhein, Grüner in Ouobeuren find 
wegen Krankheit unter Anerkennung ihrer Dienstleistungen auf An⸗ 
suchen, der Landrichter Eder in Burglengenfeld auf Grund des 
8 19 in den Rahestand versetzt, der Kassirer an der kgl. Haupt« 
»ank Wucherer in Nürnberg auf Ansuchen in den Ruhestand qauf 
die Dauer eines Jobres hersekt worden 
Verloosungen. 
Augsburger 7 fl.Loose vom Jahre 
1864. Ziehung am 1. September 1879. Ausjahlung sofott. 
daupipreise: Serie 8341 Nr. 12 4000 fl. Serie 1853 Nre. 43 
4 Gulden 1000. Serie 841 Nr. 41, 50, Serie 2004 Nr. 18, 
17 à 100 fl. Serie, 820 Ne. 7, Serie 841 Nr. 28 2 70 fl. 
Serie 820 Nr. 51, 72, Serie 841 Nr. 12, 589, Serie 843 Nr. 
, 11, 30, 53, Serie 885 Nr. 61, Setie 1797 Ne. 61, 84, 
Serie 1883 Nr. 84 à 50 fl. Serie 820 Ne. 22, 36, 78, Serie 
341 Ne. 23, 54, 77, 81. Serie 885 Nr. 72, 82, 98, 99, 
Serie 1797 Nr. 18, 31, 75, Serie 1853 RNr. 38, 96, Serie 
2004 Nr. 27, 75, 91, 96 à 30 fl. Serie 443 Nr. 69, Serie 
820 Nr. 44, 59, Setie 841 Pr. 14, 56, Serie 1797 Rr. 42, 
15, 68. S. rie 1853 Nr. 48, Serie 2004 Nr. 69 à 20 fl. 
Braunschweiger 20-Thaler-Loose vom 
Jahre 1868. Ziehung am 1. September. Auszahlung am 
30. November 1879. Haupepreise: Serie 8196 Nr. 46 à 90000 
Mark. Setie 6179 Nr. 46 à 9000 Mart. Serie 7658 Nr. 26 
à6000 Mart. Serie 147 Nr. 33 à 3000 Mark. Weitere Ge⸗ 
vinnste sind: Serie 2438 Nr. 25, Serie 4037 Nr. 31, 50, 
Serie 53294 Nr. 80, Serie 5849 Nr. 18, Serie 7080 Nr. 32, 
Serie 7658 Nr. 45, Serie 7942 Nr. 49, Serie 8865 Nr. 20, 
Serie 9313 Nre. 32 à 300 Mark. Serie 2556 Nr. 29, Sexie 
1188 Ne. 30, Serie 6124 Nr. 3, Serie 6279 Ne. 5, Serie 
7080 Nr. 10, Serie 9072 Pe. 33 105 Mack. 
— — 
Marktberichte. 
Zweibrücken, 4. Septbr. (Iruchimittelpreis und Vicknalienmarkr) 
Weizen 10 M. 21 Pf., Korn 7 M. 63 Pf., Gersle zweireihige O M. — p. 
pierreihige 6 M. 65 Pf., Spelz 6 M. 99 Pf., Spelzkern — M. — p;. 
Dinkel — M. — Pf. Mischfrucht M. — Pf., Hafer 6 M. 72 pf., 
rbsen — M. — Pf., Wicken O M. — Pf., Karltoffeln 2 M. 80 pf. 
deu 3 M. 20 Pf., Stroh 2. M. 20 Pf., Weißbrod 17/3 Kilogr. 52 Pf., 
dornbrod 3 Kilogr. 73 Pf., 2 Kilogr. 49 Pf., 1Kilogr. 25 Pf., Gemischt⸗ 
brod 8 Kilogr. 89 Pf., das Paar Weck 100 Gr. 6 Pf. Rindfleisch J. QOual. 
oͤo Pf. il. Qual. 50 pf, Kalbsieisch dd Pf. Vammelfleiseh 80 Ps. Saweinesiensch 
56 Pf. Butter /3 Ktilogt. O M. 95 Pf., Wein 1 Liter 80 Pf. Vier 1 viter 24 Pf. 
Fur die Revuction derunwoortlich — 4