Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberlker Anzeiger. 
Der St. Ingberter Anzeiger and das (2 mal wöthentli h? in denn Huuptolatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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M IIzB. 
— 
Dieunstag den V. September 
187 
Deutsches Reich. 
Berlin, 4. Sept. D'ie von den Oberbehoörden ergangene 
Weisung, eine Beschränkung des Branntweinschanls zu förd en, hal 
in einzelnen Landestheilen zu Polizeiverordnungen geführt, in denen 
Folgendes festgesetzt wird: „Unerwachsenen (unter 16 Jahren) 
Handwerkslehrlingen und Leuten, welche ihrer Ge sleskrafte nich 
mächtig sind, darf von Branntweinverkäufern kein Braumwein vere 
obreicht werden. Ebenso gilt dies von bekannten Trunkenbolden, rüchsicht 
lich deren den Verkäufern eine obr'gkeitliche Weijung dereits ertheil 
ist. Den bezeichneten Persanen datf auch don Andern als Braunt 
veiid rtaufern, namentlics von Wirihshausbesuchern, kein Brannb 
wein vrabreicht werden. Diese Vorschriften sollen nicht nur vom 
eigentlichen, Branntwein“, fondern auch von den sonstigen gebrauten 
Wassern (deflillirten Getränken) gelten. Alle Branniweinberkäufer 
sollen die bezüglichen Polizeiordnungen in ihren Lokalen offen sicht 
dat ausshängen. Zuwiderhaudlungen dagegen werden, soweit keine 
höhenre Strafe auderweit angedroht ist, mit einer Geldstrase von 8 
24 9 Warl oder mit vertzätnißmäßiger Hait bestraft. 
Berhin, 6. Sept. Fürst Lodanoff. bisher rufsischer Bot⸗ 
schafter in Konstantinopel, ist auf den Londoner Boischafterposten 
berufen. Die ‚Voss. Ztg.“ bemerlt dazu: Die Bedeutung dieser 
Nachricht leegt darin, daß man darous iesen ainn: „Graf Schu⸗ 
waloff ist von seinem Botschafterposten in London embunden und 
nach Petersburg zurückzerufen.“ Schuwaloff ist don der öffentlichen 
Meinung längst als Nachsolger Gorischakoffs bezeionet; er ist eine 
diel zu rüst ge Kraft und steht im Verltauen des C'aren viel zu 
hoch, als daß an sein Zurücktreten in das Privaneben zu denken 
ware. Liegt da der Gedantke nicht nahe, daß für den alten Fursten 
Gortschateff die Stunde gekommen ist, von feiner Hoͤhe heradzu⸗ 
eigen? Oder gar die Vermuttung, daß Manxeuffels Mission den 
Wechsel in der Leitung der auswärtigen Angelegenhilen des russischen 
Reichs beschleunigt habe ? Qui vivra verra. — die Norddeuische“ 
schreidt: Graf Schuwaloff wird voraussichtlich zunächst ohne weitere 
dienstliche Stellung rach Nußland zurüdlehren und einen Platg im 
Reichsraih einnehmen. — Die „Nationalzeitung“ demerte Von 
der Art der Verwendung, welche Graf Schuwaloff nach se ner As⸗ 
berufung dom Londoner Boischafterposten fiuden, wird es abhängen, 
ob man darin einen Sieg oder eine Nederlage des Fursten Gort 
IIIX 
Berlin. Gerl. Tagbl.) In den russischn diplomatischen 
Kreisen ist man jetzt eifrig datran, Miutel und Wege zu finden, 
den Fürsten Gortschakoff mit dem Fürsten Bismard zu versöhnen, 
oder weniostens eine Zusammeulunft zwischen den beiden Kanzlern 
zu Stande zu bringen. Diese lehztere Evenmalität ift auch in der 
Umgebdung der beiden Monarchen, während der jüngsten Zusammen · 
tunft iun Alexandrowo, dielfach besprochen und die chdent. Vidglichkeit 
tiner Kanzler⸗Begegnung hervorgehoben worden, welche erst der 
— —— derlechen und auch die 
hffentliche Meinung der beiden Nachdarftaaken ein für alle Mal 
dberuhigen würde. Indessen bereitet dus Zustandebringen dieser 
Zanzler⸗Begegnung um so gioßere Schwierigkeiten, als es doch dem 
Fursten Gorijchatoff, weldder auf dem Rückwege aus dem Bade 
durch Berhin reisen wird, obliegen müßte, den deutschen Reichekanzler 
„aufzusuchen“, ein Schritt, der dem greisen Staalsmann laum 
leicht werden dürfte. Demgemäß erscheint auch deeses Artangement 
Vielen als unmöglich. Velleicht, daß in einem gewessen Zusammen⸗ 
hange m't dieser Angelegenhent auch die rashe Rückleht nach Berlin 
des rujsischen Botschafters, Herra d. Oubrl, steht, welcher schon 
deute (Dienstag) hier eiutreffen muß. Der Hert Botschafter pflegt 
sonst seinen Sommeraufenthait auf dem Lande auf eine bedeutend 
langere Zeit auszudehnen, dießmal aber lehrt er schnell und fast 
pmerwartet zurück, während sammtliche hiefigen Botschafts Palais 
doch dde und derlosstu dastehen. Möglich iß cu, boß Herrn d. 
Dudtil der Auftrag geworden ist, den Weg für aine demnäachstige 
Zusammenlunft der beiden Kauzlet zu ebnen. Es liegt außerhait 
seden Zwieifels, daß, wenn es dem Herrn Botschafter gelingen sollte, 
nt Versdhnung zwischen seinem hohen Chef und dem Fürsten Bit⸗ 
natck einzuleiten, dieses eins der grohten Verdienste sein würde, 
das er sich während seiner langjährigen Allreditirung am Berliner 
Hofe zu erwerben Gelegenheit gehabt. 
Auslaud. 
Es ist eine sehr bemerkenswerthe Thatjache, daß sich Fran!⸗ 
reisch bei dem jüngsten rusfischedeutschen Streite volllommen fern⸗ 
Jehalten hat. Die Franzosen haben einsehen gelernt, daß sie mit 
»en russischen Bestrebungen nicht fympathisiren können; von einen 
ufsisch jranzösischen Büadnisse haben wir Deutsche für lange Zeit 
nichts zu fürchten. 
London, 8. Sept. Lady Cavignari in Edinburg 
empfing gestern Abend ein Telegramm des Vezelönigs von Judien, 
neldend, ihr Gatte, Sekretär Jenchus, Dr. Kelly, Lieutenant 
Hamilton und die ganze Eskorte, bestehend aus 67 Mann, von der 
englisch eUGesandsjchaft in Kabul, seien nach verzweifelter 
Begenwehr getödtet worden. 
Rom, 7. Sept. Der ‚Courrier d'Italie“ versichert, daß 
eine Unterredung zwischen Bismard und Monsignor Jacobini in 
Bastein unter Wahrung des strengsten Geheimnisses wrotz aller 
Dementis stattgefunden habe. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 9. Sept. Johann Vitus Kämmel. 
19 Jahre alt, Tüncher von hier, wurde heute vor dem Geschwor— 
iengerichte zu Zwe:brücken, wegen Körperverletzung mit tödtlichem 
Srfolge zu einet achtjährigen Zuchthausstrakfe ver⸗ 
urtheilt. (Ausführl. Bericht solgi.) 
*Miederwürzbach. We bekannt, wurde dem hiesigen 
Ztandesbeamten wegen Führung der Standesregifter pro 1878 
ine Belobung — die fiedente seit der Wirlung des Lehrers 
B. Wolf als Gemeindeschreiber, seit 1871 — ertheilt. Darauf⸗ 
hiu bewilligse der h'iesige Gemeinderath gedachtem P. Wolf die 
Brat fikation von neunzi« Mort. 
T,Zweibruüucen, 5. Sept. Vor die Montag, den 8. Sept. unter 
dem Vorsitze des kgl. Appellationsgerichtsrathes Osihelder beginnen de 
—Aä — sind folgende 
Fälle zur Aburtheilung verwiesen: 
J. Montag, 8. Sept., Vormitiagt 8 Uhr: Verhandlung gegen Heinrich 
deck, 27 Jahre alt, ledig, Tagner von Mundenheim, wohnhaft zu Lud⸗ 
wigbhafen, wegen vorsätzlicher Körperverleßzung mit tödtlichem Erfolge. Ver⸗ 
reter der kgl. Staatsbehörde: Staatsanwalt Scherrer, Vertheidiger: Rechts⸗ 
andidat Engelhorn. 
2. Dienstag, 9. Sept. Vormittags 8 Uhr: Verhandlung gegen Johann 
Bitus Kimmel, 18 Jahre alt, Tuncher von St. Ingbert, wegen Körper 
»erlezung mit tödtlichem Erfolge. Vertreter der k. Staatsbehörde: Staats⸗ 
anwalt Peiri, Vertheidiger: Rechtsklandidat Goldmann. 
3. Mittwoch, 10. Eept., Vormittags 8 Uhr: Verhandlung gegen Katha⸗ 
cina Günteher, 20 Jahre alt, ledige Dienstmagh vom Nadterhof bei 
Reuleiningen, zuletzt in Grünstadi, wegen Kindsmords. Vertreter der k. 
Staatsbehörde: Staatsanwalt Scherrer, Vertheidiger: Anwalt Kiesjfer. 
4. Donnerstag, 11. Sept. und folgenden Tag: Verhandlung gegen 1. 
deinrich Hintei;, 18 Jabre alt, 8 Ludwig Gaubatz, 18 Jahre alt, 
3. Friedrich Staller 17 Jahre alt, 4. Christian Dauen hauer, 
20 Jahre alt, 5. Joseph Fren zel, 28 Jahre alt, 6. Ludwig Schnei⸗ 
der, 37 Jahre alt, sammtlich ledige Schuster in Pirmasens wohnhaft, 
wegen in Gemeinschaft verüeter Rothzucht. Vertreter der Staatsbehörde: 
Staatsanwalt Peitri, Vertheidiger noch nicht befümnu. 
5. Samstag, 13. Sept., Vormiltags 8 ühr: Verhandlung gegen Eli⸗ 
abetha Pfaff, 37 Jahre alt, gewer blose Wittwe von Daniel Goͤttel im 
Leben Felde und Waldschütze, von Breitenbach wegen vorsatzlicher Körperver⸗ 
letzung mit tödtlichem Ersoͤlge. Vertreler der K Siaatsbehörde: Staa van- 
valt Scherrer, Vertheidiger noch nicht bestimmt. 
F, Neust adt. Sonnadend Minag wurde die Geflügel⸗ 
and Obstausstellung im Saalbau eröffnet, die einen eben so sreund⸗ 
lichen wie interessanien Anbleck gewähet. 
fOppan, 5. Sept. Hier wurden in den letzten Tagen 
non einem Tabaksabrikanten größere Posten Dickrübenblätier zu 5 
Bf. das Kilo aufgelauft, die voraussichtlich als Emlage zur echten 
Pfälzer⸗Habanna verarbeitet, oder mit gutem Soandbiatt in schön 
edtuctten Pädchen vereint, als jenes unũbertreffliche Product in den 
dandel gebracht werden dürften, dessen schauerliches Aroma nicht 
»ios Schnalen, sondern auch startnervige Menschen zwingt, dem 
kaucher fünf Schritte vom Leibe zu dleiben. Auch in Eppftein 
wollte jüngst ein Tabalshändler Didcübendlätter auftaufen und be⸗