Full text: St. Ingberter Anzeiger

—EDD solgende wichtige Sätze her⸗ 
leiten und beweisen lassen sollen: 1) daß Kanäte bei geringen Trans⸗ 
bort⸗ Entfernungen — unter 80 bis 100 Kilometer —- mit den 
Eisenbahnen nicht konkurriren können; 2) daß auch bei weiteren 
Entfernungen die Transporte nur dann den konkurrirenden Eisen⸗ 
bahnen entzogen werden können, wenn sie in nächster Nähe des 
Kanaigebiets zur Verwendung kommen, also niht etwa am End⸗ 
punkte der Wesserstraße einer Umladung in Eisenbahnfahrzeuge zum 
Weilerversandt zu untkerziehen sind; 3) daß die Wasserfrachten im 
höchsten Maße schwanlen und oft piotzlich sogar um mehrere hundert 
jrozent aufe und abwärts gehen können, und 4) daß den Vor—⸗ 
heilen des Wasserwegs — wenn die Frachten niedriger find, als 
zie Etsenbahnfrachten — doch aud setzr erhebliche Nachtheile ent⸗ 
gegensteben. 
5chwurgericht der Yfalz. 
III. Quartal 1879. 
Zwelbruücken, 10. Sept. Verhandlung gegen Katharina GUn⸗ 
her, 20 Jahre alt, ledige Dienstmagd vom Nadterhof bei Neuleiningen, 
zuletzt in Grunstadt, wegen indesmords. Vertreter der k. Staatsbehörde: 
Staatsanwali Scherret; Vertheidiger: Anwalt Kieffer. 
Die Angeklagte genoß bisher den besten Ruf und galt allgemein als ein 
—2— undꝰ ordentliches Maädchen. Vorige Weihnachten trat fie bei dem 
ederhändler Karl Nahm II. in Grünstadt in Dienst und damals schon 
prach man davon, fie sei in andern Umsta den. Diesdezugliche Andeutungen 
ind Anfragen wies fie jedoch immer entschieden zurück. Am 15. Juni, fruh 
7uUnyr, gebar sie in einer Speicherkammer ihrer Dienstherrschaft. Anfangs 
Augneie sie entschieden, geboren zu haben, zeigte aber doͤch endlich ein todtes 
Zind männlichen Geschlechts vor, indem fie angab, dafselbe sei bei der Ge⸗ 
rurt auf einen Balken in jener Speicherkammer gefallen und sofort gestorben. 
Die gerichtliche Obduktion und Seltion der Kindesleiche ergaben sehr viele 
Verleßungen uud Hautabschürfungen an derselben, insbesondere aber einen 
ruch der Kinnlade, zwei Schädelsprünge auf, der rechten und linken Kopf⸗ 
seite und entsprechende Blutergüsse im Gehirn, Bruch von 6 Rippen u. s. w. 
Aus der Beschaffenheit und insbesondere aus der Menge dieser Verletzungen 
jieht die Antiage den Schluß, daß die Angaben der Angeklagten bezuglich 
e Todes des Kindes unrichtig seien, daß vielmehr wenigstens die meisten 
Rerletzungen vorsätzlich von der Angeklagten beigebracht worden seien. Die 
Aerzte — es war 'auch der hiefige k. Bezirksarzt als Sachverstaändiger geladen 
jprachen sich auf das Bestimmteste dahin aus, daß uͤnmöglich sammtliche 
Berietzungen durch den bei der Geburt alierdings möglichen Sturz verursacht 
worden sein tönnten. Die k. Staatsbehörde sprach entschieden für Schuldig⸗ 
jprechung und zwar ohne Annahme mildernder Umstände. Die Vertheidigung 
suͤchte darzuthun, daß die Aufftellung der Angeklagten doch mö licher Weise 
lichtig sein koönnie; Aerzte hätten fich schon oft geirrt und bei einem solchen 
Slturze könnten Zufälligkeiten eintreten, an die jetzt kein Mensch denle. Seiner 
Ansicht nach könnten alle Verletzungen recht gut einzig und allein durch den 
Sturz verursacht worden sein. Wenn aber nur die geringste Moöglichkeit dafür 
bestunde, dann dürfte kein Schuldig gesprochen werden. Sicherlich aber müsse 
man mildernde Umstände annehmen: die Jugend und Unerfahrenheit der 
Angeklagten, ihr ausgezeichneter Ruf, ihre Verlassenheit bei der Geburt, die 
sie uͤberrascht habe, das seien doch waͤhrlich Umstände, die geeignet wären, die 
That in eineni milderen Lichte erscheinen zu lassen. Die Geschworenen be⸗ 
Ihlen beide Fragen, nahmen also imildernde Umstünde an. Urtheil 8 Jahre 
s Monate Befängniß. Die Angekllagte hörte das Urtheil und die ein⸗ 
dringliche Ermahnung des Herrn Praͤsidenten unter Thränen an. versicherte 
aber immer noch ihre Unschuld. 
Zweibrücken, II1. Sept. Verhandlung gegen 1. Heinrich Hinkel, 
18 Jahre alt, Schuster, 2. Ludwig Gaubaͤtz, 18 Jahre alt, Schuhzuschneider, 
3. Friedrich Staller 17 Jahre alt, Schuster, 4. Christian Daueuhauer, 20 
Jahre alt, Schuster, 5. Joseph Frenzel, 23 Jahre alit, Schuster und 6. Lud⸗ 
wig Schneider, 37 Jahre alt, ESchuster, jammtlich ledig und zu Picmasens 
wohnhaft, wegen in Gemeinschaft verübter Rothzucht. Vertreter der k. 
Staatsbehörde: Staatsanwalt Petri; Vertheidiger: ad 1: Rechitskandidat 
Hexamer; ad 2: Rechtskandidat Rübell; ail 83: Rechtskandidat Engelborn: 
4, 5 und 6: Anwalt Rosenberger. 
Ein Altt wohl noch nie dagewesener Rohheit und brutaler Gewalt soll 
nach der Anklage in der Nacht vom 27. auf 28. Juli abhin, etwa eine viertel 
Shunde von Pirmosens von den obengenannten 6 Angeklagten in Gesellschaft 
eines gewissen nach der That flüchtig gegangenen Schusters Kaspar Gerst von 
Pirmasens an einem 18 Jahre alten, unbescholtenen Mädchen. das in Pir⸗ 
masens in Tienst steht und in jener Racht gegen 12 Uhr von einer Tanz⸗ 
musik vom nahegelegenen Ruhebankerhof zurüdkehren wollte, verübt worden 
sein. Selten hat sich unser Schwurgericht mit Verbrechen dieser Gattung zu 
beschästigen, dafür ist aber das heute vorliegende in unserer Strafrechtspflege 
vegen aller begieitenden Umstände wohl alleinftehend. Die Natur des Falles 
vderbietel es, naͤher auf den Thatbestand desselben einzugehen. Die Verband⸗ 
lung findet bei deschloñ⸗nen Thüren statt. 
Permischtes. 
g. Der Schlußternin der Annahme von Inseralen für den in 
einer ersten Auflage von 5000 Ex⸗mplaren ‚erscheinenden Katalog 
der pfälz. landwirthschaftlichen Ausstellung 
zu Kaiserslautern ist auf den 24. September nächsthin jestgesetzt. 
Dee Wteise der einzelnen Inseate berechnen sich für: 
1240 Stite auf 20 M. 
.11 
— — 6 — 
Eine andere Seiteneintheilung für Inserate kennt det Kalalog 
nicht. Wird die Beigabe don Cliches vetlangt, so sind solche bei 
Finsendungen der Inserate beizulegen. In letzterem Falle dürfte 
es sich für die Inserirenden sehr eimpjehlen, nicht zu spärlichen Kaum 
für das Jaserat zu verlangen, da dei etwas größerem Raum durch 
geschicktes Arrangement, allenialls fonstige geschmockvolle Ausstattung 
und die dadurch bedingte gunstige Psasentation der Annonce der 
mas arößßere Kostenbetrag mebe? als aufgewozen wird 
Oggersheim, 9. Septbr. Der Bruder des hiefigen 
dlosters, weicher, wie wir bereits gestern meldeten, das Unglüd 
aut⸗, in den Keller zu ftürzen, ist schon nach wenigen Stunden 
cinen hiebei erlinenen Verlezungen erlegen. (F. 8.) 
P'Frankenthal, 9. Septbr. Heute Vormittag gegen 
1 Uhr wurde der frühere Bahnwart und jetzige Arbeiter der 
zühnle'jchen Maschinenfabrik, Joh. Ober von Veindersheim, von 
inem feeren Eisenbdahnwagen überfahren und war sofort eine Leiche. 
zwei leere Eiseabahnwagen waren von der Locomotive in den 
Schienenstrang, welcher die Fabrik mit dem Bahngeleise vecbindet, 
Jesloßen worden. Um nun die Wagen in ihrem Lauf plötzlich ein⸗ 
uhallen, schob der Verunglückte eine eiserne Röhre zwischen die 
Spangen eines Vord rrades und einen festangemachten Theil des 
Wagens. Durch die Gewalt des Anpralles wurde — so nimmt 
nan' aun — der Unglücliche von der Roͤhre am Kopfe, wo die 
Zeiche eine Verl⸗tzung zeigte, getroffen und fiel betäubt rücklings 
imer das Hintertad des Wagens, das ihm über die Brust ging 
ind seinen fofortigen Tod deranlaßzte. Der Verunglüchte war ver⸗ 
reirathet und Viter von vier Kindern. (Frlih. 3.) 
f Weißenburg, 5. Sept. Dem dahier und in Bitsch 
garnisonirenden 60. Infanterieregiment sind sehr betklagenswerthe 
Jaglückzfälle zugestoßen. Am 21. v. M. deilor es auf dem Marsch 
von Bitsch nach Lembach 2 Soldaten durch Hitzschlag und bei dem 
jesiern in der Nähe von Hagenau stattgehabten Beigademanðver 
tarb ein Unterofiz'er am Herzschlag. 
Straßbuürg, 10. Sept. Gestern Morgen fand ein 
daufnannsledtling auf der Straße einen Werthbtief von 7800 M., 
zen ein Ausläufer der Boden⸗ und Communalcreditbank verloren 
atte. Der ehrliche junge Manu überlieferte den Fund sofort der 
holigei, welcher der Eigenthümer bereits belannt war. Nur m't 
Mühe konnte man den Finder bewegen, eine Belohnung von 200 
MN. anzunehmen. 
f'Mannheim, O9. Sept. Gestern tagte dahier im Gast⸗ 
ofe zum „Pfälzer Hof“ eine große Zihl E sen Industrieller rhein⸗ 
fälzer, rheinhessischer, rhein preuß schet, westphälischer, hessen; nafsau⸗ 
scher, dahrischer und elsässijcher Bezirke. Die bedeutendsten Pro⸗ 
ugenten der genannten Branche waren vertreten. Gegenstand der 
Zerathungen war die Luge des Geschäfts und die Preise der 
xisenprodukle. Die Versammlung beschloß eine Preiserhöhung von 
2 M. pro 100 Kilo für E sengußwaaren eintreten zu lassen. 
p' Die großte Cigarrenfabrit im Amisbezirk Wiesloch 
Großh. Baden) wurde jüngst von ihrem Besitzer geschlossen, weil 
r sich einer Erhöhung der Steuereinschatzung nicht unterziehen 
vollte. Hierdurch verlieren eiwa 150 Arbeter ihren bisherigen 
Verdienst, was sie und ihre Angehörigen dermaßen in Auftegung 
grachte, daß sie sammiliche Fensterscheiben der Fabrik einwarfen. 
De. Friedrich Kapp hat sich zum Besuch nach den Ver⸗ 
inigten S aalen zurückbegebhen. Ein her,licher Empfang duürft 
hm daselbst gesichert sein, denn unvergessen bieibt sein segensreiches 
Wirken füt den Rechtsschuz unserer in Ametika einwandernden 
Laudsleute. 
f Aus Mittelfranken. Ein in Hainefarth bei Det 
singen geborener Israelite Namens Ries hatte seinem Geburtsort 
in Legat von 40,000 Mk. vermacht, welche Summe dicser Tage 
n zwei Wechseln aus Amerika eintra. Dem Testament des Ver⸗ 
dordenen geinäß follen 30,000 Vit. der politiichen Gemeinde 
Hainssatth zu Armenunterstützungen und zur Erbauung eines Ar⸗ 
nenh nuses zusallen; die übrigen 10,000 Mt. gehören der ijtaelitischen 
Tultu? gemeinde zu Cultuk zweden. (Fikth. 3.) 
f'Landshut, 8. Sepibr. Gestern Abend gerieth der erfl 
eit 3 Wochen verheirathete Müller Jos. Vauer von Schönbrunn 
»i'm BViet mit einem schweren Reiter (Kürassier) in Streit; mar 
ʒeswimpfte und mißhandelte sich gegenseitig, wie das so üblich, und 
auf der Straße, auf dem Heimweg, erstach dann der Reiter seinen 
Begner. (K. f. N.) 
4 Bayreuih. Deie Behötde der Stadt Bayteuth ver 
iffennucht eine Tadelie, welche einen Zeitraum von 12 Jahren 
umfaßt und die Korn⸗e, Brode, Bieh⸗ und Fleischpreise vor und 
zad Aushebung der Biod⸗ und Fleijchtoxe zusammenstelll. Dit 
Tadelle zeigt, daß die Aufhebung der Polizeitaxe das Btod und 
ats Fleische um 80 bis 50 Prozent vertheuert hat. Hoffentlig 
vird die stets zunehmende Versendung des norddeutschen Rogger 
oden und der ameritanischen Fleischeonserven dem Monovol. dat 
Jeißt der Wlkür, ein Ende machen. 
f In München hat der vor einigen Tagen in den Ruhe⸗ 
darddersetzte Bezitksgerichtsrath Hutter jeinem Leben durch einen 
Schuß ein Ende gemacht. 
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lich schwerer Ungillksfal zu, welchet die gan e Stadt mit inniget 
Theilnahme erfuüͤllt. Es fuhr nümlich gestern Nachm'ttag der 
7jahrige Sohn des hiesigen Kaufmanns B. mit seiner 14jahrigen 
Schwesser und einer Tochter des Appellationsraths Kr. von gleichem 
Ainte inem Kabne auf det Allet umder. Der Khan schlug um 
ind alle drei Insassen erttanken. So sanken in einem Auaenblid