Full text: St. Ingberter Anzeiger

zu diesem Geschichtswerk bilden die ebenfalls in vielen französischen 
Schulen verbreiteten, in den letzten Jahren erschienenen Landkarten, 
in welchen Elsaß Lothringen immer unoch zu Frankreich gerechnet ist. 
GBGlückbringend! In der Rue du Faubourg⸗ Mont⸗ 
marire zu Paris hatten sich am jüngsten Sonntag gegen 10 Uhr 
Abends mehrere Wagen derartig verfahren, daß eine Verkehrestod⸗ 
ung entstand. In dem Menschenknäuel, der sich zusammendrängte, 
befand sich eine ältere bucklige Dame und neben dieser ein Straßen⸗ 
iunge. Was that der infame Lümmel? Er strescht der alten Daun 
mit der Hand über einen Theil des Korpers, der zwar eine Aus 
eichnung, aber keine Zierde für sie bildete. Voll Wuthz drehte die 
Alte sich um, Feht aber nicht den Jungen, der sich in der Menge 
derstect hat, sondern einen hinten ihr stehenden Heren, den sein 
Lächeln als den boswilligen Spaßmacher verräth und dem sie ohne 
Weiteres eine mächtige Ohrfeige applizirt. Der Geschlagene ist 
außer sich, er holt mit dem Spazierstock aus, die Alte bückt sich 
jedoch, und ihr Nachbar rechts, ein harmloset Bourgesis, belommi 
den Hieb, der ihr gegolten, mitten in's Gesicht. Diese ganze Siene, 
die in ihrer drastischen Wirkung lebhaft an gewisse Circus- Panto⸗ 
mimen erinnerte, spielte sich in zwei Selkunden ab. Die Umstehen ⸗ 
den schüttelten sich natüclich vor Lachen, während die Nächstbethei⸗ 
ligten, guf deren Kosten sich diese allgemeine Heiterteit eutwickelte, 
dadurch noch mehr in Zorn gesetzt wurden und eine regelrechte 
Keilerei? zu Dreien aufführten, die erst endete, als ein Paar Po⸗ 
zisten interdenirten und die Kombattanten nach der Polizeiwache 
in der Rue Drouot mitnahmen. Der Anstifter des Skandals, der 
Hassenjunge, gab verdnügt grirsend den Arrestanten das Geleit, 
hat abder, als ob er nie ein Wässerchen getrüdt hätte. Da kein 
herer Beamter auf dem Wachtbüreaun anwesend war, so wurden 
zie Ruhestörer Behufs späterer Vernehmung einfach eingestickt und 
jerbrachten die Nacht im Polizeigewahrsammn. Am Montag früh 
sührte man sie vor den Kommissär und eben sollte das Verhör de⸗ 
zinnen, als der Gaimin im Bureau erschien und halb lustig, halb 
ingstvoll seine Unthat am vorigen Abend eingestand. „Veifl.... 
Lümmeh,“ suhr der Beamte ihn an, „wie iommst Du auf solche 
jaule Witze?“ „Ja, Herr Kommissär“ antwortete der Schlingel, 
„sehen Sie sich die Dame mal von hinten an! Sie wissen doch, 
wenn ma da 'rüber streicht, Das bringt Glüd.“ Die drei 
Oper dieses Aberglaubens konnten sich selbst des Lachens nicht er⸗ 
wehren, und da sie unter einander auf die Stellung von Siraf⸗ 
anträgen wegen Mißhandlung verzichteten, so ließ auch der Polizei⸗ 
ommissär es hinsichtlich des Straßenstandals bei der schon erlittenen 
Strafe bwenden. „Sehen Sie wohl,“ sagte der Straßenjunge zu 
den Entlassenen, „Sie haben immer noch Glück!“ 
7Petersburg, 153. Sepibr. (Ländlich, sittlich) In 
Zarskoieselo hatte kürzlich ein Mann seine Frau wegen Trunlsucht 
an die Kette gelegt und war deshalb in Untersuchung gezogen 
worden. Wie die „Neue Zeit“ hört, hat die Frau in der Unter⸗ 
juchung ausgesagt, zwischen ihr und ihrem Manne bessände eine 
Abmachung, daß der betrunkene Theil von dem nüchternen an die 
stette gelegt werden dürfe. Von einer Gewaltthat oder widerrecht⸗ 
lichen Freiheitkentziehung könne gar keine Rede sein. Wier an die 
steite lommt, erhält neben sich gestellt ein wenig Branntwein mit 
einem Imb ß. Die Kette wird abgenommen, sodald der Gefesselte 
aüchtern geworden ist und um Befreiung bittet. 
F Edison, der Unermäüdliche, hat eine neue Vor⸗ 
richtung geschaffen, welche die Anwendung des Telephons zu verall⸗ 
jemeinern verspricht. Am 1. September hat er vor dem wissenschaft ⸗ 
ichen Verein in Saraloga Proben abgelegt, welche die kühnsten 
Erwartungen übertrafen. Ohne Benutzung von Schallhörnern waren 
die in großer Entfernung gesprochenen Worte oder gesungenen Lieder 
zen tausend Anwesenden çanz ebenso deutlich, vernehmbar und llar, 
als ob die Sprechenden und die Sänger in demselben Zemmier ge⸗ 
vesen wären. Edison war ehrlich genug zu erllären, daß er s.idst 
aech nicht recht wisse, worauf er dieses großartige Resultat zurück 
zusühren habe. Judessen habe er zuauchst den Ersolg zu konsialiren 
und werde sich nan bemühen, seine Vordidingungen sestfustellen. 
F Die Selbstmörder scheinen in muester Zeit darcuf 
versessen zu sein, in möglich origineller Weise aus dem Leden zu 
cheiden. So wird aus Edmsa dlham ein ungemein absonder⸗ 
licher Selostmotd gemeldet. Die beiden Vauerssoöhne und Brüdet 
Florian und Franz Hoffinger hatten bereits vor drei Jahren um 
die Gunst der Bauerdirne Maria Fiebinger sich beworben. Die 
Fiebinger verl'ebte sich in den älteren Bruder Florian, uuterließ es 
aber nicht, als dieser zum Militär abgestellt wurde, d'ie Lebe an 
einen Bruder Franz zu übertragen. Vor drei Wochen kehrie nun 
Flotian in seinen Heimathsort zurück und sein erster Gang war zu 
einer vermentlichen Geliebten. DTer Empfang, der ihm dereilet 
vurde, ließ für Ftauz das Schlimmste befürchten. Franz bestürmte 
das Madchen, ihn icht unglüchlich zu machen, er werde, falls fie 
den Bruder in der Liebe vorziehen sollte, zum Selbstmorde seine 
Fuflucht nehmen. Umsonst — das Mädchen hatte für ihren ein⸗ 
sigen Gelicbien aue Worte des Spoites. Als nun am deiflossenen 
Sonnabend Abends der Vursche ahermals um die Fortsetzung der 
hela anischaft die Fiebinger anging, sprach diese zu üahm ˖ „Geh, 
du Feigling, sprichst immer von Selbstmord und traust Dich nicht, 
enselben auszuführen, spring einmal in die Salzach, es ist fo nicht 
chade um Dich.“ „Das werde ich wohl nicht thun,“ anlwortkere 
er Bursche, „ich werde aber einen Selbstmord ausführen, über 
velchen Dir die Hagre zu Berge steigen werden.“ Sprachs und 
nifernte sich. Sonntag Morgens, als seine Eltern und Geschwister 
n die Kirche gegangen waren, führte er ein junges Pferd aus dem 
5talle, befestigte einen langen Strick an demselben und nachdem er 
ich selbst das Ende des Sirickes um den Leib gebunden hatie, legte 
reinen glimmenden Schwamm in eines der Ohren des Pferdes. 
Ddas arme Thier lief vor Schmerzen über Berg und Thal, Wald 
ind Wiese, den bedauernswerthen Burschen hinter sich ziehend, bis 
s an den Seelirchner See gelaufen kam, in denselben sprang und 
den Selbstmörder mit hineinzog. Sowohl das Pferd, als auch der 
hredlich zugerichtele Leichnam des Franz Hoffinger wurden noch im 
daufe desselben Tages aus dem See gezogen. 
fVon ärztlichet Seile wird neuerdings darauf aufmerksam 
jemacht, daß das Seilspringen, belkannilich eines der be— 
iebtesten Spiele der Kinderwelt, vorzuzsweise der Mädchen, für die 
vesundheit überaus gefährlich isft. Nicht allein daß durch das Ein⸗ 
uhmen des bei den Uebungen mössenhaft aufgewirbelten Staubes 
ie Lunge sehr bedroht wird und die fottwährenden Ssoße der Füße 
jegen den harten Boden höchst nachtheilig auf das Nervben system ein⸗ 
virken, werden auch durch diese Art des Springes chronische Ge⸗ 
)irnerschütterungen erzeugt, und bei zarten Kindernaluren kann Ge⸗ 
rnentzundung in bedenklicher Form auftrelen. Ebenso sind in 
rolge genannter Bewegungen Foͤlle von Darmverschlingungen kon⸗ 
tatirt worden, die meist tödtlichen Ausgang nahmem, ünnte diesen 
Imständen kann nicht eindringlich genug vor dem Seillpringen ge⸗ 
vatnt werden. 
rKechts⸗Scchutz.“ Unter diesem Titel eischeint seit 
Januar dieses Jahres in Berlin ein freisinniges Organ zur 
wpuldren Beurtheilung richterlichter Enischeildungen und zur Be⸗ 
brung und Auftlärung auf dem weiten Gebiele des Rechtswesens. 
dieses Blatt hat sich die hohe Aufgabe gestellt und nach den bis 
eßt erschienenen Rummern auch zu losen derstanden, nicht nur die 
n das Justizgebieie einschlagenden Gesetze mit außerordentlicher 
dlarheit zum vollsten Verständniß für das gesammte Publicum zu 
eleuchten, Licht⸗ und Schaltenseilen derselben gebührend hervorzu⸗ 
eben, sondern auch die Thätigkeit des Richters durch sachgemaͤße 
dritik seiner Handlungen und Entscheidungen zum Segen sür die 
hechtsprechung zu controlliren. Außerdem bietet die belehrende Be⸗ 
intwortung der verschiedenartigsten Änfragen auf allen Rechtsgebieten 
inter der Rubrik Rath⸗ und Austunfto Ertheilung“ einen großen 
„chatz zur Hebung der Rechtskeuntniß im Volke und giebt den 
desern Gelegenheit, sich über die heitelften Rechtsfragen eine sachge⸗ 
naße Auslunst zu verschaffen. Auch für ein gediegenes Feuilleton 
ius den Aunalen der Criminaljustiz ist besten⸗ gesorgt. Wir em⸗ 
fehlen daher das Abonnement auf dieses Blattum so angelegent⸗ 
icher, als mit Rüchsicht auf die zahlreichen und durchgreifenden 
lenderungen in unserer neuen Justizorganisation eine Informirung 
des Publikums unumgänglich nothwendig ist und als eine noch 
beitete Veröreitung desselden e'nen immer heilsameren Einfluß auf 
die richterliche Thaͤtigkeit gewinnen muß. Der Preis von M. 1,50 
pro Quartal, — wohür dasselbe sowohl durch jede Buchbandlung 
als durch die Post zu beziehen ist — ist ein so billiger, daß Jedem 
Belegenheit geboten wird, sich diese so wer' hvolle Zeitschrift zu hatten, 
aczhalh zu hofsen ist, daß der „Rechts⸗Schutz“ bald in teinem Hause 
feblen wird— 
Gemeinnütiges. 
Der Apfel aus dichtiges Nahrungsmittel. 
Sorgfältig ausgeführte Analysen haben ergeben, daß der Apfel eine 
iel größere Menge Phothpor enthält als irgend eine andere Frucht 
der ein Gemüse, und daß daher diese Fruchtgattung den geistig 
ingestrengten, eine sitzende Lebensweise führenden Menschen zum 
Benusse seht empsohlen werden kann, umsomehr, als sie außer 
Bhesphor (Gedicnfutter) gewisse Säuren enihalt, die vor Gelbsuckt, 
3cblaflosiaken und Hautkrankteiten schützen. 
Moarssitberichte. 
Zweibrücken, 18 Septbr. (Fruchtmitteipreis und Bictualienmarkt. 
Beizen 10 M. 09 Pf. Korn 7 M. 92 Pf. Gerste zweireihige d M. — Pf. 
ꝛierreihige ß6 M. 50 Pf., Spelz 6 M. 22 Pf., Spelzkern — M. — Pjf. 
dinkel — M. — Pf., Mischfrucht 8 M. 27. Pf., Hafer 6 Mss vij, 
erbsen — M. — Pf., Wichen O M. — Pf., Kartoffeln 2 M. 40 Pf. 
den 8 M- 20 Pf., Stroh 2 M. 20 Pf., Weißbrod ün, Kilogr. 52 Pf, 
dornbrod 8 Kilogr. 73 Pf., 2 Kilogr. 49 Pf., UKilogr. 25 Pf Gemisci⸗ 
rod 3 Kilogr. 89 Pf., das Paar Wech 109 Gr. 6 Pf. Rindfleisch T. Quai. 
'9 Pf. U. Qual. 50 Pf. Kalbfleisch 0 Pf. Hammelfiiich 80 Pf. Schweinefleisch 
8 Pf. Buttet/⁊ Kilogr.O M. 95 Pf. Wein 1 Liter do Pf.Viet JLiter 24 Pf. 
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