Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal woͤchentlich) mit dem Hauotolatte verbundene Unterhaltungsblatt, Sonntags mit illustrirter Bei— 
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AM 16. Dienstag, den 28. Januar 
18579. 
Deutsches Reich. 
München, 24. Jan. Dem Vernehmen nach hat zwischen 
einer Anzahl Abgeordneten von beiden Kammerparteien heute eine 
vertrauliche Besprechung über den Eisenbahngesetz⸗ Entwurf stattge⸗ 
funden und soll es gesungen sein, über die zu erbauenden und in 
den Gesetz-Entwurf einzusiellenden Linien eine Verständigung zu er⸗ 
ielen. 
Mäunchen, 25. Jan. Die Eisenbahnlinien, über welche 
sich eine Anzahl Abgeordneter aus beiden Kammerfraktionen ver⸗ 
ständigte, würden, wie man dernimmt, für das nächste Jahr einen 
Bauaufwand von 88 Millionen Mark erfordern. 
Man telegraphirt der K. Zia. aus Berlin vom 24. d.: 
Es datf als sicher angesehen werden, daß die Reichsregierung dem 
Reichsstage abermals eine Vorlage überanderweite Besteuerung des 
Tabaks unterbreitet wird, und zwar dem Anscheine nach der Richt⸗ 
ung der im vorigen Jahre abgelehnten Vorlage. 
Das B. Tagebl. meldet: In Frankreich fängt man an, gegen 
die Squz ollströmung zu reagiren, welche sich auf dem Konlinent 
Furobas seit Jahresftis so hervordrängt. Unser Pariser CKorre— 
spondent meldet, daß ein langer und Aufsehen erregender Artkel 
des Journal des Débats den Vorschlag macht, man möge eine 
mittel europäische Zoll⸗Union. nach dem Vorbilde des in Preußen 
einft für Deutschland gestifteten Zollvereins, ins Lehen rufen. 
Wenn diese Idee, welche der Volkswirth des augesehensten fran⸗ 
zoͤsischen Blattes unter das Publikum warf,, ihten Weg macht, so 
muß sie für unser Aller Zukunft von der weittragendsten Bedeut⸗ 
ung sein und es wäre wohl zu wünschen, daß auch deuische kom⸗ 
petente Maͤnner sich über die Lebensfaͤhigkeit dieses verlokenden und 
destechenden Planes äußerten. 
Die Eisenenquetekommission hat die Feststellung ihres Berichtes 
an den Bundesrath beendigt und zwar ohne Anträge bezüglich der 
Wiedereinführung der —ALI 
* In einem Kommissionezimmer und in den Restaurations⸗ 
tdumen des preuß. Abgeordnetenhauses fand dieser Tage eine 
Btobe mit elektrischer Bereuchtung statt. Dieselbe soll zur allge⸗ 
Jemeinen Zufriedenheit ausgefallen sein. 
*Wie das Berl. Tgol. hört, haben von den preußischen 
Universitäten nur Greifswald, Kiel um Koͤnigsberg sich für Zu⸗ 
assung der Realschulabiturienlen zum Studium der Medizin aus⸗ 
gesprochen. ä 
Unläßlich der letzten päbpsllichen Encyklila gegen den Sszialis⸗ 
mus und Communismus sollen im Vatikan Drohbriefe aus ver⸗ 
chiedenen Theilen Europas seiteng der Internationalisten und 
Sozialisten angelangt sein; es wird versichert, der Vaukan werde 
dMese Briefe zur Kenniniß der interessitten Regierungen bringen. 
So meldei das Woiff'sche Büreau aus Rom und wir müssen dem⸗ 
jelben die Verantwortung überlassen. 
Ausland. 
Paris. Die „Republique francaise“ meldet, daß die 
Armeecorps:Commandanlen Genetale Bourbati, Bataille, Ranson 
and Lartigue ihrer Commandos enthoden ad zur Dieposition ge⸗ 
stellt seien. (Es ist dies ein Zugestandniß des neuen Kriegs— 
ministers an die Republilaner, denen die nonarchistische Gesinnung 
dieser Generale laͤngst ein Dorn im Auge war.) 
Paris, 26. Jan. Die „Agence Havas? meldet aus Pera 
om 25. d.: Der Sultan ist krank. 
Londonu, 26. Jan. Nachrichten aus der Kap Kolonie vom 
Januar bestätigen, daß der Krieg der Engländer mit den Zulu⸗ 
caffern beschlossen ist. Die Eröffnung desselben sollte am II dse. 
—X 
Anlaßlich des berorstehenden baldigen Abmarsches der rusuͤschen 
Armee ist nach der „P. C.“ von General Tolleben der Befehl 
an die betheiligten Lommandanten ergangen, die Abrichtung der 
Diliztruppen in Bulgarien und Kumene, mit gedßter Euergie zu 
deschleunigen. Hiemit steht wohl im Zusammenhange, daß fort⸗ 
wdaͤhrend neue Aushebungen von Mannschaft stattfinden. Die ein⸗ 
gerückten Relkruten werden einem monatlichen Abrichtungsturnus 
merzogen und dann je nach Umstanden theils beutlaubt, theils 
noch einige Wochen zur Uebung in größeren Rorpern zurückbehalten. 
Man schaͤtzt die tis heute einexerirte bulgarische Mannschaft auf 
100,000 Mann. 
Bermischtes. 
*Si. Iungbert, 28. Jan. Die gestern Abend stattge⸗ 
habte Generalversammlung des Arbeiterbdildungsber— 
ein s behufs Neuwahl der Ausschusses und Ablage der Rechnung 
ür 1878 war ziemlich zahlreich besucht. Die bisherigen Pitglieder 
des Ausschusses wurden sämmtlich wieder gewählt. Aus der Jahres⸗ 
rechnung pro 1878 theilen wir mit, daß das Vermögen des Ver—⸗ 
eins an Depositengeldern orschußberein), Mobilien und Bulchern 
etwas über 1000 Mark beträgt. Einen ausführlichern Bericht über 
die Thätigleit des Arbeiterbildungsvereins im abgelaufenen Jahr 
werden wir in naͤchster Nummer oringen. 
f Warnend machen wir das Publicum darauf aufmerksam, 
auf die eingeschriebenen resp. mit Geldwerth deklarirten Vriefe nicht 
wie allgemein üblich, einen in das Auge fallenden dicken Strich 
— zu ziehen, da schon mehrfach borgetkommen, daß 
ziese geschlossene Kinie Veranlassung zu einem derbrecherischen Er 
jffnen des Briefes gegebden hat, indem mit einem feinen Messer 
dem Steiche entlang gejchnitten und der Inhalt beruubl worden, 
dann wieder zuzellebt und der Tintenstrich nachgezogen ist. 
Bar keinen Strich zu machen, ist indeß ebensowenig empfehlenswerth, 
da die vorbeschriebene Manipulation sich eben so gut vornel men unb 
alsdann durch eine gezogene dicke Linie verdecken läßt. Am besten 
st demnach einen Strich in Schlangenwindungen zu machen. 
FVersicherungswe sen. Weiche achtunggebietende 
Stelle die Lebensverficherung heute im wirthschaftlichen Leben der 
Jroßen Kulturvöͤller einnimmt, zeigt das von Jahr zu Jahr um 
diele Millionen wachsende Versicherungskapital der Lebens-Versicher⸗ 
angs-Anstalten. Am Schlusse des Jahres 1877 waren bei den 
52 Deutschen Gesellschaften 2,813910 Mill'onen Mark, bei 109 
Englischen Gesellschaften 7,907 810 Millionen Mark, bei 13 Fran⸗ 
ͤsischen Gefellschaften 1,2998/10 Millsonen Mark, bei 34 im Staate 
New York zugelassenen Ameritanischen Besellschaften 6,224 10 Mill. 
Marke, bei allen Geselschaften dieser vier Länder zusammen 
17,9452/10 Millionen Mart Kapitalien auf den Todes und Le— 
zensfall versichert. Von dem gesammten Versicherungsbestande der 
32 Deutschen Gesellschaften fallen auf die einzelnen Deutschen Ge⸗ 
ellschaften sehr ungleiche Antheile; j. B. der größten Preußischen 
Besellschaft, der »Ger'mania: in Stettin, gehoͤrten Ende 1877 
allein 126,098 Personen an, auf deren Leben bei dieser Gesell⸗ 
jchaft Kapitalien im Gesammtbetrage von 220,504 303 Mark und 
127,48868 Mart jährliche Rente dersihert waren. 
tDie bayerische Armee ist in der dem Reichsmilitär⸗ 
etat beigegebenen Uebersicht über die Etatsstärke des deumschen Heereß 
aufgeführt an Infanterie bei 18 Regimentern mit 1053 Offizieren, 
80,033 Mannschaften, 108 Miliärärzten, 87 Zahlmeiflern, 54 
Büchsenmachern, an Jägern bei 4 Bataillonen ma72 O firieren, 
2204 Mannschaften, au Kovallerie dei 10 Regimentern mit 256 
Difisieren, 7182 Mannschaften, 6890 Dienstpferden, die dayerische 
Artillerie⸗, Pionier⸗ und Trainslärke ist nicht besonders hetausge⸗ 
hoben. In besonderer Formalion zählt Bayern 87 Offiziere, an 
nicht regimentirten Offigseren 290. 
F(Aus dem Gericht sfana de.) Der 21 Jahre alte Stein⸗ 
hauer Peter H. von Oberwüuͤrzbach kam am Abende des 22. Sept. 
adhin mit einem Mädchen in die Becker'iche Wirthschaft allda. 
Eiwas später kam der 20 Jahre alte Tagner Heinrich H. von 
Doderwürzbach, ein entfernter verwandler des Peter H., ebendahin. 
Als er den Letßteren dei dem Madchen, um dessen Gunst er sich 
schon früͤher, aber vergeblich, beworben hatte, sißen sah, fing er, 
von Eiferfucht geplagt, sosort über die Familie des Peter H., der 
sich ganz ruhig vechieit, zu schinpfen an, jerschlug einige Glaͤser 
und benahm sich so ungeberdig, daß einige anwefende Gaͤste ihn 
padten und voc die Thüͤr zu schaffen fuchten. Es gelang ihm 
iber, sich von diesen loszureißen, worauf ecr auf den ahnungtlos 
dastehenden Peter H. zusprang und diesem mit kinen Messer, das