St. Ingberler Anzeiger.
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M 157. Samstag, den A. Oktober
Fgi
SAIbonnemenls auf dieses Blatt für das vierte
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Augsburg, 1. Oct. Der „Allgem. Zig.“ wird aus
Baden⸗-Baden von heute gemeldet: Den durch eine Wiener Korre⸗
pondenz der „Times“ verbreiteten Gerüchten gegenüber, welche den
russischen Reichkkanzler Gortschakow nach Berlin zu einer Jusammen⸗
kunft mit dem Reichskanzler Fürsten Bismarck ressen lassen, erfahren
wir aus bestetr Quelle, daß Fürst Gortschakow keineswegs beabsichtigt,
in nüchster Zeit Baden⸗Baden zu verlassen, sondern bis Ende Ro⸗
bember hier zu verweilen gedenkt.
Leipzig, 1. Oct. Heute Mittag fand die feierliche Eroͤff⸗
nung des Reichsgerichts in nichtöffentlicher Sitzung in der Auͤla statt;
die Stadt ist anläßlich der Feier reich mit Flaggen geschmückt.
Straßßburg, 380. Sepi. Reichstagkabgeordneier Schnee—
jans ist nun wirklich zum Ministerialrath in der neuen Verwaltung
?Usaß⸗Kothringens mit einem Gehalt von 9000 M. ernannt. Man
»arf darauf gespannt sein, welche Lobreden die französischen Blälter
dem ehemaligen Deputirten in Bordcaux nun halten werden. Graf
Wilhelm v. Bismarck, zweiter Sohn des Reichskanzlers, welcher seit⸗
her als Hilisarbeiter im Cabinet seines Vaters beschäftigt war, ist
nun als Hilfsarbeiter unserem Statthalter v. Manteuffel beigegeben.
Straßburg, 1. Oct. Der Generalfeldmarschall v. Man—
truffel, Statthalter von Elsaß-Lothringen, ist soeben um 920 Uhr
mnit dem Schnellzuge von Basel kommend hier eingetroffen und
vurde am Bahnhofe von dem Polizeidirektor v. Saldern und dem
Bürgermeiste eiverwalter Back empfangen. Se. Excellenz bestieg als
ald einen Wagen und machte dem kommandirenden General v. Fran⸗
ecky uud hierauf dem Staatssekretär Herzog einen Besuch und fuhr
alsdann in das Schloß.
Straßburg, 1. Oct. Der Statthalter, Generalfeldmar—
schall v. Manteuffel, erläßt folgende Ansprache: Ich trete das Amt
als kaijerlicher Statthalter in den Reichslanden, das Se. Majestät
nir zu übertragen Allergnädigst geruht haben, mit dem heutigen
Tage an und bitte Gott um Kraft, dasselbe zum Ruhme des Reiches
und zum Wohle von Elsaß-Lothringen zu üben.
Wie man der „Magd. Ztig.“ schreibt, dürften sich Oesterreich⸗
Ungarn und Deutschland zunächst üder einen Zwischentarif verstãn⸗
digen, über dessen Grundzüge man bereits einig geworden sei. Die
heiderseitigen Kommissare, welche die bezüglichen Verhandlungen
ühren sollen und im Laufe dieses Morats zusammentreten werden,
ind bereits ernannt. Ob und welche Ausdehnung die zu treffenden
Vereinbarungen auf einige andere, Oesterreich, Ungarn benachbarte
Staaten zu finden haben würden, darüber wäre nach den —A
uingen der „Magd. Zig.“ bis jetzt noch gar nichts bestimmt, es
scheint, daß man in dieser Beziehung über die ersten Andeutungen
noch vicht hinausgekommen ist. Man soll diesseits zu ziemlich weit⸗
Jehenden Konzessionen an Oesterreich bereit fein, selbsiverstndlich
jedoch auf volle Gegenseitigkeit rechnen.
Ausland.
Paris, 27. Sepibr. Der militärische Berichterstatter der
„Repudlique francaise“, welcher den Manövern im Elsaß beige—
dohnt hat, schließt seine Studie mit folgendem zusammenfassenden
Uriheil: „Die deutschen Truppen, welche ich vierzehn Tage lang
in und bei Straßburg, in Zabern, Obernai, Hochfelden, Brumatt
uind Metz sowohl in der Gacnison, als auf den Manbpern beob⸗
achtet habe, sind Alles in Allem sehr schör. Ohne Zweifel wei⸗
hen sie in der Haltung, in der Bekleidung und im Charakter je
nachh ihrer Herkunft aus den verschiedenen Staaten des deutschen
Reichs ein wenig von einander ab; aber sie haben alle dieselbe
Ausbildung, dieselbe Kohäsion. Nirgends waren, soviel ich be⸗—
nerken konnte, die wirklichen Effektive so hoch, wie man sie in den
Instruktionstabellen für die Manöver des 15. Armeekorps ange⸗
jeben hatte, doch beliefen sich die Bataillone auf 400 —500 Mann
ind die Schwadronen auf 80—100 Reiter. Bekanntlich widmen
die Führer, trotz der großen Dienste, welche die Arullerie in dem
Zr'ege gegen Frankreich geleistet hat, der Infanterie und Kavallerie
hre besondere Obsorge. Die deu'sche Artill rie schien mir ganz
offenbar hinter der unsrigen zurückzustehen; aber die Kavallerie ist
der unseren noch wirklich überlegen, und wenn die Jufantetie nicht
zie unseren Soldaten eigenthüumlichen individuellen Vorzüge besitzt,
Deutsches Reich.
Mäünchen, 80. Septbr. Nach dem Budgetentwurf stellt
sich der Etat der direkten Steuern folgendermaßen: E'nnahme:
Grundsteuer nach 218 Simplen 11,461,450 Mark, Haussteuer:
Arealst. mit 62110 Spl. 622,440, Mieihsteuer nach 28110 Simplen
2,891,290 M., Gewerbsteuer mit 40 Zuschlag: 3.779,380 M.,
Steuer vom Gewerbebetrieb im Umherziehen: 1509,840 M., Kapi⸗
talrentensteuer mit 40 Zuschlag: 2,136,840 V. Außerdem soll
nach 8 8 des Finanz⸗Ges. Eniw. eine Mehtung eintreten von
13,391,300 M. Summa: 35,725,510 M., mehr gegen die
14. Finanzperiode 14,085,007 Mt. Die Summa von
13,391,500 M. soll als außerordentl. Zuschlag auf die verge—
nannten Steuern je nach der Hohe derselben vertheilt werden.
Näheres ergibt solgende vergleichende Uebersicht:
Finanzperiode Finan;periode
XIV. XV.
—A 11,438,323 11,461,450
— ieihste 91290
Haussteuer Jiestue s aoo soo 233131
Gewerbesteuer 3,664 370 3,779,330
Steuer auf Gewerbe im Umherziehen — —159,840
Kapitalrentensteuer 2,004,460 2,136,949
A 1,242,460 1282720
Ges.“Summe der directen Steuern T 2337070
Außerordentlicher Zuschlag von
rund 60 Proztent —
13,391,500
Summa: 35,725,510
München, 30. Septbe. Die Kommission zur Berathung
der neuen Steuergesezentwürfe, welche am 21. September im Fi⸗
nanzministerium zusammentrat, hat die erste Lesung gestern beendet.
Es waren ihr vier Gesetzentwürfe: über die Grunde und Häuser—
steuer, über die Enkommensteuet und über die Kapitalrentensteuer,
vorgelegt worden. Mit den Grundlagen der Entwurfe erklätte sich
die Kommission einverstanden, an den Einzelnbestimmungen bean—
sragte sie jedoch mehrfache Aenderungen. Auf Grund dieser An—
räge werden die Gesetzeniwürfe nunmehr einer nochmaligen Ueber—
atbeitung und Berathung unterzogen. (Pf. N.)
Das Verliner Tageblalt schreibt: Die Ziffern aus dem baier⸗
sqchen Budget lassen erkennen, wohin ein staatliches Finanz⸗
wesen gelangt, wenn die Einnahmen desselben von der schwanken⸗
den Rentabilität staatsindustrieller Betriebe abhängt. Wesenilich
in Folge seiner Eisenbahnpolitik, bezw. in Folge der Zuschüsse,
welche die Eisenbahnen aus der allgemeinen Staatskasse erfordern,
sht fich das Vaterland des Herrn d. Franckenstein in der Lage,
stotz der neuen Zölle und der dadurch geschaffenen indireklen Ab—
zaben zur Beseitigung des Defiz'ts eine weitece Vermehrung der
directen Steuern eintreten lassen zu müssen. Es ist dies dieselbe
Erscheinung, welche auch für die Gestaliung des preußischen Bud⸗
gets in Aussicht zu nehmen ist, daß nämlich alle die Versprechungen,
velche kei Berathang der Zollreform in Bezug auf die Enilastung
der Einzelbudgets und auf die Herabmäßigung der directen Steuern
egeben worden sind, den thassachlichen Verhaͤlinissen gegenüber in
nichts zerfliefen. Dies wird um so sicherer der Fall sein, je mehr
das Staatsbahnnetz erweitert wird, wie ja auch dezüglich Preußens
beim Beginn der vporigen Landtagssession bereits von dem Abge⸗
ordneten Ridert überzeugend dargelegt ist, daß der Krebsschaden in
unferen Finanzen der siaatliche Tiseubahnbetuieb ist, welcher bishet
er ca. fünf Millionen Mark Zuschüsse aus der Staaiskafse er⸗
orderte.
Berlin, 30. Septbr. Der Kaiser geht im Oktober auf
inige Wochen nach Wiesbaden, der Kronprinz direct von Baden
iber Wien nach Venedig, um dort mit der Kronprinzessin zusam
nenzutreffen. Die jungeren kronprinzlichen Kinder riisea in Be⸗
zAeitung des Hofmatschalls Grafen Enlenburg nach Genua.