Full text: St. Ingberter Anzeiger

Der St. Jugberter Auzeiger und das (2 mal woͤchentlich? mi⸗ dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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1879. 
Deutsches Reichß. 
München, 18. Oct. In Kil's Kolosseum fand heute 
Morgen eine zahlreich besuchte Versammlung bayerischer Bierbrauer 
tatt. Nach längerer Debatte wurde folgende Resolution angenom⸗ 
nen: 1) Die heute versammelten bayerischen Brauer erklären ihre 
volle Zustimmung zu der unter dem 10. 1. M. gegen die Erhöhung 
des Malzaufschlags bei der Kammer der Kbgeordneten eingereichten 
Dentschrift. 2) Dieselben erblicken in der plötzlichen Erböhung des 
Malzaufschlages, insbesondere in einer solchen von 50 pCt. und in⸗ 
mitten der Brauperiode eine um so schoere Scädigung der Brau⸗ 
industrie, als diese ohnehin durch die demnächst in Wirksamkeit 
itetenden Zoͤlle auf Gerste, Malz und Hopfen zu erhöhtem Produk⸗ 
rionsaufwand gezwungen ist. 8) Die Versammlung erklärt es für 
unmöglich, daß das Braugewerbe mit dem erhöhlen Aufschlagagefälle 
belastet werde und muß eventuell die Verantworilichkeit für eine un⸗ 
ausbleibliche Erhöhung der Bierpreise und deren Folgen mit allem 
Rachdruck ablehnen. Diese Resolution wird mit der oben erwähnten 
Denlschrift der Reichsrathskammer zugestellt werden. 
Die Bonner „Deutsche Reichszeitung“ enthält eine Correspon⸗ 
denz aus München, wonach die Beendigung des seit sieben 
Jahren zwischen Staat und Kirche geführten Kampfes binnen weniger 
Wochen zu erwarten sej. Es heißt darin wörtlich: „Ueber die 
Basis des Friedensschlusses wurde in Gastein eine vollständige 
Einigung erzielt und nach Erledigung der Formalien wird die Puö⸗ 
atation alsbald erfolgen. Der preußische Landtag wird bei seinem 
Zusammentritte vor einem fait accompli, vor dem Friedensabkommen 
stehen, dem er seiner Zeit noch Sanktion zu ertheilen haben wird. 
Daß letzteres auch geschehe, darüber laßt die Zusammensetung und 
die Parteilonstellation des neuen Landlages keinen Zweifel übrig. 
Ueber den Inhalt des Friedensablommens müssen wir uns noch 
Reserbe auferlegen. Gewiß ist, daß der hl. Stuhl bis an die 
dußerste Grenze der Concessionen gegangen ist. Es isi unzutreffend, 
hier von einem Siege oder einer Niederlage zu sprechen. Der hl. 
Stuhl hatte in erster Linie das Heil der Seelen in Betracht zu 
jiehen, weßhalb die Merkmale weltlicher Friedensschlüsse zwischen 
zwei Kriegführenden bei Concordaten zwischen Kirche und Staat 
nicht maßgebend sind. Der Gang der Dinge in Preußen äußert 
jeine Rückwirkung auch auf Bayern. Dies zeigt sich schon bei der 
Aufhebung der Simultankirche in der St. Anna Pfarrei. Neuestens 
rirculirt hier auch eine Aeußerung des Ministers Lutz, welche zeigt, 
daß er sich nach Frieden sehnt. Die frühere Kampfesstimmung, 
welche ihm die Aeußerung entlockte: Schießen Sie her, so schieße 
ich hin, ist dem Friedensbedürfnisse gewichen. Freilich hat in 
Bahern auch das „Herschießen“ schon seit geraumer Zeit aufgehört. 
Wir stehen also nach einer fieben jährigen Periode heftiger kirchlicher 
Kännpfe vor einer Friedens⸗Aera. In wieweit das hier Gemeldete 
auf Richtigkeit Anspruch machen kann, wird die nächste Zukunft 
zeigen. 
Aus Berlin 18. Okt., wird telegraphisch berichtet: Das 
Bündniß zwischen Deutschland und Oefierreich; Ungarn kann als 
unzweifelhafte Thatsache angesehen werden. Man hat Gründe, zu 
alauben, daß der Vertrag bereüs im Laufe der vergangenen Woche 
28 allerhoͤchste Unterschrift beider Majenäten iunttionirt wor⸗ 
den ist. 
Gleichzeitig mit der vorstehenden Nachricht traf die folgende 
aus Manchester ein: Bei einem hier stattgehabten Banket hielt 
der Marquis v. Salisbury eine längere dtede, in welcher er er⸗ 
klärte, England habe Cypern besetzt, um den Beweis zu liefern, 
daß es die Regierung für ihre Pfücht gehalten habe, einen neuen 
Zingriff Rußlands zu verhindern. Was die Vertheidigung des 
Ballans angehe, so sei er der Ansicht, daß man bei der gegen⸗ 
wättigen Lage wenig Ursache habe, einen Angriff zu fürchten, 
Neichviel welche bedenkliche Politil in der Türken eintrete. Doch 
dürfte Das die englische Regierung nicht davon abhalten, zu ver⸗ 
hindern, daß Rußland nach Konstantinopel gehe; die Aufgabe, 
zu verhindern, daß sich das slawische Reich von einem Meere bis 
zum andern ausdehne, sei Oesterreich anbertraut. Wenn England 
Lein Vertrauen mehr zu dem ürkischen Soldaten habe, so dnaue 
es dem österreichischen Soldaten verktrauen, welcher an der Pforte 
Wache stehe. Wir konnten in der Türkei keine große Nationalität 
ufrichten, um Rußland Widerstand zu leisten, weil es dort keine 
jomogene (einheitliche) Nationalität gibt. Rußland könne nicht 
veiter vorrücken, weil Oesterreich stark sjei. Die Stärke und die 
UInabhängigkeit Oesterreichs sei eine Bürgschaft für die Stetigkeit 
»es europäischen Friedens. Die Vorgänge der letzten Woche be⸗ 
echtigen die Regierung zu dem Glauben, daß, wenn Oesterreich 
ingegriffen werden sollte, es nicht allein dastehen würde. Die 
von den Blättern gebrachte Nachricht von dem Abschlusse eines 
Iffensiv⸗ und Defensiv:Bündnisses zwischen Oesterreich und dem 
deutschen Reiche habe lebhafte Freude hervorgerufen. Salisbury 
jab sodann noch einen historischen Ueberblick über die Ereignisse 
n Afghanistan und schloß mit der Erklärung, daß der Zweck Eng- 
ands in Afghanistan die Vertheidigung, nicht eine Vergrößerung 
des englischen Gebietes se. 
In den handelspolitischen Verhandlungen, die in Bälde mit 
Resterreich eroöͤffnet werden, kommen vorerst folgende Punkte 
ur Verhandlung: Verkehrserleichterungen, namentlich hinsichtlich 
zer Eisenbahnfrachtiarife, der Veredlungsverkehr und ein Zollkartell. 
Ib eine Ermäßigung der neuen noch nicht vollständig in Wirksam— 
eit getretenen Zoͤlle Oesterreich gegenüber eintreten wird, ist nicht 
zelannt, doch in Bezug auf die Erzeugnisse der Landwirthschaft 
mmerhin möglich. Oesterreich, welches in dieser Hinsicht ein ex⸗ 
jortfähiges Land ist, legt natürlich ein großes Gewicht darauf und 
auch im Interesse Deutschlands wäre eine solche Maßregel erwünscht. 
Es wird gegenwättig hervorgehoben, daß Fürst Bismard auch aus 
dem Grunde die allgemeine Einführung von Zöllen befürwortet hat, 
»amit Deutschland ich den anderen Staaten gegenüber in einer 
jesseren Lage befinde, als früter, d. h. damit es im Stande sei, 
zurch Ermaäßigung seiner Zölle bei den anderen Staaten ebenfalls 
olche Zollermäßigungen, die für Deuischland von großer Wichtig⸗ 
eit sind, zu erlangen. Das ist eine sehr weise Politik und kann 
ins, besonders Rußland gegenüber, große Vortheile sichern. 
SFrankfurt a. M., 20. Ott. Der am Samstag von 
Zerlin hier eingetroffene Staatsminister von Bülow wurde 
jestern vom Schlage getroffen. Die Bewußtlosigkeit dauert heute 
noch an und wird der Zustand des Ministers von Uerzten als hoff⸗ 
nungslos bezeichnet. Die Söhne des Herrn von Buülow sind be— 
reits hier eingetroffen. Der Kaiser erlundigte sich telegraphisch nach 
dem Befinden des Ministers. 
Ausland. 
Brüssel, 17. Ock. Strikende Arbeiter hielten in Chale⸗ 
ineau eine Versammlung, wobei ein Mitglied der Jnternationale 
von Brüssel eine Rede hielt. Gendarmen schritten ein und machten, 
vie es heißt aus Mißverständniß, von der Schußwaffe Gebrauch, 
o daß mehrere Arbeiter verwundet wurden. Die Ruhe wurde als⸗ 
jald wieder hergestellt. 
Zermischtes. 
* St. Ingbert. An Sonntagen findet bei den Güter⸗ 
Zügen 309 und 8384 Personenbeförderung in II. und III. Wagen⸗ 
tlasse zwischen Saarbrücken St. Ingbert⸗Zwei— 
brücken und vice versa wie folgt stalt: 
Zug 369 ab Saarbrücken 2 Uhr 30 Min. Naqhhmittags. 
an St. Ingbert 2 12 
ab 27 
an Zweibrücken 07 
Zug 364 ab 70 Abends 
an St. Ingbert 5 
ab — 48 v v 
an Sasarbrücken8, 30 e 
*St. Ingbeti, 21. Ott. Die nächste Herbst⸗Con⸗ 
krolversammlung findet hier im Oberhauser'schen Saale 
am Dienstag 4. November, Vormittags 9 Uhr statt. 
—“Die betreffenden Stempel⸗Marken filr Besoldungs- 
Pensions⸗, Gemeindliche⸗ und andere Quittungen (fiehe den Aruͤlel 
n voriger Nummer: Quittungsgebuhten“) sind auf der hiesigen 
rinnehmerei zu haben.