Full text: St. Ingberter Anzeiger

dienen, eine Art Brückenlopf bilden. Das eine der viet Foris auf 
dem rechten Weichselufer wird die Weichselbahn beherrschen. Die Weich⸗ 
sjellinie wird von drei befestiglen Punlten beschützt und zwar von Iwau⸗ 
gorod (Demblin), von der Warschauer Alexandercitadelle und von Nowo⸗ 
georgiewsk (Moduin.) Wenngleich die Alexandercitadelle nicht sonderlich 
sest ift, da sie nach den eigenen Worten des Kaisers Nikolaus J. gegen 
Warschau erbaut ist, um es „beim ersten Zeichen eines Ausstandes 
in den Grund zu schießen und es nie mehr wieder zu erbauen“, 
so hätte sie doch im Kriege immerhin einige Bedeutung, da sie ja 
Erdwerken als Mittelpunlt dienen könnte. Eine zweite befestigte 
dime, gleichsam die Reserve der drei Weichselfestungen, bildet Brzessc 
Lilewsti und Zamokc.“ Gegen wen Nußland, irotz aller Friedens⸗ 
bersicherungen rüstet, dürfte nicht schwer zu errathen sein · .. 
Ausland. 
Wien, 11. Nov. Aus verlaßlicher Quelle verlautet, daß 
Fürst Lobanoff nach seinem Eintreffen in Konstantinopel eine Con⸗ 
serenz mit Said und Sawas Poscha hatte, welchen er den Rath 
ertheilte, dem Verlangen der englischen Regierung nach Einführungen 
bon Reformen in KleinAsien Folge zu leisten, aber jedem Ver— 
langen betreffs Abtretung von Territorien den energischsten Wider— 
stand entgegenzusetzen. Ferner ist die Nachricht hier eingelaufen, 
daß ein furchtbares Gemetzel von albanesischen Muhamedanern durch 
Montenegriner in den Dörfern Gusinje und Plana stattgefunden 
habe. Es sind dies dieseiben Dörfer, welche die Pforte im Be⸗ 
griffe ftand, laut dem Berliner Vertrage, an Montenegro abzutreten. 
Baris, 10. Nov. Die „Corr. Ldsb.“ berichtet: „Der 
Fmir Abd⸗el Kader, der algerische Vollsheld der Vierziger Jahre, 
ist zu Damaskus im Alter von 72 Jahren gestorben. Er war 
als der dritte Sohn eines Marabuts von Oran zu Mascara im 
Jahre 1807 geboren und durch lange Jahre der fanatische und 
ersolgreiche Vorlaͤmpfer Algeriens sowohl gegen die Türken als 
gegen. die Franzosen, welch letzteten er besonders viel zu schaffen 
machte, bis er endlich 1847, nachdem er alle seine Hilfsmittel er⸗ 
schöpft hatte, in ihre Gefangenschaft gerieth. Bis an sein Ende 
bezog er von der franzoͤsischen Regierung eine Pension von 
100,600 Frcs. 
Das strategische Eisenbahnnetz, welches Frankreich seit 
1878 an seiner Ostgrenze angelegt hat, soll nun noch durch eine 
weilere Linie vervollstandigt werden, zu welcher die Ingenieure der 
Oftbahn bereits die Entwürfe ausgearbeitet haben. Dieselbe zweigt 
bei Frouard aus dem Moselthale ab und jührt nach dem an der 
Seille unweit der deutschen Grenze gelegenen Nomeny. Dadurch 
erhält Frankreich einen weileren von FToul über Frouard nach 
Lothringen führenden direlten Schienenweg. Wie die Dinge jetzt 
liegen, würde Frankreich bei gehöriger Vorbereitung, an der es 
nicht fehlen wird, in dir Lage sein, unmittelvar nach erfolgter Kr'egs⸗ 
erliärung Stunde um Stunde mehre Truppenzuge landen zu lassen, 
die schon nach allerkürzester Frist zu einem mächtigen Heere verei⸗ 
nigt werden lönnten. Es versteht sich und ist schon oͤfter gemeldet 
worden, daß unsere Truppen unter solchen Umständen schon seit 
angeret Zeit im Reichstande, nomentich aber in und bei Metz, so 
zu sagen im Anschlage und zum Schuß fertig liegen. (Den Vor⸗ 
dereitungen Frankreichs gegenüder sind wir verpflichtet, ebenfalls 
alle irgend erforderlich erscheinenden Maßregeln zu treffen.) 
Wie bedeutend die Besserung in der Geschäftslage in Eng⸗ 
land ist, geht aus der Thatsache hervor, daß die Finfuhr im 
Olsober d. J. gegen diejenige desselben Monats des Vorjahres sich 
um 812 Mill. und die Ausfuhr in der gleichen Zeit um fast 
9 Mill. Mt. erhöht hat. 
Madrrid', I1. Rop. Von Cadiz aus sind heute Trup⸗ 
penverstärlungen nach Cuba in See gegangen. — Die consti⸗ 
uonelle Parlei wird in den Cortes den Anttag stellen, sofort die 
Sklaberei auf Caba aufzuheben und soll es den befreiten Sklaven 
überlassen werden, zu arbeiten, füt wen sie wollen. — Bei dem 
Dorfe Rocina in der Provinz Huesca hat eine von der See aus 
ber das Land ziehende Wasserhose großen Schaden angerichtet. 
26 Häufer wurden dadurch zeistört. 
Die fianzielle Bedrängniß in der Tür kei soll einen der⸗ 
arligen Grad erreicht haben, daß sie sich sogar im kariserlichen Pa⸗ 
laste in empfindlichster Weise fühldat macht. Die Lieferanten des 
taiserlichen Haushaltes sollen ihre Lieferungen eingestellt haben und 
Bezahlung ihrer Guthaben fordern. Ja, einige Zeitungen bringen 
sogar die Mittheilung, daß die Türkei in finanz'eller Hinsicht unter 
Kuͤratel gestellt werden soll und doß die englijche und sranzdsische 
Regierung hierüber Berathuncen pfleagen. 
Bermischtes. 
*St. Ingbert, 183. Novbr. In der gestrigen Sitzung 
des hiesigen SHoöffengerichts wurden folgende Faͤlle abge⸗ 
utihelin: Ein Bursche aus Friedrichethal und zwei von Schnapp 
bach erhielten wegen Verübung groben Unjugs 10, 5 und 83 Tage 
Haft. — Ein Bube von hier wurde wegen groben Unfugs, verübt 
wahrend des Untertichts in der Fortbildungsschule zu 3 Tage Haft 
zweil. — Ein Bursche und ein älterer Mann aus Sulzdach 
zelamen wegen Verübung groben Unsugs 8 und 1 Tag Haft. — 
Wegen Diedstahls⸗Versuchs erhielt ein Mann von Großbundenbach 
3 Tage Gefangniß. — Gegen 4 Bursche von Sulzbach wurde 
vegen groben Uasugs 8, 2. 1 und 1 Tag Haft ausgesprochen. — 
cine Vienstmagd aus Hochscheid, früher hier bedienstet, wurde we⸗ 
zen Unterschlagung zu etuer Gefängnißstrafe von 8 Tagen verur⸗ 
heili. Von der Anschuldigung des Diebstahls eines Haarzopfes 
vurde sie, da kein hinreichender Beweis erbracht war, freigesprochen. 
*C(Stadtrathswahl) Am Montag 17. Novbr. wird die 
Zemeinderathswahl vorgenommen und wollen wir nicht verfehlen 
hei der Wichtigkeit dieser das Gemeinwohl aller Bürger berührenden 
Wahl daran zu erinnern, daß Nemand versäumen mödze seine Bür⸗ 
gerpflicht auszuüben, indem er solche Manner waͤhlt, die⸗s zur 
hebung und Forderung des Wohles unserer Stadt beizutragen im 
Stande sind und dieselbe nach innen und außen würdig zu repräe 
entiren vermögen. — Um Mißverständnifse zu verhülten, wollen 
vir hier ansühren, wer zur Gemeinderathswahl berechtigt ist: 
„Wahlstimmberechtigt ist jeder Mann, der das 21. 
debensjahr zurückgeüegt hat, selbständig, in der 
ßemeinde heimathsberechtigt, daselbst wohnhaft und 
ndlich mit einer diretten Steuer angelegt is. 
Alle Staatsbeamte, welche pragmatische Rechte haben, lBmnen 
an dem Orie Ihres Amissitzes wäͤhlen, ebenso die Geistlichen, hier 
zie beiden Hetren Stadtpfarter und das angestellte Lehterpersonal. 
Jeder Wähler kann am Montag seinen nummerirten Wahs⸗ 
eitelsselbst holen oder abholen lassen — denselben ausfüllen — (mit 36 
stamen, nämlich 27 Muglieder des Stadtrathes und 9 Ersatzleute) 
ha aber persönlhich mit Angase seines Namens an den 
Waͤhlcommissar (Herr k. Bezirksamtsasessor Dil g) abgeben. — 
Der Wahlzettel darf nicht unterschrieben werden.· 
x Vor einiger Zen brachte die „Pf. Ztg.“ die Mittheilung, 
aß bei der Preiseveriheilung für pfälzische Pferde in Zweibrü⸗ 
keirn auch ein außerpfälzisches Pferd prämiirt worden sei. Der 
figenthümer dieses Pferdes soll nach einer dem genannten Blalte 
deuerdings zugtgangenen Miitheilung der Gutspächter Daniel Guth 
uf dem Doͤrfier Hofe bei Bitsch und der unterschobeue Preisträger 
essen Bruder der Hofbesiher Chrstian Guih auf dem Freudenberger⸗ 
sose bei Zweibrücken sein. 
Kaiserslautern, 12. Nov. Nach dem hiesigen 
Fentralgefängnißß werden aus dem jenseitigen Bayern, namentlich 
uus Wuürzbucg, da die dortigen Strafanstalten fämmtlich überfüllt 
ind, ca. 60 weibliche Gefangene in kleineren Transporten überge⸗ 
ührt. In einem gestern eingelroffenen Transport von 8 Ver breche⸗ 
innen befanden sich u. a. zwel der schlimmsten Art: eine reicht 
Bäuerin (fie soll 200,000 Mark im Vermögen haben), welche ihren 
Mann und die Fcan eines von ihr geliebten Mannes, den sie zu 
helichen begehrte, verßistet hat; daneden eine audere Frauensperson, 
velche ihren Mann aus Eifersncht erschoß. Lehlere soll sehr robusi 
ind außerordentlich frech sein, jo daß man beim Traneport dieselde 
zanz besonders überwachen mußte. Beide waren zura Tode verur⸗ 
heut und wurden zu lebenslänglichet Zuchthausstrase begnadigt. 
fSpeier, 11. Novbr. Die „Pfälzer Zeitung“ schreibt: 
sachdem am 4. Sept. wegen angeblicher Verbreitung verbotener 
sozialdemotranschet Schriften Haussuchung bei uns Kattgesunden 
ind man uns einige verbolene Zeitungen weggenommen hatte, er⸗ 
hielten wir heute von dem kgl. Landgerichte Frankenthal ein Er⸗ 
enntniß zugeftellt, das im Wesentlichen besagt: „Nach Einsicht und 
Betlesung der Altenstücke der Vorunlersu hung, nach Ansicht des 
dom tgl. Staatsanwalte unter dem 1. November 1879 gestelllen 
Antrages: „In Erwägung, daß die Vorunierfuchung keine hinrei ⸗ 
heuden Verdachtsgründe dafür ergeben hat, daß der Angeschuldigte 
jerbotene Drucschriften verbreitet oder wieder abgedruckt habe, aus 
resen Gründen setzt die Strastammer des kal. Landgerichts den 
Augeschuldigten aus Grund des 8 202 der R.St.P.O. außer 
Berfolgung und legt der Staotstkosse gemäß 88 496 und 499 der 
stStr.⸗P.O. die Kosten zur Last.“ 
puIn Winchrüngen, Kieis Saarburg, haben ein Tag 
izhner, seine beiden Söhnt und zwei Töhhter einen Nachharn, mit 
»em sie einiger Hände voll Nußlaub wegen in Sireit gerathen 
vaten, gemeinschaftlich überfallen, und min Beilen und Hacken so 
uͤrchterlich zugerichtet, daß der Mann wohl an den erhaltenen Ver⸗ 
etzungen sterben wird. Der Schädel ist an fünf Stellen zerschla⸗ 
en, an beiden Schultern und Ruczrad sind große Verletzungen. 
Herbeigeeilte Nachbaru mußten die Unbarmhethigen mit Gewalt von 
Jem unglüclichen Opfer hinwegzwingen; der Verteßte wurde fitt 
odt in seine Wohnung getragen. Die beiden Söhne, welche ver⸗ 
aftet werden sollien, flächteten ins Luxemburg'sche. 
F Wie der „Meßer Ztg.“ aus St. Avold gemeldet wird. 
jatte bei einer letzten Momag im Staatswald der Oberfoͤrstere 
Foltenberg abgehaltenen Treibjagd Herr Premier-Lieutenant v. Al⸗ 
bensleben vom 13. Dragoner⸗Rtegiment das Glück, einen stattlichen 
naͤnnlichen Wolf zu erlegen. 
FEin Straßburger Original. Vorgestern flarb, 
wie die „Stißb. Z.“ meldet, im 83. Ledensjahre Herr Wilhelm