Full text: St. Ingberter Anzeiger

der Amnestie ergibt, daß bis jetzt 83000 Begnadigte in Paris an⸗ 
gekommen sind. Davon haben sich 2380 beim Unterstützungskomite 
gemeldet, das bereits 227,000 Fres. für sie verausgaßt hat. Ea 
Zrbeilen gegenwärtig 1800 in Werkstätten oder Anstellungen, da⸗ 
runter Adbotaten- und Literaten, welche, in Erwartung besserer Zei⸗ 
len, das Geschirr in Garküchen waschen. In der Provinz fanden 
80 Indididuen eine so zurücstoßende Aufnahme, duß sie nach Paris 
zurücklehren mußten. Von den 100 amnestirten Frauenzimmern 
haben 60 sich beim Zentralkomite gemeldet, das sie sämmilich bin— 
nen acht Tagen in dauernder Beschäftigung unterbringen konnte. 
ZFondon, 19. Nop. ‚Times“ bringen folgende Meldung 
aus Konsiantinopel vom 18.: Es ist Grund vorhanden, zu glauben. 
daß die russische Regierung dem Sultan empfohlen hat, die Resor— 
men unverzüglich auszuführen Behufs Vermeidung ernster euro 
paischer Verwidelungen. 
Bermischtes. 
. St. Ingbert, 21. Nob. (Eingesandt.) Der Ar⸗ 
tikel 56 der Gemeindeordnung der Pfalz, Absatz 2, heißt: 
.Die Bürgermeister, Adjunkten und Gemeinderäthe versehen 
ihre Stellen als Ehrenämter unentgeltlich, vorbehaltlich der Ent 
schädigung sür Auslagen. Außerdem steht es den Gemeinde— 
räthen der größeren Städte frei, dem Bürgermeister auf Ein 
Jahr einen Betrag als Repräsentationsgebühr zu bewilligen.“ 
Angesichts dieses Paragraphen erinnern wir uns, daß vor 10 
Jahren dem damaligen Bürgermeister von St. Ingbeit aus be— 
sonderen Gründen außer 300 Gulden für Bureaukosten auch noch 
600 Gld. Repraͤsentationsgelder bewilligt wurden. Obschon nun 
vor jetzt 5 Jahren mit dem Bürgerreisterwechsel jene „besonderen 
Grüude“ wegfielen, blieben diese Bezüge dennoch fortbestehen, und 
die Siadt gab in den 5 Jahren über 5000 Mark aus für eine 
Slelle, die die früheren Bürgermeister gratis, und als Ehrenstelle 
perwaltet hatten. 
Da nun morgen der neue Stadtrath zur Wahl eines Bürger⸗ 
meisters schreiten wird, so wäre zu wünschen, daß jedes Mitglied 
desselben sich die Frage stellte, ob es nicht besser ist, wenn von 
jehi ah St. Ingbert wieder in die Reihe der Städte tritt, zu 
denen es früher zählte, in denen nämlich wohlhabende oder reiche 
Bürgermeister ihr Amt wirklich als Ehrenämterunent⸗ 
gelthich versehen. 
Einige Bücger, die auch sparen möchten. 
*Si. Ingbert. Vei der Stadirathswahl vaben 
außer den in der letzten Nummer genannten Herren noch folgende 
Herren eine biemerkenswertbe Zahl Stimmen erhalten: 
Laur H., Weinh., 388 Stimmen; Buser, Schnappbs., 379 
St.; Schweitzer P., Wirth. 354 St.; Just sr, Schuhm., 852 
St.; Eisel, Schnapph., 8802 St.; Kaiser, Ladknecht, 346 St.; 
Weigand, Apoth., 344 St.; Thiery, Bäcker, 344 St.; Beer J. 
Kausm. 335 St.: Fischer, Kaufm. 333 Si.; Krämer Osk., 339 
Stz Fiack J., Direktor, 821 St.; Steinfeld N., Ladkuecht, 309 St.; 
Munzinger Ph. 285 St.; Glattfeld R., Magaz., 284 St.; 
Graffion. Schnopph., 250 St.; Martin Bapt. Fabrik. 243 St.; 
Hellenthal J. J., Maurer— 241 St.; Weihrich, Wirth, 212 St.; 
Schmitt Pet., Rentner, 208 St. 
SrInsbert, 21. Rovbbr. Auf der von den Hrn. 
Gebr. Kräamer gestern auf dem Banne von Eschringen, ab⸗ 
gehaltenen Jagd wurden 2 Wilhdschweine geschossen, von denen jedet 
tin Gewicht von 130 Pfd. hatte. 
4Die Pfalzer Aerztelammer hat in ihrer letzlen Sitzung am 
21. Ociober beschlossen: „Die kgl. Regierung möge dahin wirken, 
daß die Bezirksaärzte von der obligatorischen Behandlung der Armen 
mibunden, und die Gemeinden angehalten werden, bezahlte Armen- 
ärzte aufzustellen.“ 
Fepirmasens, 18. Nov. Wie dem „Pirm. Anz.“ mit 
getheilt wird, wäre der Tod des unglüdlichen Dienstmädchens, von 
dessen pfötzlichem Hinscheiden wir berichteten, nach Aussage des 
Atztes nicht durch übermäßiges Tanzen, sondern in Folge eines 
Herzschlages eingetreten. 
FIn Berg bei Laulterburg soll ein Vürger in zwei Wirth⸗ 
schafien je ein Ohm Wein und in einet andern Wirthschaft zwei 
Ohm Bier zum Besten gegeben haben, weil die dortige Gemeinde⸗ 
raihte und Bürgermeisterwahl nach seinem Wunsche ausgefallen und 
durchgegangen ist. 
p'Nich der „Fr. Z.“ sind in Frankenthal seit Be— 
ginn der Kartoffelernie etwa 160,000 Cir. Karloffeln im Gesammt⸗ 
werihe von 600,000 M. verkauft worden. 
F In der „Saarbrücker Zeitung“ und anderen hiesigen Blättern 
—X 
irantheilen, Hert ulla aus Elberfeld seine Ankunft an. Sehr 
häufig waren auch diesen Anzeigen Zeugn'sse angeblich Geheilter 
beigefügt, und foll sich der Spezialist eines ziemlichen Besuches 
flechtenkranker Personen aus hiesiger Gegend erfreut haben. Gestern 
jand sich indeß die St. Johanner Polizei veranlaßt, dem Herrn K 
in seinem Hotel einen Besuch abzustatten und beschlagnahmte die 
von demselben mitgeführte Linimente, Pulver u. dgl. Arzneimittel, 
welche zum Verkaufe aun das Publikum bestimmt waren. Betreffs 
der Personlichkeit des Herrn K. wurde festgestellt, daß derselbe früher 
Vuchbinder war und im Besitze eines von der Regierung zu Elber⸗ 
feld ausgestellten Gewerbescheins jur den Hausir-Handel mit Par⸗ 
fümericartikel ist. Die chemische Untersuchung wird nun heraus⸗ 
jeJen, aus welchen Ingredienzien die von Herrn K., wie man 
jagt, zu sehr hohen Preisen dem Publikum verlauften Mittel be⸗ 
standen. Jedenfalls aber dürfte derselbe wegen unbefugten Verlaufs 
bon Arzneimittein und wegen Kurpfuscherei bestraft werden. (S. 3) 
'Mannheim, 18. Nov. Heute Nachmittug sant auf 
dem Reckac oberhalb der Kettenbrücke ein Stein⸗-Nachen. Von den 
wei Schisern gelang es dem einen sich zu retten, während der 
andere, der 60 Jahre alte Jakob Ewert von Neckarstleinach, leider 
ertrunken ist. 
pWorms, 11. Nov. Die Obernauer'sche Malzfabrit an 
der Alzeierstraße ging durch Vertauf um die Summe von 100,000 
M. in Besitz des Hrn. Schneider aus Gleisweiler über. 
Stadtamhof, 11. Nov. Ein bedauerliches Vorkomm⸗ 
niß, das leicht ensetzliches Unglück hätte aurichten können, wird dem 
„NR. B. Volisbl.“ von befteundeter Seite mitgetheilt. Es handelt 
ich um nichts Geringeres als um ein Atlentat, das mit unerhörter 
Frechheit gegen den Direltor der Maxhütte, Herrn Fromm, verüdbt 
vurde. Der Letztere saß letzten Sonntag mit seinet Familie um 
inen Tisch des Wohnzimmers, als pldtzlich durchs Fenstet ein 
Sprenggeschoßz in das Zimmer und knapp neben dem Tisch auf 
— mu Teppschen belegten — Fußboden fiel. Herr Fromm hefaß 
die Geistesgegenwart das Geschoß zu ergreisen und sofort wieder 
zun Fenster hinauszuwerfen. Es kreppirte nun vor dem 
Hause und zwar mit solcher Vehemenz, daß die umstehenden eiser⸗ 
zen Bänke jotal in Stücke zerrissen und die Trümmer noch fünfzig 
Schritte und weiter flogen. Hälte Herr Ftomm nur einen Augen⸗ 
olid gezögert, wäre furchtbares Unheil entstanden. Es wird ver⸗ 
nuthet, daß kürzlich entlassene Arbeiter der Maxhütte sich zu so 
ruchioser That haben hinreißen lassen. Hoffentlich gelingt es der 
eingeleiteten Untersuchung, die Thäter zu ermitteln. 
Stand der Feuerwehten in Bahern. Nach der neuesten 
Statiftik bestehen jetzt in Bahern 4130 freiw. Feuerwehren. Da 
das Konigreich 8035 Gemeinden zählt, so befitzen über die Hälfte 
der bayrischen Gemeinden organisitte und geübte Löschkorpß. Es 
ist dieß ein Resultat, wie es wenig andere Länder aufznweisen haben 
und es derechtigt dasselbe zu der Erwartung, daß die Zeil nicht 
mehr fern liegr, wo jede Gemeinde des Vandes eine tüchtige Feuer⸗ 
wehr desitzt. Die ausbrechenden Feuersbrünste werden dann allerorte 
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zur besonderen Seltenheit gehören, wodurch das beweglide und unbe— 
vegliche Vermögen, welch; s jezt nochh dem verheerenden Elemente 
zum Opfer fälli, der Nation erhalten und die Steuerktaft des Lan⸗ 
des erhöht werden kann. 
FSolingen, 10. Nov. Eine große Anzahl von Fa⸗ 
milien aus unserer Siadt selbst und der Umgegend ist in den letze 
sen Wochen nach Amerika ausgewandert. Größtentheils sollen die 
Leute drüben fest engagirt sein. Ein Theil verbleidt in und bei 
New ⸗ York, ein anderer wendet sich nach Canada, während wieder 
andete in Californien sich niederzulassen beabsichtigen. 
p Wesel. Hierselbst tommen aus Holstein so viele fette 
Dehsen an, daß der Preis ganz gewaltig gedrückt wird. Das 
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puülus MNecklenburg. Der seit einigen Tagen anhals 
tende Nordostwind brachte Hochwasser, das an verschiedenen Stellen 
unserer Küste verhängnißvoll werden dürfte. Am 15. b8. Vor⸗ 
nittags war die Wohnung des Hafenmeisters in Wismar schon von 
Wasser umflossen und der Sturm hielt bis zum Abend des nächsten 
Tages an. Das Wasser der Warnow war seit einigen Tagen fort⸗ 
vährend im Steigen und finden nicht blos Ueberschwemmungen hei 
Rostoc statt, sondern auf verschiedenen Stelen drang am Sonn—⸗ 
abend das Wosser in die Häuser und mußten die Einwohner sich 
nach den oberen Räumen flüchter. Am Sonnabend Vormittag 
ntwurzelten die anströmenden Fluthen schon Obstbäume und von 
Warnemünde laufen besorgnißerregende Nachrichten ein. 
4 Deu sche Waare unter frauzösischer Firma. Vor Kurzem 
starb in Brauoschweig der Knopffabrikant J., und es wurde außer 
Anderen der Ladenbesitzer L. mit der Ordnung des Nachlasses be⸗ 
iraut. Wie war dieser erstaunt, als er bei der Durchsicht der 
Wagren dieselben Karlons vorfand, die er bisher von Paris dezogen 
hatte. Die Kuöpfe waren nach Paris geschickt worden, um dort 
naturalisitt zu werden und als „echt französische“ wieder einzu— 
wandern. Die Sache erinnert lebhaft ‚an einen Vorfall, der lutz 
rach den Freiheittkt egen in Hanau dorlam. Wilhelm ID., der 
Vaier des letzten Karfürsten von Hessen, hatte zur Ausftattung 
seines Schlosses eine giößere Anzahl von Teppichen aus Paris be⸗ 
jozen. Der Kurfürst ließ den Hanauer Tepp'chfabrikanten Leißlet 
sotnmen und erklärte ihm, es sei doh zu bedauern, daß man solche 
Teppiche nicht in Deutshland anzufertigen verstehe. Le ßler erbat