Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter Anzeiger. 
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A ISG6. 
Sonntag, den 28. Novemnber 
18795 
Deutsches Reich. 
Müncen, 205 Nop. die Abgeordnetenkammet lehnte den 
Antrag Schels auf Einführung der Klassenlotterie, nachdem ihn allein 
der Finanzminister, und zwar sehr nachdrücklich, belaͤmpft hatte, mit 
zroßer Mehrheit ab; nur 12 Stimmen wurden für den Antrag 
abgegeben. J 
Berlin, 19. Nov. Nach dem „Fremdenblatt“ ist der Pro⸗ 
essor der Nationalökonomie, Dr. Udolf Wagner, in diesen Tagen 
u einer Berathung über wichtige Gesetzesvorlagen, das Versicherungs⸗ 
vesen betreffend, nach Varzin berufen worden. Es soll sich um 
Besprechungen wegen der Verstaatlichung des Verfiberungswisens, 
velche Bismarck in Aussicht genommen, handeln. — Nach soeben 
eingegangener Nachricht aus Warschau ist wiederum die Rinderpest 
in Stadt und Kreis Warschau heftig ausgebrochen. In der Alexan⸗ 
der Citadelle wurden 8, im Kreife Warschau auf Gut Sluzewicz 
12d Stück Rinddieh sofort getödtet. Im Kreife Sochaczewo grassirt 
zie Seuche ebenfalls heftig. 
Der „Frki. Ztg.“ schreibt man aus Berlin: Personen, 
velche dem Reichs kanzler nahe stehen, sind darüber keinen Augen⸗ 
zlick zweifelhaft, daß nach dem Ankauf der preußischen Pribat⸗ 
»ahnen für den Siaat die Agitation für das Reichseisenbahn⸗ 
Projekt in verstärktem Maßstabe herbortrelen wird. Fürst Bismarck 
jat in letzter Zeit privatim wiederholt hervorgehoben, daß die in's 
deben gerufene Zollpolitik im Reiche auch eine einheitliche Eisen⸗ 
ahnpolitik für dieselbe nothwendig mache, die ihren Ausgangspunkt 
a der Erwerbung der Bahnen für das Reich werde finden müssen. 
In unterrichteten Kreisen nimmt man an, daß nach erfolgter Ar⸗ 
rondirung des preußischen Staalsbahnnetzes die preußische Regierung 
»em Bundesrath einen Antrag auf Erwerbung der Bahnen für 
as Reich unterbreiten werde. Dunkel wird angedeutet, daß die 
etzt vorzunehmende Operation, welche darauf hinausläuft, die Pri⸗ 
atbahnen in den Besitz des preußischen Siaates zu bringen, für 
)en Fall, daß die momentan stattfindenden —AXREX 
chen Deuischland und Oesterreich einen beftiedigenden Verlauf neh⸗ 
nen sollten, sich als ein Haupikoup deuischer Politik herausstellen 
verde. Der Reichskanzler persönlich hat nie ein Hehl daraus ge⸗ 
nacht, daß das Reichseisenbahn⸗Projeki eines seiner Ideale“ sei, 
ꝛessen Verwirklichung er mit allen Kräften anzustreben versuchen 
verde. Als vor zwei Jahren die bekannte Vorlage wegen Schaffung 
ines eigenen Eisenbahn⸗Ministeriums an den Landtag gelangte, 
jat der Reichskanzler bei einem parlamentarischen Diner, auf wel⸗ 
hem Stimmung für diese Vorlage gemacht wurde, es ganz offen 
uusgesprochen, daß er darin ein Uebergangsstadium zur Schaffung 
ines deutschen Reichseisenbahnminister sum⸗ erblicke. Vielleicht duͤrfte 
inter den obwaltenden Umständen die für das Reich in Aussicht 
enommene Reform des Gütertarifwesens dis auf Weiteres veriagt 
verden. 
Der am 21. ds. zusammentretende bleibende Ausschuß des 
eutschen Handelstages wird sich mit einem Organi⸗ 
ations · Entwurf beschäftigen, welcher bezweckt, alle deutschen Handele⸗ 
ammern auf gleiche Grundlagen zu stellen und sie auf diese Weise 
inheitlich zu gestalten. Der betr. Entwurf wurde von einem Suh— 
omite des Handelstages ausgearbeitet. In diesen reformirten 
dandelskammern sollen alle Geschäftszweige mit Ausnahme des 
dleingewerbes und des Handwerks vertieten sein. 
NHussland. 
Der Londoner Allgemeinen Correspondenz“ wird unter dem 
z. d. aus Konstanti nopel geschrieben: „Am letzten Freitag 
viurden, während der Sultan sich im Audienzsoale befand, 20 Offi⸗ 
iere sestgenommen und sofort nach dem Kriegsministerium Uherführt, 
un vor ein Kriegsgericht gestellt zu werden. Man weiß noch nicht 
ꝛestimmt, für welcdes Vergehen sie festgenommen wurden, allein 
nan will wissen, daß sie degen das Leben de Sultans conspirirt 
Atten? 
borgenommenen Adjunktenwahl, Herr C. V. Graffion als IL. 
und Herr Pet. Greß als V. Adjunkt, zum Polizeiadjunkten in 
Z3chnoppbach Herr Gastwirth Siegwarth. 
tSelchenbach, 17. Rob? SVor etwa 8 Tagen ereignete 
ich im benachbarten Ore⸗ K. das an die Zeiten der Romantik er⸗ 
nnernde Vorkommniß einer Entführung. Die Charakteristit der 
andelnden Personen ist dieselbe, wie in den belieblen Ritterge⸗ 
hichten: Ein Jüngling halte ein Mägdlein lieb — sie erwiedert 
iese Neigung — ein hartherziger Vater, der die einzige Tochter 
inem Veiter zugedacht hat, damil die „Sach“ in der Familie 
leibt — die Tochter ist durchaus nicht mit einverstanden — 
chließlich der Weg durch's Fenster. da die Thür verschlossen ist, 
uind gemeinsame Flucht. — Wir wünschen, es moͤge auch der ver⸗ 
oͤhnende Schluß nicht fehlen, wollen im Uebrigen jedoch das eiwas 
Jewaltsame Milttel keineswegs zur Nachahmung empfehlen. 
f Aus München wird wiederum ein höchst trauriger Fall 
von zufälliger Vergiftung mit Chloroform gemeidet. Ein sehr 
alentvoller und kenntnißreicher junger Arzt von erst 25 Jahren, 
r. K., wandte, nachdem er von einem nächtlichen Krankenbesuch 
ehr ermüdet nach Hause gekommen und sich zu Bett gelegt, wahr⸗ 
cheinlich um zu baldigem Schlaf zu gelangen, bei sich selbfi Chloro⸗ 
orm an. Wadhrscheinlich, da an eine Absicht in diesem Falle gar 
nicht zu denken ist, besdubte das Mittel den Unglücklichen früher, 
als er die Gefahr inne ward und es zu spät war, dasselbe zu 
ntfernen; man fand ihn am anderen Morgen todt im Belte mit 
dem Taschentuch vor dem Gesicht, ein Flaschchen Chlorojorm auf 
em Nachitisch. 
fEmmerich, 14. Nob. Ein recht trauriger Unelücksfall 
reignete sich gestern auf dem Dampfschiff, Concordia“ unweit 
Utrecht. Der Capitän genannten Schiffes wurde von einer wind⸗ 
jewordenen Kuh, die mit dem Schiffe transportirt werden sollte, 
zuerst schwer verletzt, dann von den Hörnern des rasenden Thieres 
urchbohrt und über Bord geworfen. Der Unglückliche tam nicht 
nehr über Wasser; seine Leiche ist bis jetzt noch nicht aufgefunden. 
GRh u. N.810.) 
Dortmund. Bei der Dorlmunder Union sind in den 
etzlen Tagen, wie der „A. f. R. u. W.“ meldet, solch großartige 
lufträge eingelaufen, daß das Unternehmen gezwungen ist, mehrere 
hundert Arbeiter einzustellen. In Stabeisen allein sind im ber⸗ 
lossenen Monat über2 Mill onen Kilogramm verladen worden. 
FHamburg, 16. Neb. Als gestern Abend * Uhr der 
)on Amsterdam kommende Dampfer Medea— Capitän Brouwer, in 
»er Elbmündung von der auf ihrer äußeren Station liegenden 
Pootsengalliote mit einem Lootfen versehen werden jollte, ereignete 
ich das Unglück, daß das Boot, in welchem sich die fünf Looisen 
Ddammmann, Thode, Behnecke J. Harbers und Heuck J., sowie die 
MRatrosen Münsier der Jüngere und Kreienberg befanden, lenterte, 
o daß leider jämmiliche Insassen ihren Tod faͤnden 
F Aus Lyon wird die Zahlungs⸗ Einstellung der Seiden⸗ 
daufleute Meyer, Schinz u. Comp. mit Verbindlichkeiten bon ca. 
114 Million Fres. gemeldet. 
fIn Chicago hat die Firma Sietlauer Brothers u. Co. 
hre Zahlungen eingestelli. Die Fitma, eines der bedentendsten 
Nanufalturwagrengeschäfte Amerila's, schuldet 1,900,000 Doll., 
die nominessen Alktinen betragen 1.560 0600 Don 
Fur die Redaction verammwortlich: F. 
Viele Personen werden bei Eintrut der ungesunden Jahreseũ 
von Erkaältungen, Husten, Heiserleit, Lungenleiden, andere wieber 
don Magen ˖ und Rerbenleiden befallen. 
Die weltberühmten Brufikaramels Maria Benno von Donat 
verden bei all diesen Faͤllen entweder roh gegessen, oder 5—6 
Ztück in heißem Kakao Thee oder Milch aufgeldfi, aber nur lauwarm 
getrunken. 
Der unglaublich billige Preis von 30 oder 30 Vf. für einen 
Zriginal⸗ Karlon Brustkaramels und 20 Pf. für einen echten Karton 
dalao⸗Thee muß lobend hervorgehoben werden. 
Debot in St. Ingbert bei Herrn Jean Veiers. 
Vermischtes. 
St. Ingbert 22. Nov. Zum Bürgermeister wurde 
ꝛeulte wiedergewählt Herr Pet. Custer und bei der gestern