Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich mu dem⸗ Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, ESonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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M 198. 
Sonntag, den 14. Dezember 
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Deutsches Reich. 
Mürnchen, 12. Dez. Die Abgeordnetenkammer vertagte 
ihre heutige Sitzung um 1 Uhr 10 Minuten auf Worgen d oehufs 
Fortsezung der Eisenbahndebante. Der Antrag hetreffend das neue 
Wahlgesetz wurde von Abg. Grafen Fugger fallen gelassen, bom 
Ubg. Schels aber wieder aufgenommen. 
Brrhin, 11. Deu. Der Kaiser empfängt heute Nachmit⸗ 
iag um halb drei Uhr den auf der Rückreise uach St. Petersburg 
hiet eingetroffenen Grafen Schuwalow, welcher sich sodann zum 
dronpringen begibt. Graf Hatzfeld trifft heute Nachmitag von 
Varzin hier ein. 
tVon der Böorse aus verbreilete sich am 8. Dez Nach⸗ 
mittag über ganz Paris das Gerücht von einem fruchtbaren 
kisenbahnunglück, welches sich nach den Einen auf der 
Oft⸗, nach den Anderen auf der Orieansbahn zugetragen haben 
jollte: man sprach von sechzig Todten. Die Wahrheit ist, daß 
beide Linien in den letzten vierundzwanzig Stunden der Schau— 
olatz von Unfällen gewesen find — die, wenn auch noch immer be⸗ 
zauerlich genug, doch glücklicher Weise nicht die ihnen zugeschtiebene 
Tragweite gehabt haben. Die von Floricourt, also von der fran⸗ 
onich · lothringischen Grenze, kommenden Züge Nr. 40 und 36 
varen mit großem Verzug auf dem Bahnhof von Rainey bei Paris 
ingetroffen uund dann eiwa 400 Meter vor dem VBahnhof von 
Bondh im Schnee stecken geblieben. Man haite vergessen oder es 
war nicht mehr möglich gewesen, sie gegen einen Zusammenstoß zu 
decken. Als nun etwas später der ebenfalls von Aoricourt komm ende 
kxpreßzug Nr. 88 mit vollem Dampf heranbrauste, wurde der 
okomotivführer zwar noch die beiden auf der Bahullinie liegenden 
Züge gewahr, und er stoppte, aber er befand sich schon zu nahe 
und es erfolgte ein Zusammenstoß, in welchem die letzten Waggons 
)es Zuges Nr. 36 zermalmt und ihre Trümmer in die Luft ge⸗ 
prengt wurden. Ein Schaffner wurde getödlet, ein zweiter sowie 
wei Militürs. und mehrexe andere Personen wurden mehr oder 
weniger schwer verwundet. Der Lokomotivführer und der Heizer 
»es Expreßzuges kamen mit heiler Haut davon, die Lokomolide war 
ber in Stücke gebrochen und dem Kessel der Boden ausgeschlagen. 
luf der Orleans⸗ Linie waren in der Nacht vom Mitiwoch zum 
donnerstag bei Les Ormes zwei Züge an einander gestoßen und 
zier Reisende leicht verletzt worden. 
fIn Bereh ist wieder ein Theil des Quai in den Genfer 
See versunken. 
Von den vielen Episoden, welche das Unglück der spanischen 
Brobinz Mureta derutsacht hat, mag eine hier Erwaähnung 
inden: In den Foubourgs von Lorca, mitten unter den herren⸗ 
osen Gütern, welche auf dem Wasser umhertrieben, schwamm eine 
Wiege, in welcher sich ein wenige Monate altes Kind befand; das⸗ 
lbe spielte Angesichts dis grausigen Geschicks, dem es in jedem 
Romente zum Opfer fallen koͤnne, ahnungslos mit seiner Klapper. 
kinige geschickte und muthige Männer wagten sich in den Stirom, 
rhaschten die Wiege und rettelen so das junge Leben. Kein Ver. 
vandter ist gekommen, das Kindchen zurückzuverlangen — sie haben 
zielleicht alle ihr Grab bei dem Wüulhen der Elemente gefunden — 
ein Edelmann hat sich in Folge dessen erboten, den modernen 
Moses zu adopiiren. 
F.Am 28. d. Mis. findet bei Vollmond eine partielle Mond⸗ 
änsterniß von etwa anderthalbstündiger Dauer statt. Der Mond 
Jeht um 8 Uhr 2 Minuten guf. die Veifinsterung tritt gleich⸗ 
zeitig ein. 
dFlir die Redaciion verammwotich J. x. Demec 
isches ECchwurgerich. — 
IV. Quartal. 
Zweibrücken, 8. Dez. Verhandlung gegen Friedrich Panter, 86 
dahre alt, Siebmacher von Sanddorf, wegen Meinenßs. (Schluß.) Wahrend 
ie k. Staatsbehorde die Anklage aufrecht hielt, beantragte die Vertheidigung 
Freisprechung, da doch zu viele begruͤndele Zweifel vorlaͤgen, ob wirklich der 
XXC wissentlich die Unwahrheit beschworen habe. Nach mehr als L/⸗ 
tündiger Beraihung verlündigten die Geschworenen ihren Wahrspruch, der auf 
chuldig des Meineids wegen der Behauptung, der Shmied Trien sei bei dem 
Anfall zugegen gewesen, lautete, dagegen hielten die Geschworenen es für nicht 
rwiesen, daß der Angeklagte wissenflich und fälschlicherweise ausgesagt habe, 
der Ktnecht sei nicht bei seinen Pferden gewesen, und er habe Aules deutlich 
ʒeim Mondschein mitangesehen. ürtheil! i Jahr und 6 Mtonate Zuchthaus, 
Berlust der buͤrgerlichen Ehrenrechte auf 5 Jahre und Unfähigkeit je wieder 
ils Zeuge oder Sachverstãndiger vernommen au werden. 
Sern qtes. 
fSaarbrücken, 12 Dez. In dem kaum gebauten 
rächtigen Halberger Schloß des Geh. Commerzienraths Herrn 
Stumm ist deute morgen zwischen 1 und 2 Uhr Feuer ausgebrochen. 
Dasseibe gruff mit soicher Wuth um sich, daß bald die Flammen 
aus allin Fenstern des weilläufigen Gedäudes schlugen nnd letzteres 
zeute Morgen biß auf die Mauern ausgebrannt war. Bei der hohen, 
dem Winde ausgesetzten Lage det Schlosses, bei dem Wassermangel 
und der bittern Kälte war an ein Löschen nicht zu denken. Das 
orennende Schloß war trotz des Winternebels weilhin im Saarthal 
sichtbar, und soli namentlich bon der St. Arnualer Seite aus der 
Anblick ein furchtbar prächtiger gewesen sein. Das Schloß war 
noch nicht bewodnt, die Handwerker legten eben die letzte Haud an 
die innere Einrichtung als das dem Menschenwerk feinduͤche Eement 
Alles vernichtete. Die Entstehungsursache des Feuers ist dis j tzt 
ioch nicht aufgellärt. Versichert soll das Schloß nicht gewesen und 
omit der Schaden des Besitzers ein sehr großer sein. (S. 3.) 
f In Pirmasen* hat am Donnerstag der Schuster 
Valentin Schinid eine Wittwe,. mit der er längere Zeit zusammen⸗ 
ebte, mit eirem Schrotschuß in den Rücken schwer derwundet. 
dierauf suchte er fic selbst ducch einen Schuß in den Mund zu 
odten, was ihm indeß auch nicht gelang, indem er sich nur schwer 
aber nicht föͤdtlich derletzte. 
tLambreqct, 10. Dez. Der hiesige Vorschutz⸗Verein 
leing. Gen.) sseht vor einer Katastrophe. Iu den letzten Wochen 
sind so zahlreiche Austritisgesuche — man spricht vom Drinel don 
dem ca. 90 Mitgtieder starken Verein — au den Vorstand gelangt, 
doß derfelde sich gendthigt sah, auf lommenden Sonntag den 14. 
d8. eine Genetal ⸗ Versammlung mit der Tagezordnung: „Liquidation 
des Vereins“ einzuberufen. (Land. A.) 
FWürzburg, 9. Dez. Gestern wurden zwei Handwerks⸗ 
zurschen an der Landftraße vor der Stadf erfroren gefunden. 
Recht ungalani ist der Dü sfeldorfer,Anzeiger“ gegen 
die Frauen, denn er illustrirt die Geschwaͤtzigleit derselben jolgender⸗ 
naßen: „Geoße Freude herrschte gestern Morgen auf der Neustraße, 
vo drei Frauen sich so lange Neuigkeiten erzählt hatten, bis sie auf 
dem Trottoir angefroren waren. Die Nachbarschaft lief mit Töpfen 
voll heiben Wassers herbei, die Festgefrorenen wieder zu befreien, 
vobei es viel Gelaͤchier gab.“ 
tVonm kleinen Belagerungszustand in Berlin. Müller und 
Schulze treffen fich auf der Straße, und es entspinnt sich folgende 
Sondersation: M.: Nun, was fagen Sie, der kleine Beiagerungs⸗ 
uustand ist wieder über um verhängt. — Sch.: Was siegt datan? 
Man sieht ihn ja nicht. — Me Wieso? —66. Na, weil er 
derhängt ift. 
Jedermann weiß wie unbequem und lalstig im Winter zuwenen 
ꝛin vernachläßigter Husten oder Schnupfen werden kann. Man 
laubt sich häufig von einer starken Eckältung oder einem leichten 
Lungen⸗Katarrh befallen, während die Abzaäͤhrung und Lungenschwind⸗ 
ucht schon eingetreten find— 
Funf bis Sechs Stück der weliberühmten Bruftkaramels Marla 
Benno von Donat werden bei all diesen Fällen entweder roh ge⸗ 
Jessen, oder in heißem Kakao ⸗ Thee oder Milch aufgelöst, aber nur 
iauwarm getrunken. 
Der rasche Absatz, den dieses bewahrte Product selbst in den 
höchsten Kreisen gefunden, hat zahlreiche Fälschungen Imitationen 
urd Neider hervorgerufen, der billige Preis von 20 Pf. für einen 
echten himmelblauen Karion Kalao⸗Thee wird allgemein anerkannt. 
Von dem echten Kakac Thee Maria Benno hon Donat, dieses 
»illige, wohlschmeckende und nahrhafle Getränt jür Kinder und Er⸗ 
oachsenen nimmt man auf eine Taffe Wasser einen Theeloffel voll 
und laäßt dies eine halbe Stunde lochen, dann gießt man ihn durch 
ine Sieb und schültet etwas Zucker und Milch daran, wie an 
en daffe. 
Debot in St. Ingberl bei Herrn Jean Peters. 
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