Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Anzeiger. 
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Sonntag den 29. Februar 
1880. 
Deutsches Reich. 
Konprinz Rudolph von Oestereich wird in den ersten Tagen 
dieser Woche in München eintreffen. Ueber die Dauer seines 
Aufenthalts daselbst, sowie über das weitere Reiseziel ist nichts bekannt. 
Berlin. Der „Staatsanzeiger“ publizirt eine Verordnung, 
wonach mit dem 1. April die Directionen der k. preuß. Eisenbahnen 
zu Saarbrücken und Wiesbaden aufgelöst und mit dem Verwal⸗ 
ungsbezirk der Eisenbahndirection zu Frankfurt a. M. vereinigt 
werden. 
Im Reichstag regte bei dem Budget der Reichs justizver⸗ 
waltung Abg. Stellter die allzu große Hoöhe der Prozeßgebühren 
Gerichtskosten) an, worauf Staatssekretär v. Schelling erwiderte, 
den Anstoß zu eiuer Herabsetzung derselben müßten die Regie⸗ 
rungen der Bundesstaaten geben, weil der Ertrag der Gebühren in 
die Cassen der Einzelstaaten fließe. Verschiedene andere Rednet 
klagten auch über die Höhe der Gerichtskosten, worauf Staatssek⸗ 
cetar v. Schelling noch erwiderte, für nächstes Jahr sei Einleitung 
getroffen, daß eine statistische Zusammenstellung über die Wirkung 
der Gerichtskosten ausgefertigt werde. 
Nach einer dem Bundesrathe zugegangenen Berechnung be⸗ 
ragen die Matricularbeiträge pto Rechnungsjahr 188081 97 
Millionen Mark, 7110 mehr als im Vorjahr. Auf Preußen ent⸗ 
fallen 48910 Millionen, auf Bayern 19810 Millionen, 
Die Berathungen des Militärgesetzes im deutschen Reichs⸗ 
tag werden voraussichtlich morgen (Montag) beginnen. Man 
zlaubt, daß Fürst Bismard denselben anwohnen und wahrscheinlich 
die Vorlage persönlich durch eine eingehendere Begründung im 
Hause einführen werde. 
Ausland. 
Das „Reuter'sche Bureau“ meldet aus Konstantinopel 
dom 25. d. in Betreff des angeblichen Attentals gegen den 
Sultan: Bei Papadopulos, einem naturalisirten englischen Unter⸗ 
hanen griechischer Abstammung, wurden 12 Bomben vorgefunden. 
Bei seinem Verhör in der britischen Botschaft im Beisein des Dra— 
Jomans der britischen Botschaft gestand Papadopulos anfangs ein, 
ein Atientat auf den Sultan beabsichtigt zu haben, zog jedoch 
spater dies Geständniß zurück und behauptete, daß die Bomben be 
ihm von seinem Bruder, der ihn denuncirte, niedergelegt worden 
seien. Sein Bruder, welcher kürzlich zum Islam übergetreten ist, 
wurde ebenfalls verhaftet. 
Petersburg, 27. Febr. Die seit mehreren Tagen hier 
gesuchte Vera Sassulitsch soll nach der russischen St. Peters burger 
Zig.] hier in der Wohnung einer Freundin ergriffen worden sein. 
Die schweizerische Polizei hatte zuerst die russische don der Abreise 
der Sassulitsch nach St. Petersberg benachrichtigt. (Bestätigung 
ist abzuwarten.) 
Wie die russische Regierung in Folge eines neuesten Attentats 
dorzugehen gedenkt, darüber geben die folgenden Maßnahmen Auf-⸗ 
schluß, welche der Telegraph aus Petersburg meldet. An Stelle 
des General⸗Gouvernements in Petersburg trilt eine Oberleitungs⸗ 
commission unter selbstständiger Direction und Führung des mit 
weitesten Vollmachten ausgerüsteten Generals Grafen Loris⸗Melikoff, 
um „energisch dem revolutionären Treiben ein Ende zu machen.“ 
Der bisherige General⸗Gouderneur von Petersburg, General Gurko, 
bleibt Truppen⸗Commandat. Der Commission gehören Vertretet 
verschiedener Ministerien an, welche den Anordnungen des Chefs 
Folge zu leisten und die Mitwirkung der bezüglichen Ministetien 
zu erleichtern haben. 
New⸗Yort, 9. Febr. So eben rollt — wie die stehende 
amerikanische Zeitungsphrase lautet — der erste Kanonendonner 
des Prasidentschafts⸗Feldzuges von 1880 über das Land. Es war 
ein republikanisches Geschutz, welches die Salve gelöst hat, und 
ihr Klang war — Graͤnt! Die republilanische Staats⸗Condention 
(d. h. die Versammlung der Vertrauensmaͤnner der republikanischen 
Partei) von Pennsyldanien hat sich nach einem kurzen, aber heißen 
Kampf für General Grant, als den Candidaten der pennsylvanischen 
Republikaner, entschieden. Wie fast immer bei derartigen politischen 
Vorgängen hierzulande war die meiste „Arbeit“ bereits vor bder 
eigentlichen Convention gethan, so daß diese selbst nur den letzten 
ntscheidenden Kampf der verschiedenen Meinungen brachte. Viese 
Meinungen aber waren nur zwischen zwei Männern getheilt, zwischen 
Brant und Senator Blaine von Maine, ünt zwar erzielte letzterer 
noch in der Schlußabstimmung eine so bedeutende Minderheit, daß 
echt zu Tage trat, welche Anstrengung die Anhänger Grants unter 
Führung des Bundessenators Don Cameron vorher und unter der 
dand gemacht haben mußten, um die Mehrheit zu Stande zu bringen. 
Vermischtes. 
* St. Ingbert. Am nachsten Moniag, 1. März, be— 
zinnen in den hiesigen katholischen Schulen die ordentlichen Jahres⸗ 
zrüfungen. 
F. Von „competenter, Seite ist den Münchener „Neuesteu 
Rachrichten“ die Auskunft geworden, daß die für frühere unrichtige 
Sapitalrente nsteuer⸗Fassionen ministeriell ertheilte Indemnitat 
gleichermaßen für die früheren Fassionen der Einkommensteuer 
Heltung habe. 
FDas scheinbare Mitbieten von Personen bei Versteigerungen, 
um unbetheiligte Dritte in den irrigen Glauben zu versehen, daß 
der ausgebotene Gegenstaud mehr werth sei, als er wirklich ist, um 
ie zu hoöherem Gebote zu veranlassen, ist nach einem Erkenntnisse 
des Obertribunals vom 20. September 1878 als Betrug zu be⸗ 
trafen. Haben dabei die Scheinbieier im Einberständniß mit dem 
tuktionator gehandelt, so find sowohl jene, als auch dieser wegen 
Betrugs resp. wegen Theilnahme am Betruge zu bestrafen. 
T., Wie man der „pf. Pr.“ berichtet, find bei Cappellen 
»inem Dorfe in der Nähe von Grumbach am Glan Spuren von 
betroleum gefunden worben 
FEin schlau ausgeführtes Gaunerftüccchen kam in Klein⸗ 
teinhausen vor. Bei einem dortigen Bauer erschien ein angeb⸗ 
icher Knecht seines Bruders aus Maßweiler mit dem dringenden 
Ersuchen, denselben andern Tags zu besuchen. Der Vote wurde 
decht gut aufgenommen und über Nacht behalten. Des Morgens 
nach dem Frühstück entfernte er sich, und der Bauer ging bald da⸗ 
rauf in die obere Stube, wo jener geschlafen hatte, um sich für 
den Besuch umzukleiden. Aber o weh! Der Kleiderschrank war 
durchwühlt, und die Hochzeitshosen und der Hochzeitsrock waren 
verschwunden. Der Bestohlene erfuhr dann bei seinem Bruder, 
den er sofofort besuchte, daß dieser Niemand geschickt habe. 
Im Walsheimer Gemeindewald wurde der Tod eines ledi⸗ 
gen Tagners von Dernbach dadurch herbeigeführt, daß derfelbe beim 
Zersägen einer Buche von dem berganliegenden und herabrutschenden 
auntern Ende des Stammes zerquetscht wurde. 
Der Gesammtumschlag der Volksbant in Landau betrug 
im Jahre 1879 14 826.047 M. I6 Pf. mit einem Reingewinn 
pon 44773 M. 28 Pf. Dieselbe zählte am Schlusse des Vorjahrs 
316 Mitglieder. 
f Nach dem „Eilboten“ geht die Landauer Stadiver⸗ 
valtung mit dem Gedanken um, das s. J. zum Bau der Gewerbe⸗ 
ind Lateinschule aufgenommene ssprocentige Anlehen in ein Aprv⸗ 
ꝛentiges umzuwandeln. Die durch diese Maßregel zu erzielende 
Ersparniß an Zinsen wird sich auf ca. 1400 M.belaufen. 
F,Ein Frankenthaler Metzger ließ am Samstag dort 
nusschellen, daß er das Pfuͤnd Rindfleisch zu 20 Pfg. verkauft. 
F Speier. Die diesjährige Staatsprüfung fuͤr die Rechts⸗ 
landidaten beginnt Montag den 10. Mai. 
x Wie es heißt, soll das von Saarbrücken nach Saarburg 
in Lothringen verlegte Rheinische Ulanen⸗Regiment Nr. 7 nunmehr 
aach Straßburg im Elsaß dislocirt werden. 
T. Ein Reiterstückchen hat der schleswig⸗ holsteinische Dra⸗ 
joner⸗Lieutenant Spielberg in einer lothringischen Garnison aus— 
Jeführt. Als sein Chef nach Trier versetzt wurde und mit dem 
A sezte er zu gleicher Zeit sein Pferd in Galopp, 
hielt mit dem Zuge 4 Kilomeier lang gleichen Schritt und traf 
inter dem Beifallsrufen der Reisenden zugleich mit dem Zuge auf 
der nächsten Station ein, wo er von seinem Chef nochmals person⸗ 
iich Abschied nahm.