um nicht von Neuem die blinde Wuth der Nussen gegen sich her⸗
aufzubeschwören und den Alten Groll zu erwecken, der im Herzen
des Czaren gegen sie schlummert. Aus Warschau war sogar eine
Ergebenheits⸗Adresse au den Czaren gesandt worden, welche die
Bile enthielt, nach dort überzusiedeln, wo sein Haupt sicher sei vor
den Anschlägen nihilistischer Verräther. Nun hat sich das mit
cinem ESchlage geändert. Ein Petersburger Telegramm berichtet
nämlich daß in War scha u von der dortigen Polizei am 11. d.
Mt. eine Sozialisten⸗Versammlung entdedt worden ist. 16 Personen,
und zwar zwei Ingenieur⸗Technologen. ein Student der Medizin
und 13 Handwerker, wurden verhaftet.“
Zu dem Gerücht, daß der Lussische Reichskanzler Gortscha⸗
koff zurücktreten wosle, gesellt sich ein anderes, welches behauptet,
der Czar habe dem Fuͤrsten Bismarck einen eigenhaͤndigen Brief
geschrieben, infolge der Gegenzeichnung des Reichskanzlers zu dem
hekannten Gratulationsschreiben unseres Kaisers.
Verlaͤßliche Petersburger Verichte lassen durchblicken, daß
der Czar in steter Aufregung lebe und an hochgradiger Nervosität
leide, welche sein körperliches Befinden ungünstig beeinflußt. Darauf
sind bermuthlich die Gerüchte von einer Erkrankung des Czaren zu⸗
rückzuführen. Halbamtliche russische Berichte konstatiren eine tiefe
Verftimmung Rußlands gegen Frankreich, demzufolge eine russische
Annäherung an Deutschland und Oesterteich zu bemerken sei.
Rach einem Wiener Telegramm der Irkf. Ztig.“ hätle Fürst
Alexander von Bulga rien ernstlich Lust, abzudanken; er habe
den Anterzeichnern di VBerliner Vertrages hiervou Mittheilung
gemacht, von diesen aber den Raih erhalten, auf seinem Posten
ju bleiben. Daß sie ihm das rathen, ist sehr natürlich; denn wenn
er ginge, würde die Frage, wer Fürst von Bulgarien werden solle,
für sie eine Quelle Neuer Verlegenheiten werden. Dem Fürsten
Alexander aber wird damit wenig gedient sein. Zur Zeit ist er
noch in St. Petersburg, wohin er zum Regierungsjubiläum des
Czaren reiste.
New⸗York, 15. März. Heute begann hier eine Arbeits
einstellung der Piano⸗Fabriken. Scit mehreren Wochen waren 700
Arbeiter don Steinway's Fabrik in Strike, weil sie einen höheren
Lohn verlangten, und da sie sich weigerten, die Arbeit unter den
alten Bedingungen wieder aufzunehmen, schlossen auch die übrigen
Fabrikanten heute ihre Fabriken, in Folge dessen sind 4000 Arbeiter
ohne Beschäftigung. ucberhaupt herrscht unter den amerikanischen
Arbeitern eine große Untuhe, da in einzelnen Zweigen Lohner⸗
hohungen bewilligt, in anveren verweigert worden sind. In der
Clearfield⸗Kohlen⸗Region von Pennsylvanien striken mehrere Tausend
Arbeiter und im Innern dieses Siaates begann ein großer Stricke
der Puddler, welche 20 Procent Lohnerhöhung verlangen. Wahr⸗
scheinlich werden 57 Fisenwerke mit 7000 Arbeitern in denselben
hineingezogen.
In der südamerikanischen Republik Uruguay hat sich ein
unblutiger Prasidentenwechsel vollzogen. Der bisherige Präsident
dankte ab und der gesetzgebende Körper wahlte Franzisco Bid al
zum Prasidenten. Das gesammte Ministerium trat zurück, doch
dlieb die Ruhe ungestört.
Berichten aus Tehe ran zufolge ist in Herat (West⸗Afgha⸗
nistan) ein Bürgerkrieg ausgebrochen.
eEin Brief aus Mexico theilt mit, daß der dortige Aufent⸗
halt des Generals Grank, den seine Anhänger als Candidaten
jfür die nächste Präsidentenwahl in den Vereinigten Staaten auf
den Schild erheben wollen, auf mehrere Monate berechnet sei.
General Grant traf am 21. v. Mtz. in Merico ein und wurde
daselbst mit militarischen Ehrenbezeugungen empfaugen. Die Be—
grüßung Seitens der mexikanischen Bevölkerung zeugle von aufrich—
liger Herzlichkeit.
—
Vermischtes.
St. Ingbert, 17. März. In heutiger Schöffen⸗
sitzung kamen folgende Fälle zur Aburtheilung: 1) Zwei Bu⸗
ben von hier wurden wegen Unzurechnungsfähigkeit von der An⸗
klage, mehrfache Diebstaähle verübt zu haben, freigesprochen, jedoch
berordnet, daß sie in einer Erziehungs⸗ oder Vesserungsanstalt
untergebracht werden —XV wurden wegen Hehle⸗
rei zu je einem Monat Gefängniß verurtheilt. 2) Wegen Kohlen⸗
diebstahls und Entwendung von Genußmitteln erhielt eine hiesige
Frau i Tag Gefängniß und zwei Tage Haft.
4In Schmittweiler, Kanton Waldmohr, brannte am
Abend des 15. März Wohnung, Scheuer und Stall der Wittwe
Daniel Ludwig nieder. Die Bewohner des Hauses waren schon
zu Bette gegangen und nur mit der größten Anstrengung konnten
inige Hausmobilien und das Vieh gerettet werden. Der Schaden
ist, koßdem Alles versichert war, doch ein beträchtlicher.
'Am 13. März gerieth in der Nähe von Otterberg
ein junger Kiefernbestand von mehreren Tagwerk Flache in Brand
—ä
F Vom mittleren Gebirg wird dem „Pf. Aur.“ geschrieben.
Frmiiß einem fast Wunder vehmen. wenn man immet noch da⸗
über streiten hoͤrt, ob die Verwüstung unserer Rebfelder durch den
Frost eine volllommene oder nur theilweise sei. Wenn bei einer
Fälie von über 20 Grad Reaumur der Rhein zweimal zugefriert,
venn was auch nur selten vorkommt — unseres Wissens seit 1830
nicht — der Epheu erfriert und die steinernen Wiesenwehre durch
zie Kälte börsten, dann kann man noch im Zweifel sein, wie es
im die Neben stehen werde! Wohl sind einzelne Reben, besonders
Riesling und auch Traminer, noch ziemlich gesund, und auch an
ꝛrfrorenen Reben findet man hier und da noch gesunde Augen.
Allein man hat auch die Erfahrung gemacht, daß, wo solche Reben
ich finden, der Bast des Unierholzes erfroren ist und selbstverständ⸗
ich jene einzelnen Augen nicht zur Entwickelung kommen können.
Man wird eben klug thun sich auf einen völligen Fehlherbst gefaßt
zu machen. — Von unseren Saaten läßt sich bis jetzt nur sagen,
aß sie fast ganz rein von Unkraut sind, also die Kälte hier wohl⸗
haͤtig gewirkt hat. Wie sie sich sonst stellen werden, hängt haupt⸗
aͤchlich von der Witterung im April ab. Die Wiesen haben da,
oel das Eis vollständig die Grasnarbe deckte, nothgelitten, so daß
in manchen Siellen der Rasen zerstört ist. Doch ist dies von
intergeordneter Bedentung. — Im Weinhandel ist gegenwärtig
venig Leben; indeß ist der Neue ziemlich gesucht und gilt durch—
chniuͤlich 460 Mark das Fuder.
' In Fraukenthal wurde ein Bäckermeister von einem
einer Gesellen in Folge eines Woriwechsels wegen zu leistender
Arbeit in die Hand gebissen und außerdem durch einen Messerstich
imn Halse verwundet.
FIn einem Obstgarten bei Sch aidt wurde vor einigen
Tagen von einem Apfelbaum ein vollstaͤndig gesunder, wohlriechen⸗
der Apfel abgenommen. Derselbe war mit dem Stiele noch am
—XXDD0 jeiner frischen, grünen Farbe
eine Spur von Verfrorenheit. Gewiß ein „harter Nickel“ und
ꝛine große Seltenheit!
F Bei der diesjährigen Offiziersprüfung in Müen chen, an
der sich 104 Portepeefähnriche und 4 Reserbeoffiziere betheiligten,
vurde ein strenges Erempel statuirt. Nachdem durch die Auf⸗
ichtsoffiziere festgestellt worden, daß vier Candidaten sich bei ihren
Prüfungsarbeiten unzulässiger Hilfsmittel bedient hatten, wurde
hnen don der Prüfungscommission die weitere Betheiligung an
der Prüfung versagt, und bald darauf erfolgte auch ihre Ent⸗
assung aus der Kriegsschule.
FPrinz Otto von Bayern hat zur Vertheilung an die
zurch Brand verunglückten Bewohner Donaustauf's 1000 Mark
zespendet.
Von dem mittelfrä nkischen Schwurgericht wurde
der Bezirksamtsoberschreiber Koch von Fürth wegen Verbrechens
m Amt zu 7 Jahren 2 Mon. Zuchthaus verurtheilt. Koch hatte
in der Distriktskasse und anderen Geldern den Betrag von 16,000
Mark unterschlagen und benutzte die Kränklichkeit des vormaligen
Bezirkdamtmanns zur Erschleichung seiner Unterschrift, um damit
die von der Regierung abgeminderte Districtsumlage nach dem al⸗
sen höheren Saß einzufordern und so das Deficit zu verdecken.
GSonst und jetzt.) „O, dees kann i Dir schon sage,
Schulzebau'r, daß i vor lauter Schreiberei bald aussätzig werd'!
Wie einfach ischt das Aemtle bei mein's Vater selige Zeit g'wese.
Ziehe, do hat mei Vater selig, der alie Gemeindspfleger, am End'
„om Johr d' Gemeinderechning mit Kreide uf de längste Tisch im
Wirthshaͤus g'schrieba, links d Einnahme und rechts d' Ausgabe
nd in der Üritt en Strich. Druf hat man de ganz Gemeind in
az Wirthshaus g'schria, und jeder Bauer hat von der Rechning
rinsicht g'nomme und hat zum Zeiche. daß er einverstanden war,
if'n Tisch g'spuckt; und wie des der Letzt' hat thua g'het, hernoch
sat als der Gemeindspfleger mit 'm Roͤckärmel d' Rechning aus⸗
jepußt. So hat ma domols d' Gemeindsrechning abgelegt, und
3Dorf ist au net z' Grund gange!
p'Eine Prügelwette. Eine Wette sonderbarer Art wurde
hor 8 Tagen von zwei Bauern in der Gegend von Wambach
Niederbahern) zum Austrage gebracht; dieselben wetteten nämlich
in 20 Mt. daß der Eine den Andern nicht erschlagen oder er⸗
lechen lonne! Der Zweikanipf begann mit Prügel und Messer und
ndete damit, daß beide Duellanten nun arg zugerichtet das Bett
züten müssen.
In Ars a. d. M. ist die Ehefrau eines Einwohners von
Funflingen, 3 Mädchen und 2 Knaben, entbunden worden, welche
ich, wie man der „Lothr. Z.“ meldet, des besten Wohlseins erfreuen.
4 Aus Mainz wird gemeldet: In letzter Zeit ist der Trans⸗
dort von frischen Eiern aus Italien (Verona) wieder bedeutend
Jestiegen. Fast täglich kommen 10 bis 12 Wagen mit vielen
Hundertlausenden von Eiern beladen hier durch, welche theils für
hier, theils für Coblenz, Köln und Holland bestimmt sind.
4 Ein seltsames Thema zum deutschen Aufsatz haben die Abi⸗
urienten der Realschule in Köln erhalten: Der Krieg als Jung⸗
uell der Sittlichleit.“ Ueber den Werth des Krieges in dieser
dinsicht sind denn doch die Gelehrten noch nicht ganz einig.
ver SEnaitammer uu Köln wurde dieser Tage ein