Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

oͤrmliche Tobsucht überging, befallen, und alle Mittel der anwesen⸗ 
den Aerzte konnten der Ünglücklichen keine Linderung verschaffen. 
Nach zwei Stunden der schrecklichsten Krämpfe war das blühende 
Beschöpf eine Leiche, die um so ergreifender und schauerlicher an⸗ 
usehen war, als sie sich noch im vollen Ballstaate befand. Es 
iegt begreiflicherweise nichts naͤher, als daß man den Anfall, der 
min dem Tode endigte, auf die Affaire mit dem Hunde zurückführt. 
In Kiew (sußland) wo sehr viele Verhaftungen vor⸗ 
ommen, wurde der Polizeimeister bei dem Verlassen einer Abend⸗ 
gesellschaft in einer Droschke entführt, in ein unbekanntes Lokal 
jebracht, von maskirten Gestalten mißhandelt und gezwungen, die 
rhaltenen Schläge — schriftlich zu quittiren. 
Ein langer Schlaf. In Tarnow befindet sich 
in dem dortigen Spital ein 24jähriger Israelit. welcher, wie Wie⸗ 
—D Wochen von lethar⸗ 
zischem Schlafe befallen ist. Sein Schlaf ist so stark, daß man 
yn nicht einmal durch Elektrisirung zu erschüttern vermochte. Ge⸗ 
nährt wird der Mann durch eine durch den Halsschlund in den 
Magen eingeführte Röhre. Dr. Kowalski, welcher den Kranken 
in feiner Behandlung hat, forderte mehrere Aerzte aus Krakau auf, 
den seltenen Fall zu beobachten. 
4 Eine Nadikalkur. Ein Dorfvorsteher des Bezirks Kozlow 
neldeie neulich dem Präsidenten der Semskaja Uprawa Provin⸗ 
ialverwaltung) in Tambo w, daß in seinem ganzen Rayon die 
ziehseuche aufgehört habe. Neugierig, durch welche Mittel diese 
etzt fast in ganz Rußland grassirende Krankheit beseitigt worden 
ei, sfrug der Präsident den Dorfvorsteher darnach, welcher kurz er⸗ 
viderte: „Durch gar keine Mittel.“ — „Wie so denn?“ frug der 
Zräsident noch neugieriger. — „Weil das gesammte Vieh bereits 
repirt ist,“ rapportirte der naive Dorfälteste. 
— Ein tragisches Ende fand die erste Aniftin des „Circus 
Salamonski“ in Odessa, Martha Fiscall. Sie stürzte nämlich 
im 22. db. M. während der Vorfstellung der „Hirschjagd“ vom 
pferde zu Boden, worauf sämmtliche Jagdpferde über ihren Körper 
ahinsprengten. Als man die unglückliche Künstlerin von der Erde 
hob, war sie von den Hufen der Pferde förmlich zusammengestampft 
ind berecits eine Leiche. 
Minister-Schlägerei. Laut verläßlichen Nachrichten, 
velche der , Prue aus Sofia zugehen, hat der bulgarische Justiz⸗ 
ninister Gretoff seine Demission in Folge einer Schlaͤgerei gegeben, 
welche derselbe mit dem Minister des Innern in einem Minister⸗ 
cahte gehabt hatte. Angenehme Gegend. 
FDie größte Schwefelholz⸗ Fabrik der Welt befindet sich in 
Ofhkosh, Wisconsin. Diefelbe hat im vorigen Jahr 2,000. 000 
xuß Baumstämme zu Schwefelhölzern verarbeitet und zur vorschrifts⸗ 
mäßigen Versteuerung der Letzteren Steuermarken im Werthe von 
300,600 Dollar verbraucht. 
Der König von Siam, Frabat Somedscha, gedenkt im 
Frühlinge sein Reich zu verlassen, um über den Suez⸗Kanal nach 
ẽuropa zu reisen. Hier will er der Reihe nach die Höfe von 
Rom, Wien, Berlin, Paris und London besuchen. Frubat So⸗ 
nedscha hat eine europäische Erziehung genossen und spricht fran⸗ 
ösisch und englisch. Der Religion nach ist der König Buddhist 
ind verehrt als den Vertreter Buddhas auf Erden einen weißen 
ẽlephanten, der bei ihm im Palaste in herrlichen, mit Porcellan 
ind Gold belegten Zimmern wohnt. Im Palaste finden sich bei 
dreihundert Frauen und gegen zwei und einhalbtausend Sclavinnen. 
Sin Klagenfurter Kind, Herr Payer, ist der Privat-⸗-Secretär des 
Foönigs.“ Der Konig hat eigentlich fünfunddreißig Namen, doch 
verden dieselben nur in den Staatsproclamationen und auf den 
Staatssiegckn vollständig genannt. 
Gemeinnutziges. 
Milch als Träger vonJüsectionsstoffen,— Die 
ẽrfahrung, daß Milch als Träger von Infectionsstoffen wirken koͤnne, 
st durch eine neue authentisch beglaubigte Beobachtung in Bezug auf 
den Ausbruch einer Typhusepidemie in Huncoat bei Burnley in Lan⸗ 
rashire abermals bestätigt worden. Der Bauerngutsbesißer Jona⸗ 
han Clegg in Burnley bewirthschaftet eine Farm, zu der 14 Stück 
Vieh gehören. Er hat nur einen Knecht, so daß er genöthigt ist, 
elbst in Gemeinschaft mit seiner Familie die nothwendigen Arbei⸗ 
len, insbesondere den Verkauf der Milch und Butter zu besorgen. 
In seinem Hause erkrankten nun drei Kinder am Typhus. Die 
pflege derselben wurde nun nicht von einer einzigen Person be⸗ 
sorgt, sondern bald von diesem, bald von jenem Familiengliede 
nusgeübt, und so kam es denn auch vor, daß der Vater unmittel⸗ 
bar nach seinen Verrichtungen in der Krankenstube, ohne besondere 
Vorsichtsmaßregeln getroffen zu haben, in den Stall ging, um die 
Kühe zu melken oder zu buttern. Auf diese Weise sind sehr wahr— 
scheinlich Ansteckungsstoffe von der Milch aufgenommen worden. 
Ciegg verkaufie einen Theil seiner Milch nach Huncoat, und bald 
darauf erkranklen zwolf seiner Consumenten am Typhus. Diese 
vrlrankungen sind ohne Zweifel mit denjenigen in Clegg's Hause 
n Zusammenhang zu bringen. Dieses wird durch den Umstand 
erwiesen, daß der Typhus nur in den Häusern, wohin Clegg Milch 
lieferte, zum Ausbruch kam, während er zu der Zeit anderweitig 
nicht beobachtet wurde. Die Gesundheitsbehörde war von der auf 
—DDDD———— Kenntniß gesetzt wor⸗ 
den; daß man von derselben überhaupt erfuhr, war dem Umstande 
zu danken, daß man nach dem Auftreten der Krankheit in Huncoat 
die Ursachen ihrer Entstehung zu verfolgen bemüht war. Nach 
Zlarlegung der Verhältnisse hat der Gesundheitsbeamte des Distrikts 
ogleich Maßregeln getroffen, um jegliche Communication zwischen 
en Kranten und Milchern abzuschneiden. Mit Ausnahme einer 
inzigen jungen Frau sind nur Kinder erkrankt; die Krankheit 
ummt anscheinend einen günstigen Verlauf. 
Eine neue industrielle Verwerthung der 
—A Schlacke ist 
Fisher als ein sehr unbequemer Abfallsstoff betrachtet worden, dessen 
heiseitschaffung mit Kosten verknüpft ist, welche —XRLV 
en Gewiunsaldo der Hochöfen schmälern. Der einzige Gebrauch, 
velchen man von der Schlacke zu machen wußte, war die Verwen⸗ 
ung zur Beschotterung der Straßen. Die Schlacke war ein zu 
iesem Zwecke sogar vorzügliches Material, was an der guten Be⸗ 
chaffenheit der dunklen Wege in der Nähe der Hochöfen zu erken⸗ 
nen ist. Diese Art der Verwendung gestattet aber nur, einen ge⸗ 
ingen Bruchtheil der geförderten Schlacke zu verwerthen, weil der 
Traͤnsport bon Schoner auf weite Entfernung zu kostspielig ist. 
Fine Ausnahme findet nur da statt, wo gute Wasserstraßen zu Ge⸗ 
dote stehen. Dies ist aber nur selten der Fall, da die Hochöfen 
in der Nähe eisen- oder kohlenhaltiger Gebirgsflötze angelegt zu sein 
oflegen. Bis jetzt waren daher die Hochofen-Besitzer genöthigt, einen 
roßen Theil ihres Grundes und Bodens zur Ablagerung der 
Schlacke zu verwenden oder sogar neue Grundstücke hinzuzukaufen 
ind dadurch ihr Werk mit todtem Capital zu belasten. Seit Kur⸗ 
jem hat nun ein englischer Techniker nach fuͤnfjührigen Versuchen 
in einfaches und praktisches System zur Verwendung der Schlacke 
Jefunden, welches bereits auf einem neu eingerichtelen Schlacken⸗ 
derte in Clevelcnd die industrieelle Anwendung im Großen findet. 
Die Producte, welche mittelst neu zu diesem Zwecke construirter 
Werkzeuge und Fabrikations-Maschinen hergestellt werden, sind: 
Bachsteine und andere Baustücke und Zierrathen, Beton, Mörtek, 
Fement und Schlackenwotle. Mitielst eines Satzes geeigneter Ma⸗ 
chinen wird die Schlacke vom Momente an, wo sie glühend aus 
em Hochofen läuft, unter geeigneter Anwendung von Einspritzungen 
nit kaltem Wasser oder Dampf behandelt und zu Kies, Sand oder 
in wolligen Faserzustand verwandelt. Der Sand wird in auto⸗ 
natischer Weise in dem fünf Stock hohen Fabrikgebäude gehoben 
und dann, durch die verschiedenen Etagen herabfallend, gesiebt. 
Um Bagfteine oder Aehnliches herzustellen, wird er mit einem Zehn⸗ 
el pulverisirtem Gyps vermischt und dann durch eine Backsteinma⸗ 
chine getrieben, welche per Tag 1140 bis 12. 000 Stück liefert. 
diese Backsteine sind schon nach fünf Wochen so hart, daß sie einen 
Druck von neun Tonnen widerftehen. Dieselben besien den großen 
Vorzug, daß sie mit dem Alter härter werden. Angestellle Ver⸗ 
uche haben ergeben, daß drei Jahre alte Badsteine einen Druck 
„on 21 Tonnen (420 Centner ausgehalten haben, ohne zermalmt 
zu werden. Auch die Herstellung Gesimsstücken und Caminen aus 
dieser Masse hat sich sehr bewährt. Für die Fabrikation von Moͤrtel 
vird Kalke und Hämmerschlag hinzugesetzt. Zur Herstellung von 
Fement wird eine stärkere Mischung von kohlensaurem Kalt und 
Ziegelmehl beigefügt. Die Schlackenwolle, welche äußerlich der 
Haumwoile sehr ähnlich ist, und durch eine besondere Maschinerie 
angefertigt wird, indem ein Dampfstrahl die glühende Schlacke zer⸗ 
plitiert ind durch eine Röhre in einen großen, mit Drahtgaze aus⸗ 
Jerüsteten Behälter treibt, wird namenilich zu feuerfesten Verpad⸗ 
ungen und Umhüllungen, wie die Dampfmaschinenmäntel, Ofen— 
schirme u. s. w. verwendet. 
M— artibe ich te. I 
Zweibrücken, 1. April. (Fruchtmittelpreis und Victualienmarkt.) 
Weizen 11 M. 49 Pf., Korn 10 M. 28 Pf., Gersie zweireihige — M. — Pf. 
ierreihige d7 M. d8 Pf., Spelz — M. — Pf. Spelztern — M. — Pf., 
e M. HPf..nischfrubt 10 M. 71 Pf. Hafer 7 W. 26 Vf 
ẽrbsen — M. — Pf., Wicken 6 M. 80 Pf., Kartoffeln 2 M. 90 Pf. 
Heu 8 M. 20 Pf., Stroh 3 M. — Pf. Weißbrod I! / Kilogr. 58 Pf 
ornbrode3 Kilogr. 72 Pf., Gemischtbrod 8 Kilogr. 87 Pf., paar Weck“ 
yr. 6 Pf. Rindfleisch J. Qual. 60 Pf. II. Qual. 50 Pf. Kalbfleisch 
Hammeifleisch 60 Pf. Schweinefleisch 60 Pf., Butter? / Kilogt. 1M 
Wein 1 Liter 80 Pf., Bier J Liter 24 Pf 
Homburg, 81. März. (Iruchtmittelpreis und Victu 
11 Mvo pf. Korn 10 M. 23 Pf., Spelzlern —M 
pf., Gersie Areihige — M. — Pf. Gerste 4rei“ 
7 M. 81 Pj., Mischsrucht — M. — Pf., Erb' 
d M. — Pf., Bohnen dO M. — Pf., Klee' 
brod 6 Pfund 83 Pf., Gemischtbrod 6 Mf 
Rindfleisch 50 Pf., Kalbfleisch 40 Pf. H. 
50 Pf., Butter 1 Pfund 1 M. 20 Pf 
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