Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Enistehen virl mitgethan haben. Unsere Väter haben ihr schönes Theil an 
den Leistungen des neuen Landes, und selbst noch gegenwärtig helfen Deutsche 
nit in den vereinigten Staaten Notamerika's an der Entwickelung dieses groß⸗ 
artigen Gemeinwesens. 
Wenn wir die Geschichte dieses Volkes verfolgen, so finden wir, daß 
schon an der Schwelle derselben sich Deutsche an dessen Werden berhätigt 
haben. Wir können — und interessant if dies — die Geschichte der deutschen 
luswanderung in genaue Verbindung bringen mit der politischen, socialen 
and religiösen Geschichte Deutschlands in den letzten 3 Jahrhunderten. 
An' der Schmwelle der Geschichte der nordamerikanischen Republik, welche 
nit der Gründung der Stadt New⸗HPork beginnt, tritt schon ein Teutscher 
ruf. Wenn der Europäer den wefstlichen Ocean überfährt, landet er gewöhnlich an 
dieser Stadt. Sie ist erbaut auf einer an das Festland sich anschmiegenden 
Insel, der Insel Manhattan, welches langgestreckte Eiland damals ein Deut⸗ 
scher angekaufi hat um einen verschwindend kleinen Preis. Die Holländer 
n deren Begieitung er hinkam, wußten dite schwache Seiie der Rothhäute zu 
reffen, die besonders Vorliebe hatten für Feuerwasser, aqua vitae, geneinhin 
Branntwein genannt. Um den Preis von etwa 24 Thalern nach unserm 
Helde wurde die schöne lange Insel, die New⸗York trägt, verkauft, und wie 
wurde sie bezahlt? Die Manhattan⸗Insel, heute Tausende von Millionen 
reich, wurde von den Indianern an die Einwanderer abgelassen um — 
inige Gebinde holländischen Branntwein: Schiedamer Genever verduselte die 
Rothhäute aus ihrem Eigenthum, welches forian spärlich von weiteren Ein⸗ 
vanderungen in Besitz genommen wurde. Aber eigentliche Einwanderungen 
aus Deutschland fallen auch in eine spätere Zeit. 1614 oder 1615 wurde 
horgenannter Kauf abgeschlossen, und 70 Jahre später wurde der erste Haupt⸗ 
ansioß zur deutschen Äuswanderung nach Amerika gejeben. Confession elle 
Streitigkteiten in der Pfialz, hervorgerufen durch den Lan desherrn, der 
den den bekannten Wahlspruch aufgestellt hatte, „eujus regio, ejus religio,“ 
daß nämlich nach der religiösen Ansicht des Landesherrn auch der Unterthan 
ich richten müsse. Schon damals war eine bedeutende Anzahl Pfälzer nicht 
inversianden mit diesem Wahlspruche, und sie folgten ihrer einmal herge⸗ 
brachten Richtung. Sie sahen nicht ein, wie es möglich sei, daß einer käme 
uind fuͤr sich das Recht beanspruch:“, über ihre Gewissen zu entscheiden. Es 
varen aljo bayerische Pfälzer, die in großer Anzahl auswanderten; auswan⸗ 
erten mit einer Anzahl Engländer, die gleich ihnen den heimathlichen Herd 
erließen, und zwar aus gleichen Grunden, ebenfalls wegen religiöser Be⸗ 
)ruckung. (William Penn.) — Zwanzig Jahre verflossen, bis sie die neue 
Stätte zur wohnlichen Heimath hergerichtet. Mühsam arbeiteten sie sich durch 
die dichien Urwälber, schasen die Wildniß um in furchtbare Gefilde und — 
als Zeichen des Grun. jatzes, der sie aus der alten in eine neue Heimat ge⸗ 
fuhrt, — stellten sie in dem Namen der ersten Stadt, die sie gründeten, ihrer 
Ansicht ein bleibend Denkmal auf. Weil sie vertrieben waren 
rus Verkennung der Bruderliebe, weil sie sich sagten, 
daß in der Heimath nicht der Ort sei, das auszuführen, worau fie von Nie⸗ 
mand gehindert werden wollten, und daß es darum besser sei, die unduld⸗ 
jame Heiinath zu verlassen und eine neue aufzusuchen, auf der die Bruder⸗ 
siebe uͤngehindert erwachsen dürfe und solle, so nannten sie diese ihre erjte 
Stadt Philadelphia (on griechisch philein, „lieben“ und adelphos 
Bruder“), und sie ist es, die vor 4 Jahren den großen Gedenktag zur Feier 
zer Gründung der 13 Staaten Nordamerikas in glänzender, wür iger Weite 
degangen hat. (Forisetzung folgt.) 
Vom 1. Mai an werden auf den Pfälz. Bahnen wieder 
Rundreisebillete im Verkehr mit Baden (acht Tage giltig) 
im südwestdeutschen Verkehr, im Saarbrücken-pfälzischen Verkehr, 
dann ab Ludwigshafen mit Hamburg und ab Ludwigshafen mit 
Paris ausgegeben. 
Hr. L. V. Hussong in Blieskastel hat sich von 
Berlin eine Anzahl Prospekte, Geschäftspläne und Exemplare der 
Versicherungsbedingungen der Kaiser⸗Wilhelm-Spende — Allgemeine 
deutsche Stiftung für Altersrente und Kapitalversicherungen — 
schiclen lassen; von denselben kann bei Hrn. Hussong Einsicht ge⸗ 
nommen werden; auch gibt derselbe Formularien an Solche, die 
sich über die Sache unterrichten wollen, ab. 
In Kaiserslautern wurde kürzlich ein Commis ent⸗ 
lassen; derselbe beschäftigte sich hierauf mit dem Eintassiren von 
Ausständen seines Prinzipals und verschwand mit dem auf diese 
Weise ergaunerten Reisegeld im angeblichen Betrag von 1500 M. 
FWie die „Kaisersl. Ztg.“ mittheilt, wird in Folge einer 
von allen Kaiserslauterer Bierbrauern getroffenen Verab— 
tedung vom 1. Mai an der Schenkpreis des Bieres dortselbst vou 
12 auf 13 Pf. für den halben Liter erhöht werden. 
4 In Neustadt hat ein warmer Menschenfreund (Banquier 
Hetzel?) der Stadt 586010 Dez. Fläche (von dem Schmahli'schen 
Anwesen) im Werthe von 19,500 M. zum Geschenk gemacht unter 
der Bedingung, daß daselbst ein Neubau für eine Kleinkinder— 
bewahranstalt errichtet werde. Dieser Neubau wird wohl aus 
dem Erlös des Gebäudes, welches bis jetzt dem gleichen Zwecke ge— 
dient hat, jedoch nicht mehr ausreichend war, in Verbindung mit 
dem eigenen Vermögen der Anstalt bestritten werden können, so 
daß die Stadt wahrscheinlich Nichts zuzuschießen braucht. Der 
Spender dieser koniglichen Gabe ist derselhe, welcher der Klein⸗ 
kinderbewahranstalt alljährlich an Weihnachten 520 M. zu Be—⸗ 
scheerungszwecken zugewendet. 
Am Himmelfahrtstage (G. Mai) werden die Lehrer der 
echnischen Anstalten der Pfalz in Neustadt eine Zusammen— 
tunft halten. 
Ilbes heim. (L. A.) Ein interessanter Kampf ereignete 
sich hier zwischen Störchen. Ein einzelner Storch befand sich schon 
eit Wochen auf dem Neste, ohne jedoch einen Gefährten zu er⸗ 
jalten. Ein anderes Storchenpaar, wahrscheinlich das berechtigte, 
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prannte, der schließlich mit der Niederlage des ersteren endigte. 
Der Kampf war so heftig, daß der Besiegte vom Dache herunter 
iuf die Gasse fiel und von Buben in den Hof getragen wurde, 
vo er sich allmälich erholte und schließlich traurig von dannen zog. 
die Sieger warfen die bereits im Nest liegenden Eier heraus und 
uchen sich jetzt häuslich einzurichten. 
4F Zu dem in der Dienst. N. ds. Anz. kurz erwähnten Gat— 
enmord zu Dudweiler berichtet die St. J. Ztg: Johann Holzer, 
hater mehrerer unerwachsener Kinder, vormals Bergmann, jetzt 
Taglöhner, welcher schon in früheren Jahren mit seiner Frau in 
sank und Hader lebte und diese oft mißhandelte, lebte in letzter 
zeit von derselben getrennt, trieb sich die meiste Zeit arbeitslos 
serum, und wenn er wirklich arbeitete, so vertrank und verbrauchte 
er den Arbeitslohn, ohne sich um Frau und Kinder zu kümm ern. 
In Folge dessen mußte diese aus Gemeindemitteln unterhalten wer— 
den, und war es der Frau zur Pflicht gemacht, ihren Mann nicht 
nehr aufzunehmen. Gestern Abend nun begab sich dieser anschein— 
nd in angetrunkenem Zustande in die Wohnung seiner Frau; es 
»ntspann sich ein großer Streit, die Frau ergriff in der Hitze des 
Befechtes ein Beil und stürzte sich wuthentbrannt auf ihren Mann, 
velcher eiligst die Flucht ergriff. Das rasende, mit dem Beil be— 
vaffnete Weib verfolgte jedoch ihren Mann, dieser strauchelte etwa 
30 Schritte vor ihrer Wohnung und stürzte in einen Graben. 
Ehe er nun Zeit hatte, sich wieder aufznraffen, war das Weib zu 
AV 
etzte ihm mit dem scharfen Beil mehrere Hiebe an den Kopf, so 
daß der Tod fast augenblicklich eintreten mußte. 
In Mannheim wurden die Sozialisten Kaufmann 
August Dreesbach, Philipp Koch, Stadtverordneter Mai und Fabrikant 
Ottenthal sowie ein gewisser Hackenberger verhaftet. Letzterer steht 
m Begriffe, nach Amerika auszuwandern, und war mit den Uebrigen 
in dem Nebenlokal in einer Wirthschaft zusammenge⸗ 
roffen, um angeblich mit ihnen seinen Abschied zu feiem. 
7 Bei Worms wurde am Sonntag im Rhein die Leiche 
der dort in Dienst gestandenen 17 J. alten Anna Maria Müller 
us Bolanden (Pfalz) geländet. Häusliche Verhältnisse sollen 
»as vermögende Mädchen zum Selbstmord getrieben haben. 
F Augsburg. Dem Reichs- und Landtagsabgeordneten 
Dr. Völk starb dessen ältester Sohn im Alter von 26 Jahren. 
derselbe studirte auf der politechnischen Hochschule zu München 
ind wurde während des deutsch-französischen Krieges, den er, bei 
einem Eintritt in's 4. bayerische Art.“Reg. noch micht 17 Jahre 
ilt, als der Jüngste im deutschen Heer, häufig der Benjamin“ 
der Armee genannt. (S. M.) 
Würzburg. Das ärztliche Gutachten über den Tod der 
daufmannstochter Mina Grünebaum aus Homburg am Main, wel⸗ 
he am 15. April nach einer Reise dahier auf der Straße von 
inem Blutsturz befallen wurde, der ihrem Leben im Alter von 22 
Jahren ein Ende machte, geht dahin, daß der Unglücksfall in Folge 
uu starken Schnürens eingetreten sei. (N. C.) 
— In einer Delikatessenhandlung zu Nürnberg sind am 
Dienstag die ersten frischen Kirschen eingetroffen. 
F Ter Fabrikbesitzer Lothar v. Faber in Stein bei Nürnberg 
Bleististfabrik) ist von Sr. Maj. dem König in den erblichen 
Freiherrnstand des Königreichs Bayern erhoben worden. Herr v. 
Faber hat erst vor kurzem eine Stiftung mit einem Kapital von 
120,000 Mt. errichtet, aus deren Zinsen alljährlich einem beson⸗ 
ers tüchtigen Gewerbsmann die Mittel zur Vegründung eines 
eigenen Geschäftes geliefert werden sollen. 
(Treue Freudschaft.) Aus Zerbst wird das folgende 
niedliche Geschichtchen über die Freundschaftsthat der sonst so gern 
ils falsch verschrieenen Katze berichtet. Ein dortiger Bürger hatte 
ine Katze und einen Kanarienvogel aufgezogen. Diese Thiere waren 
uu gleicher Zeit geboren und lebten in einem und demselben Zim⸗ 
ner; nicht nur die Katze bewegte sich frei in demselben, sondern 
uch dem Vogel wurde oft die Freiheit verstattet. Es entstand im 
raufe der Zeit zwischen den beiden Thieren durch dies stets har⸗ 
nonische Beisammensein eine Freundschaft und eine Vertraulichkeit, 
vie sie wohl zwischen einer Katze und einem kleinen Vogel noch 
nicht bestanden haben dürfte. Man denke sich daher den Schreck 
er Hausfrau, als eines Tages die Katze mit einem gewaltigen 
zprung auf den Kanarienvogel zusprang, ihn packte und mit der 
rhaschten Beute unter eine Kommode schlüpfte, um hier das arme 
Thier zu zerreißen — so glaubte die erschrockene Hausfrau. Wie 
zroß war daher ihre Ueberraschung und ihre Freude, als sie bemerkte, 
haß eine fremde Katze sich in das Zimmer geschlichen hatte und 
zaß die einheimische ihren kleinen Liebling gegen die mordgierige 
Absicht des Eindringlings geschüßzt hatte. Denn kaum war dieser 
»erjagt, als der Kanarienvogel, von seiner Retterin freigelassen 
munter und wohlbehalten unter dem Sopha harvorgehüpft kam. 
Am Samstag Nachmittag haben die Zimmerleute begonnen, 
zie leßte Gerüst-Etage auf den Domthürmen zu Kölnn aufzu- 
chlagen. In wenigen Tagen werden fie nach altem Zimmermanns- 
jebrauch zum Zeichen der Vollendung ihrer Arbeit einen mächtigen 
ztrauß anf die hochste Spitze befestigen. 
Dienstzeuanifsse. Bekanntlich wird mit'dem Ausstellen