Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

einem Händler auf der Börse um 1500 Fr. gekauft. Ein Ge— 
schenk von 10,000 Fr. ist letzterem zugesagt. 
FParis, 8. Mai. Gestern wurde der Eisenbahnbauten⸗ 
Unternehmer Poulangeon aus Savoyen in dem Marseille⸗Pariser 
Schnellzuge zwischen den Stationen Rognac und Miramas ermordet. 
Der Mörder war ein Angestellter am Bahnhofe von Marseille 
Namens Clovis Montel. Poulangeon, der sich mit Montel allein 
im Waggon befand, war eingeschlafen, als letzterer ihm ein Messer 
in den Unterleib stieß. Poulangeon setzte sich zur Wehr, woraus 
Montel ihm einen Revolverschuß in die Hüfte beibrachte. Der 
Lärm rief den Zugführer herbei, der in den Wagen eindrang und 
sich des Morders bemächtigte. Absicht desselben war, Poulangeon 
zu berauben, der, ehe er den Waggon bestiegen hatte, 15000 
Francs in Obligationen auf dem Marseiller Eisenbahnhofe zurück⸗ 
gezogen hatte. Poulangeon wurde nach Axi gebracht, wo er seinen 
Wunden erlag. — Bei dem gestrigen Wettirennen zu Rerac stürzte 
eine Tribüne ein. Eine große Anzahl von Zuschauern wurde 
herwundet. 
FWMan klagt in Göschenen über den Gesundheitszustand 
der Arbeiter am Gotthardiunnel; gegen 2000 liegen krank, 
und die Sierblichkeit ist groß. Indessen rückt die Arbeit rasch 
borwärits. 
F Ein kurioser Vorfall wird einem Petersburger Blatte aus 
Sflomin gemeldet: In einem in diesem Kreise gelegenen Dorfe 
iebte ein Bauer mit seinem Weibe in der größten Zwietracht, weil 
er, wie er sagte, seine Frau zu „lieben aufgehört hatte“. Um 
ihn wieder zur „Liebe zu zwingen“, verurtheilte das Gemeinde⸗ 
gericht ihn zu 20 Ruthenhieben, welche Strafe er auch empfing. 
Der Korrespondent meldet nicht, ob dieses Mittel die gewünschie 
Wirkung gethan hat. 
x Ein Telegramm aus Sidney vom 26. April meldet die 
sestliche Preisvertheilung der dortigen Weltausstellung. Es wurden 
7000 Preise vertheilt. Die Ausstellung wurde am 17. September 
o. Irs. erxöffnet. Bis zum 26. Februar war sie von 803,084 
Personen besucht worden. Danach kommen auf den Tag 5736 
Besucher. Ist es dabei geblieben, so hat die Gesammtzahl der Be— 
sucher eine Million überschritten. 
F Mittel zur Confervirung von Holz. Als das Billigste 
und zugleich Zweckmäßigste, um Holzgegenstände, wie Pfosien, 
Pfähle, Zeichen für Gärinereien, Blumenstockhölzchen ꝛc. zu con⸗ 
serviren, damit sie in der Erde nichl verfaulen hat sich, nach 
Dr. Krätzer, mit großem Erfolge folgendes einfache Mittel bewährt 
Kochsalz, resp. das billigere Viehsalz, löst man so lange in warmem 
Wasser auf, bis die zuletzt gegebene Portion sich nicht mehr auflöst. 
In diese concentrirte Losung wird dann entweder das ausgetrock⸗ 
nete Holz bei kleinerem Umfange längere Zeit hineingelegt, oder 
größere Holzgegenstände werden mit der Salzlösung zu wiederholten 
Malen bestrichen. Pfosten und Pfahle, die in die Erde eingerammt 
werden, umgiebt man am Besten mit einer Lage Salz, welches 
fich bei seiner Aufloösung in das Holz zieht und es so conservirt; 
so behandeltes Holz hat noch den Vortheil, daß es von Insecten, 
w. z3. B. Holzwürmern, nicht angegriffen wird. Man ist dadurch 
auf dieses billige Mittel gekommen, weil die Gebälle wornt in 
Salzbergwerken die Gewölbe gestützt sind, seit äußerst langem Zeit⸗ 
caum einen vdllig unveränderien Zusiand sich bewahrt haben. 
Der Werih kleiner Dinge. Ein englischer Rationaldconom 
hat ausgerechnet, daß, wenn in jedem Haushalt in England 
mãglich 2 Loth Brod zu Grunde gehen, dies jährlich 25 Millonen Viertel⸗ 
ofundlaibe ausmacht, welche 100,000 Menschen ernähren könnten 
umd zu deren Erzeugniß 30,000 Morgen Weizen nothwendig 
waren. Zwei Loth Fieisch taglich verschleudert, machen jährlich so 
biel als 800,000 Schafe aus, 
F Arsenit im Ruß. Stevenson Macadam hat, veranlaß! 
durch den Umstand, daß Steinkohle stets mehr oder weniger Schwe⸗ 
fellies, dieser aber gewöhnlich Arsenik enthält, Untersuchungen des 
Rußes angestellt, um zu sehen, ob und wie viel dann von dem 
beim Verbrennen der Kohle verflüchteten Arsenik in demselben ent⸗ 
halten sei. Er hat durch Auskochen des Rußes mit Salzsäure 
und Uebertragen der Lösung auf blankes Kupfer die Anwesenheit 
don Arsenik nachgewiesen, auch durch quantitative Analyse einen 
Arsenikgehalt von U1000 des Rußes festgestellt. Die an der Feuer⸗ 
tatte sich absetzenden Rußschichten haben den stärksten Gehalt. Ob 
der beim Verbrennen der Steinkohlen in der Luft gehende Antheil 
einen nachtheiligen Einfluß auf lebende Wesen ausüben könne, will 
der genannte Forscher nicht entscheiden. — Nat. — 
fNeue Locomotive. In einer amerilanischen Jeitung 
indet sich ein Artikel, betitelt: Jedermann seine eigene Locomo⸗ 
we“, worumter der Verfasser nicht etwa die pedes apostolorum, 
ondern ein von ihm ersonnenes Velociped versteht, welches die 
Menschheit von der Tyhrannei der Eisenbahnen befreien soll“. Das 
delociped trägt nämlich hinten ein Reservoir mit comprimirter Luft, 
velche das Fahrzeug borwärts treibt. An gewissen Stellen werden 
»unn „Pumpftationen“ errichtet, wo jeder für ein Billiges seinen 
uftvorrath erneuert und dann luftig weiter fährt, Wenn die 
Leute, meint der Autor, erst mit 28 Meilen Geschwindigkeit auf 
der Landstraße dahin stürmen, werden die Eisenbahnmagnalen schon 
klein beigeben. 
Edison, wie es scheint, einer der großartigsten Rekla⸗ 
memacher Amerika's, hatte lange nichts von sich hören lassen. 
Jetzt taucht in den amerikanischen Blältern wieder folgende wun⸗ 
derbare Erfindung auf, welche die überraschte Weli ihm zu ver⸗ 
danken haben wird. Es heißt, er habe eine Methode erfunden, durch 
welche er aus den als werthlos weggeworfenen Ueberresten von 
zoldhaltigem Quarz, von den Goldgräbern „Sailings“ (Abfälle) 
zenannt, einen größeren Goldgehalt exirahiren kann, ais ein solcher 
durch den gegenwärtig gebräuchlichen Prozeß aus den ursprüngli— 
chen Quarzfelsen durchh Zermalmungsmaschinen erzielt wird. Die 
Mittel, welche er anwendet, liefern ihm die Chemie und Elektrizi⸗ 
tat. Er nimmt eine Quantität „Sailings, die, soweit Dieß durch 
die bis jetzt bekannten Prozeduren ermittelt werden kann nicht 
mehr das geringste Gold enthalten, und produzirt das Edelmetall 
in wahrhafi erstaunlichen Massen. Er behauptet, unter Anwendung 
seiner Methode aus konzentrirten „Sailings“ in einigen Fällen 
pro Tonne einen Goldwerth von 1400 Dollats gewonnen zu haben, 
und zwar mit nicht größeren Unkosten als 5 Vollars per Tonne. 
Edison machte diese Entdeckung, als er nach Platina für seine elek⸗ 
trischen Lampen forschte. Im Verlauf seiner Erperimente, welche 
das Auffinden eines Prozesses zur billigen Extrahirung dieses Me— 
talls aus den ihm zur Probe zugesandien , Sailiugs? von einigen 
alifornischen Goldminen zum Zweck hatten, war er erstaunt über 
den großen Goldgehalt, den diese verachteien Abfälle der Minen 
lieferten. Dieß gab seinen Forschungen eine neue Richtung; das 
elektrische Licht erhielt eine untergeordnete Beachtung. Er wid⸗ 
mete seine Energie der neuen Entdeckung, und der Erfolg seiner 
Methode war zuletzt über jeden Zweifel gewiß. Waͤhrend er 
sein Geheimniß nur mit einigen verlrauten Agenten theilte, 
üücherte er sich unberzüglich kontraktlich die „Sailings einer 
Anzahl von Bergwerken für eine Reihe von Jahren und wird 
somit der Besitzer von Millionen von Tonnen dieser „Abfälle.“ 
FTdison ist somil auf dem Wege, ein zweiter Krösus zu werden. 
So sagen wenigstens seine Freunde, die seine Erfindungen finan⸗ 
jiell ausbeuten möchten. In Europa hat man zu Edison sehr 
venig Vertrauen mehr, da seine Erfindungen alle nicht „gehen“. 
—. 
Marrktberichte. 
Zweibrücken, 5. Mai. (Fruchtmittelpreißs und Viciualienmar 
Beizen — M. — Pf., Korn 10 M. 30 Pf., Gerste zweireihige — M. — 
ierreihige o8s M. — Pf., Spel — M. Pf. Spelzkern — M. — , 
Dinkel - M. — Pf. UEischfrucht — m. — Pf. Hafer 7 M. 79 Pf., 
ẽErbsen — M. — Pf., Widen — M. Pf. Karloffeln 2 M. 40 pf. 
deu 3 M, 20 Pf., Stroh 8 M. — Pf., Weißbrod 12/3 Kilogr. 58 — 
dornbrod 3 Kilogr. 72 Pf. Gemischtbrod 8 Kilogr. 87 Pf. paar Wec 100 
Dr. 6 Pf., Rindfleisch 1J Qual. 60 Pf. II. Qual. 54 Pf. Kalbfleisch 30 Pf., 
Hammelfleisch 60 Pf. Schweinefleisch 60 Pf., Butter / Kilogr. 1M., 30 Ppf. 
Wein 1 Liter 80 Pf. Bier J Liler 24 Pf. 
Homburg, 8 Mai. (Fruchtmittelpreis und Victualienmarkt.) Weizen 
12 M. 23 pf. Korn 10 Me22 Pf. Spelztern M. Pf., Spelz M, 
—. Pi. Gerste Z2reihige — M. — ipf. Gerste 4reihige O M. — Pf. Hafer 
M. 60 Pf., Wischfrucht 19 M. 60 pf.. Erbsen n Pf., Wicken 
O M. — Pf., Bohnen dO M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf., Korn⸗ 
brod 6 Pfund 83 Pf., Gemischtbrode6 Pfund — Ppf. Odchsenfleisch — Pf. 
Rindfleisch 50 Pf., Kalblleisch 406 Pf. Hammelleisch — Pf. Schweinefleisch 
30 Pf., Butter 1 Pfund 1 M. 20 Pfo Kartoffeln per Cir. 2 M. 50 ppf. 
FKaiserslautern, 4 Mai. (Fruchtmittelpreis und Victualienmarki) 
Weizen 11 M. 483 Pf. Korn 10 M. 17 pf. Spelzkern — M. — Pf. Spelz 
.M. 74 Pf., Gerste 9 M. 36 Pf., Hafer 7 M. 85 Pf., Erbsen 7 M. 
37 Pf. Widcen 6 M. 10 Pf. Linsen — M. — Pf., Kleesamen — M. — 
Pf. Schwarzbrod 6 Pfund 80 Pf., vo. 8 Pfd. 40 Pf., Gemischtbrod 
3 Pfund 45 Pfg. Butter per Pfd. IM. 20 Pf., Eier 2 Stuck 10 Pf. Kar⸗ 
toffeln per Cent. 8 M. 20 Pf. Stroh 2 M. Pf., Heu 2 M. 50 Pfa. 
Der Htigung. In RXr. 69 des St. Ingberter Auzeiger im Auszug 
aus den Registern des hiesi jen Standesamis umer „C. Sterbfalle“ hat sich 
aus Versehen ein Fehler eingeschlichen, indem das Auler der am 28 Maͤrz 
dis. Jahres verstorberen Barbara Unh i, Wwe. von Pelter Schmel zer, mit 
75 Jahren, stat mit 37 Jahren angegeben in 
fstilr die Redaction verantwortlich: 
* 
HNemesßs. 
St. Ingbert 7. Mai. Der blinde Zit hervirtuose 
Hammer aus Neustadt a. H. wird morgen Abend (siehe Inser⸗ 
atenth.) in der Brauerei d. HH. Gb. Becker (früher Rosenthal) concer⸗ 
tiren. Unter anderen empfehlenden Zeitungsstimmen schreibt über 
den Concertgeber die Heidelberger Zeitung“: „Wir hatten Gelegen⸗ 
Jeit, den blinden Zithervirtuos in einigen Privatkreisen zu hören 
und müssen gestehen, daß derselbe sein Inst rument meisterhaft zur 
Geltung bringt, eine Sicherheit und eine eminente Fertigkeit steht 
ihm zu Gebote. Dazu kommen noch seine eigenen Original 
Kompositionen, die in der Zitherlileratuc mit zu den besten gehoͤren, 
die er mit seelenvollem Spiel zum Vortrag bringt.“ Da der 
Virtuose haupisachlich für seine Ider: „der Gründung eines In⸗ 
ttituts zur musikalischen Ausbildung junger Leidensgenossen“ in 
weiteren Kreisen Anhänger und Goönner zu gewinnen sucht, ver⸗ 
dient derselbe gewiß auch schon deßhalb besondere Aufmerksamkeit. 
An Besuchern wird es ihm morgen nicht fehlen.