Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

als im Jahre 1879 verwendete Bausumme, nicht zu hoch ge⸗ 
griffen sein. 9* 
pSickinger Höhe. Bei dem Kartoffelhandel geht es 
eben sehr flau zu. Die zur Spekulation aufbewahrten Kartoffel⸗ 
vorräihe, für welche durch die Kartoffelhündler zum weiteren Trans⸗ 
port früher 4 M. bO Pf. geboten wurden, werden nun um den 
Preis von 2 M. 50 Pf. abgegeben. Schlechte Spekulation! 
4 Die Bierpreis-Frage ireibt in Kaisers lautern recht 
sonderbare Blasen. Der „Pf. V.“ zufolge wird seit gestern das 
Vier zu 10 Pig. verkauft und soll damit so lange fortgefahren 
werden, bis diejenigen Wirthe, welche das Bier zu 12 Pfg. verzapfen, 
u Sceuze gekrochen sind und ebenfalls 13 Pfg. verlangen. 
Kaiserslautern. Die Nachricht der „K. Ztig.“, 
daß ein 8jähriges Mädchen durch Umstoßen von heißer Fleischbrühe 
schwer verletzt worden, wird in der „Pf. V.“ als übertrieben be— 
zeichnet. Die Verletzungen seien nur ganz leicht. Um so besser!“ 
4 Die rationelle Ausbeute der Granitsteinbrüche in Albe rs⸗ 
weiler hat, seitdem die Bahn Landau⸗Zweibrücken gebaut ist, einen 
solch riesenhaften Aufschwung erfahren, daß es kaum glaublich er— 
scheint, welcher staunenswerthe Reichthum an Steinen aus diesen 
Brüchen zu gewinnen ist. Es ist Thatsache, daß in diesem Ge— 
schafte Hunderttausende von Mark umgeschlagen werden. Spricht 
man ja davon, daß ein einziger Steinbruchbesitzer über 20,000 
Mark jährlich rein verdienen soll. Das Geschäft befindet sich haupt⸗ 
sächlich in Privathänden, obwohl die Eisenbahn auch einen solchen 
Bruch besitzt. (Pf. Pr.) 
Ddie Frankenthaler Bader und Friseure haben, 
um der Ausbeutung durch reisende Handwerksgesellen und Berufs⸗ 
genossen zu entgehen, nainentlich aber den Schwindeleien einzelner 
Subjecte das Handwerk zu legen, beschlossen, eine Unterstützungs 
jasse für reisende Berufsgenossen zu gründen. Jeder durchreisende 
Barbier, Friseur ꝛc. wird an dazu bestimmter Stelle, jedoch nur 
nach strenger Legitimation, seine Reiseunterstützung erhalten und 
somit das sog. „Umschauen“ aufhören. (FIrkth. 3.) 
P'öIn Edenkoben wurde ein Gewerbevberein gegründet. 
Baumholder. Die Anzahl der abgebrannten Gebäude 
beträgt nach amtlicher Zusammenstellung 257, wovon 133 Wohn⸗ 
häuser waren. 1000 Personen sind obdachlos geworden; es herrscht 
Mangel an Kleidern und Lebensmitteln. 
—München. Der k. Justizminister Dr. v. Fäustle hat 
sich nach Marienbad begeben und gedenkt dortselbst ca. 4 Wochen 
zu verweilen. Hr. Staatsrath v. Loẽ hat die Leitung des Justiz⸗ 
ministeriums übernommen. 
Kaufbeuern, 8. Mai. Heute Nacht und den ganzen 
Vormittag fiel Schnee mit einer Beharrlichkeit, daß man glauben 
fonnte, Weihnachten stehe vor der Thüre. Feld und Wald prangen 
denn auch heute in einem schneeweißen Gewande. 
In Worms fand eine Keilerei zwischen einem Knechte 
und einem Dienstmädchen, wahrscheinlich aus verschmähter Liebe, 
statt. Die beiden Streitenden kämpften wüthend, der Knecht warf 
it Steinen, die Schöne griff zum Messer. Das liebekalte Schau⸗ 
fpiel endete mit der Niederlage des schwerverwundeten Knechtes, 
der in's Hospital verbracht werden mußte. Die siegende Amazone 
wird sich vor dem Gericht zu verantworten haben. 
FDie kgl. Regierung zu Wiesbaden hat für den Um— 
fang ihres Verwaltungsbezirkes hinsichtlich der Einrichtung und 
Reinhaltung der Bierpumpen (Bierpresfionen) eine vom 1. August 
d. J. in Kraft tretende, im sanitären Interesse sehr wichtige Poli— 
zeiverordnung erlassen. Danach müssen bei dem gewerbsmäßigen 
Ausschank von Bier die qu. Apparte von dem gedachten Zeitpunkte 
ab folgenden Bestimmungen entsprechen: 1. Die zur Pression ver⸗ 
wendeie Luft muß aus dem Freien entnommen werden. Unbedeckte 
Aborte und Düngergruben müssen vom Eingang der Röhre minde⸗ 
stens fünf Meter entfernt sein. 2. In der Roͤhre, welche die Luft 
aus dem Freien dem Luftkessel zuführt, muß ein mit einem Sieb⸗ 
boden versehener, mit Salycilsäurewatte angefüllter Raum zur Fil⸗ 
zration der Luft, ehe sie in den Luftkessel übertritt, angebracht sein. 
3. Zwischen der Luftpumpe, wenn solche geölt werden muß, und 
dem Luftkessel ist ein Apparat einzuschalten, welcher sämmtliches 
don der Pumpe fortgeführtes Schmierol auffängt und es ermöglicht, 
das am Boden angesammelte Schmieröl von Zeit zu Zeit durch 
einen Hahn abzulassen. 4. Die Leitungsröhren für das Bier dürfen 
unter allen Umständen nur aus Glas oder reinem Zink bestehen. 
Die Leitungsrohren für die Luft konnen im Freien aus Blei, im 
Keller wegen der bequemeren Handhabung von Kautschut sein. 
Behufs einer rasch auszuführenden Controle muß in die Rohrleitung 
für das Bier eine mindestens 0,3 M. lange Glasrohre eingeschaltet 
werden. 58. Der Durchmesser der Zinnröhren hat mindestens —19 
bis 13 Mm. zu betragen. 6. Im Spundaufsatze muß ein Ventil 
angebracht sein, welches den Rückfluß des Bieres in den Windkessel 
perhütet. 7. Behufs Luftregulirung muß in der Nähe der Bier—⸗ 
krahnen ein Indikator angebracht sein, um den Luftdruck nach Be⸗ 
dürfniß herzustellen und denselben auf höchstens 1 Athmosphären⸗ 
ng ßeschränken. 8 Der Luitkesiel muß so construirt sein. 
daß er mittels einer an der tiefsten —A 
haten Oeffnung einer Reinigung unterworfen werden kann. 9. 
Saͤmmtliche Leitungen müssen reinlich gehalten und so eingerichtet 
ein, daß sie einer periodischen gründlichen Reinigung mit Wasser 
oder Wasserdampf oder einer schwachen Sodalauge unterworfen 
verden kbonnen.Uebertretungen dieser Vorschriften werden mit 
Beldstrafe bis zu 830 M. geahndet, an deren Stelle im Unver⸗ 
mögensfalle verhaäͤltnißmäßige Haft eintritt. 
P'Aus Frankfurt a. M. wird der „Westf. Z3.“ ge⸗ 
chrieben: Unser neuer Oberbürgermeister Dr. Miquel hatte kaum 
in Amt hier angetreten, als er unserer Stadt auch schon einen 
großen Dienst erwies. Es ist ihm gelungen, das städtische, bisher 
zu 4*/3 pCt. begebene Anlehen zu 4 pCt., und zwar zu 994, 
n den Invalidenfonds zu überführen. Unsere Gemeinde er spart 
zurch diese glückliche Finanzoperation jährlich 90,000 M. Zinsen. 
Außerdem hat der geniale Verwaltungsbeamte die ganze städ tische 
Administration in den wenigen Wochen seines Hierseins reo rgani⸗ 
sirt und geklärt. Ueberflüssige Beamtenstellen läßt er nach und 
nach eingehen, und manchem nicht überbürdeten Beamten überweist 
er neue und oft doppelte Thätigkeit. Auf diese Weise wird die 
Zahl unserer städtischen Angestellten vermindert und unnothiger 
Geldaufwand erspart. 
'Frankfurt. Ende verflossener Woche starb dahier eine 
betagte Wittwe, welche ein beträchtliches geodnetes und ein nicht 
minder bedeutendes ungeordnetes Vermögen zurückließ. Das letz⸗ 
sere fand sich im Betrag von über 100,000 Mt. unter alten Lum⸗ 
pen vor; theils bestand es in Eisenbahn-Prioritäten, theils in 
Guineen in Lumpen eingewickelt, theils in französischen und ame— 
rikanischen Papieren. Die anfänglich für werthlos zum Wegwer⸗ 
cen bestimmten Lumpen wurden nun nicht mehr verächtlich bei 
Seite geworfen, sondern von zarten Damenhänden, die an solche 
Arbeit nicht gewöhnt sind, gründlich durchsucht. (Fr. J.. 
pCingenehme UÜeberraschung.) Die Mitglieder 
des vor acht Jahren gegründeten Loossparvereins zu Hersfeld 
wurden in diefen Tagen durch die angenehme Nachricht überrascht, 
daß ein Finnländisches Zehnthalerloos mit dem Gewinn von 
90,000 Mark gezogen worden sei. Die Zahl der Mitglieder be— 
rägt ungefäfr 170 mit 360 Antheilen. 
F C(Die Zufügung einer Körperverletzung mittels eines Bierglases.) 
velches vom Thäter zum Schlagen benutzt wird, ist nach einem 
Frkenntniß des Reichsgerichts als qualifizirte Körperverletzung 
Verletzung mittels eines gefährlichen Werkzenges) aus 8 2234 des 
SZt. GB. mit Gefängniß nicht unter zwei Monaten zu bestrafen. 
Koöln. Das hiesige Oberlandesgericht verhandelte vor 
einigen Tagen als Revisionsinstanz einen Fall, der wohl verdient, 
veröffentlicht zu werden. Die Sache betraf eine in zwei Instanzen 
erfolgte Verurtheilung wegen Unterschlagung. Ein zum 
Landgerichtsbezirk Trier gehöriger Händler hatte eine durch Urtheil 
estgestellte Schuldforderung an einen dortigen Familienvater. Letz⸗ 
lerer, der keine Zahlung leistete, schickte sein Kind mit einem Geld⸗ 
betrag zu dem Händler, um Wagren zu kaufen. Dieser ließ sich 
das Geld geben und behielt dasselbe, ohne die verlangten Waaren 
zu verabreichen, mit dem Bemerken, daß er den Betrag als Ab⸗ 
chlagszahlung auf die Schuld betrachte. Darauf wurde der Gläu⸗ 
biger bon dem Schöffengerichte wegen Unterschlagung des Geldes 
zu einer Geldbuße verurtheilt. Die Strafkammer, bei der Be— 
rufung eingelegt wurde, ließ zwar eine Strafmilderung eintreten, 
fand aber auch in der Handlungsweise des Beschuldigten eine Un— 
erschlagung. Das Oberlandesgericht, dem das Urtheil der Straf⸗ 
kammer zur Revision unterbreitet war, hat dasselbe nunmehr be⸗ 
tätigt. (K. 3.) 
4 Welche enorme Massen von Lebensmitteln im Laufe eines 
— — Zusammen⸗ 
tellung des „Statist. Jahrb. d. Stadt Berliu.“ Danach kamen 
rämlich im Jahre 1878 auf dem Viehmarkt ausschließlich für 
Berlin zum Verkauf: 77,732 Rinder, 233,400 Schweine, 91,054 
Jaͤlber und 187,508 Hämmel. Berlin verspeiste also täglich 213 
Rinder, 640 Schweine, 250 Kälber und 500 Hämmel! Nach den 
zezahlten Verzollungen hat Berlin ferner im Jahre 1878 consumirt 
30,300 Ctr. amerikanisches Schmalz, 118,553 CEtr. Kaffee, 37,901 
Inn. Reis, 4406 CEtr. Pfeffer, 53804 Ctr. Mandeln, 16,534 CEtr. 
Rosinen, 8471 Etr. Syrup, 1366 CEtr. Thee, 35,761 Tonnen 
heringe, 5650 Tonnen Sardellen, 60,000 Etr. Cichorien, 3000 
Ftr. Feigenkaffee. Verkauft sind ferner hier 45,000 CEtr. gebackene 
Pflaumen und Orhoft Sauerkohl. An Bier kamen durchschnittlich 
nicht weniger als 162 Liter auf jeden Einwohner. 
Auch ein Duell. Im Ralos-Palontaer Wäldchen bei 
Best hat dieser Tage ein Duell stattgefunden, über dessen Verlauf 
Magyarorszag“ erzählt: Der Ministerialbeamte O. und der Jurist 
M. schossen sich auf Pistolen, und zwar so, daß sie gleichzeitig ihre 
Zchüfse aufeinander abfeuerten. Beide fielen rücklings zur Erde. 
Die Sekundanten liefen davon und schickten einen —— auf den 
Kampfplatz. Als dieser jedoch eintraf, war von den beiden Opfern 
des Duell- nichts mehr zu sehen. und da auch keine Blutspuren