Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

lauiet: „Das Unglück in Paris und die Misére unserer Reichs— 
hauptstadt ist schon niederschlagender und herzzerreißender Ratur, 
edoch keineswegs mit der Fuͤrchtbarkeit des Elends zu vergleichen, 
welches in Preußen herrscht. Folgender Fall möge als Exrempel 
dessen dienen: In Troppau grub ein Todtengräber die Leichen aus, 
deren Fett er zu gewinnen suchte und dieses als Schweinschmalz 
weiler verkaufte. Die Polizei entdeckte bald den Schwindel und 
der Fetthändler wurde in sicheren Gewahrsam gebracht.“ — Ein 
n Bordeaur domizilirender Troppauer begab sich in das Redak— 
tionslokal der „Gironde“ und theilte dem Herrn Redakteur mit, 
daß Troppau nicht preußisch, sondern die Hauptstadt von Oester⸗ 
reichisch⸗ Schlesien und die Geschichte von dem Fetthandel in der 
rwahnten Entstellung ein Blödsinn sei. Der Herr Redakteur der 
Gironde,“ der bezüglich seiner geographischen Kenntnisse nicht weit 
her zu sein scheint, erwiederte hierauf, daß besagter Artikel von 
nem kleinen Pariser (N) Blatt veröffentlicht und sodann in die 
meisten französischen Blätter als Illustration zu der Misére in 
Preußen übergegangen sei. W 
FBrüfsel. Aus Mons wird gemeldet, das am Samstag 
in der Kohlengrube St. Charles durch schlagendes Wetter 14 
Bergleute verletzt worden sind. An demselben Tage sind auf der 
Stalion Hältert bei Herzeele in Ostflandern zwei Eisenbahnzüge 
aufeinandergefahren, wobei einem Passagier das rechte Bein zer— 
brochen und fünf andere am Kopfe verletzt worden sind. 
FPrinzliche Launen. Die Söhne des Prinzen von Wales, 
Vicior und Georg, machen eine Reise an Bord der Korvette Bac⸗ 
chantin“. Sie bemerkten, daß die meisten Matrosen sich einen 
Anker, ein Kreuz oder ihre Initialen eintätowirten, und um dieses 
Beispiel nachzuahmen, tälowirten sie sich gegenseitig einen Anker — 
auf die Nase. Der Prinz von Wales soll nicht sehr erbaut ge— 
wesen sein, daß seine Söhne zeitlebens den seltsamen Schmuck im 
Gesichte tragen werden. So berichtet die Frankfurter Zeitung, der 
wir die Bürgschaft für diese seltjame Mittheilung freilich über— 
lassen müssen. 
F Ueber eine Reihe furchtbarer Verbrechen, welche in 
Warschau verübt worden, wird der „Pos. Ztg.“ von dort ge⸗ 
schrieben: Während der strengen Kälte wurde fast täglich in den 
vesseren Stadttheilen von irgend einem Hause ein ausgesetztes todtes 
stind gefunden. Der Tod würde gewöhnlich dem großen Froste 
und der schlechten Bekleidung der Kinder zugeschrieben; die kleinen 
Leichen wurden beerdigt, und hiermit war die Geschichte abgethan. 
Vor einigen Tagen wuͤrde jedoch ein Weib auf der That ergriffen, 
als es sich eben eines bereits todten Kindes durch Aussetzen ent 
ledigen wollte. Die Untersuchung hat ergeben, daß die Mörderin 
gegen Belohnung uneheliche Kinder übernahm, um sie aus der 
Welt zu schaffen, zu welchem Behufe sie die Opfer in einem Kasten 
erschloß, in welchem sie erstickten. Die Leichen, an denen keine 
Spur eines gewaltsamen Mordes zu bemerken waren, wurden dann 
usgesetzt. Wie es heißt, hat die Mörderin bereits ein umfassen— 
des Geständniß gemacht, durch welches viele Damen der feineren 
Gesellschaft kompromittirt sind. Es dürfte sich aus dieser traurigen 
Heschichte ein Monstreprozeß entwickeln, der einen dunklen Schatten 
auf die Moralität der sogenannien feineren Gesellschaft von War— 
schau werfen wird. 
F Dem letzten Schreiben des Ausstellungskommissärs des Deutschen 
Reiches in Sidney, Professor Reuleaux, an den Präsidenten des 
Reichskanzleramts, Minister Hofmann, entnehmen wir folgenden 
Passus: 
„Die Verkaͤnfe mehren sich täglich. Als Beispiel gestatte ich 
mir folgende Fälle anzufühten. Die Goldwaaren von Wilkens 
und Danger, Katalog⸗Nr. 217, wurden am ersten Tage der Zur—⸗ 
chaustellung im Canjen verkauft. Fünfmal verkauft ist das Orche— 
strion von Imhoff u. Muckle Nr. 393. Die Heiligen⸗Figuren von 
Meyer in München, Nr. 423, waren eine Stunde nach der Ent— 
hüllung verkauft, und zwar mit 10 Prozent Preisaufschlag. Ich 
hatte sür den Gegenstand einen besonders guten Platz gewählt und 
denselben entsprechend dekorirt, um dem vorgefundenen, ganz ver. 
breiteten Vorurtheil entgegenzutreten, „als unterdrücke Deutschland 
die katholische Religion.““ 
Ein Obelisk aus Käse. Am 8. Dezember wurde in 
Newyork die internationale Milcherei-Ausstellung eröffnet. Unter 
den interessanten Gegenständen erregte ein großer Obelisk von 40 
Fuß Höhe, ganz aus Käse die allgemeine Bewunderung. Die 
Basis wird aus 10 Kasen, jeder eine halbe Tonne schwer, gebil— 
det; auf diesen liegen 120 Stück Chidder-Käse, jeder 60 Pfd. 
schwer, auf diesen 750 Stück runde Eidamerkäse, jeder 6 Pfd. 
schwer, darüber befinden sich 400 junge amerikanische Kaäse, jeder 
8 Pfd. schwer, und als Spitze über dem Ganzen ein lolossaler 
runder Eidamer-Käse von 120 Pfund. Dieser Obelisk ist von 
einer einzigen Firma ausgestellt und enthält 25,000 Pfund Käse. 
Rew⸗-York, 14. Januar. Eine Depesche des „Herald“ 
meldei eine Üeberschwemmung der Insel St. Christoph am 4. 
Januar. 200 Menfchen sind ertrunken. Der Schaden wird auf 
250,000 Doll. geschätzt. 
4. Durch die Zeitungen ging jüngst ein Bericht aus Nem ehh a 
County (Kansas) in Bezug auf den Tod des Viehzüchters David 
Meisenthaler, der von einem herabfallenden Meteor erschlagen 
vurde. Derselbe wird jetzt durch einen weiteren Bericht aus jenem 
Ort bestätigt. Das Ereigniß fand am Morgen des 12. Dezember 
twa um 8 Uhr statt. Der Himmel war vollkommen klar, es war 
'ehr kalt, und Meisenthaler war von seinem Haus nach einem 
twa 500 m von demselben entfernten Weidegrund gegangen, um 
einige Kühe nach Haus zu treiben. Als er zurüdkehrte, ging er 
nuf seine Scheune zu, und während er gerade in der Nähe des 
Stammes eines Ahornbaumes war, wurde er getödtet. Der Aerolit, 
velcher Meisenthaler tödtete, kam aus einer oͤstlichen Richtung und 
raf zuerst den Stamm des Baumes, prallte von demselben etwas 
ib, und in seinem Flug riß er die oberen Aeste des Ahornbaumes 
jerunter, drang innerhalb der rechten Schulter in Meisenthals Kör⸗ 
der und kam an der linken Hüfte wieder heraus, worauf er sich 
theilweise in den gefrorenen Boden eingrub. Ohne Zweifel wurde 
die Richtung des Aeroliten dadurch, daß er mit dem Baum in 
Contract gerieth, geändert, man konnte dies an der Art und Weise 
erklennen, in welcher der Baum zersplittert wurde. Der Meteorstein 
oll etwa so groß wie der Kopf eines gewöhnlichen Mannes sein, 
jat die Form eines Eies, und seine Oberfläche ist rauh, als ob er 
aus einem Schmelztiegel gekommen wäre und sich während seines 
Fluges abgekühlt hätte. Sein Aussehen gleicht dem Eisen aus 
inem Geblaseschachtofen, das man abkühlte, indem man es im 
Zand herumrollte; er besteht aus Eisenkies. Derselbe war abge—⸗ 
ühlt, als man ihn eine halbe Stunde nach seinem Herabfallen 
nideckte, und lag nicht mehr als zwei Fuß tief unter der Ober— 
Jläche des Bodens. 
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Dienstesnachrichten. — 
Der Forstamtsassistent F. Lösch zu Winnweiler wurde auf 
Ausuchen an das Regierungsforstbureau zu Speyer versetzt und 
der Forstgehilse V. Heinz zu Johanneskreuz zum Assistenten am 
Forstamte Winnweiler ernannt. 
Der Steuerbote Martin Piehler wurde von Kaiserslautern 
nach Landstuhl und der Steuerbote Dörr von Speyer nach Kais 
erslautern versekt. 
Marktberichte. * 
Zweibrücken, 15 Januar. (Fruchtmittelpreis und Vietnalienmarkt 
Weizen 11 M. 60 Pf. Korn 9 M. 94 Pf., Gerste zweireihige 8 M. 22 P. 
erreihige s M. — Pf., Spelz 6 M. 57 pf., Spelzkern — M. — Pf. 
Dinkel 66 M. 50 Pf. Mischfrucht — M. — Pf., Hafer 7 M. 17 pjf. 
ẽrbsen — M. — Pf., Widen 0O M. — Pf., Kartoffeln 2 M. 80Ppf.. 
deu 8 M. 20 Pf., Stroh 8 M. — Pf., Weißbrod Li/ Kilogr. 57 Pf 
Jornbrod 3 Kilogt. 70 Pf., 2 Kilogr. 56 Pf., 1 Kilogr. 23 Pf., Gemijcht⸗ 
brod 3 Kilogr. 84 Pf., das Paar Weck 100 Gr. 6 Pf. Nindfleisch J Qual. 
60 Pf. II. Qual. 50 Pf., Kalbfleisch 40 Pf. Hammelfleisch 60 Pf. Schweinefleisch 
56 Pi. Butter! /3 Kilojr. O M. 80 Vf., Wein 1 Liter 80 Vi. Bier 1MLiter 24 Pf. 
Honmburg, 14 Januar. (Fruchtmittelpreis und Victualienmarlkt.) Weizen 
11 Vt. 90 Pf., Korn 9 M. 74 Pf., Spelzkern — M. — Pf., Spelz 7 M. 
04 Pf., Gerste Lreihige O M. — Pf., Gerste Kreihige O M. — Pf. Hafer. 
7 M. 16 Pf., Mischfrucht — M. — pPf., Erbsen 0 M. — Pf., Wicken 
d M. — Ppf., Bohnen — M. — Pf., Kleesamen — M. — Pf., Korn⸗ 
brod 6 Pfund 80 Pf., Gemijchtbrod 6 Pfund — Pf., Ochsenfleijch — Pf. 
Rindfleisch 44 Pf., Kalbileisch 26 Pf. Hammelfleijch — Pi., Schweinefleisch 
50 Pf., Butter i Pfund J M. — Pf., Kartoffeln ver Rtrs M. — Pf. 
Kaiserslautern, 13. Janunar. (Fruchtmittelpreis and Victualienmarlkt.) 
Weizen 11 M. 834 Pf., Rorn 9 M. 79 Pf. Spelztern ⸗—M. — Pf. Spelz 
7 M. 28 Pf., Gerstesd M. 07 Pf., Hafer 7 M. 12 Pf., Erbsen 10 M. 
zuy Pf., Widen 6 M. 04 Pf., Linsen 14 M. — Pf., Kleesamen — M. — 
Pf., Schwarzbrod 6 Pfund J1. Qual. 76 Pf., do. 2 Pfd. — Pf., Gemischtbrod 
3 Pfund 43 Pig. Butter per Pfd. — M. 90 pf., Eier 2 Stück 16 Pf. Kar⸗ 
doffeln ver Ceut. z M. — Pf. Stroh 2 M. 50 Pf. Heu 2 M. 50 Pig. 
Für die Redaction derantwortlich: F. X Demen. 
— 
ÄAadeWt 
Reichenhall. Der sehnlichste Wunsch der kleinen edange⸗ 
sischen Kirchengemeinde in Reichenhall geht seiner Erfüllung ent— 
gegen. Die Lotterie zum Ausbau ihrer neuen schönen gothischen 
—— 
abänderlich statt. 
Jedoch steht zu befürchten, daß die innere Ausstattung des 
würdigen Gotteshauses dem formenschönen äußeren Aufbau viel⸗ 
eicht auf lange Jahre hinaus nicht entiprechend sein wird, wenn 
nicht alle Loose, die noch vorräthig sind, ansverkauft werden können 
und wäre hier gläubigen evangelischen Christen noch Gelegenheit 
geboten, durch Loosabnahme zu einem frommen kirchlichen Zwecke 
heizusteuern. 
Aber auch für denjenigen, der um Fortuna's Hand sich be—⸗ 
wirbt, bietet die Reichenhaller Lotterie äußerst günstige Spielchancen, 
da am 30. d. M. bei nur 200,000 Loosen 185,000 Mark Ge—⸗ 
winnste zur Entscheidung gelangen werden.