Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

jed och nicht ein. Die Rachbarssrau, die damals Mundfäule hatie und auch 
einen Schluck des Kaffees versucht hatte, bekam davon eine sehr schmerzende 
aufgeschwollene Backe. Der Angeklagte gestand denn auch seine That noch 
am selben Tag verschiedenen Leuten ein wobei er sich geäußert haben soll, 
wenn man ihm eiwas thun wolle, dann stelle er sich närrisch und dann konne 
man ihm nichts mehr anhaben. Da die Absicht, durch die Vergiftung den 
Tod der Frau herbeizufuhren, nicht nachgewiesen werden kann, es auch sehr 
zweifelhaft erscheint, ob das gewählte Miliel dazu tauglich gewesen wäre, lautet 
die Antlage micht auf Giftmordsversuch, sondern nur auf Korperverletzung 
durch Gift. (Schluß folgt.) 
Vermischtes8s. 
*St. Ingbert. Nach der „Pf. Ztg.“ hat der hiesige 
Kirchenfabrikrath um, Bewilligung einer Lotterie zur Be— 
schastung der Mittel für den Neubau einer zweiten kathol. Kirche 
daͤhier nachgesucht. 
*SuIngbert. In der auf Dienstag Nachmittag 5 Uhr 
durch das Bürgermeisteramt in das Stadthaus einberufen gewese— 
n Gemeindeversammlung zur Abstimmung über eine 
in Schnappbach zu errichtende konfessionell gemischte Vorbereitungs⸗ 
schule gab sich eine seltene Einstimmigkeit der Ansicht kund. Es 
hatte sich nämlich um die anberaumte Stunde von über 1000 Be— 
iheiligten nur 1 Herr, sage ein Herr, versammelt. Derselbe gab 
sein Votum dahin ab, in Schnappbach in Anbetracht dessen, daß 
die Mehrzahl der dortigen Schulkinder katholischer Confession ist, 
eine zweite katholische Schule zu errichten, in welche übrigens die 
zwei ersten Schuljahre der protest. Schule überwiesen werden konn⸗ 
len. Einige Schnappbacher Herren, die sich später noch einfanden, 
schlossen sich diesem Antrage an. 
pPsHas Betriebbergebniß der Pfälzischen 
Fisenbahnen betrug für den berflossenen Monat Mai 
I, 108, 181 M. 54 Pf.; 82,281 M. 75 Pf. mehr als im Mai 
1879. Die 8 abgelaufenen Monate dieses Jahres haben gegen 
den gleichen Zeitraum des Vorjahres eine Mehreinnahme von 
601,572 M. 90 Ppf. ergeben. 
FIn Hornbach will sich Dr. Raab vou Wallhalben als 
praktischer Arzt niederlassen. Wie man hoöͤrt, ist demselben von den 
Hemelnden des Kantons ein Gehalt von 1000 M. nebst Wohnungs⸗ 
entschädigung, letztere für das erste Vierteljahr, bewilligt worden. 
Neustadt. Zur Converlirung der städtischen Schuld, 
zur Vervollständigung der Wasserleitung und zum Gymnasiums⸗ 
neubau will der Stadtrath ein Anlehen von 500,000 Mk. auf⸗ 
nehmen, und zwar hat er als günstigstes Angebot das der Genossen⸗ 
schaftsbank von Sörgel, Parisius und Comp. in Berlin und Frank⸗ 
furt a. M. angenommen, welche das zu 4 pCt. verzinsliche, in 47 
Jahren mittelst Annuitäten rückzahlbare Anlehen zu 97,38 ohne 
provision übernehmen will. Ueber die Anleihe wird nun noch 
eine Bürgerversammlung gehört werden. 
Ver 14. Verbandstag der pfälzischen Cre— 
dit-Genossenschaften findet dieses Jahr am 11. und 
i2. Juli in Neustadt a. d. Haardt im Saalbau statt. Die 
Anwaltschaft wird auf demselben durch Hrn. Ludolf Varisius 
vertreten sein. 
Speyer. Am vergangenen Samstag wurde im „Storchen“ 
die Probe eines in Straßburg angefertigten patentirten Pressions⸗ 
Dampfreinigungs⸗Apparats unter Leitung des Herrn Dr. Halenke 
vorgenommen und ist dieselbe zur allgemeinen Befriedigung aus— 
gefallen. 
Erlangen. Die Zahl der an unserer Universität im— 
matritulirten Studirenden beträgt in diesem Sommersemester 464, 
gegen 434 im vorigen Sommersemester. Von diesen studiren Theo⸗ 
ogie (darunter zugleich 14 Philologie und 2 Medizin) 206 (108 
Bayern, 98 Nichtbayern), Jurisprudenz und Kameralwissenschaft 
177 (41 Bahern, 6 Nichtbayern), Medizin 94 (60 B. 34 Nb.) 
Phatmazie 29 (18 B., 11 Nb.) Chemie und Naturw. 27 (15 B., 
I2 Nb.d, Mathematik und Physik 5(2 B.,3 Nb.), Philologie 
and Geschichte 45 (34 B., 11 Rb.), Philosophie 11 (6 B., 5Nb.), 
in Summa 464, nämlich 284 Bayern und 180 Nichtbayern. Von 
letzteren gehören zu den übrigen Bundesstaaten 162, zu den übrigen 
eurspäischen Staaten 17 und zu außereuropäischen Ländern 1. 
pünwetter. Die letzten Tage haben überall in Deutsch⸗ 
land, wo man bis zur Zeit in diesem Sommer über anhaltende 
Dürte klagen mußte, das sehnlichst erflehte Naß gespendet. Aber 
im einzelnen Orten ist des Guten eiwas zu viel, nicht zu viel an 
und für sich, sondern nur zu viel auf die Fluren und Wohnstätten 
herabgekommen. Zwischen Lippstadt und Gesecke hat ein Wolken⸗ 
bruch vielen Schaden vderursacht. Weiter werden Gewitterschaden 
aus der Gegend von Kassel berichtet. In Folge der wolkenbruch⸗ 
artigen Niederschläge ist ferner der Bahndamm der Berlin⸗Coblenzer 
Bahn bei Oberbeisheim durch Ueberschwemmung und Verschüttung 
von Einschnitten stark beschädigt. Auch zwischen Altmorschen und 
Rotenburg der Bergisch-⸗Markischen Bahn wurde der Bahnkörper 
uͤberschwemmt und ein Geleise unfahrbar. Ebenso konnte die Strecke 
Scharzfeld⸗Lauterberg (Route von Nordheim⸗Nordhausen) wegen 
Ueberschwemmung und Dammrutschung nicht befahren werden; dort 
rtranken 40 Schafe — An Quedlinburg und Umgegend hat ein 
gewitter am Freitag stark gewüthet, viele Gartenanlagen zerstört, 
Zrücken fortgerissen; eine Herde von 300 Schafen kam in den 
Fluthen um. Von Aschersleben und Halle werden verschiedene 
Vrande in Folge Blitzschiages gemeldet, ebenso von Merseburg, an 
velch' letzterem Orte ferner auch Hagelschlag erheblichen Schaden 
inrichtete Aus dem Harz wird erzählt, daß dort die Bäche zu 
Ströme anschwollen und leichte Brücken mit fortrissen. In der 
Umgegend von Treseburg ist eine große Schafherde von einigen 
jundert Stück durch die Wasserfluthen fortgeschwemmt worden. — 
iluch das niederschlesische Städichen Seidenberg ist durch Wolken⸗ 
brüche arg geschädigt worden. 
In Mannheim wurde ein Verein gegründet gegen 
schädliches Kreditgeben. Die Mitglieder geben sich ver trauliche 
Nachricht über „faule Kunden“, sie verpflichten sich zur Kürzung 
ind genauen Einhaltung der Borgfristen im Detailverkehr und un— 
erhalien diesbezügliche geeignete Verbindung mit anderen gleich⸗ 
artigen Vereinen. 
— Nach einer Mittheilung von Dr. Ludloff von Fried berg in 
der Zeitschrift für die hessischen landwirthschaftlichen Vereine ist der 
durch den letzten Winter an den Obstbäumen in Hessen-— 
Da—bemstad verursachte Schaden auf nicht weniger als 6 bis 7 
Mill. Mark zu taxiren! im ganzen Großherzogthum sei im Durch⸗ 
schnitt etwa der dritte Theil der sämmtlichen Obstbäume erfroren; 
s werde eine Zeit von 14 bis 16 Jahren nöthig sein, um den 
Verlust wieder völlig zu ersetzen. 
— Nach einer ausgegebenen offiziellen Liste sind von hessischen 
25-Guͤlden⸗Loosen, deren Ziehungen überhaupt jetzt beendigt sind, 
noch nahezu 2000 Stück zur Einlösung nicht vorgezeigt, darunter 
auch die Nummer 89173 mit einem Gewinne von 10,000 Gulden. 
Außerdem sind 758 Stück angegeben, welche bereits verjährt sind 
und keinen Anspruch mehr auf Einlösung haben. 
— Ein seltenes Naturspiel wird der „Tr. Ztg.“ von Mühl⸗ 
heim a. d. R. berichtet: Den Eheleuten Ausderwiesche wurden in 
hrer Ehe 15 Kinder geboren, von denen das L., 3., 5., 7., 9., 
(1. und 13. stockblind auf die Welt kamen. Von diesen sieben 
zlindgeborenen Kindern leben noch vier, ein Mädchen und drei 
Knaben, welche eine staunenswerthe musikalische Begabung haben 
und nacheinander in der Blindenanstalt zu Düren zu tüchtigen 
Musikern ausgebildet worden sind. Die driei älteren Kinder sind 
in der Lage sich selbständig ernähren zu können, während das jüngste 
noch an seiner vollständigen Ausbildung arbeitet. 
P'In Elberfeld sind die schwarzen Menschenblattern aus 
gebrochen. Der „Koöln. Zig.“ zufolge zeigt die Krankheit einen 
milden Charakter. 
4 Der König von Sachsen begab sich am Dienstag von 
den Ministern v. Rostiz und v. Könneritz begleitet, in die Oberlausitz, 
wo ein Tags vorher niedrrgegangener Wolkenbruch schwere Opfer 
Jjefordert hat. In Ober⸗Oderwitz wurden etwa 100 Häuser zer— 
fört und blieben 6 Menschen todt. In Nieder-Oderwitz blieben 
3 Menschen todt, in Herrnhut werden 14 Menschen vermißt. Das 
Flend ist groß. Die Mandau und die Neiße sind aus ihren Ufern 
getreten. Von Zittau und von Dresden ist Militär an die Un— 
tAücksstätte abgegangen. 
4— Bekanntlich werden eine große Zahl in Amerika ansässiger 
Deutscher zum V. deutschen Turnfest herüberkommen. In Ham⸗ 
Zurg ist nun eine Depesche angelangt, der zufolge die deutschen 
Turner bereits am vergangenen Sonntag mit dem Dampfer „Silesia“ 
die Reise in die alte Heimath angetreten haben. Im Ganzen be⸗ 
inden sich an Bord — der Dampfer ist extra für die Turner ge— 
vählt, denen eine ganz bedeutende Preisermäßigung zu Theil wurde 
3247 Herren, 150 Damen und 63 Kinder. Eine Musiterka⸗ 
pelle befindet sich ebenfalls mit ihnen. In Hamburg werden von 
her Turnerschaft umfängliche Veranstaltungen getroffen, um die 
Silesia“ bei ihrer Ankunft zu begrüßen. 
4An eine militärische Besichtigung, welche der Kronbrinz 
Friedrich Wilhelm alljährlich in Berlin vorzunehmen pflegt, schließt 
uch unier Anwesenheit desselben gewöhnlich ein kleines Frühstück 
der betheiligten Officiere. Im vorigen Jahr war nun dasselbe sehr 
»pulent, mit Hummer und Gänseleberpastete ꝛc. angerichtet, sowie 
nuch für den hohen Herrn eine Flasche Sekt hingestellt worden. 
Der Kronprinz lehnte aber, wie dem „B. Fr. Bl.“ berichtet wird, 
aicht allein den letzteren mit dem Bemerken ab, daß er auch bei 
sich zu Hause nur ganz außergewöhnlich Sekt trinke, sondern rührte 
nuch keine der Delicatessen an. In diesem Jahr war nun ein ganz 
rugales Frühstück, hauptsächlich aus Butterbroden mit kaltem Auf⸗ 
chnitt, daneben Rothwein und Bier, hingestellt worden. Dem 
ronprinzen entging diese veränderte Aurichtung des Frühstücks nicht. 
Sofort nahm er Platz an der Büffet-Tafel mit den Worten: „So 
Jehört es sich unter Kameraden“, ließ sich die Butterbrode sehr 
vohl schmechen, holte sodann eine kurze Pfeife hervor und verweilte 
noch längere Zeit in munterer kameradschaftlicher Unterhaltung. 
FDie Vermählung des Prinzen Wilhelm (Sohn, des 
Zronprinzen) mit der Prinzessin Viktoria wird bereits im Laufe 
ꝛes diesjährigen Herbstes Statt finden.