Slt. Ingberler Anzeiger.
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AM 102.
Sonntag, den 27. Juni
1880.
Deutsches Reich.
Auf der Weltausstellung in Melbourne wird auch das bay—
erische Ministerium für Kirchen- und Schul-Angelegenheiten ver—
treten sein und zwar in der J. Gruppe 13. Classe, Sculptur und
Gravirkunst, mit Gypsabgüssen für den akademischen Unterricht,
dann in der II. Gruppe 7. und 8. Classe: Erziehung und Unter⸗
richt, Apparate und Methode der freien Künste, mit Glaskrystall⸗
modellen, Unterrichtsplänen, Jahresberichten technischer Schulen ⁊c.
ferner mit weiteren Gypsabgüssen für den akademischen Unterricht.
Die Gesammtzahl der für Melbourne angemeldeten Aussteller aus
Bayern beträgt 83 nämlich aus Oberbayern 49 (hiervon 47 aus
München allein und unter diesen 21 Künstler mit 22 Oelgemälden),
aus der Pfalz 8, aus Oberfranken 2, aus Mittelfranken 11, aus
Unterfranken 9 und aus Schwaben 4 Aussteller. Niederbayern
und die Oberpfalz sind nicht vertreten. Die Zahl der Aussteller
aus dem ganzen Deutschen Reiche beträgt 871 (Künstler sowohl
wie Gewerbetreibende).
Die europäische Nachkonferenz ist seit 16. Juni in Berlin
versammelt, und scheint ihr Pensum bereits ganz oder fast ganz er—
ledigt zu haben. Bei Verfolgung und Beurtheilnng dieser Diplo—
matenthätigkeit gelangt man unwillkürlich zu der Frage: Wer bürgt
denn für die Ausführung der schließlichen Konferenzbeschlüsse? Und
da hapert es denn freilich bedenklich mit der Antwort, da die Kongreß⸗
mächte sich weislich nur zu einer friedlichen Vermittlung hergeben.
Wie die „Voss. Ztg.“ erfährt, hat der Reichskanzler
Vertrauensmänner aus den conservativen Fraktionen und der nation—
alliberalen Fraction zu sich entboten, um zwischen der zweiten und
dritten Lesung zu einer Vereinbarung über die Kirchenvorlage zu
kommen.
Die Ernennung des Generals von Tümpling 6. Armeekorps
zum Feldmarschall wird dementirt.
Die kaiserliche Tabaklmanufactur in Straßburg wird von
Anfang August an nach Berlin, Frankfurt, München und Stutt⸗
gart Verkaufsstellen ihrẽär Regietabake errichten. Wie man hört,
sollen für den nordischen Geschmack stärkere, für den Süden Deusch—
lands schwächere Sorten vorbereitet werden.
Ausland.
Paris. Dem „National“ zufolge hat Gambetta nach der
Montagssitzung der Deputirtenkammer gräußert, „er habe niemals
daran gedacht, der Uebernahme der Gewalt auszuweichen; er werde
nicht zaudern, wenn die Stunde gekommen sei, das Präsidium im
Ministerium zu übernehmen; aber nach seiner Ansicht werde diese
Stunde erst nach den nächsten Wahlen schlagen“.
Die Agitation in Bulgarien und Ost-Rumelien zur
Vereinigung dieser Länder ist im Steigen. Ende vorigen Monats
fand in der bulgarischen Stadt Slivno eine Berathung bulgarischer
Staatsmönner statt, welche diese Frage zum Gegenstande hatte. Es
soll nur die Zustimmung des Protektors von Bulgarien, Rußlands,
abqgewartet werden, um zur offenen Altion überzugehen.
JYein Ende gemacht. Das Landgerichtsgerichtsgefängniß in Zwei—
brücken war also am Mittwoch der Schauplatz zweier Selbstmorde!
Vor der Strafkammer des Landgerichts Kaiserslautern
wurde Bürgermeister und Standesbeamte Peter Müller von
Obermoschel in eine Geldstrafe von 5 Mark, event. 1 Tag
Gefängniß, sowie in die Kosten des Verfahrens verurtheilt wegen
eines Vergehens wieder die 88 29, 45 und 69 des Personenstand⸗
gesetzes vom 6. Februar 1875. Müller hatte nämlich die Ehe des
Peter Linn von Obermoschel mit Dorothea Eckel von Mackard ab⸗
geschlossen, ohne den gesetzlichen Nachweis über die Einwilligung
der Mutter des noch nicht 285jährigen Bräutigams erhoben zu haben.
— Ueber die Verarbeitung der Tabakstengel i Berghausen
schreibt man dem „N. Sp. A.“, daß die nur aus Holzfasern be⸗
stehenden, theilweise schon vermoderten Stengel durch Einweichen
in Wasser wieder geschmeidig gemacht, dann mit der Maschine ge—
schnitten und mit indischem Catechu und einer schädlichen Natron⸗
Lauge gebeizt und gefärbt würden. Die größeren Stücke würden
dem Rauchtabak, die kleineren dem Schnupftabak beigemengt. Das
Fabrikat sei in Folge der angewendeten Lauge für den Consumenten
und die Fabrikation für die Arbeiter gefährlich.
München. Die Ferien der Gymnasien und sonstigen
Unterrichtsanstalten sollen in Zukunft dahin geändert werden, daß
der Schluß des Schuljahres am 20. Juli und der Beginn des
neuen am 15. September stattfände. Um für das heurige Schul⸗
jahr die Lernzeit nicht allzusehr abzukürzen, solle diesmal der Schluß
am 7. August erfolgen und der Beginn des Schuljahres 1880/82
auf den 20. September festgesetzt werden. J
Würzburg. Nach dem soeben ausgegebenen amilichen
Personalbestand für das Sommersemester 1880 studiren gegenwärtig
an hiesiger Universität 132 Theologen, 138 Juristen, 391 Medi—
ziner, 176 Philosophen, 33 Pharmazeuten, einschließlich 22 nicht
immatrikulirter Hörer 892. Es sind an derselben als Lehrer thätig
41 ordentliche, 6G außerordentliche Professoren, sowie 20 Privat⸗
dozenten.
In Miltenberg Gahyern) spielte ein Kind mit dem
Deckel eines Zündholzschächtelchens und leckte daran mit der Zunge.
Trotz sofortiger ärztlicher Behandlung starb das Kind an Vergiftung.
4 Bei der Pfalzgau-Ausstellung in Mannheim, welche
am 11. Juli eröffnet werden wird, kommt elektrische Beleuchtung
zur Anwendung.
FIn Mannheim ist ein Verein in der Bildung be⸗
griffen, der sich den Zweck gesetzt hat, die Hauseigenthümer gegen
zahlungsunfähige Miether und die Kaufleute gegen die Folgen des
schädlichen Kreditgebens zu schützen.
F Aus Sachsen. Nach einer Mittheilung des Klingen⸗
thaler Wochenblattes“ soll in Grünbach bei Falkenstein der Hunger—
typhus mit ungemeiner Heftigkeit aufgetreten sein und gegen 70
Personen jeden Alters hart darniederliegen.
Dem Vernehmen nach soll nun doch noch ein Theil der
Wiener Ott'schen Millionen-Erbschaft in die Pfalz und zwar
nach Flemlingen kommen. Wie dem „Land. Eilb.“ mitgetheilt
wird, wurden die Familienpapiere eines Flemlinger Bürgers von
den Wiener Berichten geprüft und dessen Erbansprüche für berechtigt
erklärt.
Vermischtes.
F Die kgl. Kreisregierung der Pfalz hat folgende oberpolizei—
liche Vorschrifi erlassen, die am 15. August ds. Irs. in Wirksam—
keit tritt: Kaminröhren, welche aus Bimssandstein (Tufstein) her⸗
gestellt werden, müssen aus guter haltbarer Masse bestehen. Kamin—
cöhren aus diesem Material müssen eine Lichtweite von wenigstens
20 Centimeter und eine Wandstärke von mindestens 12 Centimeter
haben und innen und außen mit stark abgeriebenem Mörtelverputze
versehen sein. Die Reinigung der Kamine aus Bimssandstein hat
wie jene der übrigen Kamine nach den Bestimmungen der Ministe⸗
cialentschließdung vom 19. Juli 1840 zu geschehen.
Das Gesetz- und Verordnungsblatti publizirt das mit dem
2. Juli d. J. in Kraft tretende Regulativ, betreffend die Auf—-
schlagsfreiheit des Branntweines zu gewerblichen Zwecken.
Am Mittwoch hat im Zweibrücker Untersuchungsge—
fängniß der 19 Jahre alte Holzschuhmacher Markus Feldner
nus Dahn, welcher wegen Vergewaltigung eines 13jährigen Mäd—
yens inhaftirt war, durch einen Schnitt in den Hals seinem Leben
Fur die Redaction verantwortlich: F. X. Deme ß.
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