Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

St. Ingberler Nuzeiger. 
Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich; mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage) erscheint wöchentlich viermal:? Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beiragt vierteljahrlich 
A 40 B einschließlich Trägerlohn; durch die Post bezogen 1 60 H, einschließlich 40 Zustellgebuhr. Anzeigen werden mit 10 —, von Auswärts 
mit 15 — fur die viergespaltene Zeile Blattschrist oder deren Raum, Neclamen mit 80 A pro Zeile berechnet. 
M T. 
Sonntag, den A. *11 
18850. 
Deutsches Reich. 
Der Bundesrath hat am 30. Juni das vom Reichstag 
beschlossene Gesetz wegen der Concessionspflicht der Schauspiel— 
Unternehmer einstimmig genehmigt. — Ueber die Anträge wegen 
Bestimmung der Orte, an denen Privat-Transitlager für Getreide 
zugelassen werden, wurde sofort Beschluß gefaßt. In Bayern sind 
dies München, Lindau, Rosenheim und Ludwigshafen. Der Bundes⸗ 
cath vertagte sich alsddann bis Ende September. (A. Z.) 
Die Berliner Botschafter Konferenz wird ihre „Schieds— 
pruch“⸗Thätigkeit zwischen der Türkei und Griechenland jetzt wohl 
abgeschlossen haben. Möchte die von der ministeriellen Berliner 
Provinzial-Korrespondenz“ vorgestern ausgesprochene Erwartung, 
„daß keiner der beiden Staaten die Bedeutung des Beschlusses 
eines so gewichligen Schiedsgerichtes, wie es die Vereinigung der 
euröpäischen Großmächte darstellt, verkennen werde“, nicht getaäͤuscht 
werden! 
Nach einem neuerdings aufgestellten Verzeichniß hat die deutsche 
Armee ausschließlich der Armeekorps der bayerischen Truppen 377 
Harnisonen inne. 
Aus Hamburg kommt der „Mgdb. Z.“ die wichtige und 
aͤberraschende Meldung, „daß man dort an competenter Stellung 
die Neigung bekundet habe, wegen Aufgabe der Freihafenstellung 
in Verhandlungen mit den Reichsinstanzen zu treten. 
Ausland. 
Die „Agence Havas“ meldet, daß die Ausführung der März⸗ 
decrete in keinem Theil Frankreichs bemerkenswerthe Ruhe— 
törungen hervorgerufen habe, und hebt hervor, daß sie nur gegen 
ie Jesuitenniederlassungen zur Ausführung gelangten, welche den 
ausdrücklichen Befehl erhalten hätten, sich spätestens bis 30. Juni 
aufzulssen. Was die übrigen von der Regierung bisher nicht ge— 
nehmigten Männer-Congregationen angehe, so enthalte das be— 
reffende Decret nur die dringende Aufforderung an diese, ihre An— 
gelegenheiten zu regeln. Es sei noch zu erwähnen, daß es der 
Regierung thatsächlich nicht möglich gewesen sein würde, gegen 
sämmtliche Congregationen gleichzeitig vorzugehen. Indessen kenne 
die Regierung ihre Pflicht und werde dieselbe durchgehends mit 
gleicher Festigkeit erfüllen, sobald der Zeitpunkt dafür geksmmen sei. 
In Rußland wächst das Ansehen des Diktators General 
Loris-Melikoff, der auf dem beschrittenen Wege besonnener Energie 
unbekümmert fortschreitet, bei Hoch und niedrig von Tag zu Tag. 
(Zum chinesisch-russischen Conflikt) Ein in London 
eingetroffenes Telegramm sagt, irreguläre chinesische Truppen hätten 
die Stadt Kuldscha (bei den Chinesen Jli genannt) besetzt. Der 
Bezirk von Kuldscha war vor ein paar Jahren von den Russen 
inter Zustimmung der chinesischen Regierung provisorisch besetzt 
worden, als diese alle Hände voll zu thun halte, einen im Norden 
des Reichs ausgebrochenen Aufstand zu dämpfen. Neuerlich hat 
nun die chinesische Regierung Kuldscha zurück verlangt, Rußland 
weigerte sich aber dessen. Es wurden deshalb lange Unterhandlungen 
in Petersburg geführt, die damit endigien, daß der dortige chine— 
ische Gesandte plötzlich nach Hause gerufen, in Haft genommen 
ind in Anklagestand versetzt wurde, weil er sich zu einem Vertrag 
jerbeigelassen hatte, kraft dessen der größte Theil des Bezirks Kuld— 
cha bei Rußland bleiben sollte. Die Chinesen haben nun, nachdem 
ie lange gezögert, endlich doch noch ernst gemacht, und fie koönnen 
den Russen dort schon zu schaffen machen, weil diese alles, was sie 
rauchen, aus enorm weiten Entfernungen herführen müssen. (Von 
Petersburg aus werden hingegen alle diese Londoner Nachrichten 
als unbegründet erklärt. Man kann solchen Petersburger Abläug⸗ 
nungen aber nicht ohne weiteres Glauben schenken; die Russen haben 
ein nahe liegendes Juteresse daran, es möglichst lange zu verbergen, 
daß ein Theil ihrer Krafte durch die Sireitigkeit mit China weit 
m Osten festgenagelt ist.) 
Die Staatseinkünfte der Vereinigten Staa ten in der 
ersten Hälfte dieses Jahres übersteigen diejenigen des Vorjahres 
im 40 Mill. Mark und den Voranschlag um 12 Mill. Mark. 
Diese Zahlen beweisen den außerordentlichen Aufschwung, welchen 
Die volkswirthschaftlichen Zustände der Union neuerdings zu nehmen 
eginnen. 
In den Vereinigten Staaten von Nordamerika hat nun 
auch die andere große Parteirichtung, die Demokratie, ihren Kan⸗ 
didaten für die Präsidentschaft bestimmt in der Person, des Generals 
Hanlock, eines tüchtigen und bewährten Berufssoldaten und Ehren⸗ 
nannes, an dessen Namen kein Makel klebt. Ebenso steht dem 
demokratischen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten, English, 
er Ruf eines fähigen Mannes mit reinen Händen zur Seite. 
dingegen sollen die republikanischen Kandidalen, Garfield und 
Arthur, im Punkt der persönlichen Ehrenhaftigkeit nicht unantast- 
sar sein 
Vermischtes. 
F St. Ingbert. Eingesandt.) Auf die schon vor acht 
Tagen an dieser Stelle angezeigte und im Inseratentheil der heu— 
igen Rummer anoncirte Abendunterhaltung des Ar— 
zeiterbildungsvereins erlauben wir uns, die Leser, 
dieses Blattes unter Hinweis auf den patriotischen Zweck der 
Anterhaltung, dem Handwerker eine Unterstütung zu bieten, wieder⸗ 
jolt aufmerksam zu machen. Wir wünschen derselben dieses schönen 
Zweckes wegen und mit Rüchsicht auf das sehr umfangreiche und 
uut gewählte Programm einen recht zahlreichen Besuch, sowohl von 
Seiten der Mitglieder, als auch hiefiger Nichtmitglieder, denen 
der Eintritt gegen das geringe Entrée von 25 Pf. gestattet ist. 
* In der Militärschwimmschule im Rhein bei Speher er⸗ 
rank am Mittwoch während des Badens der Seminarist J. Stenger 
on Martinshöh. 
Das Kreiskomite des landwirthschaftlichen Vereins der 
Pfalz beabsichtigt, zur Hebung der Viehzucht in den Gemeinden, 
die einem Stammzuchtbezirke für das Glan⸗Donnersberger⸗Vieh 
nicht angehören, im Simmenthale eine Anzahl Zuchtstiere anzukaufen. 
ẽs werden jedoch nur so vieie Stiere erworben, als bestelli werden. 
Deßfallsige Anmeldungen sind an die Bezirkskomites zu richten. 
Das Kreiskomite legt die Ankaufskosten vor und trägt das Risiko, 
owie die Kosten des Transportes und der Verpflegung bis zur 
Lebergabe an den Besteller, die in Speyer stattfindet. 
F Von Rittershof wird der „Zw. Zig.“ geschrieben: 
luf dem Rittershof waren immer Schwalben. Sie kamen jeden 
xrühling, zogen Junge und blieben bis in den ersten Tagen des 
Monats September. Dieses Jahr sind sie seit dem 26. Juni 
»erschwunden, man sieht nicht eine mehr. Warum sind sie fortge⸗ 
logen? Wo sind sie hingewandert? Hat diese an sich wenig be— 
deutende Thatsache vielleicht eine Beziehung mit Umsiänden von 
allgemeinem Interesse? Die Thatsache scheint uns eine solche zu 
sein, die man nicht unbemerkt lassen soll. 
Zur Erklärung des traurigen Unglücksfalles, welcher gestern 
ius Burrweiler berichtet wurde, und zur Warnung für alle, 
velche mit Sprit zu thun haben, theilt man dem „Land. Anz.“ 
'olgendes mit: Die Erplosion des großen Weinfasses kann nur 
dadurch erfolgt sein, daß dasselbe entweder zum Theil mit Sprit 
jefüllt war, oder daß in dasselbe Sprit hineingegossei wurde. Die 
»em Syrit entsteigenden Dämpfe mischten sich mit der Luft zu 
ꝛinem Knallgas, welches sich an dem Licht entzündete und die 
Katastrophe herbeifühtte Man merle sich also und beherzige es 
wohl: unter keinen Umständen mit einem brennenden Lichte auch 
nicht mit einer Laterne, Räume zu betreten, in welchem Sprii 
agert; sollte dies trotzdem einmal nicht zu umgehen sein, so ge— 
»rauche man wenigstens die Vorsicht den Raum vorher zu durch— 
üften, damit etwa vorhandene gefährliche Gase sich verflüchtigen können. 
Fabrikant Ernst Mann von der Apostelsmühle 
ei Rodalben hat einen Hühnerbrut⸗Apparat aufgestellt, d. h. einen 
Apparat, in welchem mittelst künstlicher Wärme aus eingelegten 
kiern junge Hühner ausgebrütet werden. Damit diese armen Dop⸗ 
»elwaisen nun nicht ganz mutterlos aufwachsen, hat Herr Mann auch 
ür eine künstliche Henne gesorgt. Die Leser, welche sich für Ge— 
lügelzucht interessiren, machen wir auf diese Erfindung aufmerk— 
am mit der Versicherung. daß es sich der Muͤhe lohnt, der Apostels 
nühle einen Besuch abzustatten. 
F Die nächste Prüfung für den Einjährig-Freiwilligen-Dienst 
nird kommenden Herbst abgehalten. Geiuche um Zulaßung sind