Full text: St. Ingberter Anzeiger (1880)

Sl. Ingberker Mnzeiger. 
Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöͤchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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A To. 
Sonntag, den 10. Juli 
18585 
Deutsches Reich. 
Die zur Berathnng der neuen Steuergesetzentwürfe niedergesetzte 
Commission der bayerischen Abgeordnetenkammer hat in Muͤnchen 
ihre Arbeiten seit einigen Tagen begonnen. Die Ansichten der Mit⸗ 
glieder gehen nach den bis jetzt bekannt gewordenen Aeußerungen 
weit auseinander und ein Gleiches läßt sich auch von den Berath— 
ungen in der Kammer erwarten, wenn die Sache überhaupt soweit 
gedeihen sollte. Daß bei der Steuerreform schließlich nichts weiter 
herauskommen wird, als eine Steuererhöhuug, wird von allen 
Commissionsmitgliedern anerkannt. Bei den Berathungen machten 
sich bis jetzt drei Richtungen bemerkbar. Die Einen wollen, daß 
dieser Landtag mit der Sieuerreform sich überhaupt nicht mehr be— 
fafsse, sondern deren Erledigung der neugewählten Kammer überlasse, 
die Andern reden den ministeriellen Vorlagen das Wort und wünschen 
deren Annahme noch durch den dermaligen Landtag, die Letzten 
endlich schlagen einen Mittelweg ein, indem sie eine principielle 
Steuerreform dem nächsten Landtag vorbehalten wollen, während 
dieser sich mit dem Flicken und Revidiren der alten Steuergesetze 
begnügen solle. Diese drei Richtungen werden wohl außer in den 
Steuerausschüssen auch in der Kammer der Abgeoroneten ihre Ver— 
tretung finden. 
Die „Allgem. Ztg.“ bringt einen längeren sehr beachtens⸗ 
werthen Aufsatz über den gegenwärtigen Stand der sozial— 
demokratischen Bewegung und konstatirt, daß trotz des So⸗ 
zialistengesetzes die Sozialdemokratie nicht nur fortwährend äußere 
Erfolge aufzuweisen hat, sondern, daß auch von einer Spaltung 
der Partei oder einer Erschütterung ihrer geistigen Grundlagen nicht 
die Rede sein kann. „Man möge sich hüten — sagt das genannte 
Blatt —, die von der Sozialdemokratie drohende Gefahr als eine 
überwundene, oder auch nur als eine wesentlich verringerte zu be⸗ 
trachten. Der sozialdemokratische Gedanke als solcher hat eine so 
scharfe Formulirung und in unzähligen Köpfen ein so selbstständiges 
Leben gefunden, daß er nicht mehr aus der Welt zu schaffen ist, 
sondern auf seinem eigenen Gebiet überwunden werden muß, und 
in unglaublicher Verblendung wird fortwährend so viel neuer Stoff 
zur Verbreitung materialistischer Lebensansichten und zur Zerstörung 
der Ehrfurcht des Volkes vor dem sittlichen Erbe der Vergangen— 
heit herbeigetragen, daß leider nicht an eine Abschwächung. sondern 
nur an eine fortschreitende Verschärfung dieses Gedankens gedacht 
werden kann. Fast noch schlimmer verhält es sich mit der spezifisch 
revolutionären Richtung, welche in Wahrheit der Sozialdemokratie 
als solcher innewohnt, von dem extremeren Theile derselben aber 
auch als leitender Gesichtspunkt auerkannt wird. Je mehr die 
Bewohnermassen der großen Städte und der Induftriebezirke zu⸗ 
nehmen und je mehr eine industrielle Entwickelung forisschreilet, 
welche stets die Gefahr in sich schließt, daß schlechte Konjunkturen 
viele Tausende von Arbeitern brodlos machen, desto mehr steigt ganz 
von selbst die Gefahr und die Gelingenschance revolutionärer Äus— 
brüche. Und auch der Prozeß, daß Angehörige des Mittelstandes 
in das Proletariai und damit gewöhnlich in die Sozialdemokratie 
hinabsinken, geht unaufhaltsam vor sich. Die Lage ist also unver⸗ 
andert eine überaus duͤftere, fast könnte man sagen, eine trostlose. 
Hoffen wir, daß noch rechtzeitig ein Rettungsanker für die bedrohte 
Gesellschaft sich finde; bis jetzt vermogen wir hochstens erst schwache 
Spuren eines solchen zu erkennen.“ Das Sozialistengesetz ist 
ein solcher Anker sicherlich nicht! 
Die „Köln. Ztg.“ bringt 'aus Straßburg die Nachricht 
von der Zurdispositionsstellung des Staatssecretärs Herzog und 
fügt hinzu, der Statthalter werde versuchen, ohne Staatssekretär 
zu regieren. 
Vermischtes. 
*St. Ingbert, 10. Juli. Auf dem morgen und über⸗ 
morgen (11. und 12. Juli) in Neustadt tagenden Verbandstage 
der pfälz. Kreditgenossenschaften wird der hiesige Vorschußverein 
vertreten sein durch seinen Kassierer Herrn Jos. Beer uͤnd drei 
Ausschußmitglieder: Die HH. Stadtschresder Bah er, Lehrer Dru mim 
und Sam. Kahn. 
*In der 8⸗Correspondenz der gestrigen Nr. wolle im letzten 
Satze statt „sein Spiel“ ꝛc. geiesen werden sein Ziel“ u. s. w. 
F Die Sammlung für die Wittelsbacher Landes stiftung 
ist in der Pfal z beendigt, und wir geben nachstehend eine Auf⸗ 
stellung der Gaben der einzelnen Bezirksämter: Spehyer 
sinclusive M. 6000 Beitrag der Anilin- und Sodafabrik Ludwigs⸗ 
hafen) M. 12690,74, Zweibrücken (inclusive M. 5000 Beitrag 
der Herren Gebrüder Krämer in St. Ingbert) M. 9206, 19, Neu— 
stadt M. 8396,76, Kaiserslautern M. 3739,32, Landau M. 3578,19, 
Germersheim M. 3058,93, Frankenthal M. 3054,83, Kirchheim⸗ 
bolanden M. 2590,99. Homburg M. 1722 78, Pirmasens M. 
1683,71, Bergzabern M. 1584. Kusel M. 112839. zusammen 
M. 532, 665. 
Die Garnisons⸗Angelegenheit unserer Nachbarstadt St. Jo⸗ 
hann, an welche so viele Hoffnungen und Befürchtungen geknüpft 
wurden, ist nunmehr, und wahrscheinlich für immer enischieden. 
Wie nämlich die „Saarbr. Zig.“ hört, soll eine von miliiärfiska— 
lischer Seite an das St. Johanner Bürgermeisteramt gelangte Zu⸗ 
chrift die Mittheilung enthalten, daß nicht beabsichtigt werde, nach 
St. Johann eine Garnison zu legen. 
Flir die Redaction verantworiliche F. FDeme 3. 
*St. Ingbert, 10. Juli. Wir erlauben uns auf das 
heute (Samstag) Abend im Cafe Oberhauser stattfindende humo⸗ 
cistische Concert der Singspielgesellschafi Schüler noch besonders 
aufmerksam zu machen. Es geht der Gesellschaft ein sehr güͤnstiger 
Ruf voraus und hat dieselbe in den meisten Städten der Pfalz 
durch ihre Vorstellungen großen Beifall geerntet. Möge durch 
inen recht zahlreichen Besuch dieses Conceris dem Kunstfinn hie⸗ 
iger Musikfreunde Ausdruck gegeben werden. 
1671. 
Noch 
keine 
Krankheit hat bisher 
den weltberühmten 
Mineralquell-⸗-Brust- 
karamels und Kakao⸗ 
Thee Maria Benno 
von Donat Paris 1671 
viderstanden. Durch 
daiserliche Verordnung von 
1. Januar im ganzen Deut— 
ichen Reiche auch für Nicht- 
Apotheker zum freien Ver— 
kaufe gestattet. 
Allein echt in St. 
Ingbert bei Herrn Jeau 
Peters. 
Fortlaufende Nummern. Keine 
Serien. 
Mat y Geldgewinnste. 
AF uUm allen Mißverständ⸗ 
tissen vorzubeugen und um jedem 
Loose unwiderlegbare gleiche 
Fhance zu verleihen, werden bei 
der Ziehung die sämmtlichen' 
100,000 Nummern in ein Rad 
und die 5000 Gewinne in ein 
zweites gelegt. 
Kaiserslauterer 
Geldlotterie 
ur Fertigstellung des pfaälzischen 
Gewerbemuseums. 
irtis des Fooses 3 Marh. 
Ziehung am 26. October 
1880. 
Hauptgewinne von 30,000 
12,000, 5000 ꝛc. in Baar. 
fus 20 Loose eim Ranar- 
ewinn. 
Bestellungen find zu richten ar 
die General⸗Agentur 
Julius Goldschmit 
in Ludwigshafen am Rhein 
Loose sind ferner zu haben 
ei Franz Woll in St. 
Inabert. 
Ausland. 
Der Salpeterkriege, der zwischen den südamerikanischen 
Republiken Chile, Peru und Bolivia nim schon seit geraumer 
Zeit zum Schaden auch des deutschen Handels wüthet, scheint 
nunmehr seinem Ende sich zu nähern, und zwar zu Gunsten Chiles, 
das sich in diesem Kriege wirklich heldenhaft gegen seine beiden 
zrößeren Gegner geschlagen hat. Die Zeitungen von Valparaiso 
oeroffentlichten den Worilaut des Friedensentwurfes, den Chile 
jeinen Gegnern Veru und Bolivia angeboten hat 
Deuntsches 
Familienblatt. 
Vierteljährlich Mark 1.60. — 
In Heften zu 50 Pf. 
Neuer Romanvon G. Lenneck 
Man bestellt jederzeit in allen Buch 
handlungen und Postämtern